Rechte der französischen Deputiertenkammer Kenntnis von der Verschwörung erhielt, hat sie ihren Vorsitzenden, Herrn v. Mackau, zum Prä­sidenten der Republik gesandt, um ihn zu be­schwören, die Bildung eines Ministeriums zu beschleunigen, indem sie ihm ihre Unterstützung versprach. Grevy ist hierauf iu Rouvier ge­drungen, sein Kabinet, es koste was es wolle, zu bilden.

* DieNordd. Allg. Ztg." gibt den Schluß eines neulicheu Artikels derNat.-Ztg.", in welchem auf die Fremdenfeindlichkeit Frankreichs und deren Folgen für das Schicksal der Aus­stellung hingewiesen wird, an hervorragender Stelle wieder. Dies sollte um so weniger un­beachtet bleiben, als die Hetzereien gegen Deutsch­land in letzter Zeit auch in relativ gemäßigte französische Zeitungen übergegangen sind. Es möchte daher wohl au der Zeit sein, daß weitere Kreise der Bevölkerung auf die eigentümliche Lage in Frankreich mehr aufmerksam werden, als es bisher der Fall war.

* Köln, 27. Juni. Bei Mühlheim am Rhein entgleiste heute früh der Berliner Kourierzug. Der Zug hatte acht Wagen; die Lokomotive schleifte zwei Wagen eine Strecke weit, zwei andere stürzten um, der Schlafwagen blieb im Geleise. Die Zahl der Verwunde­ten wird auf 13 angegeben.

* Aus Thüringen. Man schreibt aus Stadtilm: Die stärkste Tanne ganz Thüringens, vielleicht auch ganz Deutschlands, ist kürzlich von zwei Stadtilmern iu Bezug auf ihren Stam- mesnmsang gemessen worden. Sieben Meter und sechzig Ceutimeter beträgt der Umfang. Sie gehört zu den etwa 150 Niesentannen des Wnrzelberges, die, bis 50 Meter hoch, über 300 Jahre alt sein mögen und als Ueberbleibsel des Urwaldes sorgsam geschont werden.

* (Mord und Selbstmord.) Im Dorfe Weiß­buch bei Schneeberg wurde die Frau des Guts­besitzers und Fleischers Gerber, sowie dessen Knecht in der Schlafkammer der Ersteren tot, resp. ermordet aufgesunden. Dem Anscheine nach hat der Knecht erst die Frau seines Dienst­herrn, mit der er sehr intim gewesen sein soll, er­stochen und dann sich selbst. Das Messer steckte noch beim Auffiuden der beiden Leichen tief in der Wunde. Der Ehemann der ermordeten Frau befand sich in der fraglichen Nacht in Zwickau. Die Ursachen des Doppelmordes sind noch völlig unaufgeklärt und beruhen vorerst auf Vermutungen.

* Straßburg, 27. Juni. Durch kaiser­lichen Erlaß ist Bürgermeister Jaunez in Saar­gemünd aus dem Amte als Mitglied des Staats­rates für Elsaß-Lothringen entlassen.

* Starke Gewitter mit Hagel durchtobten am letzten Sonntag das Rheinthal und über Straßburg selbst hingen die Gewitter länger als eine LAunde. lieber einen Blitzschlag, der hiebei das Münster traf, berichtet ein Augen­zeuge der Srraßb. P.:Der Blitz traf die Spitze des Münsterturmes mit einem furchtbaren Schlag,

so daß alle Leute, die sich auf dem Münster- Platz befanden, in höchstem Schrecken davonliefen. Der Blitz fuhr wie in einer Schlangenlinie den Turm herab. In diesem Augenblicke gab es aber einen äußerst Hellen scharfen Klang, so daß man fast hätte meinen können, der Blitz hätte eine Glocke getroffen. Auffallend war noch, daß unmittelbar nach dem Blitzschlag das Münster von einem ziemlich dichten Ranch umgeben war, der schließlich den ganzen Münsterplatz ausfüllte und stark nach Schwefel oder wohl vielmehr nach Ozon roch.

* Metz, 27. Juni. Vor ungefähr 14 Tagen hat die hiesige Polizeidirektion an diejenigen Geschäfts- bezw. Wirtschaftsinhaber, welche aus­schließlich französische Firmen führten, die Auf­forderung ergehen lassen, dieselben innerhalb einer bestimmten Frist mit der entsprechenden deutschen Inschrift zu versehen oder zu ergänzen. Diese Maßregel ist hier ganz am Platze, des Prinzips wegen, so geringfügig die Sache ja an und für sich sein mag.

* Saarburg (iu Lothringen), 26. Juni. Am 29. d. wird das bisher in Hanau garniso- nierende 97. Infanterie-Regiment seinen Einzug in unsere Stadt und die neugebauten Baracken halten.

