nach den dort in der Umgegend gegenwärtig stattfindenden Manövern beizuwohnen.
* Berlin, 8. Sept. Der Kaiser und die Kaiserin gedenken, wie die „Krenzztg." meldet, soweit die Dispositionen bis jetzt feststehen, mit dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm am nächsten Montag nach Stettin abzureisen und am Freitag nach Berlin zurückzukehren. Die Kaiserin werde dann nach Baden-Baden abreisen, der Kaiser werde dorthin nach einigen Tagen folgen.
— Von ungewöhnlichem Interesse ist die Statistik der deutschen Grundbesitzer im Gouvernement Warschau. Das von Angehörigen des deutschen Reiches als Eigentum behauptete Areal beträgt exklusive der in Pacht genommenen 20,257 Morgen nicht weniger wie 205,657 Morgen. Dieser riesige Besitz, dem noch 1307 Morgen industrielle Liegenschaft znkommen, verteilt sich unter 4258 Deutsche.
* Der „Neuen Züricher Ztg." telegraphiert man aus Berli n: Ein mächtiges Bergungen erregt hier die Meldung der „Vossischen Ztg.", daß die in Toulouse zur Neberwachung etwaiger Ausländer eingetroffenen Pariser Geheimpolizisten sofort bei ihrer Ankunft in Toulouse insgesamt verhaftet wurden, weil die Toulouser Polizei einen „deutschen Accent" an ihnen bemerkte.
* Minden. In Münster wurde ein Apo
thekenbesitzer aus Herdecke verhaftet, der beschuldigt wird, in mehr als 600 Fällen Rezepte gefälscht zu haben, welche von der Ortskranten- kassc zu zahlen waren. Bei seiner Haftnahme versuchte er sich mittels Strychnin zu vergiften, woran er jedoch gehindert wurde. (Er hat sich nachher im Gefängnisse erhängt.) ,
Eine wahre Brandstiftungsmanie scheinti augenblicklich in der Provinz Brandenburg! zu herrschen. Fast täglich kommen aus den verschiedensten Dörfern und Ortschaften die Hiobsposten, wonach Scheunen, Schuppen, Strohmieten w. in Flammen aufgegangen sind. In den allermeisten Fällen liegt Brandstiftung vor und in einzelnen Gegenden nimmt das Unwesen so überhand, daß von den Ortsvorständen ziemlich hohe Belohnungen auf die Ergreifung der Thäter ansgesetzt worden sind. Neuerdings ist es mehrmals gelungen, die Brandstifter, die sich zumeist aus rachsüchtigen Knechten rekrutieren, dingfest zu machen.
* Straß bürg, 7. Septbr. Nachdem das in 6—7000 Exemplaren im Reichslande verbreitete Pariser Blatt „Petit Journal" ein- für allemal verboten ist, wird das Mat: „La Paix" den Abnehmern des elfteren Blattes weiter zugestellt werden.
Ausländisches.
* Zürich, 5. Septbr. Die Befestigungsarbeiten am Gotthard schreiten rasch voran, die Aushöhlungen und Erdbewegungen sind beendigt, man hat mit dem Mauern des Fundaments begonnen, es sind über 300 Arbeiter beschäftigt.
* Paris, 7. Septbr. Der Minister des Innern hat an die Präfekten ein Rundschreiben erlassen, „damit sie die von der reaktionären Partei auf dem Lande verbreiteten Gerüchte für grundlos erklären, daß der Mobilmachungs- Versuch ein Vorspiel zu einem nahe bevorstehenden Kriege sei".
* Paris, 7. September. Gestern war der 5. Tag der Mobilmachnngsprobe des 17. Armeekorps. Die durch Einziehung von Reservisten ans den Kriegsfuß ergänzten Truppen von Toulouse und den übrigen Standorten des Korpsbezirks begannen ihre Zusammenziehung nach Carcassonne zu. Das Ein- und Ausladen der Mannschaften, Pferde und Geräte bildet einen Gegenstand eifriger Studien, zu welchen alle Bahngesellschasten Beamte abgesandt haben. Als Ergebnis großer Beschleunigung wird gerühmt, daß eine Batterie Artillerie samt Pferden in weniger als einer Stunde ringelnden wurde. Die Ausladung der Züge erfolgt übungshalber nicht ans den Bahnhöfen, sondern auf freiem Felde. Die Intendantur kauft nichts, sondern requiriert, wie im Krieg, gegen Scheine; die Landleute streiten sich um die Gunst, „requiriert" zu werden.
, Paris, 7. ^>ept. Das Regiment Nr. 79 wird nach den Manövern von Nenschatean nach Nancy verlegt werden — wiederum eine Verschiebung nach der Grenze von 3000 Mann um einen Tagemarsch.
