Der Vorhang verdeckte noch die Flammen, allein, - ein Feuer auf der Bühne wütete, war klar und so ließen sich die Leute nicht zurückhalten. Die Inhaber des Parkets und Parterres ge­langten sämtlich durch die zu beiden Seiten des Hauses sich hinziehenden Gänge in das Foyer, doch wurden dabei viele Damen im Gedränge ohnmächtig. Der Blick ans die Galerie war entsetzlich: die Flammen ans der Bühne beleuch­teten den ganzen Znschauerraum, welcher sich schnell mit Rauch füllte. Für die Galerie war nur ein Ausgang vorhanden, und diesem Um­stande allein ist der furchtbare Verlust an Men­schenleben znzuschreiben. Viele waren durch die Fenster auf die Balkons und das Dach ge­klettert, händeringend riefen sie um Hilfe und einige stürzten sich auf das Pflaster, ehe die Rettungsleitern angesetzt waren. Die Leichen wurden teils in den gegenüberliegenden Häusern, teils ans der Straße niedergelegt, sie sind meist unkenntlich und ans entsetzliche Weise verstüm­melt. Die Toten, deren Zahl durch ministerielle Erklärung im Unterhanse auf 119 angegeben wurde, und die Verletzten gehören der Mehrzahl mach den niederen Ständen an.

* (Großer Betrug.) An der Petersburger Staatsbank wurde ein großer Betrug verübt. Bei der Vorweisung eines Loses des inneren Anlehens, ans welches bei der letzten Ziehung cher Haupttreffer von 100 000 Rubel gefallen war, konstatierte die Bank, daß sie diesen Treffer bereits vor einigen Tagen ans ein falsches Los ausbezahlt hatte. Die Bank bezahlte nun die Summe von 100000 Rubeln zum zweitenmal und zeigte den Fall der Polizei an, welche jetzt eifrigst nach dem Betrüger fahndet.

* Warschau, 6. September. Polnische Blätter melden: Rußland veranstaltet eine Art Probe-Mobilisierung. Sämtliche Stellungs- Pflichtige von 1876 und 1879 wurden für 7. bis 8. Sept. einberufen. Zwischen Odessa und Sebastopol wurde versuchsweise die Einschiffung und Ausschiffung des Militärs angeordnet. Die Kosten der Probemobilisirung betragen lO Mill. Rubel.

* DerFranks. Ztg." wird aus Sofia ge­meldet: Die Antworten auf die Note der Pforte sind eingetroffen. Oesterreich protestiert kate­gorisch gegen Ernrots Mission, desgleichen Ita­lien und England; nur Frankreich stimmt zu.

* Sofia, 7. Sept. Zacharias Stojanow schreibt in seinem BlattNesawissima Bolgaria": Unser großmütiger Protektor Rußland beantragte bei der Türkei, daß sie Südbulgarien okkupiere, während Rußland nördlich des Balkan mit seinen Truppen einrücken soll. Wir Bul­garen, die wir von der Gnade Europas leben, werden auf alle diese schönen Vorschläge Ruß­lands antworten mit dem Sprichwort:Der Nasse fürchtet sich nicht vor dem Regen." Wir haben schon so viel gelitten, und haben so schwere Zeiten durchgemacht, daß die Spitzfindig­keit eines Onon in Konstantinopel uns nicht im geringsten alterieren können. Ihr sagt, daß

ihr Ferdinand I. in Bulgarien unmöglich machen werdet. Uns und den ersten Fürsten habtJhr wohl betrogen. Aber jetzt sind wir vernünftiger ge­worden. Se. Hoheit kam nach Bulgarien nicht etwa als Tourist, sondern als Staatsoberhaupt. Er wird bleiben und wird regieren. Wer etwas gegen ihn hat, möge nach Sofia kommen und mit uns abrechnen. Wir haben einen Fürsten, dem das ganze Volk Treue geschworen hat, und es wird für ihn eintreten. Man spricht auch davon, daß uns eine Okkupation bevorstehe. Was haben wir denn gethan, um eine solche Strafe zu verdienen? Giebt es etwa Anarchie in unserem Lande? Schließlich aber, versuchet es mit der Okkupation! Die Geschichte wird Euch verurteilen, daß Ihr ein Volk unterjocht habt, welches sich nicht freiwillig ergeben wollte. Wir werden uns jedoch wehren, so weit unsere Kräfte reichen. Wir sind überzeugt, daß neben unserem Häuschen auch das Eurige in Brand geraten wird."

* Sofia, 7. Septbr. Die Meldung von der Abreise des Fürsten nach Ungarn ist unbe­gründet

Gemeinnütziges.

