sein. — In Heilbronn ließ sich ein Kauf- uiannslehrling von dem Weinsberger Zug überfahren. Geldverlegenheiten sollen den 16jähr. Jüngling zu der unseligen Thal veranlaßt haben. —- Dem Sohn des Löwenwirts Rohm von Sickenhausen fiel vor einigen Jahren in der Stuttgarter Pferdelotterie ein Gewinn, bestehend in einem Pferde, zn. Am letzten Donnerstag ist dieselbe Familie abermals mit einem Pfcrdegewinn beglückt worden. — In Oberste nfeld schlug der Blitz in das Haus des Bauern Fähule ein, jedoch ohne zu zünden. Durch den Strahl wurde ein junges Rind betäubt. — Der erste Hauptgewinn der Stuttgarter Pferdemarktlotterie mit vier Rotbraunen,
2 Paar silberplattierten Geschirren mit Peitsche und 1 Landauer fiel aus den Kaufmann Jul. Leimgruber in Ravensburg. Der 3. Hauptgewinn (eine englische Grauschimmelstute,. ein silberplattiertes Einspänner-Geschirr und ein Viktoriawagen) soll ebenfalls Kaufmann Julius Leimgruber aus Ravensburg zugefallcn sein, welcher das Los in Stuttgart gekauft hatte, während ihm die Losnummer des 1. Gewinnes in seiner eigener: Kollekte als unverkauft verblieben war. — In Stuttgart ist der wegen Totschlags und anderer Verbrechen in Untersuchung befindliche 20 Jahre alte ledige Hans- ?neckt Karl Schwab aus dem Untersuchungsgefängnisse entwichen. Von dem Flüchtling schlt jede Spur. —- Architekt und Regicrnngs- Laumeister Sch. aus S tuttg art' ist seit Ende März verschwunden unter Zurücklassung von Frau und Kind. Die Ursache wird in derangierten Verhältnissen gesucht. — Am Freitag wurde in Stuttgart eine Frau festgenommen, welche bei verschiedenen Kaufleuten Maaren in bedeutenden Beträgen — bis zu 1200 Mk. — angeblich zum Zweck des Hausierhandels entnahm. Die Schwindlerin versetzte dieselben jedoch größtenteils in den Pfandhäusern und verbrauchte die dadurch erzielten Summen für sich. — In Fidazhofen bei Ravensburg brach dieser Tage Feuer aus. Die Feuerwehr eines benachbarten Ortes hatte sich zur Brandstätte schnell marschbereit gemacht. Aber ein Feuerwehrmann bemerkte, daß man doch auch die Spritze mitnehmcn sollte. Bei dem Oeffnen des Spritzenhauses fand sich jedoch dieses nötige Feuerlöschgcräte gar nicht vor. Erst nach längerem Kopfzerbrechen fiel es einem der Feuerwehrmänner ein, daß dieselbe vor längerer Zeit in einer Kelter nntergebracht worden sei. Eiligst brach die Mannschaft dahin auf, zog die Spritze aus dem Verdeck und eilte der Brandstätte zu, woselbst es jedoch nichts mehr zu löschen gab, denn das ganze Häuschen war bereits vollständig niedergebrannt. — Die Stelle eines Stadtbaumeisters in Tübingen ist zur Bewerbung ausgeschrieben. Dieselbe wird mit 3200 Mk., wozu noch 300 Mark Nebeneinkommen kommen, dotiert. — Bei der in den letzten Tagen in Waldsee statt - gefundencn Musterung der Militärpflichtigen
kam der gewiß seltene Fall vor, daß ein Rekrut vorbrachte, er sei ein Wiederkäuer.
* Die Haindl'sche Papierfabrik in Augsburg hat ihren Arbeitern in Form einer Produktions-Prämie einen Gewinn Anteil gewährt, welcher bei manchen Personen 15 bis 16 Mark monatlich beträgt.
* Ein Postmarder schlimmster Sorte stand dieser Tage in der Person des Postboten Lindhuber von Baumgarten vor dem Schwurgericht in Straubing. Derselbe Hattein 17 Fällen ca. 1000 M. unterschlagen; weiter unterschlug er in 2 Fällen 166 M. Postanweisungsgelder, fälschte Unterschriften und Vormerkscheine. Fermer öffnete er Packete und Briefe, entnahm aus Lenselben Geld, zerriß und verbrannte Postanweisungen, deren Beträge er absenden sollte, er hielt Briefe zurück und sandte sie erst später ab, alles, um seine Unterschlagungen und Fälschungen zu verdecken. Das Urteil lautete auf 2^2 Jahre Zuchthaus, 120 Mark Geldstrafe, 5 Jahre Ehrenverlust.
