Arbeiter herrühre, zur Kenntnis und fügte etwa folgendes hinzu: „Wer mag, soll nur die Fabrik anzünden, aber das sage ich euch: Aufbauen werde ich sie auf keinen Fall mehr. Ich habe genug zum Leben."
* Hamburg, 26. April. Fast sämtliche Betriebe der großen Industrien (Eisen, Werste, Docks, chemische Fabrik, Sprit, Hafen rc.), sowie ein Teil der Arbeitgeber im Handwerk (Innungen rc.) haben beschlossen, sämtlichen Arbeitern, welche am 1. Mai nicht die volle Arbeitszeit innehalten, die definitive Entlassung anzukündigen. Eine in der letzten Nacht stattgehabte Arbeiterversammlung hat die allgemeine Arbeitsniederlegung für den I.Mai beschlossen.
Ausländisches.
* Wien, 28. April. Nach Meldung der offiziösen „Montagsrevue" werden am 1. Mai außer militärischen Einquartierungen in den Vororten zum Schutze öffentlicher Gebäude, von Banken und Anstalten auch auf mehreren Plätzen der inneren Stadt Militär-Abteilungen aufgestellt werden.
* (Ein gemütlicher I.Mai.) Jnwohl- thuendem Abstich zu den Meldungen von stürmischen Lohnbewegungen in manchen anderen Etablissements erzählt die „N. Fr. Pr." von einer Wiener Munitions-Fabrik im dritten Bezirk, daß der Chef derselben mit Rücksicht auf die ausgezeichnete Haltung seiner Arbeiterschaft aus freiem Antriebe dem Fabrikspersonale verschiedener Kategorien je nach dem bewiesenen Flciße und der Befähigung den Lohn erhöhte. Am I. Mai werden sich der Chef, sowie die Werkführer und alle Arbeiter auf einem großen Platze in der Nähe der Fabrik versammeln, um sich zur Erinnerung an diesen gemütlichen 1. Mai gemeinsam photographieren zu lassen.
* Budapest, 28. April. Arbeiterführer erklären, wenn die für den 1. Mai beabsichtigte Monstreversammluug nicht bewilligt würde, solle die Polizei allein die Verantwortung für Auf- rcchterhaltung der Ordnung tragen.
* Nom, 28. April. Heute ist ein scharfer Erlaß der Regierung erschienen, der alle Kundgebungen, Umzüge ec. am 1. Mai verbietet.
* Paris. 26. April. Die Regierung suspendierte zwei Zollbeamte an der deutschen Grenze, welche jüngst einen deutschen Grenzwächter mißhandelten. — Die Begnadigung des Herzogs von Orleans soll unmittelbar nach der Rückkehr Carnots erfolgen.
* Paris, 27. April. Der Präsident Carnot ist heute früh 7 Uhr hier eingetroffen und vom Minister des Innern, Constans, sowie von dem Polizeipräfekten am Bahnhof empfangen worden. — Nach einer Meldung der Morgenblätter hätte der Generalrat der Rhonemündungen den Wunsch ausgesprochen, die Regierung möge sich etwaigen friedlichen Demonstrationen am 1. Mai nicht widersetzen und die Kammern möchten sofort nach ihrem Wiederzusammentritt den achtstün
digen Arbeitstag votieren. Der Präfekt hätte gegen diesen Beschluß Vorbehalte gemacht.
* Paris, 28. April. Das Schwurgericht der Seine verurteilte drei anarchistische Journalisten wegen Aufreizung zu 6 bzw. 15 Monaten Gefängnis und zu Geldbußen.
* Paris, 28. April. Bei den Pariser Munizipalratswahlen sind gewählt 8 Konservative, 12 Republikaner, 1 Boulangist. Ferner haben nicht weniger als 59 Stichwahlen stattzufinden; in denselben haben 42 Republikaner, 4 Konservative und 13 Boulangisten die meiste Aussicht. Bei der Deputiertenwahl in der Correze wurde der Republikaner Delpech mit 8118 Stimmen gewählt, der Boulangist Bacher erhielt 8018. In der Eure, Uonne und Charente finden Stichwahlen statt.
* Paris, 29. April. Von 32 gegen Anarchisten erlassenen Verhaftungsbefehlen wurden gestern 15 ausgeführt, darunter diejenigen gegen den Marquis de Mores, antisemitischer Kandidat bei den Munizipalwahlen, ferner gegen Prevost, Sekretär der Arbeiterbörse und Cuisse, Delegierter des Exekutivkomites der Arbeiterbörse. Die Anarchisten verteilten auch in Paris und der Vorstadt Saint-Germain unter den Soldaten aufrührerische Aufrufe.