* Beseitigung von Warzen und Muttermälern. Von allgemeinerem Inte­resse ist eine Mitteilung von Professor Voltolini in Breslau in der Deutschen medizinischen Wo­chenschrift, betreffend die Beseitigung von War­zen «und Muttermälern. Die Entfernung der­artiger Bildungen hatte bisher ihre Mißstände, indem nach dem gebräuchlichen Verfahren durch Ausschneiden, Netzen u. s. w. nur allzuoft Nar­ben zurückblieben, welche manchmal noch stören­der waren, als jene Mißbildungen. Aus diesem Grunde zogen viele Personen es vor, letztere zu behalten. Professor Voltolini hat nun die Idee durchgeführt, zur Beseitigung derartiger Fehler eine chemisch auflösende Kraft des elek­trischen Stromes, die sogenannte Elektrolyse, zu benützen. Zu diesem Zwecke hat er eine Batterie von fünf Elementen konstruiert, deren Leituugsschnüre mit zwei recht spitzen Platina- nadeln, für sehr harte Gebilde mit einer Stahl­nadel, versehen sind; die Nadeln werden in die zu entfernenden Gebilde eingestochen; hierauf läßt man einige Minuten den Strom einwirken. Nach der Sitzung trocknet die Warze meist ein und fällt nach einiger Zeit ab, ohne die Spur einer Narbe zu hinterlassen. Äoltolini hat diese Methode in zahreichen Fällen mit günstigem Erfolge durchgeführt und will nun dieselbe durch seine Veröffentlichung zum Gemeingute der Aerzte machen.

Handel und Verkehr.

* Stuttgart, 8. Septbr. (Kartoffel- und Krautmarkt.) 500 Zentner Kartoffeln ä 4 M. 20 Pfg. bis 4 Mrk 50 Pfg. per Zentner. 2000 Stück Filderkraut st 20 M. bis 25 M. per 100 Stück.

* R ottenbu r g, 7. Sept. (Hopfen.) Der Zulauf Fremder zur Hopfenpflücke ist auch in

diesem Jahre wieder ein außerordentlich starker^ Nach polizeilicher Erhebung sind hier gegen­wärtig 4073 auswärtige Personen in Beschäf­tigung, nämlich 849 männnlichen und 3224 weiblichen Geschlechts. Die Ernte geht rasch ihrem Ende entgegen; da die Quantität sehr zurückschlägt; Qualität ist vorzüglich, darum hofft man aus doppelten Gründen hohe Preise. Händler haben schon 100 M. angelegt.

* Eßlingen, 8. Septbr. Auf dem Faß­markt, der heute hier abgehalten wurde, waren etwa 300 Fässer aufgestellt im Gesamtgehalt von 1300 Hektol. Es wurde für das Hekto­liter 68 M. bezahlt. Kübel- und Baugeschirr: Butten, Züber, Standen, Trichter u. s. w. waren in schöner Ware und reicher Auswahl zu haben; doch war die Kauflust nicht besonders rege.

* Ehingen, 6. Septbr. Die Hopfenernte im hiesigen Bezirk hat letzten Montag allgemein begonnen. Gestern sind für städtische Frühhopfen vergebens 75 M. pr. Ztr. von einem Nürnberger Hopfenhändler geboten worden.

* Crailsheim, 6. Septbr. Der heutige Viehmarkt war stark befahren und es wurde lebhaft gehandelt; doch waren die Preise sehr- gedrückt durch den Mangel an Herbstsutter. Es steht zu befürchten, daß die Preise nch mehr zurückgehen. Die Preise bewegten sich für Ochsen von 226396 M., Stiere 81264 M., Kühe 80205 M. und Rinder 65175 M. pro Stück. Gesamtumsatz 32 094 M.

*Tettnang, 6. Sept. DerO. Anz." berichtet: Die Hopfenpreise ziehen an; gestern wurden für schöne Ware 80 M. bezahlt. Nicht weniger als 70 Händler find am Platze; .der Handel ist sehr lebhaft.

Die Keimst.

Was ist die Heimat? Jst's die Scholle,

Drauf deines Vaters Haus gebaut?

Jst's jener Ort, wo du die L-onne,

Das Licht der Welt zuerst geschaut?

O nein, o nein, das ist sie nimmer!

'.sticht ist's die Heimat, heißgeliebt,

Du wirst nur ja die Heimat finden,

Wo's gleichgestimmte Herzen gibt?

Die Heimat ist, wo man dich gerne Erscheinen, ungern wandern sieht,

Sie ist's ob auch in weiter Ferne Die Mutter saug dein Wiegenlied.

Buntes Allerlei.

