nach einer Stunde. — Auf dem Bahnhof Crailsheim verbrannte eine Wagenladung Haderlumpen. Der Wagen selbst ist beschädigt. Das Feuer wurde mit Hydranten gelöscht.
Deutsches Reich.
* Berlin, 3. Sept. Der russische Minister Giers machte vormittags dem Fürsten Bismarck einen Besuch.
* Berlin, 3. Sept. Minister v. Giers ist heute nachmittag vom Kronprinzen und hierauf vom Kaiser empfangen worden.
* Bruchsal, 2. Sept. Das leidige Spielen mit Schießgewehren hat wieder großes Leid hervorgerufen. Der 16jährige Sohn einer hiesigen Familie machte sich gestern mit einer von einem Altersgenossen geliehenen Flobertflinte zu schaffen. Plötzlich entlud sich dieselbe» der Schuß drang ihm in den Leib und durchbohrte die Leber. Zur Stunde lebte der junge Mann noch, ob er aber mit dem Leben davonkommt, ist fraglich, da die Kugel bis jetzt nicht herausgeholt werden konnte.
* München, 3. Sept. Der Reichsverweser Prinz Luitpold hat bestimmt, daß Prinz Ludwig, sein ältester Sohn, ihn bei den Kaisermanövern im Elsaß vertreten solle. Die „Neuesten Nachrichten" bemerken zu dieser Nachricht: In welch merkwürdiger Weise oft im Verlauf von wenigen Jahren die Geschicke der Völker sich vollziehen, das zu zeigen ist wohl nichts geeig. neter, als daß ein bayerischer Fürstensohn, der zur Erinnerung an das Jahr 1866 noch eine preußische Kugel im Fuße trägt, an deren Seite seines damaligen Gegners als dessen treu Verbündeter erscheint — eine Thatsache, zu der jeder Deutsche nur sagen kann: Gott sei es gedankt!
* (Verbaute Millionen.) Aus München kommt eine interessante Nachricht. Die Schleder-, Joas-, Jais- und Pongratz'schen Erben führen bekanntlich einen Prozeß gegen den bayerischen Staatsschatz auf Herausgabe einer seit dem vorigen Jahrhunderte in Augsburg deponierten Millionen-Erbschaft. Am 30. August haben sie nun bei dem königlichen Notar A. Otto in München als allerhöchst bestelltem Verlassen- schafts-Kommissär weiland Königs Ludwig II. eine Forderung an den Nachlaß des Königs Ludwig II. von Bayern bis zum Betrage von sechzig Millionen Mk. angemeldet, „je nachdem sich Herausstellen wird, wieviel — sie nehmen an, ohne Schuld des verstorbenen Königs — von dem Rest der in Augsburg deponierten und verwalteten, den Erben gehörigen, aus den Niederlanden im vorigen und am Anfänge dieses Jahrhunderts ausbezohlten Erbschaftsgeldern (samt Zinsen und Zinseszinftn) in den letzten 10 Jahren für kgl. Privatbauten und deren Einrichtung entliehen und verwendet worden ist." Begründet wird dieser Anspruch folgendermaßen: „Die drei königlichen Prachtschlöffer Linderhof, Herrenchiemsee und Neu-Schwanstein haben mindestens 103 Millionen Mark gekostet; 40 Millionen Mark sind in zwanzig Jahren aus
der königlichen Zivilliste dafür verwendet worden, 13 Millionen Mark sind anerkannte Schulden da; woher sind also die anderen 50 Millionen Mark geflossen?"
* Frankfurt a. M. Eine junge, schöne Frau in Nordwestend wohnend, legte dieser Tage ihre schönsten Kleider an, schmückte sich mit ihren Brillanten, ging in ihr Empfangszimmer, trat vor den Spiegel und schoß sich mit einem Revolver durchs rechte Ohr eine Kugel in den Kopf. Der Tod trat augenblicklich ein. Die Frau war erst kurze Zeit verheiratet.
* Münster, 2. Septbr. Bei den Brigade- manövern der 26. Infanterie-Brigade, welche zur Zeit im Kreise Beckum stattfinden, sind laut Köln. Ztg. bis heute si'ben Soldaten vom Hitz- schlage getroffen und sämtlich gestorben.
Ausland.
* Wien, 2. Sept. Dis Polit. Corr. veröffentlicht den Wortlaut der Note d^s bulgarischen Ministers des Auswärtigen vom 24. August, welche die Vorgänge, die sich seit dem 21. August in Bulgarien zugetragen, zusammenstellt und also schließt: „In diesem Augenblicke verlangen drei Millionen Bulgaren mit lauter Stimme ihren vielgeliebten Souverän und wünschen durch die Rückkehr des Fürsten dis gesetzliche Ordnung wiederhergestsllt zu sehen."