* In Paris ist der Besitzer des Börsencomptoirs namens Beringer, ein geborener Belgier, mit einem Defizit von 5 Millionen Francs durchgegangen. Er hatte eine zahlreiche Klientel, namentlich von kleinen Leuten, die ihm ihr Geld anvertrauten, um an der Börse zu spielen.
* London, 28.. April. Stanley soll in die Dienste der „Britisch südafrikanischen Gesellschaft" eintreten wollen.
* London, 28. April. Der Berliner Berichterstatter des „New-Iork Herald" hat mit dem Fürsten Bismarck eine Unterhaltung über den 1. Mai gehabt. Fürst Bismarck erscheine als ein Bild der Gesundheit; er sprach englisch. Die Kundgebung hielt der Fürst für so ungefährlich wie einen Aufzug der Heilsarmee. Er würde, wenn er Minister wäre, sich jeder Einmischung enthalten und die Dinge ihren Gang gehen lassen, damit die Unrnhestörer nicht glaubten, die Regierung fürchte sich. Uebrigens werde der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit nie aufhören, es sei denn, daß die Menschen Engel würden, dann aber sei jeder Fortschritt unmöglich, wie die Südsee-Jnselu zeigten, wo die Menschen Tausende von Jahren wie friedfertige Tiere fortlcbten. Den vom fortschreitenden Wettbewerb verlangten Kampf gegen den Sozalismus sollten alle Parteien kämpfen, denn ein sozialistisches Regierungssystem sei eine Art vor/ Sklaverei und Zuchthaus und bedeute die Herrschaft ungebildeter Schwätzer. Nichts sei schlimmer für die Regierung als Nachgiebigkeit; Festigkeit dagegen sei eine Gewähr des inneren und äußeren Friedens. Lassale würde heute wahrscheinlich ein Konservativer sein.
* Sofia, 29. Avril. Angesichts des bevorstehenden Prozesses gegen Panitza n. Gen. wer
den zwei Infanterie-Regimenter hieher verlegt, um jede Unruhe im Keime zu ersticken.
* Belgrad, 27. April. Die hiesigen Regierungsblätter melden: Gestern versuchten ettya 60 bewaffnete bulgarische Emigranten vom rumänischen Ufer aus in die Donaufestuug Widdin einzufallen. Nach blutigem Zusammenstoß mit der dortigen Garnison flüchtete der größte Teil über die Donau.
* Newyork, 29. April. Infolge der lieber- schwemmungen von Indiana durch den Mississippi ist ein Fünftel der heurigen Zuckerernte vernichtet, was einem Schaden von 5 Millionen Dollars gleichkommt.
Handel «nd Verkehr.
* Stuttgart, 28. April. (Landes-Pro- dukten-Börse.) Die Börse ist ziemlich gut besucht, Geschäft von nicht großem Belang. Wir notieren per 100 Kilo: Weizen azima 22 Mk. 50 Pf., bayer. 22 Mk. 75 Pf., fräuk. 22 Mk. 40 Pf., Land 22 Mk. 25 Pf., rumän. 22 Mk. 75 Pf., Ackerbohnen 17 Mk., Gerste ungarische 20 Mk. 75 Pf., Haber 17 Mk. 75 Ps. bis 18 Mk., Mais La Plata 12 Mk., Mais 12 Mk. 20 Pf. Mehlprcise per 100 Kilogramm inkl. Sack bei Wagenladung: Suppengrks 33 Mk. 50 Pf. bis 34 Mk., Mehl Nr. 0 34 Mk. bis 34 Mk. 50 Pf., Nr. 1 32 Mk. bis 32 Mk. 50 Pf., Nr. 2 30 Mk. 50 Pf. bis 31 Mk., Nr. 3 28 Mk. 50 Pf. bis 29 Mk. 50 Pf., Nr. 4 25 Mk. bis 25 Mk. 50 Pf. Kleie mit Sack 9 Mk. per 100 Kilo je nach Qualität.
