mehreren Bursche» einem der Exzedenten Uhr samt Kette vom Leibe gerissen «nd damit das Weite gesucht hatte. In verschiedenen Orten, so in Langenburg, ReuÜiugev, Gmünd, wurden in den letzte« Tagen prachtvolle Meteore beob­achtet. In Ulm wurde vor einigen Tagen nachts bei einem Grossisten io der Neuthorstraße eiugestiegeu und eingebrocheo, wobei a«8 dem Komptoir Cigarren, der Inhalt der Portokaffe, ca. 80 M. in Briefmarken und Korrespondenz­karte« gestohlen wurden; der feuerfeste Kaffen- schrank, an dem man Spuren von Gewalt ent« deckte, hatte Widerstand geleistet. Der 16jährige Sohn des Gutsbesitzers Kuon in Fulgen­stad t wurde von einem ausschlagenden Pferde derart an dm Kopf «nd Unterleib getroffen, daß er nach 16St«uden starb. In Itten­hausen bei Riedlingeu brannte die Scheuer des Bauern Hölz vollständig nieder. In Vil- livgeudorf bei Rottweil wurde der Letb- dinger Flaig, als er mit seinem Sohne auf dem Felde Garben auflud, vom Schlage ge­rührt »nd war sofort tot. In Altheng- fielt sind die Häuser und Scheuern westlich vom Pfarrhause abgebrannt, wobei neun arme Familien brod- und obdachlos geworden sind.

Von einer wunderbaren Fügung kann ein Herr aus M ezingen erzählen, welcher als er vor acht Tagen nach Weil t. Schönbuch fahren wollte, an der Steige nach Einfiedel bei Kirchen­tellinsfurt ausgestiegen war, um sein Pferd zu schonen, das mitten auf der Steige scheu ge­worden, auf einmal umkehrte, mit dem Gefährte im tollsten Laufe hinunterraste «nd erst an der Neckarbrücke von edlem Mann angehalteu wer­den konnte. In Waugen i. A. kam bei einer Feuerwehrübung die große Auszugsleiter zu Fall, und traf einen jungen Mann so un­glücklich, daß er blutend vom Platze getragen werden und der rasch herbeigerufene Arzt einen doppelten Wadenbeinbruch konstatieren mußte.

In Unterraderach erschlug der Blitz eine Frau, Witwe von 4 Kindern, welche eben am Herde beschäftigt war, ein Kind wurde leicht betäubt. Das ausgebrochene Feuer wurde im Keime erstickt. In Tuttlingen ver­unglückte am Dienstag abend der dortige Bauer R., ein älterer Mann, beim Garbenführen der­gestalt, daß an seinem Auskommen gezweifelt wird. Während der schwer beladene Wagen sich in einem Hohlweg bewegte, lief der Fuhr­mann oben auf einem Fußweg neben her, glitt aber plötzlich aus »nd kam durch den Fall so unglücklich unter den Wagen, daß letzterer über ihn wegging, was einen mehrfachen Rtppenbruch »nd gefährliche Quetschungen am Fuße zur Folge hatte. Am Dienstag abend wurde in der Nähe der Station Kupfer bei Heilbronn ein unbekannter etwa 30 Jahre alter Mann, wel­cher sich in selbstmörderischer Absicht auf die Schienen gelegt haben soll, auf freier Bahn über­fahren Md getötet

Deutsche- Reich.

* Berlin, 13. Aug. Der Genral v. Stülp­nagel, früher kommandierender General des 13. (württembergischen) Armeekorps, ist vor­gestern in Norderney gestorben. Ferdinand Wolfgang Ludwig Anton v. Stülpnagel wurde im Jahre 1813 geboren. Mit 17 Jahren trat er in die preußische Armee ein, in der er in rascher Folge die verschiedenen Grade erstieg. Im Jahre 1866 war er Generalmajor und Ober­quartiermeister der zweiten Armee. Nach dem Feldzuge wurde er Generallieutenant und Kom­mandeur der 5. Infanteriedivision, welche Di­vision er im Kriege mit besonderem Erfolge führte. Nach Beendigung des Krieges mit Frankreich wurde er im Dezember 1871 zum kommandierenden General des 13. Armeekorps ernannt. Im Jahre 1875 wurde der General zur Disposition gestellt.

* Berlin, 13. August. Londoner Blätter bringen die Nachricht von dem bevorstehenden Besuch des russischen Kaisers beim deutschen Kaiser in Babelsberg »ach der Entrevue von Kremster; Fürst Bismarck würde an dieser Be­gegnung tetlnehmen; eine andere Meldung von der Teilnahme des deutschen Kronprinzen an der Kremfierer Begegnung ist unbegründet.