* Tegernsee. Ueber ein kleines Mißverständnis berichtet der „Seegeist": Kam da an einem der letzten Sonntage ein Bauer aus Irschenberg nach Miesbach zum Herrn Bezirks- amtmauu mit dem Ersuchen um Ausstellung einer neuen Jagdkarte. Auf die Frage, ob er „die alte" bei sich habe, erwiderte der Bauer, er habe sie beim Waitzinger gelassen. Es wurde ihm bedeutet, dieselbe zu holen. Bald öffnete sich die Thür wieder und herein tritt zum Ergötzen des Herrn Bezirksamtmanns unser Bäuerlein, hinter ihm mit vielen Knixen seine geholte
Alte".
* Darmstadt, 28. April. Der Kaiser ist um 8 Uhr nach Eisenach abgereist, der Großherzog und sämtliche Prinzen geleiteten ihn zum Bahnhof, woselbst die Gesandten, die Spitzen der Militär- und Civilbehörden zur Verabschiedung anwesend waren. Das zahlreiche Publikum brachte dem Monarchen überaus begeisterte Ovationen dar.
* Eisenach, 28. April. Heute mittag halb 2 Uhr traf der Kaiser ein, dem der Erb- großherzog bis Bebra entgegengefahren war, und wurde auf dem Bahnhof durch den Großherzog aufs herzlichste begrüßt. Kriegervereine und zahlreiches Publikum brachten stürmische Ovationen dar. Sofort nach dem Eintreffen des Kaisers wurde bei herrlichstem Wetter die Fahrt nach der Wartburg angetreten. Beim Eintreffen in der Wartburg wurde der Kaiser von der Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg und dem Kommandanten der Wartburg begrüßt. Der Kaiser erschien alsbald zur Frühstückstafel. Um 7 Uhr abends findet ein Diner statt und um 10 Uhr erfolgt die Abreise zur Auerhahnjagd.
* Zwickau, 29. April. Das „Zw. W." meldet: „Drei Arbeiterführer, darunter der Reichstagsabgeordnete Seilert, erließen einen Aufruf, worin alle für den achtstündigen Ar
beitstag sympathisierenden Arbeiter in Zwickau und Umgegend ausgefordert Verden, am 1. Mar ruhig wie an jedem anderen Werktage an die Arbeit zu gehen.
* Chemnitz, 29. April. Die Sozialisten hatten in den hiesigen 25 Gießereien Fragebogen, betreffend die Beteiligung an der für 1. Mai geplanten Arbeiterfeier, in Umlauf ge- gesetzt, wovon 22 ausgefüllt worden sind. Von 1569 Arbeitern erklärten sich 558 entschieden für die Feier, 617 prinzipiell für achtstündige Arbeitszeit, aber gegen die Feier, 258 gaben keine Erklärung ab; 106 wollen Weiterarbeiten, ohne eine Verkürzung der Arbeitszeit anzustreben.
* Berlin, 25. April. Die Neichseinnahmen des Etatsjahres 1889/90 haben gegen den Voranschlag Mehrerträge bei den Zöllen von 78 299 381, bei der Tabaksteuer von 196 579, bei der Zuckersteuer von 788590, bei der Salzsteuer von 118048, bei der Brausteuer von 3 791 397, bei den Reichsstempelabgaben von 13929 558, bei der Börsensteuer von 11951 707 und beim Privatlotteriestempel von 1 908 826 M.„ Mindererträge dagegen bei der Branntwein- materialsteuer von 7 685 219 und bei der Branntweinverbrauchsabgabe von 18 731825 Mark ergeben.
* Berlin, 26. April. In Hofkreisen verlautet, der Kaiser werde zwischen dem 2. und 7. Juli in Christiania eintreffeu.
* Berlin, 29. April. Anläßlich des bevorstehenden 1. Mai erhielten die hiesigen Regimenter scharfe Munition. Die ganze Garnison ist für diesen Tag in Alarmzustand versetzt.
* In Berlin ist der Buchhalter und Kassier eines größeren Fabriketablissements Namens O. wegen Unterschlagungen im Betrage von etwa 50000 Mk. verhaftet worden. O. hat die Summe, obwohl verheiratet, zum größten Teil in Gesellschaft mit Frauenzimmern verpraßt.
* Frankfurt a. M.. 29. April. Das „Frankfurter Journal" meldet aus Berlin: Der Arbeiterschutz-Gesetzentwurf geht dem Reichstage als erste Vorlage zu.
