Majestät. Indem ich die legale Gewalt wieder in meine Hände nehme, ist mein erster Schritt, Ew- Majestät auszusprechen, daß ich die feste Abficht habe, jedes mögliche Opfer z« bringen, «m die hochherzigen Intentionen Ew. Majestät unterstützen zu können, welche dahin gehen, Bulgarien aus der schweren Krise herauszubringen, welche es gegenwärtig durchmacht. Ich bitte Ew. Majestät, den Fürsten Dolgoruckt zu ermächtigen, sich direkt baldmöglichst mit mir zu verständigen, und ich werde glücklich sein, Ew. Majestät den sicheren Beweis unveränderlicher Ergebenheit gegen Ihre erhabene Person geben zu können. Das monarchische Prinzip nötigte mich, den gesetzmäßigen Zustand in Bulgarien und Rumelien wtederherzustellen. Da Rußland mir meine Krone gegeben, so bin ich bereit, dieselbe in die Hände seines Souveräns zurückzugeben.* * Die Antwort des Kaisers lautet: »Ich habe das Telegramm Ew. Hoheit erhalten, und kann Ihre Rückkehr nach Bulgarien nicht gut heißen, da ich davon verhängnisvolle Konsequenzen für das Land voraussehe, das schon so geprüft ist. Die Mission Dolgorucky's ist inopportun geworden. Ich werde mich jeder Einmischung in den traurigen Zustand der Dinge enthalten, welchem Bulgarien wieder überliefert ist, so lange Sie dort bleiben werden« Ew. Hoheit werden selbst zu würdigen wissen, was Sie zu thun haben. Ich behalte Mir vor, zu beurteilen, was Mir das geheiligte Andenken Meines Vaters, was die Interessen Rußlands und die Rücksicht aus den Frieden des Orients gebieten. Alexander.*
— Die »Köln. Ztg.* schreibt: »Ob der Depeschenwechsel zwischen dem Zar und dem Fürsten Alexander endlich unseren Gefühlspolitikern die Augen darüber öffnen wird, welche Folgen der Versuch der deutschen Diplomatie gehabt haben würde, Rußland bei seiner Politik in die Arme zu fallen, müssen wir abwarten. Wer sehen will, der muß angesichts der geradezu unerbittlichen Schroffheit, mit welcher Rußland den Fürsten von sich stößt, erkennen, was für Deutichand auf dem Spiele gestanden hätte, wenn cs die russische Politik in Bulgarien bekämpft hätte.*
* Da man über das Verwandtschaftsverhält- nis des Kaisers von Rußland zum Fürsten von Bulgarien nicht überall im klaren zu sein scheint, so sei bemerkt, daß der Zar und der Fürst von Bulgarien richtige Vettern sind. Die Mutter des Zaren war eine Schwester des Prinzen Alexander von Hessen, des Vaters des Fürsten von Bulgarien.
* Moskau, 4. Sept. Die »Moskowsktje Wjedomostt*, das Organ Katkows, fordert den Fürsten von Bulgarien auf, sein am Schluß seines Telegramms gegebenes Wort einzulösen und die ihm von Rußland verliehene Krone zurückzugeben. Jede Verzögerung des Schritts, den seine Ehre und sein Gewissen fordere, bedrohe Bulgarien mit neuen Leiden ohne Nutzen für den Fürsten selber.
* Athen, 2. Sept. Berichte der Präfekten konstatieren, daß in Messenien infolge des Erdbebens 6000 Häuser zerstört wurden.
* Paris, 3. Sept. Havas-Meldung aus Philip pppel: Ueber die Schienen, Äelche der Zug mit dem Fürsten Alexander passieren mußte, waren an einer Stelle Holzscheite gelegt worden. Dem Lokomotivführer gelang es, kurz vor der betreffenden Stellt den Zug zum Stehen zu bringen, so daß eine Entgleisung vermieden wurde.
* Sofia, 3. Septbr. Die aufrührerischen Truppen haben sich auf Gnade und Ungnade ergeben und die Milde des Fürsten angerufen.
— Ein Vermächtnis von 2 Millionen Rubel soll die Mutter des jetzigen Kaisers von Rußland dem Fürsten Alexander von Bulgarien, der bekanntlich ihr Liebling war, vermacht haben. Dieses Vermächtnis ist aber noch nicht an den Fürsten Alexander ausgezahlt worden.
* Sofia, 3. Septbr. Fürst Alexander ist heute vormittags 11 Uhr hier eingetroffen. Die Stadt ist reich beflaggt. Eine große Anzahl von Einwohnern der Stadt und der umliegenden Ortschaften hatten sich auf beiden Setten der Chaussee aufgestellt uns begrüßten den Fürsten herzlich. In der Stadt wurde der Fürst vom diplomatischen Korps in großer Uniform empfangen. Der russische Vertreter fehlte. Einundzwanzig Kanonenschüsse wurden gelöst.
