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weniger erheblich verletzt wurden; sie erlitten fast durchweg Quetschungen. Unter de» Verletzten befanden sich auch zwei Frauen. Der folgen­schwere Unfall ereignete sich zwischen Möhringen und der Station Landhau». De« Zusammenstoß durch Fahrlässigkeit herbeigeführt zu haben, war der Motorwagenführer Beck beschuldigt. Die Anklage mißt auch dem Lenker de» Postautomobil», dem Chauffeur Brust, ein Verschulden bei. Dieser ist aber nach dem Unfall verschwunden; da» Verfahren gegen ihn wurde vorläufig ein­gestellt. Beck wird zur Last gelegt, daß er in einem da» zulässige Maß weit überschreitenden Tempo gefahren sei und insbesondere bei dem Straßenübergang die Fahrgeschwindigkeit nicht ermäßigt habe. Nach der Beschädigung de» Motorwagen» und darau», daß der Zug nach dem Unfall noch 70 Meter weiter gefahren ist, schließt der Sachverständige, daß der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von 2025 Km. ge­fahren ist. Die Strafkammer stellte ein Ver­schulden de» Angeklagten fest und erkannte gegen ihn wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Eisenbahntransportgefährdung auf I Monat Grfängni».

Stuttgart 5. April. (Schöffen­gericht.) Wegen Mißhandlung seiner Fra« stand der Taglöhner Friedrich Schwarz vor dem Schöffengericht. Wie die Verhandlung ergab, hat er die Frau längere Zeit auf» roheste mißhandelt. Es wurde bekundet, daß er ihr einmal den Kopf zwischen eine Türe hineingeklemmt hat. Da» Gericht sckloß mildernde Umstände au» und verurteilte den Angeklagten zu 2 Monate« Gefängnis, wovon eine Woche Untersuchungs­haft abgeht

Ludwigsburg 5. April. Heute vor­mittag entstand in der Metall- und Lackwaren­fabrik AG. ein Brand, der eine gefährliche Ausdehnung zu nehmen drohte, aber noch glück­licherweise im Entstehen gelöscht werden konnte. Die Weckerlinie konnte vom Rathaushof an» wieder abrücke». Ei« Arbeiter hatte in dem offenen, an da» Kontorgebäude angebauten Schuppen für die Gelbgießerei die eingefrorene Wasserleitung mit offenem Kohlenfeuer auf­wärme» wollen. Die Strohumhüllung, die mit Benzin getränkt war, fing Feuer und brachte da« Benzin im Kolben zur Explosion. Der Schaden ist nicht bedeutend.

Haberschlacht 5.April. DaSSammeln der Winterpuppea de» Heuwurm« nimmt seinen stetigen Fortgang. Obgleich r» «och nicht zwei Wochen her find und nur sieben Kinder sich beteilige«, hat die Zahl der abgelieferten Puppen da» erste Tausend überschritten.

Heilbronn 5. April. (Arbeiter­bewegung.) Die Schreiner und Maschinen­arbetter treten mit dem heutigen Tage in den

Ausstand. Der Beschluß wurde gestern abend in einer Vollversammlung de» Deutsche» Holz- arbeiterverbande» mit erdrückender Majorität gefaßt. Die seither gepflogenen Verhandlungen mit der Schreinerinnung führten nicht zu dem von de» Arbeitern gewünschten Resultat. E» komme« ca. 30 Betriebe mit rund 100 Mann in Betracht.

Laufs en a. N., 5. April. Gestern nachmittag spielten die zwei Knabe» de» Gerber» Neuschwander am Ufer der Zaber und pflückten Blume». Der jüngere, 5 Jahre alte Knabe beugte sich zu weit vor und fiel in» Wasser. Bei dem Versuch sein Brüderchen zu rette», stürzte auch der 8 jährige Knabe in die Zaber. Beide find ertrunken.

Schramberg 5. April. (Tobsucht durch Alkohol.) Ein Mann namens OSkar Gaiser von Pfalzgrafenweiler wurde hier tob­süchtig in da» Krankenhau» gebracht. Er war früher schon in der psychiatrischen Klinik in Tübingen und erlitt einen Anfall nachdem er zuvor ein paar Gla» Bier getrunken hatte. Zur Zeit ist er wieder ruhiger und befindet sich auf dem Wege der Besserung.

