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mehreren in Paris beglaubigten Diplomaten sollen in diesem Sinne Mitteilungen an ihre Regierungen gelangt sein.
— Am 3. November 1867 ließ Napoleon bei Meutana das Chafsepotgewehr gegen die auf Rom vorrückenden Garibaldianer »probieren"; das neue Gewehr „rhat Wunder", wie der offizielle Bericht besagte, Garibaldi wurde zurück- geworfen und er selbst verwundet. Man hat in Mentana den Jahrestag dieser Schlacht gefeiert; 30000 Personen sollen bei der Feier zugegen gewesen sein. Die Stimmung war eine errate, besonders gegen das Papsttum. Einer der Redner drohte, wenn Italien jemals wieder einen ?o traurigen Tag der Niederlage erleben sollte, so würde Dynamit mir dem Vatikan für immer aufräumeu.
— Kapustin, der Kurator des Dörpischsn LchrbezirkS, ist in Petersburg, um den Minister der Volksaufklärung für die Einführung der russischen Sprache als Unterrichtssprache in allen Mittelschulen der Ostseeprovinzen zu ?,e> Winnen. Nach Kapustin's Projekt soll eine radikale Aenderung in den betreffenden Schul- verhältmfsen innerhalb eines dreijährigen Zeitraumes auszeführt werden; auch die Frage wegen Russifizierung der Universität Dorpat ist in Erwägung gezogen.
— Die bulgarische große Sobranje hat die Botschaft der Regenten mit einer Adresse beantwortet, worin der Regierung für ihr Verhalten volle Anerkennung gezollt wird. „Die Versammlung wird sofort zur Wahl des Fürsten schreiten, uw das geliebte Vaterland aus der Krisis zu befreien, in welche es gestürzt worden ist." Kaulöars hat es abgelehnt, dem Zaren die Bitte um Namhaftmachung eines Thronkandidaten zu unterbreiten, da der Zar nach wie vor die Sobranje und deren Beschlüsse als unrechtmäßig betrachtet. Trotzdem soll die Sobranje entschlossen sein, die Fücstenwahl vor« zunehmen. Obwohl Prinz Waldemar von Dänemark abgelehnt hat, wird sich die Sobranje doch für ihn erklären.
— Die Sobranje zu Tirnowa hat ihr Programm vollzogen und den Prinzen Waldemar von Dänemark zum bürsten gewählt. Dis Regentschaft hat alsbald nach Cannes, wo sich Prmz Waldemar aufhält, eine telegraphische Mitteilung gesandt und ihn gebeten, sobald wie möglich eine Antwort zu senden. In der Nacht vorher har eine geheime Sitzung der Sobranje stattgefunden, welche 3 Stunden währte. In derselben setzte Stambulow die Gründe ausein ander, aus selchen eine Wiederwahl des Fürsten Alexander unmöglich sei. Da die Mächte einen Thronkandidaten nicht vorzeschlagen hätten, müsse die Versammlung nunmehr selbst eine Wahl treffen. Der Prinz Waldemar von Dänemark erscheine wegen seines Namens und seiner Verwandtschaft mit dem russischen, englischen und griechischen Herrscherhause besonders geeignet, zum Fürsten gewählt zu werden.
— Der bulgarische Vertreter in Belgrad,
Stransky, den Rußland und die Türket nicht anerkennen will, ist dort von den Vertretern Oesterreich-Ungarns, Deutschlands, Englands und Frankreichs als diplomatischer Agent Bulgariens empfangen worden.
Laudesuachrichten.
* Stuttgart, 10. Novbr. Seit gestern abend sind an den Straßenecken und an zahlreichen Häusern der Stadt die neuen Briefkasten der Privatstadlpost angebracht, welche morgen ins Leben tritt. Die Briefkasten haben ein gefälliges Aeußere; sie sind rot, mit dem Stadt wappen versehen und auf der Vorderseite ist auf dem roten Grunde ein weißes Bnffkouvert abgezeichnet, so daß sie auch bei Nacht ins Auge fallen. Man ist hier ziemlich gespannt darauf, ob und welchen Erfolg das neue Unternehmen haben wird.
* Stuttgart. 11. Novbr. Gestern früh wurden im II. Polizeidtstrikt 91 Milchvisitationen vorgenommen, wobei sich keine Beanstandung ergeben hat. — Heute früh wurde durch die Fahndungs-Mannschaft in einigen hies. Wirtschaften eine Razzia vorgenommen, wobei 29 Personen wegen Landstreicherei, Bettels, Unter- standslostgkett rc. eingeliefert wurden.