"Paris, 8. Septbr. Fast alle Blätter schwelgen heute in Begeisterung über den glänzenden Erfolg des Mobilmachungsversuches. Er habe bewiesen, daß Frankreich heute vollständig schlagfertig sei, in ',2 Tagen 1,200,000 Mann an die bedrohte Grenze werfen und 8 Tage später eine weitere Million Streiter hinter dieser Mauer aus Menschen anfstelleu könnte. Jur Ganzen besteht aber das mobilgemachte Korps ans 817 Offizieren, 91 Beamten, 41 Verwaltungs-Offizieren, 35,600 Mann, 10,393 Pferden, 102 Kanonen, 2024 Wagen und 191 Mauleseln. Von den Einberufenen fehlten ungefähr in jedem Regiment 100 Mann, die mit einbegriffen, welche nicht in der „Region" anwesend waren. Der so mit dem Volke getriebene Schwindel könnte Frankreich zum zweitenmale in das Verhängnis führen.
— Die Franzosen sind doch Meister des feinen Taktes, des guten Tones und sonstiger gesellschaftlicher Tugenden. Dem guten Adolphe Thiers sollte am 3. d. auf dem Psre-la-Chaise ein Denkmal errichtet werden. Dazu schreibt das Blatt ,Radicall: „Mari wird ein Denkmal einweihen, das über den Gebeinen des abscheulichen kleinen Affen errichtet wurde, der unter dem Namen Thiers die Menschheit entehrte, die ihn für einen Menschen gehalten hat, wie er die Nasse der Affen entehrt hätte, wenn die Naturforscher ihn an seinen Platz gestellt hätten. Auch wird eine Messe gelesen werden und diejenigen Priester, welche sich weigern würden, dem Begräbnis eines treuen Hundes
Die KerrgolLsmMe.
Eine Volksgeschichte aus Schwaben von August Butscher. (Fortsetzung.)
Damit schritt der alte Biedermann eilfertig mit X wer von dannen, dm Müller in einer seltsamen Erregung zurücklassend. Ein rasendes Fuhrwerk donnerte an ihnen vorüber. Es trug den Erlenhofer Six. d.r dw Erlaubnis erhalten hatte, seine Strafzeit erst später anzuteeten. Xwer schritt in düsterem Sinnen dann, während sein V llec immer vor sich hin kicherte, als wäre er kindisch geworden.
5. Eine alte Geschichte und ihre Folgen.
Die Mühle klapperte nieder ihr eintöniges Lied, und der Strudelbach rauschte stürmend über das große Schwungrad Auch im Leben der Insassen war wieder das alltägliche Eine-lei zur Herrschaft gelangt. Es lag eine schwüle Lust über der Herrgotts uühle. wie eine schwere Ahnung, für die man keinen Namen weiß; es war ja alles noch so unfertig nach allen Seiten, im schlimmen, wie im guten Sinne.
Der Bildermann und der Kcaxemnann packten ihre Sachen und der zum Besuche gepreßte Fahuenfrieder half ihnen dabei. Der Alte drang wiederholt in den Müller, daß erst „abgerechnet" werden müsse. Umsonst entgegnete ihm der Müller, daß er für Kost und Logis nichts verlange, er blieb mit der Zähigkeit des Alters dabei, daß er wemgstms di, Geschichte anhö .en müsse, die sehr erbaulich sei und ihm wie auf den Lstb geschnitten.
Der Herrgottsmüller mußte, wollte er nicht als Feigling erscheinen, schließlich seine Bereitwilligkeit, sie anzuhören, erklären und murmelte dabei zwischen den Zähnen: „Was kann er, der alte Narr wollen? Ich bin doch eigentlich begierig was der Kauz Vorbringen will." Di: Müller-
beizuwohnen, werden den Ort der Erde segnen, wo das wilde Tier verfault, das, um sich dafür zu rächen, nicht als Mensch geboren zu sein, nie, wenn er am Ruder war, ermangelte, Menschenblut in Menge zu vergießen. Das ist das Wesen, welches man heute auf dem Psre-La- chaise feiern wird... Die Zeremonie, welche srattfinden wird, ist ein Skandal, für den sich die Pariser früher oder später rächen werden. Ni an verwechselt nicht ungestraft einen Friedhof mit einem Düngerhaufen."
