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Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donners rag nnd Samstag und kostet in Altensteig 90 im Bezirk 85 anßerbalb I ^ das Quartal.
Donnerstag den 30. Juni
Einrückungspreis der lspalt Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 bei mehrmaliger je 8 auswärts je 8 ^
1887.
Amtliches.
U ebertragen wurde die erledigte Amtsrichterstelle bei dem Amtsgericht Nagold dem Amtsrichter Maier in Herrenberg.
D Der Leipziger Landesverratsprozeß und die französische Rache.
Die Franzosen können sich nicht darüber beruhigen, daß im letzten Leipziger Hochverratsprozesse auch ein Mann verurteilt worden ist, der, obwohl geborener Elsässer und im Elsaß wohnend, seinerzeit für Frankreich optiert hat und mithin französischer Staatsbürger geblieben ist. Der Name Köchln: genießt gegenwärtig in Frankreich dieselbe vorübergehende Popularität, wie vor Wochen der ebenfalls gut deutsche Name Schnebele und eine eigentümliche Ironie des Schicksals hat es gefügt, daß wiederum zwei Abgeordnete mit gut deutschen Namen, die Herren Dreyfuß und Wickersheiiner, in der französischen Depmiertenkammer einen Antrag gestellt haben, dahingehend, daß in Frankreich lebende Ausländer, welche Mitglieder eines im Auslände bestehenden, „Frankreich feindseligen" Vereins sind, mit Gefängnis von 3 Monat bis zu 2 Jahr bestraft werden sollen.
Selbstverständlich ist mit dem „Auslande" nur Deutschland gemeint und wie die Dinge einmal liegen, können unter den „Frankreich feindseligen Vereinen" nur die allerdings in Deutschland außerordentlich zahlreichen Kriegervereine gemeint sein, denen zwar noch von keiner Seite Chauvinismus zum Vorwurf gemacht wurde, welche wohl aber ab und zu ein Lied singen, das den Ohren der Franzosen nicht gerade angenehm klingt. Würde der von den Urfranzosen Dreyfuß und Wickersheimer gestellte Antrag Gesetz, so böte dasselbe eine Handhabe, eine recht erhebliche Anzahl von Deutschen, die den französischen Boden betreten, zu Verbrechern zu stempeln und in das Gefängnis zu werfen. Würde das Gesetz praktisch, so müßte es zur Quelle unaufhörlicher diplomatischen Reibereien werden, denn ans keinen Fall könnte Deutschland zugeben, daß seine Angehörigen ihres ruhigen und in keiner Weise aggressiven Patriotismus halber, in französische Gefängnisse wandern.
Man thut sich in Paris noch ordentlich etwas auf die Zurückhaltung Frankreichs zugute. Anfänglich hätten die Herren Antragsteller einen „weit kräftigeren gesetzgeberischen Gedanken" in einem Anträge formuliert und nur auf gütliches Zureden auf die jetzt bekannt gegebene Form abgemildert. Wahrscheinlich hätte jeder Deutsche verhaftet werden sollen, der französischen Boden betritt und in der Heimat zuvor seiner Dienstpflicht genügt hat. Frankreich, das während des letzten Krieges hinsichtlich der Kriegsgefangenen ziemlich kurz Wegkain, könnte so das Versäumte „im Frieden" prächtig nachholen. Ein noch kürzeres und durchgreifenderes Verfahren wäre es freilich, wenn die Herren Dreyfuß und Wickersheimer einem Gesetze ihre Namen leihen wollten, durch welches die ganze deutsche Armee, alle, die ihr angehören, derselben angehört haben oder angehören werden, in Bausch und Bogen zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt würden. Bräche dann der Revanchekrieg aus, so brauchte der französische Kriegsminister mit diesem Gesetz in der Hand nur an die Grenze zu eilen und die gesamte deutsche Armee für verhaftet zu erklären.