*Rottweil, 9. Nov. Eine Frau aus Neu- f r a stahl ihrem Nachbar ein Quantum Schnaps und versteckte denselben in dem nahegelegenen Wald. Der Bestohlene entdeckte die Diebin andern Tags als sie gerade von dem Getränk aus einem Kübel kräftig trank und konnte ihre alsbaldige Verhaftung veranlassen.
* (Kinder auf der Reise.) Man schreibt uns: Zwei kleine 2Vr und 3Vs Jahre alte Klnder, Marie und Ot'v Haid von Nürtingen, machten kürzlich ganz allein die Fahrt über den Atlantischen Ozean zu ihrer in Milwaukee. Wisc., Lohnenden Mutter. Der Vater der Kinder war vor zwei Jahren gestorben. Kurz entschlossen machte sich die rüstige Witwe zu ihrem in Milwaukee wohnenden Bruder auf, um in der Neuen Welt ihr Glück zu versuchen. Es scheint ihr gut gegangen zu sein, denn sie erwarb sich bald so viele Mittel, um ihre Kinder, die einstweilen bei Verwandten untergebracht waren, mit Hilfe der deutschen Gesellschaft Nachkommen zu lassen. Die beiden Kinder traten am 15. September die Reise nach Antwerpen an. Ein jedes trug eine Tasche mit Lebensmitteln und um den Hals eine Marke mit der Inschrift: lüis oüilä 18 AoinA to läa UM, Vlret Ntrsot 602 Nilrvuulrso ^Vlso. Am 18.2ept. stachen die kleinen Auswanderer mit dem Dampfer der Red Star Linie „Noordland" in See und kamen unter dem Schutze der Passagiere gesund und munter in Nerv-Jork an In Castle Garden wurden sie von der deutschen Gesellschaft in Empfang genommen und nach eintägiger Erholung auf einen direkt bis nach Milwaukee gehenden Zug der Pensylvania Rail Road ge bracht und dem Kondukteur übergeben. Am Sonntag den 3. Oktober abends 6 Uhr kamen
beide Kleinen wohlbehalten bet ihrer freudig erregten Mutter an. Die Lebensmittel in den Täschchen waren nicht allein nicht angerührt, sondern es fanden sich auch noch zwei Päckchen mit je fünf Dollars in denselben, die offenbar von Mitreisenden gesammelt worden waren.
* Plochingen, 9. Nov. Ein auf hiesiger Markung heute abgehaltenes Treibjagen nahm einen sehr unglücklichen Ausgang; ein hiesiger, fleißiger Weingättner, der bis zum Abend mit Ausgraben von Stumpen beschäftigt gewesen, wollte nach Hause gehen. Während er noch im Walde sich befand, krachte ein Schuß und der Mann bekam eine Schrotladung von etwa 20 Siück in die rechts Seite. Glücklicherweise wurde die Wirkung des Schusses dadurch bedeutend abgeschwächt, daß die Schrote zuerst den Kcäber und den Lender des Weiugärtners durchdringen mußten. Der Verletzte ist in ärztlicher Behandlung und wird mit dem unglücklichen Schützen allgemein bedauert.
*Künzelsau, 9. Novbr. (Gefundenes i
Gold.) Die vor einiger Zeit bei Berndshansen -
gefundenen Goldstücke, 149 an der Zahl, sind i
durch Vermittlung des Professors Bonhöffer ^
alle verkauft. Der Gesamterlös beträgt gegen !
2200 M., so daß also der Durchschnittspreis i
etwa 14 M. 50 Pfg. beträgt. i
* (Verschiedenes.) In Stuttgart i
wurde vergangene Nacht von einem jungen Kauf- l
mann aus München und einem jungen Hand- -
werksmann ein Briefkasten der Privat-Stadtpost ?
beschädigt und abgerissen. Beide wurden in i
Haft genommen. — Infolge des letztäzigen l
Regenwetters ist der Neckar und die Donau >
da und dort an mehreren Stellen über die Ufer getreten. — Ein Stuttgarter Bäckermeister
hatte kürzlich seinen Lehrjungen, angeblich weil er sich verschlafen hatte, in Gemeinschaft mit >
dem sog. Schießer derart mißhandelt, daß die '
gesamte Nachbarschaft, nachts gegm 12 Uhr. durch das entsetzliche Geschrei des Jungen alar- i
mtert wurde. Das Gericht verurteilte ihn zu i
einer Geldstrafe von 80 M. und in die nicht i
unerheblichen Kosten. — In Attenweiler i
bei Biberach wurde der Taglöhner Wenghardt i
in der dortigen Sandgrube von einer abstürzen- i
den Kieswand verschüttet und konnte nur als s
Leiche hervorgsgraben werden. Der Verunglück e hinterläßt in den bedürftigsten Verhältnissen <
eine Frau und vier Kinder. — In Heiden- -
heim hatte ein dortiger Arbeiter, verheiratet, i
am Samstag nachmittag das Unglück, einen ^
Fuß in eine Dreschmaschine zu bringen. Er war auf diesen Tag zur Aushilfe engagiert und sollte dir Garben oben in die Maschine i
bringen. Wohl durch einen Fehltritt passierte ^
das Unglück, sämtliche Zehen wurden ihm vom Fuße gerissen. — In Recklinghausen kam das 9jährige Töchterchen eines Holzfällers s
auf fürchterliche Weise ums Leven. Dasselbe i
brachte seinem Vater, der mit anderen Arbitern i
im Walde beim Aufschichten von Holz beschäftigt ^
war, das Essen. Als das Kind sich, mit dem
O — o —! Warum springt nicht der Unglückliche auf, schlägt nicht mit nerviger Faust ihm ins Knochengesicht, dem Spottgesellen, ringt ihm nicht ab den „heiligen" Preis?