' (Ein Musterbräutigam.) InParis wurde vor einigen Tagen ein Handlungsrersender wegen Heranslockung von Waren verhaftet. Unter den Habseligkeiten des Mannes, der eine auffallend schöne Erscheinung besitzt, fand sich auch ein Buch mit seltsamen Aufzeichnungen. Der Polizeikommissar, welcher irgend welche politische Geheimnisse dahinter vermutete, nötigte den Herrn darüber Aufklärungen zu geben. Zur unaussprechlicheil Belustigung der Gerichtspersonen erzählte derselbe nun, daß er in den verschiedenen Provinzen, die er bereise, 71 Bräute habe, und daß das erwähnte Buch kleine Angaben über dieselben enthalte, die ihn vor Jrr- kümern beschützen sollten.
" Der Maire von S aint-Quen bei Paris wurde suspendiert, weil er als Schalpreise ausschließlich Bücher sozialistischen oder unsittlichen Inhalts verteilt hatte.
* London, 7. Septbr. (Unterhaus.) Bei Beratung über die Posten für die Kolonien im Ziviletat befürwortete Tauner die Uebergabe Helgolands an Deutschland. Der Sekretär der Kolonien, Holland, erklärte, er habe keinen Grund, anzunehmen, daß Deutschland Helgoland zu erwerben wünsche; England habe sicher weder die Absicht, noch den Wunsch, sich von Helgoland zu trennen, er habe nie gehört, daß Deutschland darin, daß Helgoland im Besitz Englands sei, eine Drohung gegen sich erblicke.
* London, 7. Sept. Das unter so schrecklichen Umständen abgebrannte Theater in Exeter, englische Grafschaft Devon, war erst im vorigen Herbst eröffnet worden, nachdem 1835 ebenfalls ein Brand das alte Theater zerstört hatte. An dem Unglücksabend gab man ein romantisches Drama „Romany Rye" und mit Ausnahme des ersten Ranges waren alle Teile des Hauses zum Erdrücken voll. Im vierten Akte findet ein Wechsel der Szene statt. Dabei klappte nicht alles und die Lücke wurde durch Vorziehen einer Seitengardine verdeckt. Plötzlich siel der Zwischenvorhang schwer herunter und das Publikum kicherte, ohne eine Ahnung von dem bevorstehenden Unglück zu haben. Der Vorhang bewegte sich hin und her, und da er nicht ganz herunter gekommen war, konnten die Zuschauer der ersten Reihe auf die Bühne sehen. Gleich darauf geriet der Vorhang noch einmal in Bewegung und sofort erhob sich der Ruf „Feuer!" im Zuschauer- Ranme. Die Leute erhoben sich nun in Masse und stursten nach den Ausgängen. Vom Parket rief man dem Parterre zu, ruhig zu bleiben.
Marie war sehr, sehr schweigsam geworden und die so schön geschweiften Lippen zogen sich noch herber nach unten seit der Zwiespalt mit dem Later bis zum Bruche gediehen war. Sie redeten beide nichts miteinander und sahen wohl, daß jedes bereit war, sein Alles einznsetzen. Es maßte ein Ende nehmen, so oder so, das fühlten Vater und Tochter wohl, und die Gleichartigkeit ihrer Natur nach dieser Richtung kehrte sich im stillen Kampfe immer mehr hervor. Und doch war dieser Kampf wieder ein ungleicher: Der Müller war alt, von geheimer Angst gefoltert, Marie jung und reines Herzens.
Sie hatte gleich am Morgen nach der Verhandlung ein eingehendes Gespräch mit Xaver gepflogen, und der ehrliche Mann hatte ihr die Zurückgabe ihres Wortes anzetragen, wenn das ihr Ruhe und Frieden geben könne, aber sie hatte ihn mit großen, erschreckten Augen angesehen und herb gemgt: „Sind denn die Männer alle wetterwendisch?" Dann in Thränen aasbrechend, war sie ihm um dea Hals gefallen und hatte gerufen: „Nun, das ist dein Ernst nicht, es würde mir das Herz ab- brcchen. Meinetwegen kann die Herrgotts wühle und alles zu Grunde gehen, wenn du nur mir bleibst, mein Herzens und Schmerzensmann i" „Wir sind gewillt, bei einander zu stehn," sagte daraus Xaver mit bewegter Stimme, und sie rief ihm zwischen Lachen und W.inen zu: „O ihr zweiflerischen Männerleute, von uns könnet ihr Kämpfen und Ausharren lernen. Und wenn ich's nie hätte zum Wort kommen lasten dürfen, ich hätte dir doch im Treuen angehangen mein Leben lang —
Tief nur in der stillen Brust Wohnt des Lebens Schirm und Lust,
Die Treue!"
Während sie innig umschlungen an der Hinterthüre standen, trat der Bilderunnn, der sie vom Fenster aus beobachtet hatte, zu ihnen und