* Pest, 3. Sept. Bei dem gestrigen Festmahl des Pester Gemeinderats brachte Ober» bürgermeister Roth zuerst einen Trinkspruch in deutscher Sprache auf den Kaiser Franz Josef und auf dessen glorreichen Verbündeten Kaiser Wilhelm aus, an welchem die Vorsehung bereits Wunder gewirkt habe, indem sie ihn bis zu einem so außerordentlich hohen Alter in voller Rüstigkeit und Thatkraft erhalten habe, einen Fürsten, von dem Europa wisse, daß all sein Sinnen und Trachten darauf gerichtet sei, den Weltfrieden zu erhalten. Redner schloß mit folgenden Worten: „Möge es ihm durch gütige Vorsehung gestattet sein, zum Stolze Deutschlands, zur Freude seines hohen Verbündeten, sowie auch der Völker für die Sicherung des europäischen Friedens noch lange sehr glücklich zu wirken. Das wünsche ich von ganzem Herzen und aus der Tiefe meiner Seele! Kaiser Wilhelm lebe hoch!" Nachdem der Minister für öffentliche Arbeiten, Freiherr Kemeny, auf das Wohl der anwesenden Vertreter des glorreichen preußischen Heeres getrunken, iprach Generallieutenant von Schlichting ungefähr folgende Worte: „Die militärischen Gefühle, welche mich bei diesem Feste bewegen und die, wie ich meine, international sind, veranlassen mich, das Wort zu ergreifen. Mit derselben Gesinnung, mit welcher der Kurfürst von Brandenburg vor zwei Jahrhunderten in dem österreichischen Heeres- verband und in der Genossenschaft der ungarischen Truppen seine Scharen entsandte, komme ich zu Ihnen, um Ihnen herzlich Glück zu wünschen.- Der Köniz hat dafür gesorgt, daß wir echte Nachkommen derjenigen seien, dis vor 200 Jahren
hier gewesen. Zwei Vertreter bringen Ihnen den Gruß derselben Fahne, die vor L06 Jahren durch die Ofener Bresche gegangen ist, zwei andere Vertreter legen gleichzeitig ein Lorbeerblatt auf das Grab ihrer Vorfahren, die in den Kämpfen um Ofen gefallen. Es gibt auch unter Nationen ein Stück Blutsverwandtschaft. Die hier erschienenen Bundesgenoffen haben sich seit 200 Jahren zu großen und selbständigen Staatsgebilden herausgestsltet. Unser aller Wunsch ist, daß diese Waffenfreundschaft auch in Zukunft so fortblühe, wie sie in der Vergangenheit gewesen ist. Ich erhebe mein Glas in Hochachtung und Ergebenheit vor dem Kaiser- König und leere es auf das Wohlergehen des Königreichs Ungarn und seiner Jubilantin!" — Die Wähler von Pest und Temesvar entsandten an den Grafen Zichy in Sofia Adressen, in denen Graf Zichy ersucht wird, dem Fürsten Alexander die Sympathien Ungarns mitzuteilen. Zahlreiche ungarische Städte folgten dem Beispiele der Hauptstadt.
* Paris. Der Herzog von Aumale wird seinen dauernden Aufenthalt in Brüssel nehmen; seine Kunstschätze aus Schloß Chantilly werden nach dort überführt.
* Rotterdam. Der hiesige „Verein gegen die Prostitution", an dessen Spitze hervorragende Juristen, Aerzie und Geistliche stehen, erläßt folgende Warnung an deutsche Mädchen: In deutschen Zeitungen wird öfters annonciert, man sucht Gouvernanten, Aufwärterinnen, Kellnerinnen, Zimmermädchen rc. Reflektierende werden gebeten, sich an einen bestimmten Bahnhof in Holland, Frankreich oder England zu wenden. Der Verein empfiehlt den deutschen Frauen und Mädchen, welche im Auslande eine anständige Stelle wünschen, die größtmöglichste Vorsicht in bezug auf solche Annoncen, weil öfter unmoralische und ehrlose Leute auf diese Weise beabsichtigen, Frauen und Mädchen auf falsche Wege zu führen.
