Amtsblatt für

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Donnerstag den 8. Mai

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1890 .

Amtliches.

Bei der am >8. bis 24. April l. I. in Tübingen vorgenommenen maibematisch - natniwissenschaftlichen Voi- prüfung der Kandidaten des Forstdienstes ist u. a- für be- iähigt erkannt worden: Paul Mezger von Wildberg.

Gestorben: Schuliheiß Franz Metzger, Rengers- hausen; Zustellungsbeamler I. Fackler, Kirchheim u. T.; Conditor C. Fack, Ellwangen.

Die Thronrede des Kaisers zur Eröffnung des Reichstags.

Berlin, 6. Mai. Heute Mittag 12 Uhr eröffnete der Kaiser den Reichstag mit folgender Thronrede:

Geehrte Herren!

Nachdem Sie durch die Neuwahlen zu ge­meinsamer Arbeit mit den verbündeten Regie­rungen berufen worden sind, heiße Ich Sie bei dem Eintritt des Reichtages in die achte Legis­laturperiode willkommen. Ich hoffe zuversicht­lich, daß es Ihnen gelingen wird, die bedeut­samen Fragen der Gesetzgebung, die an Sie herantreten, einer befriedigenden Lösung entgegen­zuführen. Ein Teil dieser Fragen ist so dring­licher Natur, daß es nicht thunlich erschien, die Einberufung des Reichstages länger hinauszu­schieben.

Ich rechne dahin vornehmlich den weiteren Ausbau der Arbeiterschutz-Gesetzgebung. Die im Laufe des verflossenen Jahres in einigen Landesteilen vorgekommenen Ausstandsbeweg­ungen haben Mir Anlaß gegeben, eine Prüfung der Frage herbeizuführen, ob unsere Gesetzgebung den innerhalb der staatlichen Ordnung berechtig­ten und erfüllbaren Wünschen der arbeitenden Bevölkerung in ausreichendem Maße Rechnung trägt. Es handelte sich dabei in erster Linie um die den Arbeitern zu gewährleistende Sonntagsruhe, sowie um die durch Rücksichten der Menschlichkeit und im Hinblick auf die natürlichen Entwickelungsgesetze gebotene Be­schränkung der Frauen- und Kinderarbeit. Die verbündeten Regierungen haben sich überzeugt, daß die von dem letzten Reichstage in dieser Beziehung gemachten Vorschläge ihrem wesent­lichen Inhalte nach ohne Nachteil für andere Interessen zu gesetzlicher Geltung gebracht werden können. Im Zusammenhänge damit hat sich aber noch eine Reihe weiterer Bestimmungen als der Verbesserung bedürftig und fähig er­wiesen. Hierzu gehören insbesondere die gesetz­lichen Anordnungen zum Schutze der Arbeiter gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit, sowie über den Erlaß von Arbeits­ordnungen.

Auch die Vorschriften gegenüber der zu­nehmenden Zuchtlosigkeit jugendlicher Arbeiter, sowie über die Arbeitsbücher bedürfen einer Er­gänzung zu dem Zwecke, um das elterliche An­sehen gegenüber der zunehmenden Zuchtlosigkeit jugendlicher Arbeiter zu stärken. Die hiernach erforderliche Umgestaltung und weitere Ausbil­dung der Gewerbeordnung findet ihren Ausdruck in einer Vorlage, welche Ihnen unverzüglich zu­gehen wird. Eine weitere Vorlage erstrebt die bessere Regelung der gewerblichen Schiedsgerichte und zugleich eine Organisation derselben, die es ermöglicht, die Gerichte bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern über die Bedingungen der Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Ar­beitsverhältnisses als Einigungsämter anzurufen.