* Die Kommission zur Erforschung deutscher Meere ist von ihrer neuutägigen Expedition nach der Nordsee in Kiel wieder eingetroffen. An derselben nahmen Teil die Professoren Hensen und Möbius aus Kiel, Dr. Schütt aus Kiel, Professor Benecke aus Königsberg und Dr. Heinke aus Oldenburg. Die Aufgabe der Kommission bestand namentlich in Untersuchungen über die im Meere treibenden Pflanzen und Tiere. Die Witterung war recht günstig »nd es gelang, die nötigen Fischzüge zu machen und die vor­geschriebenen Bestimmungen zu erledigen, ja es wurde noch in einer Tiefe von 2500 Meter ge­fischt. Ueber die gewonnenen näheren Ergebnisse werden erst Veröffentlichungen möglich sein, wenn die gesammelten Schätze in den Labora­torien einer wissenschaftlichen Untersuchung unter­worfen worden find. Man hofft jedenfalls, daß die Bestimmung der Fruchtbarkeit unserer heimi scheu Meere nunmehr annähernd möglich sein wird.

* Berlin, 13. Aug. Großes Aufsehen macht die bevorstehende Zusammenkunft der italienischen Botschafter in London und Paris, der Grafen Nigra und Menabrea, mit den Premierministern Depretis und Salisbury im Vogesenbad Contrexville.

* (DerZudrang zur gelehrten Lauf­bahn.) Die »Nordd. Mg. Zeitg." weist in einem Leitartikel darauf hin, daß die Chancen für die juristische Laufbahn gegenwärtig und wohl noch auf lange Zeit hinaus ungünstig genug liegen, um von dem Studium der Juris­prudenz abzuraten, und fährt dann fort: Er- fahrungsmätzig helfen solche Abmahnungen sehr wenig. Gewöhnlich werden sie mit dem Ein-

wande zurückgewiesen, daß die Chancen für andere Zweige des gelehrten Studiums nicht günstiger liegen. Dieser Etuwand ist so zu­treffend und augenfällig, daß man kaum begreift, wieso er blos als Entschuldigung für eine ver­fehlte Wahl des Spezialfaches dienen soll, statt den Zudrang zur gelehrten Laufbahn überhaupt zu mäßigen. Leider aber begegnen wir ähnlichen Erscheinungen auch auf anderen Gebieten des bürgerlichen Erwerbslebens. Wie groß ist der Zudrang zum höheren Baufach, zum Kaufmanns­stande. Auch hier wird das Bedürfnis von dem Angebot so unendlich weit überflügelt, daß die Klagen über Erwerbslosigkeit und Ueber- füllung in allen Fächern gewerblicher Thättgkeit gerade in diesen Kreisen ein volltöniges Echo finden. Und doch werden die Klagen der Land­wirtschaft über Mangel an Arbeitskräften, die Klagen des Handwerks über Mangel an hin­reichend ausgebildeten Gehilfen vollständig über- hört oder geringschätzig zurückgewtesen, weil die Gesellschaft, im gewissen Widerspruch mit sich selbst, sich in einen Ständeunterschied htneinlebt, den sie doch politisch überwunden hat oder über­wunden wissen will. Das durch die Verfassung proklamierte Staatsbürgerrecht hat den Unter­schied zwischen »höherem" und »niederem" Bürger­stand beseitigt; aber die Gesellschaft stellt ihn wieder her, indem sie in dem Handwerk daS Kriterium einer niederen Lebensstellung erblickt, aus welcher sie sich in die »höheren" Berufs­stände zu erheben strebt. Hauptsächlich find eS die Eltern selbst, welche darauf denken, ihre Kinder in »höhere" Lebenssphären zu bringen, indem ihre Phantasie an dem Zauber einzelner glänzender Existenzen bestrickt wird. Sie be­denken leider nicht die Summe sozialen Elends, welchem eine große Anzahl solcher Ausstrebenden verfällt, weil der Erfolg von so vielen Beding­ungen abhängt, die außerhalb der Arbeitslust und Arbeitstüchtigkeit liegen, welchen der bürgerliche Geschäftsbetrieb sein Gedeihen in der Regel allerdings vorwiegend zu danken hat. Denn es verpflanzt sich hier in der Summe der Er­fahrungen und Beziehungen selbst von dem mit­tellosen Vater eine Erbschaft auf den in gleicher Lebenssphäre fortarbeitenden Sohn, welchedtesem ganz von selbst eine breitere Existenzbasis sichert: eine Erbschaft, welche damals, als man noch von dem »goldenen Boden des Handwerks" sprach, gewiß mit berücksichtigt wurde, wenn­gleich dieser »goldene Boden" noch andere Vor­aussetzungen hatte, deren Ersatz, den neuen Ver­hältnissen entsprechend, noch zu finden ist. Na­türlich denken wir nicht daran, die Nation in Kaken einengen zu wollen, wenn wir davor warnen, aus Eitelkeit oder ähnlichen Motiven das Glück in neuer höherer Lebenssphäre zu suchen. Recht und Verfassung sichern einem Jeden den Zu­gang zu den Bahnen mit höchsten Zielen; aber die Summe des allgemeinen Wohlstandes und der allgemeinen Zufriedenheit mehrt sich entschie­den nicht, wenn die Chancen des Erfolges außer­halb seiner sicheren Voraussetzungen liegen.