* Bei einem Militär-Appell in Elberfeld hat sich ein Reservist, ein Fabrikarbeiter, nachdem er schon vorher allerlei Unfug getrieben, soweit vergessen, vor der Front den Hauptmann zu schlagen. Er wurde sofort festgenommen. Der Mann ist früher schon wegen Insubordination mit zehn Jahren Festung bestraft worden.
* Von glaubwürdiger Seite wird der „Deutschen Zeitung" berichtet: „In den letzten Tagen erhielt der Metallwarenfabrikant Krupp in Berndorf einen Drohbrief, in welchem ihm nichts geringeres als die baldige Inbrandsetzung seiner Fabrik in Aussicht gestellt wurde. Herr Krupp ließ sich aber durch diese freundschaftliche Mitteilung nicht aus seinem Gleichmute bringen, sondern berief eine Volksversammlung seiner Arbeiter ein. Dieser brachte er den Drohbrief, von dem angenommen wurde, daß er von einem
Die Megekinder des Kommerzienrats.
Novelle von Carl H artmail n - P lön.
(Fortsetzung.)
„Aber weißt du, welche andere Villa zu haben ist? Die Villa des verdufteten sogenannten Eisenbahnkönigs, des großen Schwindelmeiers, der, als die Gründerzeit vorüber war, einen so entsetzlichen Konkurs machte! Die Villa staub auf den Namen der Frau geschrieben und konnte ihr nicht genommen werden. Jetzt will die Witwe dieselbe verkaufen und fordert zweimalhunderttauscnd Mark."
„Das ist ja ein ungeheurer Preis."
„Ich finde ihn nicht zu hoch, es ist ja gar keine Villa, es ist ein komplettes Schloß und dieser große Garten dabei! Die Villa des Grafen Waldsee macht sich daneben klein und winzig."
„Hast du den Kauf schon abgeschlossen?"
„Nein, ich wollte erst mit dir darüber sprechen."
„So gehe noch heute hin und thue es, ehe uns ein anderer Käufer zuvorkommt."
„Diese Eile ist geradezu entzückend! Doch unbesorgt, wer auch kommen mag, ich habe das Vorkaufsrecht."
„Gottlob!"'
„Nun darf ich aber doch wohl den Namen derjenigen erfahren, die in dem Herzen meines Neffen —"
„Die Damen kommen zurück, später, nach dem Frühstück, da gehen wir auf mein Zimmer, Onkel, und da sollst du alles hören."
„Meine Neugierde wird aber doch etwas sehr auf die Folter- gespannt."
Das Ragout wurde aufgetragen, der Kommerzienrat entkorkte die Champagnerflasche und füllte die Gläser.
„Sekt zu trinken," sagte er, „erlauben sich nur reiche Leute oder Spitzbuben. Die ersteren von ihrem eigenen Gelbe, die Letzteren von dem Gelbe anderer. Es ist merkwürdig, wie gehoben ich mich fühle, wenn ich einen Kelch mit diesem perlenden Weine vor mir habe. Champagner ist der Aristokrat unter den Weinen, wenn ich ihn trinke, bilde ich mir ein, daß ich selbst ein Aristokrat bin."
Und nun fing Brauer an zu fingen: „Treibt der Champagner das Blut erst im Kreise, dann giebt's ein Leben herrlich und frei!"
„Hör' einmal, Gustav," sagte Tante Sophie, „du hast schon vom Rheinwein einen kleinen Spitz bekommen."
„Thut nichts, Schwester, wenn ich auch drei Spitze bekomme, heute ist ein ungeheurer Freudentag!"
Er stand auf, nahm sein Glas in die Hand und fuhr fort: „Stoßt mit mir an, Kinder, auf eine frohe, glückliche Zukunft, die uns allen zu teil werden möge."
Die Glaser erklangen, worauf Katharina noch einmal mit dem Kommerzienrat anstieß und sagte:
„Für dich, Onkel, habe ich noch einen besonderen Wunsch — mögest du dich noch viele, viele Jahre so prächtig konservieren, wie du es bisher gethan und möge deine männliche Schönheit sich um keinen Hauch verringern."
„Schmeichelkatze!" rief Brauer mit einem Gesicht, das deutlich verriet, wie angenehm ihm die Anerkennung war. „Und dabei sieht sie einen an mit einem Paar Augen, daß einem ordentlich warm wird. Wie kann man bei einem Manne von dreiundfünfzig Jahren noch von männlicher Schönheit sprechen!"
„In meinen Augen fängt bei den Männern die Schönheit erst mit dem fünfzigsten Jahre an."
Brauer schlug Katharina auf den Arm und fuhr fort: „Du weißt