Ausländisches.

* Wien, 27. Juni. Der König von Ser­bien cmpfieng gestern vormittag den Grafen Kal- noky iu zweistündiger Audienz. Der König kehrt am Freitag nach Belgrad zurück.

* Wien, 27. Juni. Der König von Ser­bien erklärte einem Mitarbeiter desNeuen Wiener Tagblattes", seine Wiener Reise be­zwecke die Erlangung der Gewißheit, ob Oester­reich ihn unterstütze, falls die von der Königin Natalie mit dem russischen Gesandten geplante Umwälzung zu stände kommen sollte.

* Der politische Zweck der Reise des Königs Milan von Serbien nach Wien wird durch die Nachricht, der König werde nicht nach Gleichen­berg Weiterreisen, sondern von Wien direkt nach Belgrad zurückkehren, in das hellste Licht ge­rückt. König Milan ist nach Wien gegangen, um dem Kaiser von Oesterreich persönlich Auf­klärung über die Lage geben und sich für alle Fälle des Wohlwollens und der Freundschaft Oesterreichs zu versichern, da die Anstrengungen des Prätendenten Karageorgievic und die Agita­tionen der Königin leicht unwillkommene Ereig­nisse Hervorrufen können. Die feste Absicht des Königs geht dahin, mit Oesterreich und Ruß­landgleich freundschaftlicheBeziehungenzu wahren, sich aber unter keinen Umständen von Oester­reich zu trennen. Die Differenzen zwischen dem König und der Königin dürften zu einer fakti­schen Trennung führen. Im Gegensätze zu Wiener Meldungen von der bevorstehenden Rück­kehr der Königin nach Belgrad wird aus Peters­burg gemeldet, daß man dort der Ankunft der Königin entgegensehe. König Milan in Wien, Königin (Natalie in Petersburg: Die politi-

diescr Arbeit stürzte ein Fuhrmann aus Plitters­dorf zu Boden und die etwa 6 Meter lange und 6 Ztr. schwere Eisenstange zertrümmerte dem Unglücklichen den Kopf, sodaß der Tod augenblicklich eintrat. Ein zweiter Arbeiter wurde ebenfalls am Kopfe verletzt und mußte in die chirurgische Klinik gebracht werden. Einem vorübergehenden Soldaten, der den Toten unter dem Eisen hervorznholen sich bemühte, wurden drei Finger zerquetscht, die wahrscheinlich abge­nommen werden müssen; man brachte ihn in das Militärlazareth.

DerKöln. Ztg." geht voneinem zuverlässigen Gewährsmannc" folgende merk­würdige Mitteilung zu:Ein mit Persönlich­keiten ans der Petersburger Gesellschaft iu nahen Beziehungen stehender höherer französischer Of­fizier hat sich zu diesen über General Boulanger geäußert. Demnach stände es außer Zweifel, daß der ehemalige Kriegsminister einen Staats­streich, der ihn an die Spitze der Regierung ge­bracht, beabsichtigt habe. Er habe, kurze Zeit vor seinem Sturze, nächtliche Truppenübungen ungeordnet, worüber damals anch die Zeitungen berichteten. Bei einer solchen nächtlichen Truppen­übung, an der fast die ganze Pariser Besatzung teilzunehmen bestimmt war, sollte der Staats­streich erfolgen. Alle Rollen waren bereits ver­teilt. Aber General Saussier, der Gouverneur von Paris, kam hinter den Plan und verbot noch in letzter Stunde das Ausrücken der Trup­pen, so daß auch wirklich nur ein Bataillon ansrückte. Alle Beweisstücke für jenen geplanten Staatsstreich befinden sich in den Händen der französischen Regierung, und dies ist auch der Grund, warum Boulanger sich so ruhig ver­hält und so saug- und klanglos von der Bühne abtrat." So dieKöln. Ztg."

* DasFrkf. I." schreibt: Gestern teilten wir nach der ,K. Zck die Aeußerungen eines höheren französischen Offiziers mit über die Pläne des verflossenen französischen Kriegs­ministers Boulanger, aus denen hervorgeht, daß der General sich mit nichts Geringerem als einem großen Staatsstreich beschäftigte: heute liegt uns eine Meldung eines französischen Blattes,Partei National", vor, welche jene Angaben in der Hauptsache bestätigt, der ganzen Sache aber eine noch weitergehende Tragweite gibt. Danach sollen zwei politische Persönlich­keiten in Frankreich im Einverständnis mit Bonlanger den heimlichen Anschlag gemacht haben, die Kammer aufzulösen und Herrn Grevy abzusetzen, die Verfassung aufzuheben und eine konstituierende Versammlung zusammen zu be­rufen. Dem Allem sollte eine Kriegserklärung an Deutschland vorausgehen oder folgen, so daß es möglich geworden wäre, Frankreich in Kriegszustand zu versetzen und die Diktatur auszurusen. Das in seinen Folgen gar nicht absehbare Unglück eines Krieges zwischen Deutsch­land und Frankreich sollte also einigen ehr­geizigen Strebern in Paris nur die Gelegenheit äbgebeu, ihre Pläne zu verwirklichen. Da die

Kaus und Wett.