Ich vertraue auf Ihre bereitwillige Mit­wirkung, um über die Ihnen vorgeschlagene Reform eine Uebereiustimmung der gesetzgebenden Körperschaften und damit einen bedeutsamen Fortschritt in der friedlichen Entwickelung un­

serer Arbeiterverhältnisse herbeizuführen. Je mehr die arbeitende Bevölkerung den gewissen­haften Ernst erkennt, mit welchen! das Reich ihre Lage befriedigend zu gestalten bestrebt ist, desto -mehr wird sie sich der Gefahren bewußt werden, die ihr aus der Geltendmachung maß­loser und unerfüllbarer Anforderungen erwachsen müssen.

In der gerechten Fürsorge für die Ar­beiter liegt die wirksamste Stärkung der Kräfte, welche, wie Ich und Meine hohen Verbündeten berufen und willens sind, jedem Versuche, an der Rechtsordnung gewaltsam zu rütteln, mit unbeugsamer Entschlossenheit entgegenzutreten. Immerhin kann es sich bei dieser Reform nur um solche Maßnahmen handeln, welche ohne Gefährdung der vaterländischen Gewerbthätigkeit und damit der wichtigsten Lebensinteressen der Arbeiter selbst ausführbar sind. Unsere In­dustrie bildet nur ein Glied in der wirtschaft­lichen Arbeir derjenigen Völker, welche an dem Wettbewerb auf dem Weltmärkte teilnehmen. Mit Rücksicht hierauf habe Ich es Mir ange­legen sein lassen, unter den in gleichartiger Wirtschaftslage befindlichen Staaten Europas einen Austausch der Meinungen darüber herbei­zuführen, bis zu welchem Maße sich eine ge­meinsame Anerkennung der gesetzgeberischen Auf­gaben bezüglich des Arbeiterschutzes feststellen und durchführen läßt. Es verpflichtet Mich zu dankbarer Anerkennung, daß diese Anregung bei allen beteiligten Staaten und besonders auch dort eine gute Stätte gefunden hat, wo der gleiche Gedanke bereits angeregt und seiner Ausführung nahe gebracht war. Der Verlauf der hier versammelt gewesenen internationalen Konferenz erfüllt Mich mit besonderer Befrie­digung. Ihre Beschlüsse bilden den Ausdruck gemeinsamer Anschauungen über das wichtigste Gebiet der Kulturarbeit unserer Zeit. Die darin niedergelegten Grundsätze werden, wie Ich nicht zweifle, fortwirken als eine Aussaat, die mit Gottes Hilfe zum Segen der Arbeiter aller Länder aufgehen und auch für die Be­ziehungen der Völker unter einander nicht ohne einigende Frucht bleiben wird.

Die dauernde Erhaltung des Friedens bildet unausgesetzt das Ziel meines Strebend. Ich darf der Üeberzeugnng Ausdruck geben, daß es Mir gelungen ist, bei allen auswärtigen Regie­rungen das Vertrauen zu der Zuverlässigkeit dieser Meiner Politik zu befestigen. Mit Mir und Meinen hohen Verbündeten erkennt es das deutsche Volk als die Aufgabe des Reiches, durch Pflege der zu unserer Verteidigung geschlossenen Bündnisse und der zu allen auswärtigen Mächten bestehenden freundschaftlichen Beziehungen den Frieden zu schützen, um Wohlfahrt und Ge­sittung zu fördern. Zur Durchführung dieser Aufgabe aber bedarf es der seiner Stellung im Herzen Europa's entsprechenden Hecresmacht. Jede Verschiebung der Machtveryältnisse ge­fährdet das politische Gleichgewicht und damit die Gewähr für den Erfolg der auf die Erhalt­ung des Friedens gerichteten Politik. Seitdem die Grundlagen unserer Heeresverfassung für einen bestimmten Zeitraum festgestellt sind, haben sich die Heercseinrichtungen unserer Nachbar­staaten in unvorhergesehenem Maße erweitert und vervollkomu.net. Zwar ist auch bei uns nichts unterlassen worden, um unsere Wehrkraft, soweit dies innerhalb der gesetzlich gezogenen Schranken möglich war, zu stärken. Gleichwohl war das, was in dieser Beziehung geschehen konnte, nicht hinreichend, um eine Verschiebung

der gesamten Lage zu unseren Ungunsten auszu- schließen. Eine Erhöhung der Friedenspräsenz­stärke und eine Vermehrung der Truppenkörper, insbesondere für die Feldartillerie, darf nicht länger hinausgeschoben werden. Es wird Ihnen eine Gesctzesvorlage zugehen, nach welcher die notwendige Verstärkung des Heeres mit dem l. Oktober d. I. in Kraft treten soll.