* Petersburg, 2. Septbr. Der „Regierungs-Anzeiger" veröffentlicht ein Telegramm des Fürsten Alexander an den Kaiser, welches letzterem am 18. August ä. St. (30. August n. St.) durch Vermittelung des Leiters des russischen Konsulats in Rustschuk zugegangen ist, sowie die Antwort des Kaisers, welche dieser dem »Fürsten telegraphisch nach Philippopel erteilte. Das Telegramm des Fürsten lautet: „Sire! Nachdem ich die Regierung meines Landes wieder übernommen habe, wage ich Eurer Majestät meinen ehrerbietigsten Dank auszu- sprechsn dafür, daß der Vertreter Euer Majestät in Rustschuk durch seine offizielle Gegenwart bei meinem Empfang der bulgarischen R gierung gezeigt hat, daß die kaiserliche Regierung den gegen meine Person gerichteten revolutionären Akt nicht billigen kann. Gleichzeitig bitte ich um die Erlaubnis, Ew. Majestät meinen vollen Dank aussprechen zu dürfen für die Entsendung des Generals Fürsten Dol- goruky als außerordentlichen Gesandten Eure:
Iie Müschmühle. (Nachdruck verboten.)
Novelle von E. Zackow.
(Fortsetzung.)
„Ilse!" flehte der Rittmeister.
Schon hatte ihn die sieghafte Miene verlassen, eine ängstliche Bläffe verbreitete sich über seine Züge, die vorher so übermütige Stimme klang unsicher, als er noch einmal leise fragte:
„Will meine kleine Freundin mein sein?"
In Wahrhaft bezwingender Sanftmut streckte der stattliche Mann seine Hand gegen sie aus.
„Niemals!" erwiderte Ilse, mit klarer Stimme.
„Niemals?" wiederholle Bodo rötlich erschrocken und auch wieder ungläubig auf sie herabsehend.
Jetzt hielt sich der Müller nicht länger zurück. Er stürzte mit ge flissentltcher Höflichkeit vor, er sagte lebhaft drängend zur Tochter:
„Mein Kind, antworte dem Herrn von Dahlen, wie es sich gehört! Der Herr Rittmeister ehrt uns durch seinen Antrag, ich habe es ihm gesagt. Nun sage du es auch!"
Und lächelnd zu Bodo gewandt, meinte er, das Zögern seiner Tochter entschuldigend, mit beinahe lächelnder Miene:
' „Sie geniert sich. Die Mädchen thun's nicht anders, hat sich doch auch meine Alte damals geziert, hahaha!" — ' »>
„Nein, Vater", erklärte Ilse entschieden, frei, ruhig, wie über sich selbst hinauswachfend, „ich kann den Herrn Rittmeister niemals heiraten." Erglühend in ihm ganzen anmutigen Schönheit setzte sie träumerisch hiM: - „'Ich lteKe' W ja nicht:" ^ > >-
",'-Lebrecht'sHnitt eine recht starre, dumme Grimasse. Bodo aber
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ergriff beschwörend die kleine, kalte Hand Ilses. Leidenschaftlich flüsterte er ihr zu, in schnell aufquellender Hoffnung:
„Kind, Kind, die Liebe kommt über Nacht, wie ein Stern vom Himmel gefallen kommt sie."
„Sehr richtig", bestätigte der Müller mit seiner scharfen, einschneidenden Stimme. Und seine Grimasse löste sich in Wohlgefallen auf.
Ilse schüttelte energisch das Köpfchen.
„Gut", fuhr sie Lebrecht in immer noch klug gemäßigter Ungeduld an, „lassen wir die Larifari, die stehen auf einem andern Blatt. Gib dem Herrn Bodo zur Verlobung hübsch die Hand, darauf kann's uns allen fürs erste nur ankommen; die Larifari habt ihr nachher Zeit genug mit einander auszumachen."
Bei Ilses entschiedener Abwehr hatte sich die Müllerin, wie aus langer Betäubung erwachend, erhoben. Es war, als wollte sie zuspringen, der Tochter kräftigen Beistaüd zu leisten, doch sie sank wieder hilflos in ihre Sophaecke zurück.
„Nun?" drängte der Müller das in seiner sanften Entschlossenheit ihm feindlich gegenüberstehende Kind. Der kurze Ruf klang grollend, pfeifend gleich dem ersten Windstöße, der Vorbote des Sturmes ist. > '
Bodo hatte längst Ilses Hand frei gegeben. Seins stattliche Gestalt schien versteinert. Nur die dunklen Augen brannten fieberhaft in dem farblos gewordenen Gesicht, verzehrest!) hingen sie an Ilses Lippen, durstig Leben und Liebe fordernd.'» ' > p
Die Stimme des jungen Mädchens bebte anfangs, wurde jedoch bald zuversichtlich ruhig, als ste im Tone Migster Ueberzeuzuni; sprach:
„Ich-werde es nicht thun, es wäre eist großes Unrecht; denn es wäre eine Lüge". — * - , . e . a ^
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