Schon das Spionagegesetz, das unter Bon- langer das Licht der Welt erblickte, ist ein Monstrum und wird es erst recht durch seine
rigorose Handhabung. Nimmt die Deputiertenkammer nun auch noch den Antrag Dreysuß- Wickersheimer an, so kann man Frankreich getrost von der Liste der zivilisierten Staaten streichen, dann rangiert es in einer Klasse, mit Dahomey und dein von England endlich zivilisierten Birma.
An dem geheimen Kriegszustände, der seit 16 Jahren zwischen Deutschland und Frankreich besteht, trägt einzig nnd allein der französische Nationaldünkel die Schuld. Es ist wahr, Deutschland hat als Siegespreis zwei deutsche Provinzen zurückgenommen, die ihm 200 Jahre zuvor von Frankreich schmählich, im Frieden sogar, entrissen wurden. Was hätte denn Frankreich gethan, wenn ihm 1870 der Sieg zugefallen wäre? Es hätte das linke Rheinufep, deutsches Gebiet genommen! Da das glücklicherweise durch die Tapferkeit unserer Truppen und die Ueberlegenheit unserer Führer verhindert wurde, so thun die Franzosen gerade, als hätte Deutschland mit dem Frankfurter Frieden die ganze sittliche Weltordnung ans den Kopf gestellt! Daß die Rücknahme Elsaß-Lothringens nur natürlich, historisch berechtigt, durch das Recht des Siegers erlaubt, zur militärischen Sicherung unserer Westgrenze gegen einen neuen frivolen Angriffskrieg unbedingt geboten war, das einzusehen, verhindert die Franzosen ihr nationaler Dünkel.
Glücklicherweise kann der Mangel an Einsicht auf seiten der Franzosen die geschichtlichen Thatsachen nicht nmstoßen und das deutsche Volk weiß sich mit seinem Kaiser und seinen Fürsten eins in der Ansicht: Die deutschen Reichslande sind und bleiben bei Deutschland!
LLLdesMchrrchlen.
* Freu den stadt, 25. Juni. (Turnfest.) Zu dem Ende Juli dahier stattfindenden Schwäbischen Landesturnsest ist folgendes Programm festgesetzt: 30 Juli: Empfang der Vereinsver- treter, Kreisturntag und Bankett in der Turnhalle; 3l. Juli: Waldspaziergang, Empfang der Vereine, Sitzung der Kampfrichter, Militär- konzert aus dem Marktplatz, Festzug zum Festplatz, Frei- nnd Ordnungsübungen, Turnen der Musterriegen; Abends; Militärkonzert mit italienischer Nacht auf dem Festplatz; 1. August: Wett-Turncn; Mittags: Festzng zum Festplatz, Militärkonzert auf dem Festplatz, Uebergabe der Bnndessahne, Kürturnen und Turnspiele, Verkündigung der Sieger; Bankett auf dem Festplatz; 2. August: Ausflug mit Musik nach den Sankenbach-Wassersällen nnd über den Kniebis zurück nach Freudenstadt.
" Frendenstadt, 28. Juni. Heute früh halb 6 Uhr meldete ein Feucrreiter den Ausbruch eines Brandes in Oedenwald. Wie wir erfahren, ist das Wohn- und Oekonomiegebände des Gutsbesitzers Kilgus total abgebrannt. Vom Mobiliar konnte fast nichts gerettet werden, auch ein Schwein und Hühner sind verbrannt, das übrige Vieh brachte man noch hinaus. Man vermutet Brandstiftung.
* (Telephon.) Zwischen Stuttgart nnd Ulm ist seit 1. Juni eine Telephon-Verbindung in Betrieb, die sich recht gut bewährt.
* O e h r in g e n, 26. Juni. Die gegenwärtig ausgezeichnete Witterung hat nicht nur eine rasche nnd gute Heuernte ermöglicht, sondern erfüllt insbesondere auch die Weingärtner von Tag zu Tag mehr mit neuen Hoffnungen. Die Weinberge in unserer Gegend versprechen zwar keinen vollen Ertrag, jedoch vielmehr als vor 3 Wochen
auch nur einer zu hoffen wagte. Ebenso erfreulich nnd vielversprechend ist der Stand der Fruchtfclder und des Repses.