O ja, wenn er es könnte. Aber ohnmächtig, gefesselt wie Prometheus an den Fels des Lebens, muß er in träger Geduld — er mag schäumen vor Ingrimm — zuschauen, wie jener ungestört, lächelnd, mit effiger Ruhe sein vernichtend Werk anhebt, die Axt schwingt, Schlag um Schlag knirschend tiefer ins Mark treibt, bald — jetzt — halte ein, Erbarmungsloser!
Umsonst! Immer leiser sind der Sterbenden Atemzüge geworden, immer dumpfer Hallen die Schläge des Würgers — das Beil stockt, — r«A, "7 lallt " ein Hauch — es ist der letzte: Dies Leben ist aus- geloscht!
Draußen ist die Sonne zur Ruhe gegangen. Dunkle Nacht sinkt allmählich herab und die Falten ihres Schleiers fallen auf müde Augen — es ist Schlafenszeit. Tod aber ist Schlaf. Auch der Wille ermüdet. Er würde es nicht aushalten, eine Unmdlichlichkeit hindurch dasselbe Treiben und Leiden, ohne wahren Gewinn, fortzusetzen, wenn ihm Erinnerung bliebe. Er wirft sie ab und tritt, durch diesen Todesschlaf erfrischt »nd mit einer anderen Erkenntnis ausgestatttt, als ein neues Wesen wieder auf: zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag! —
Glücklich die Gestorbene! Noch aber ringen jammervoll in zäher Lebenskraft zwei, die sterben möchten und nicht können. Wann erfüllt sich ihr Schicksal? Geduld! Schon ist von der Hand des Allwalten, den auch ihnen der Würfel gefallen; bald reißt der Schleier — bald —
Schweigen und Finsternis hatten eine lange dumpfe Weile ums
Lager der Toten geherrscht — da brach plötzlich Licht herein. Der fromme Volksgebrauch stellt brennende Kerzen um ein Leichenbett. Mit solch einer Kerze in der Hand erschien eben auf der Schwelle des Alkovens die Wirtsfrau.
Der Helle Lichtglanz fiel eine Sekunde lang auf eine regungslos starre Gruppe. An das schöne blaffe Gesicht der Hingeschiedenen, über welches der Tod jenes nun unvergängliche, unbeschreiblich süße Lächeln des Friedens ausgegoffen, lag noch immer angelehnt, wie zu Stein geworden, das Haupt des buntscheckigen Komödianten, noch immer hielt seine Rechte inbrünstig die nun erstarrten Finger des Leichnams umschlossen.
Neben dem Eingang, dem Bett gegenüber, stand Wilborn, mit verschränkten Händen, die beiden emporgehobenen Arme gegen die Wand gedrückt, seine trauerheiße Stirn hinein bergend.
Nun von dem einfallenden Licht geblendet, zuckten und fuhren die Zwei auf. Wilborn zuerst. Mit einem halblauten Schrei, ausgepreßt von jäher Angst, daß er entdeckt werde, stürzte er der Fra« entgegen; seine tm Vorstrecken hochgehobenen Hände suchen das Licht gleichsam mit Gewalt wieder hinauszudrängen.
„Um Gottes Barmherzigkeit willen!" ächzt er, „weg, weg mit dem Licht!" und stößt wild die Erschrockene bei Seite, Raum zum Fortkommen zu gewinnen.
Za spät! Ein zweiter, ungeheurer Schrei, der ihm das Mark zu Eis gefrieren macht, gellt hinter dem Flüchtigen her.
(Fortsetzung folgt.)
Lesefrucht. Man verliert mehr Freunde durch Wohlthaten, als mau durch Dankbarkeit gewinnt.