* Ne w-Aork, 2. Septbr. Weiteren Depeschen zufolge ist Charleston buchstäblich ein Trümmerhaufen. Drei Stadtviertel müssen gänzlich wiederaufgebaut werden. Die Bevölkerung ist noch unter freiem Himmel. Die meisten bei dem Erdbeben Umgekommenen sind Neger. Die Leichname liegen noch unbeerdtgt auf der Straße. Die Telegraphenverbindung ist nur teilweise hergestellt. Vorläufig ist es unmöglich, den Schaden zu beziffern. Aehnliches Unglück traf den Norden und Süden Carolinas und Georgias.
Hansel orrS BsrLrchr.
* Ottmars he im, 1. Sept. Frühhopfen verkauft. Primawaare 100—110 M., bessere Ware 80—90 M. pr. Ztr. Noch ziemlich Vorrat.
* Von der Tauber, 3. Septbr. Die Hopfenernte hat nun tn hiesiger Gegend allgemein begonnen. Die Landwirte sind in Bezug auf Güte und Menge sehr befriedigt. Verkäufe wurden noch keine abgeschlossen, da die Hopfenbesitzer z. Z. noch eine abwartende Stellung einnehmen und die Preise für Frühhopfen im Verlaufe der letzten Woche in Nürnberg wieder zurückgegangen sind.
* Weingarten, 3. Septbr. Vorgestern wurde an einen Teltnanger Händler die erste Partie von städtischem Hopfen, etwa 15 Zentner, verkauft. Preis 75 M. der Zentner.
Vermischtes.
* Ueber eine wunderbare Heilung berichtet die,Frkf. Oderztg/ Vor etwa drei Jahren gab ein Lehrer in Booßen, Kreis Lebus, einem
Schüler ein paar Ohrfeige«, bald darauf verlor der Schüler die Sprache, so chaß er nur ganz leise zu lispeln vermochte. Der Lehrer mutzte eine Verurteilung Wer sich ergehen lassen/ skr Junge war unglücklich, dm« alle Hilfsmittel erwiesen sich als unzureichend. Ostern 1885 wurde der Knahe konfirmiert und suchte nun als Hütejunge sein Brot z« verdienen. Am letzten Sonn, abend war er seinen Kühen auf dem Felde, als eins der Tsire unruhig wurde und weglaufen wollte. In seinem Aerger und seiner Angst wollte dex Knabe schreien; natürlich kam kein Ton, statt dessen aher flog ein Stück geronnenen Blutes aus dem Wunde, welchem fließendes folgte und — mit elnemmale konnte der Bursche nach alter Weise sprechen!
* (Ein mnemotechnisches Kunststück.) Eine seltsame Wette hatte vorverflossenen Samstag ein Wiener Kagfmann E. in einer Bierhalle angenommen und zur größten Ueberraschung der gegen ihn Pettenden auch glänzend gewonnen. Der Herr, welcher auf der Börse seines phänomenalen Gedächtnisses wegen bekannt ist, verpflichtete sich nämlich, binnen 2. Tagen den Inhalt von Nr. 223 des »Illustrierten Wiener Extrablatt" auswendig zu erlernen und dann sämtliche Artikel und Notizen der Reihenfolge nach frei aus dem Gedächtnisse zu recitieren, und zwar derart, daß ihm dabei keineswegs mehr als höchstens zehn Worte fehlen durften. Von den Inseraten wurde hierbei selbstverständlich abgesehen. Mehrere der anwesenden Gäste gingen auch die projektierte Wette 5: 15 ein, der Wettende erklärte fich bereit, im Falle diese Gedächtnisprobe unglücklich ausfallen sollte, jedem ein Pönale von 5 fl. zu zählen, wogegen er als Gewinner von Jedem 15 fl. erhalten sollte. Am Dienstag abend gelangte die Wette zur Austragung und Herr E. gewann dieselbe, wie bereits bemerkt, glänzend. Trotzdem er Sonntag wie Montag seiner gewöhnlichen Beschäftigung nachging, hatte er doch in diesen zwei Tagen die sich gestellte große Aufgabe bewältigt und den ganzen Inhalt der Worgennummer des »Extrablatt*, ohne mehr aK dreimal-in kleine Jrrtümer zu verfallen, frei aus dem Gedächtnisse ricittert.
* (Eine neue Sommerfrische.) Müller: Deinen Vater Hab' ich schon lange nicht gesehen, ist er denn dieses Jahr nicht in Badens — Der junge Meyer: Nein, in Konkxrs!