* Ulmer Münster-Lotterie. Der Berl. B.-C. bringt die Notiz, daß die beiden Haupttreffer der Ulmer Münfterlotterie von 75 000 M. (Nr. 208583) und 30 000 M. (Nr. 15179!) in die Kollekte von Karl Heintze in Berlin gefallen seien. Wir erfahren hierzu, daß Herr Heintze (der mit der Generalagentnr in Ulm nicht direkt verkehrte) das erstere Los allerdings von Herrn Breitmeyer hier bezogen hat, und die Eröffnung der von ihm wieder zurückgesandten Pakete hat ergeben, daß das Los nicht mehr in denselben enthalten war. Dagegen hören wir, daß das Los 151791 von Herrn Breitmeyer nicht an Herrn Heintze, sondern an einen anderen Agenten gelangt ist.
* (Verschiedenes.) InBergfelden (Sulz) wurde ein ans einem Heuwagen nach Hause fahrender Mann vom Schlage gerührr und sank zum Schrecken seiner Begleitung tot vom Wagen herab. — In Neckarrems setzte ein Bauer sein 2jähriges Kind aus einen mit Kühen bespannten Wagen. Die Kühe scheuten, rissen aus und gingen durch, wobei das Kind vom Wagen fiel und von den Rädern zu tot gedrückt wurde. — Die Latein- und Realschule von Giengen machte letzthin einen Ausflug nach Gundelfingen. Ans der Rückkehr wurde die ermüdete Schar in Nördlingen von Fuhrwerken abgeholt. Unterwegs wollte das eine an dem andern vorbeifahren, hiebei geriet es auf einen Steinhaufen und warf um. Einem 10jährigen Schüler wurde dabei der Kops zerdrückt, daß er tot auf dem Platze blieb. Ein anderer erhielt eine Kopfwunde, während die übrigen mit dem Schrecken davonkamen. — In Kirchberg a. I. ist der 22jährige Sohn des Bauern Heberle beim Schwemmen seiner Pferde in der Jagst ertrunken. Auch ein Pferd ist mit zu Grunde gegangen. — In Eßlingen wird gemeinderätlichem Beschlüsse zufolge den Flurschützen zum Wegschießen der Heuer wieder in großer Anzahl auftrctenden Staaren auf Kosten der Stadtkasse Pulver und Schrot verabreicht.
* Eine Trauung seltener Art fand dieser Tage im Münster zu Freibnrg statt. Das Brantpaarzähltezusammen130Jahre. DieBraut steht im 72., der Bräutigam im 58. Lebensjahre.
* Die Menge derer, welche au: Sonntag auf dem Schützenfcstplatz in Frankfurt a. M. sich drängte, wird ans 30,000 geschätzt. Die Wirtschaften waren geradezu belagert; die größte Anziehungskraft übte, wie schon am Samstag, auch am Sonntag wieder die oberbayerische Gebirgsschenke.
* Wie man den M. N. N. von Berlin berichtet, hatte der französische Botschafter Herbette eine Unterredung mit dem Staatssekretär Grafen Herbert Bismarck wegen Milderung des Leipziger Urteils gegen die Elsässer und fand ein wohlwollendes Entgegenkommen. In einer zweiten Unterredung zeigte jedoch Graf Bismarck dem Botschafter Pariser Blätter und erklärte, unter Hinweis auf die herausfordernde Sprache der Franzosen einen Verfolg dieser Sache derzeit für unmöglich.
* (U nglü ck sfall.) Letzten Donnerstag ereignete sich auf dem Bonner Rheinwerst an der Landungsstelle des Kölner Lokaldampfschiffes ein betrübendes Unglück. Eiserne Träger sollten auf ein für das benachbarte Godesberg bestimmtes Fuhrwerk geladen werden; während