* Stuttgart, 29. April. Der am 24. d. M. abgehaltenen Ledermesse wurden ca. 1270 Zentner zugeführt, voriges Jahr 1100 Ztr. Der Verlauf des Marktes war nicht lebhaft; manche Sorten Leder erfuhren Preisrückgänge. Auswärtige Käufer waren nicht zahlreich erschienen. Verkauft und vermögen wurden: 239 Ztr. 32 Pfd. Sohlleder, 84 Ztr. 52 Pfd. Vacheleder, 338 Ztr. 63 Pfd. Wildschmalleder, 218 Ztr. 83 Pfd. deutsches Schmalleder, 80 Ztr. 69 Pfd. Kalbleder, 97 Ztr. 70 Pfd. Zaum-, Zeug- ec. Leder, zusammen 1059 Ztr. 69 Pfd. mit einem Umsatz von rund 129,000 Mk. Nächste Ledermesse Dienstag den 1. Juli d. I.
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
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einem doch immer etwas Schönes zu sagen, und obgleich man überzeugt ist, daß du es gar nicht so meinst, so hört man es doch gern, du kleine Katze! Aber du gehörst zu der besseren Sorte, du bist ein Mai- kätzcheu."
„Maikätzchen fangen am besten Mäuse."
„Nun, du wirst dir auch schon deine Maus einfangen."
„Ich werde sie aber nicht verzehren, sondern hegen und pflegen; aber die, auf welche ich Jagd mache, muß das fünfzigste Jahr überschritten haben, unter dem thue ich es nicht."
„Nun höre aber auf, Schlange, mit deinen Schmeicheleien, sonst klebe ich dir ein Pechpflaster auf den Mund."
„Wenn es nun aber gar keine Schmeicheleien gewesen wären?"
„Du sollst jetzt schweigen, Kätzchen! Verstanden? Ich mag dergleichen nicht hören!" sagte der Kommerzienrat ohne dabei zu lachen; er nahm sein Glas, trank cs in einem Zuge aus und als er es wieder auf den Tisch stellte, murmelte er undeutlich: „Das fehlte wirklich noch!"
Heinrich, dessen Gedanken nur allzu oft anderswo weilten und der dem allgemeinen Gespräche nur mit halbem Ohre zuhörte, war auch in diesem Augenblicke mit seinen Gedanken nicht hier, sondern weit von diesem Orte entfernt. Er wanderte in einem herrlich angelegten Parke, neben ihm schritt eine schöne Dame, der Mond schien fast taghell durch die Wipfel der Bäume auf den Kiesweg. Das Gespräch hatte sich auf ernste Dinge gerichtet. Da wurde der Weg steiler und immer steiler. Er bot der Dame seinen Arm an und sie nahm ihn. Und als er nun in so unmittelbarer Nähe neben ihr einherschrttt, den Druck ihres Armes fühlte, als ihre Schulter die seinige berührte, da drang eine heiße Blutwelle bis in sein Herz und zum ersten Male ward es ihm zur unumstößlichen Gewißheit, daß das Interesse, welches er schon vom ersten
Augenblicke an für sie empfunden, wirkliche, wahre Liebe sei. Er hatte während dieser Gedankenfolge daher auch nichts von dem Zwiegespräch zwischen dem Onkel und Katharina verstanden. Er wurde aus seinen Träumereien erst wieder zurückgerufen, als die Tante ihm die Schüssel präsentierte und sagte: „Du mußt noch etwas essen, Heinrich, und meinem Gerichte Ehre anthun. Ich habe die Enten selbst gemästet, gestern haben wir sie schon geschlachtet; daß du in diesen Tagen kommen würdest und wahrscheinlich mit dem Eilzuge, wußten wir ja, daher haben wir alles vorbereitet, damit dein Lieblingsgericht dann auch rasch hergerichtet werden konnte."
„Es schmeckt auch prächtig, Tante," erwiderte Heinrich, „und damit du siehst, daß ich meinen Appetit noch nicht verloren, nehme ich noch eine Portion."
Heinrichs Appetit war in der That nicht groß, aber er aß mit Absicht etwas mehr, um nicht Fragen hervorzurufcn, die er nicht beantworten mochte.
Als das Frühstück zu Ende war, gingen Heinrich und der Kommerzienrat in des ersteren Zimmer, um dort eine Zigarre zu rauchen.
„Ei, sieh einmal," rief der Kommerzienrat aus, „deine Thür ist bekränzt, das hat natürlich Katharina gethan, ich sah sie vorhin im Garten die Blumen schneiden. Das scheint mir doch aus ein ganz besonderes Interesse für dich hinzudeuten."
„Ein besonderes Interesse dürfte es immerhin sein, nur müßte das wunderliche Ding in der Brust, das man Herz nennt, keine Rolle dabei spielen. Ich glaube auch nicht, daß Katharina je selbst auf den Gedanken gekommen sein sollte, meine Frau werden zu wollen."
(Fortsetzung folgt.)