* (In Gedanken.) Die Frau Professor serviert ihrem Mann, der soeben eine wichtige Arbeit vollendet, Pfannkuchen nebst salat, wünscht guten Appetit und entfernt sich. Nach einer Weile klingelt der Herr Professor:Aber, liebe Amalie, gibt es denn heute gar nichts als Salat? Frau Professor:Um Gottes­willen ich glaube wahrhaftig. Du hast den Pfannkuchen als Serviette umgehängt!"

* (Im Bade.)Können Sie schwimmen, Herr Cohn?"Heißt ä Frage, wenn ich mich halt schon ßwei Jahr' über Wasser."

Verantwortlicher Red.: W. Rieker, Ältensteig.

sagte mit einem ungewohnten Schimmer in den grauen Augen und einem fremd n Beben in der Stimme:So ist's recht, Kinder, hab's früher nicht glauben wollen, glaub's aber jetzt, daß einer von oben in unsere Geschicke himinspricht," Und weiterschreitend murmelte er unversländ liche Worte vor siK hin. Die beiden Vereinten sahen ihn zuerst er­schrocken an, als e - kam, und blickten ihm mit unausgesprochenem Stau­nen nau, als er wieder ging.

Der Mitt lgttisch versammelte nicht wie früher alle Hausgenossen und die Burschen, die in der gastfreien tzerrgottsmühle keine Seltenheit war n. Der Bildermann und sein Sohn waren heute ausgegangen, an­geblich nur, um in der Nachbarschaft Abschied zu nehmen, Marie machte sich in der Küche zu schaffen, und so saßen nur der Müller, der Fahuen- frieder und der Mehlhans bei Ti'che. Der erster? nichts, der andere plauderte unaufhörlich, aber umsonst und nur der dritte zog mit urige, heureur Appetit alles an sich, was die Magd brachte.

Ihr müßt wieder lustiger werden," meinte der Fahnenftieder, sonst schlägt die Galle ins Blut, und die Milz und die Leber kommen in Streit miteinander, s' macht nichts, aber man kann daran sterben müssen."

Sterben?" fuhr der Müller auf.An dem ist's noch nicht, und wenn alles verschworen ist, so weit sollen sie mich nicht unter­kriegen. Herrgott von Bentheim! Wir wollen doch sehen, wer Herr und Meister ist!"

Unser Herrgott!" meinte Hans trocken.

Und der Herrgottsmüller," setzte diplomatisch der Fahnenfrieder bei und setzte hinzu:Ihr schaut schon wieder ganz blau aus, Herrgotts­müller. Das ist nichts und kann leicht einen Schlagfluß geben, 's macht nichts, aber die meisten Leute sterben daran. Ihr solltet die Grillen vertreiben. Wie wär's, wenn wir so gegen Abend ein Füßchen Bier

ausstechen würden, droben, neben den beiden Herrgöttern, wo es so schattig ist und so kühl und wo der Strudelbuch die Grillen wegsingt?"

Der Mehlhans brummte behaglich bei die er lockenden Aussicht, und auch im Gesichte des Müllers erwachte ein Schimmer von Freude. Ah, das wür's, das Trinken gibt guten Mut. Du triffst immer den Nagel aas den Kopf," sagte er schmunzelnd,und du sollst Recht be­halten, so machen wft's, der Mehl'mns soll nachher gleich aus dem blauen Bock das größte Füßchen holen und droben aaslegen."

Ja, wo es eine Fahne gibt." meinte Frieder in seiner launigen Weise, mache ich die Stange dazu, 's macht nichts, aber über den tzerrgottsmüller geht nichts."

Schön wird's," murmelte der Mehlhans und trottelte davon. Der Frieder pfiff cin Lied und ging ins Angeln, der Müller aber warf sich auf das Ledersopha, um zu schlafen.

Droben bei den Kruzifixen, zwischen denen eine Bank hinlies und an welchen traulich die melancholischen Erlenbüsche wie müde ihre Häupter lehnten, saß am Nachmittag die Müller-Marie mit einer leichten Hand­arbeit, um zu arbeften und zu träumen. Nebenan, aber gerade weit genug entfernt, um durch das Gebrause nicht störend zu werden, stürzte sich der Strudelbach über den Felsen auf das phlegmatische Schwung­rad und sandte, wenn ein Wind erwachte, zuweilen einen schwachen Sprühregen zu dem traulichen Plätzchen herüber, das wie geschaffen war zum Träumen oder Beten. Und die Müllersmaid flocht wirklich auch manch' stillessGebet in ihre wachen Träume, ein Gebet, die Bitte für ihr Liebstes auf der Welt und ein Flehen um endliche Abwendung des stillen Leides, das ihr junges Leben zermarterte. (Forts, f.)

(Lesefrucht.) Das Geheimnis unseres Lebens ward noch keinem Sinne klar, und sein wunderbarer Schlüssel liegt auf jeder Totenbahr.