* (Ein aufmerksamer Wirt.) Gast: »Kellner, sagen Sie augenblicklich dem' Herrn Restaüratestr, er möge hierhsrkommen!* — Kellner: »Bitte- gleich.* — Wirt: »Womit kann ich dienen s* — Gast: »Dieses Beefsteak ist ungenießbar; es ist so hart, daß man es nicht mit dem Messer durchschneiven kann. Bitte, sehen Sie selbst!* — Wirt: »Ja, ja, es ist wirklich A, Nun, das läßt sich noch mache«. Bttre^nnr einen Moment warten zu wollen. Jean!* — Kellner: »Befehlen?* — Wirt: »Bringen Sie dem Herrn ein anderes — Messers* ^
Für die Redaktion veramwortUchrv. Rieker, Alteusteig.
Weit und weiter riß der Müller die hohlen Augen auf, und im selben Tone fuhr sie fort:
»Kant sagt, der Mensch als moralisches Wesen ist gegen sich selbst zur Wahrhaftigkeit verpflichtet —*
»Laß mir den Mann aus dem Spiel*, schrie Lebrecht gereizt, »wir haben hier nichts mit der treibenden Kraft zu thun: Warum willst du den Herrn von Dahlen nichts!* Schon brauste der Sturm in dieser Frage, Unheil verkündend.
»Weil ich Herrn Salzmann liebe*, entgegnete Ilse mit todesmutiger Kühnheit, auch so stolz, als gelte es das Herrlichste zu ver künden.
Von Bodos Lippen drang ein dumpfer Schmerzenslaut. Lebrecht aber taumelte zurück, sinnlos wie vom Schlage getroffen. Er wäre zu Boden gefallen, hätte ihn seine herbeieilende Frau nicht mit rüstigem Arm unterstützt. Sein scharfer, klarer Blick wurde gläsern und starr, doch gewaltsam schüttelte er dies Ohnmachtsgefühl von sich ab. Er riß sich empor, gellend lachte er auf; dann stürzte er vorwärts, geschmeidig, raublusttg wie ein gereizter Panther. '
»Den Aufklärer über die treibende Kraft liebst du, den Hungerleider, den elenden Lump?* ..
Die Müllerin durchschüttelte Fteberfrost bei den Worten ihres Mannes. So grauenvoll erregt und trotzdem diabolisch beherrscht stieß er sie hervor, als gährte das Schlimmste nbch Änausgesprochen In der Tiefe seines Gemüts. Eisig, höhnisch^,'wie' zu sich selbst- fuhr er dann fort: >. ? " ' -
»Darum also mein Sorgen bei Tag mH bei Pacht, dir eine höhere Bisdung-zu verschaffen.^ - " § u-1. , --
Erneuter Wutausbruch lieb ihn die mageren Hände zu Fäuste« ballen. Den schlanken Körper vor Ingrimm schüttelnd, schrie er:
»Verflucht sei der kathärgische Imperfekt, ich wtll's euch zeigen, dir und dem Herrn Hungerleider, wer hier einzig «üd allein dit treibende Kraft im Hause ist!* —
Seine Augen lohten ungebändig wild. Ilse entfuhr ein leichter Schrei. Sie flüchtete sich zum Rittmeister mit einer flehenden Gebertzö.
Der, an den feinsten Anstand von Jugend auf gewöhnt, -wär zurückgewtchen. Nun stand Ilse hart vor ihm, die gefalteten Hände Ä stumm beredter Bitte zu ihm erhoben, die blauen Ktnderaugea voll Thränen. Ihn übermannte das herbe Gefühl unwiederbringlich verlorenen Glück-s.
Der Müller hatte seine Tochter nicht aus den Augen gelassen. Seine krampfhaft gespannten Züge verrieten einen Hoffnungsstrahl.
Ilse sah es, sie schauderte entsetzt in sich zusammen. Drängender hob sie die Hände gegen den Rittmeister, verworren stammelnd :
»Sagen Sie meinem Vater, o, sagen Sie ihm doch, daß Sie mich nicht wollen! Ich liebe ihn ja, ihn allein, niemand kann ich angehören als ihm.* -
Sie war so rührend schön in ihrer Angst.
Bodo beugte sich ergriffen über sie und bat beschwichtigend:
»Ilse, Sie sind außer sich, beruhigen Sie sich erst, armes Kind, wir brauchen ja heute noch keine Entscheidung, lassen Sie uns alles hinausschtebe».*
! Fast wild schaute Ilse zu ihm auf.
»Hitiausschiebkns Wozu? Es blzebe immer dasselbe!* —
! ,4 ü, »i.n (Mrtsetzüng fölA)-^ e