Die in Ostafrika eingeleitete Action zur Unterdrückung des Sklavenhandels und zum Schutz der deutschen Interessen hat, dank der aufopfernden Thätigkeit der dorthin gesandten Offiziere und Beamten, während der letzten Monate Fortschritte gemacht. Der vollständigen Wiederherstellung der Ruhe in jenen Gebieten darf in nächster Zeit entgegengesehen werden. Die dadurch entstehenden Kosten werden durch eine Nachtragsbewilligung zu decken sein. Der Reichshaushält für das laufende Rechnungsjahr bedarf schon wegen der erwähnten Vorlage einer entsprechenden Ergänzung. Außerdem aber kann die schon längst in Aussicht genommene und immer dringender gewordene Besoldungsverbesse­rung für einen Teil der Reichsbeamteu nicht länger verzögert werden. Der Ihnen vorzu­legende Nachtrag zum Reichshanshaltsplan wird Ihnen Gelegenheit geben, Ihr Interesse an der gerechten und wohlwollenden Befriedigung dieses Bedürfnisses zu bethätigen.

Wenn die Ihnen hiernach obliegenden Ar­beiten zu einem gedeihlichen Abschlüsse gelangen, so werden damit neue feste Bürgschaften für die innere Wohlfahrt und die äußere Sicherheit des Vaterlandes gewonnen werden. Möge es uns beschicken sein, dieses Ziel in gemeinsamer Ar­beit zu erreichen!

Württembergischer Landtag.

Kammer der Abgeordneten.

Stuttgart, 3. Mai. (63. Sitzung.) Zu­nächst wurde der Gesetzentwurf, betreffend Ab­änderungen des Steuergesetzcs vom Jahr 1852, mit 50 gegen 30 Stimmen angenommen. Darauf ging das Haus zur Beratung des Entwurfs, betreffend die Ausführung des Neichsgesetzes über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung, über. Der Kommissionsantrag, welchen Nast begründete, ging dahin, in die Einzelberatung des Gesetzes einzutreten. Aus der Debatte heben wir besonders die zum Teil in Erwiderung auf einige Bemerkungen des Abg. Sachs gegebenen interessanten Ausführungen des Ministers von Schmid hervor, wonach für Württemberg allein bei diesem Gesetz 400000 Leute in Betracht kommen. Im Beharrnngszustand der Versiche­rung wird das Reich 70 Millionen Mark Bei­trag zu zahlen haben. Aus dem gewaltigen Nahmen der ganzen Versicherung ergeben sich große Schwierigkeiten für den Gesetzgeber und den Verwalter. Nach Lage der Sache ist die Aufstellung besonderer Beamten eine Notwendig­keit; Württemberg ist indessen in dieser Hinsicht in einer günstigen Lage, da hier angeknüpft werden kann an die Einschätzungen der Kranken­kassen. Inden meisten Fällen kann in Württem­berg der Ortsvorsteher das Geschäft nicht mehr übernehmen; die Gemeinden müssen daher eigene Beamten anstellen, die sie auch mit Recht selbst zu bezahlen haben, da das Gesetz für sie zugleich eine erhebliche Verminderung der Armenlasten zur Folge hat. Uebrigens seien die Gemeinden im letzten Etat schon namentlich durch Zuwen­dung von Geldern für Straßenbauten wesentlich entlastet worden. Bei der Einzelberatung führte der Minister auf eine Anfrage des Berichter-