Novelle von Gustav Höcker.

(Fortsetzung.)

Es ist eine Trennung fürs Leben, aber isich^ für immer," unterbrach Ewald in leisem, tröstendem T ue das SchweigenGott hat nicht zweck­los m unser Herz die Liebe und Sehnsucht gelegt, die sich keim Abschiede von einem geliebten Toten so mächtig in uns regt, das wäre ja grausam! Gerade in solch' schweren Stunden fühlt man, daß die göttliche Verheiß­ung kein leerer Mcnschenwahn ist."

Ach, und dennoch kann mir dies jetzt keinen Trost gewähren!" schluchzte Martha.

Was Sie jetzt untröstlich wacht, liebes Fräulein, das ist nur die Länge der Zeit bis zum einstigen Wiedersehen und die Furcht, im Laufe dieser Zeit den Schmerz mit Ruhe ertragen zu lernen, denn der Schmerz ist uns heilig und wir möchten ihn uns gern bis zum letzten Atemzuge bewahren, um mit all' der ungebändigten Sehnsucht dem Ent­schlafenen Nacheilen zu können."

O, wenn ich das dock kön te!" rief Martha,wie willkommen sollte mir der Tod sein!"

Aber bedenken Sie, liebes Fräulein," entgegnete Ewald sanft, daß der allliebende Gott, der uns mit unseren Heimgegangenen wieder vereinigt, den Zurück: leibenden die Pflicht auferlegt, dreses Erdenleben mit Geduld durch zukämpfen und nach besten Kräften darin Gutes zu wirken. Auch der Selige hat sicher einst trostlos an dem Totenlager von Vater und Mutter gestanden und dann doch noch ein ganzes Leben hindurch gekämpft und gewirkt und wieder neue Bande geknüpft, die ihm das irdische Dasein aufs neue wert und heilig machten. Es wird auch für Sie wieder neuen Wut gewinnen, Fräulein Martha, und so schwer

diese Stunde ist, so werden Sie ihr doch dankbar sein, denn sie geht an keinem guten Menschen vorüber, ohne ihn besser zu machen und damit nur um so würdiger der Wiedervereinigung mit dem, der sie uns einst raubte."

Martha erwiderte nichts, aber sie drückte dem jungen Manne, ehe sie ihn seiner traurigen Aufgabe überließ, dankbar die Hand.

Als Ewald die Treppe wieder hinabging, begegnete ihm Guido Halphen, der Polytechniker. Dieser nahm von dem Tischlergesellen keine Notiz und stürmte die Treppe hinauf, als könne er Tote wieder zum Leben erwecken. Er ließ sich von Frau Rupfinger sogleich zu den trauern­den Schwestern führen und brachte in wohlgesetzter Rede seine Kondo­lenz an.

Der Verstorbene ist aufgegangen im großen Ganzen," lauteten seine daran geknüpften Trostesworte,er ist der Mutter Natur wieder zuruckgegeben, zu der wir alle einst zurückkehren müssen, und im Erd­geschosse erwartet ihn die wohlverdiente Ruhe, der ewige Schlaf. Die Natur in ihrer unerschöpflichen Gestaltungskraft weckt seine Atome zu neuen Formen, es ist ein erhebendes Gefühl, dies zu wissen und wenn diese neuen Formen sich ihres früheren Daseins auch nicht bewußt sein können, so wird doch sein persönliches Andenken bei allen fortleben, die ihn kannten. Das ist die wahre Unsterblichkeit. Sie aber, meine Damen, als die Zurückbleibenden, dürfen sich nicht so sehr dem Schmerze überlassen. Bedenken Sie. daß man nur dieses eine Mal in der Welt lebt, und daß man sich schon deshalb den ernsten und traurigen Ein­drücken, welche das Leben ja ohnehin reichlich genug b etet, so wenig wie möglich hingeben soll. Die beste Trösterin ist die Zeit; sie heilt euch die tiefsten Wunden. Sie werden wieder froh werden, meine Damen, g'auben Sie mir und werden trockenen Auges an den Teuren zurück­denken lernen, den Sie jetzt der Vergänglichkeit überantworten müssen. Nur den Kopf aufrecht getragen und frisch hinausgeschaut ins geschäftige,