Zwei Kruder.

Roman nach dem Englischen von I. Düngern.

(Fortsetzung.)

Die Nachricht, daß Lord Sandilands in Grace seine Tochter ge­funden habe, und mit derselben auf Reisen gehen werde, beschäftigte die schöne und vornehme Welt von London ungemein. Manns fluchte, die Sängerinnen strahlten vor Wonne, daß die Nebenbuhlerin, die sie alle verdunkelte, aus dem Wege geräumt war. Lady Carabas, die eigent­lich gar nichts wußte, that entsetzlich geheimnisvoll «nd versicherte jedem, der es hören wollte, daß sie schon lange etwas geahnt, und daß Lord SandilandS »ein Engel" sei. Nachdem die Leute vier Wochen lang die Sache nach allen Seiten hin besprochen hatten, vergaßen sie Lady Carabas mit eiugeschloflen, Mrs. Lambert und ihren Vater voll­ständig.

17. Kapitel.

Die Mine explodiert.

Als Gilbert Hasbürn am Morgen nach dem Auftritt mit Lord Ticehorst erwachte, war sein erstes Gefühl das einer unangenehmen Erin­nerung an den verflossenen Abend. Er mußte sich selbst bekennen, daß er zu viel Brandy zu sich genommen hatte; es war dies eine seiner ab­scheulichen Angewohnheiten, an die er in ruhigem Momente selbst mit Ekel dachte, daß er bei großen Aufregungen zu diesem Reizmittel seine Zuflucht nahm. Jcht sab er ein, daß er seiner üblen Laune, die durch Ticehorsts Benehmen noch vergrößert worden, zu sehr freien Lauf ge lassen, und dadurch Bobby Maitlands Einflüsterungen bet dem jungen Lord nur gekräfligt hatte. Zum Glücke befaß der letztere eine große

Gutmütigkeit, »nd Hasbürn zweifelte keinen Augenblick, daß es ihm an diesem Morgen vollständig gelingen werde, ihn wieder zu versöhnen.

Alles dies überlegend, nahm er sein Seebad, kleidete sich sorg­fältig an und ging in das Frühstückszimmer, um den Lord dort zu er­warten. Dieser erschien auch bald und erwiderte Hasbürns freundlichen Morgengruß durch ein kurzes Nicken, wobei er sich in den Armstuhl fallen ließ «nd zu frühstücken begann. Nachdem dies Werk vollbracht, nahm er seine Zigarre und den Operngucker und begab sich auf den Balkon, von welchem aus er die promenierende schöne Welt betrachtete. Zum ersten Male war Hasbürn völlig verblüfft. Er hatte geglaubt, daß Ticehorst ihn bitten würde, doch in den alten Beziehungen zu blei­ben. Statt dessen zeigte sich der junge Mann plötzlich ganz verändert und keineswegs in der Stimmung, Zugeständnisse zu machen.

Hasbürn warf seine Zeitungen fort und trat aus den Balkon hinter Ticehorst. Dieser mußte ihn kommen gehört haben, aber er rührte sich nicht, bis jener ihm die Hand auf die Schulter legte und mit freund­licher Stimme seinen Namen nannte.

Der Lord legte das Opernglas bei Seite »nd sagte in kurzem Tone: »Nun?"

»Ich bin gekommen. Sie um Verzeihung zu bitten, Mylord."

»Nun ja, es ist gut." Ticehorst nahm wieder das Opernglas und starrte ins Blaue.

»Nein, es ist nicht gut," entgegnete Gilbert im fügsamsten Tone. »Ich gestehe, daß ich mich nicht gentlemanmäßig benommen habe, aber ich war gereizt bet dem Gedanken, daß dieser Bengel, dieser Maitland, meine Abwesenheit benutzt hat, um mir in Ihren Augen zu schaden. Er hat Ihnen seine eigenen Gedanken eingeflüstert."

t.