Von der Tauber, 5. April. (Zur Warnung.) Einen sehr empfindlichen Verlust erlitt in den letzten Tagen ein bewährter Ge­flügelzüchter unserer Gegend dadurch, daß ein Dienstbote seine Hühner und Gänse mit heißen Kartoffel», untermischt mit Kleie fütterte. Da­durch find von den vorzüglichen Raffehühnern ca. 60 Stück umgrstandrn, von den Gänsen 6 Stück. Schlund und Magen der Tiere waren verbrannt. Der Dienstbote wollte durch Warm­futter die Tiere zum fleißigen Legen anregen.

Vom Bodensee 5. April. (Vergist- uagSversuch und Selbstmord.) In Konstanz wurde vorgestern ein Taglöhner verhaftet, der den Versuch machte, mit einer bi» jetzt noch unbestimmten Flüssigkeit seine fünf Kinder zu vergiften. Da» Motiv zur Tat dürfte in schlechten Familieuverhältniffen liegen. Der Mann hat vor kurzem bei einem hies. Brande seine ganze Habe verloren. Im Amtrgerichts- gefängni» hat sich der unglückliche Mensch in der Nacht vom Montag auf Dienstag erhängt.

München 4. April. Prinz Arthur von Großbritannien überreichte heute nachmittag dem Prinzregenten den Hosenbandorden und ei« Handschreiben de» König» von England, in dem dieser seine Glückwünsche zu de» Regenten 90. Geburtstag wiederholte. Hieran schloß sich eine Galatafel zu 45 Gedecken, bei der der Prinzregent die Insignien de» Ordens trug. Der Prinzregent toastete aus den König von England und die königl. Familie, Prinz Arthur auf den Prinzregenten.

diger Kinder, wurde in da» Krankenhaus nach Neuenbürg verbracht.

Stuttgart 5. April. (Kälte und Blumen.) Heute nacht sank die Temperatur bi» auf 5 Grad unter Null. Auf dem Schieß­platz waren zum Glück nicht nur die Phönix­palmen, sondern auch alle anderen tropischen Pflanzen in die schützende« Gewächshäuser ver­bracht worden. Die vorgestern vor dem Wil­helmspalast eingepflavzten Palmen waren stehen geblieben, aber mit Tannenreisern eingebunden worden. Ganz ohne Schutz bliebe» die Lorbeer­bäume am Orangeriegebäude und vor dem Wil­helmspalast. Die bereit» in den Beeten auS- gepflanzten Stiefmütterchen und Vergißmeinnichte haben sich über Nacht beinahe in den Boden verkrochen. Die weniger widerstandsfähige», zum Garnieren eingesetzten Pflanzen erhielten eine schützende Decke von Taunenreisern. I» den Gärte» habe» die Aprikose», die zum Teil bereit» in Blüte stehen, desgleichen blühende Frühbirnenbäume durch den Kälterückfall Schaden erlitte».

Stuttgart 5. April. Bei dem gegen­wärtigen tiefen Barometerstand sind die Aussichten für die auf Freitag 7. April beabsichtigte Fahrt derDeutschland" von Friedrichshafen nach Stuttgart und Baden-Baden nicht die allerbeste«. DerSchw. M." erfährt über da« Flugprogramm von zuständiger Stelle, jedoch nur unter dem ausdrückliche» Vorbehalt, daß die Fahrt von einer günstigen Wetterlage abhängig ist, folgende Einzelheiten: Da» LuftschiffDeutschland" wird am Freitag gegen 8 Uhr morgen» in Friedrichs­hafen aufsteigen. Die Fahrt nach Stuttgart geht über Ulm-Gei»li»gen, wie gewöhnlich wird die Alb überfahre». Da hier ein Steigen de» Luft­schiff» bi« beinahe 800 Meter erforderlich ist, wird die Zahl der Paffagiere höchsten» 10 be­ttagen. Graf Zeppelin nimmt persönlich an der Fahrt teil. Die Ankunft in Stuttgart dürste gegen 12 Uhr erfolgen. Da» Luftschiff fährt zvnächst über da« Schloß, führt dort eine Schleifenfahrt au» und bringt dem König»paar zur silbernen Hochzeit seine Huldigungen dar. Bald nach 12 Uhr wird dann die Landung auf dem Wasen stattfinden. E» ist nur ein kurzer Aufenthalt für einen Paffagierwechsel in Aussicht genommen.

Stuttgart 4. April. (Strafkammer.) Am 27. Juni v. I. gegen 7 Uhr morgens stieß ei» au» eine« elektrische» Motorwagen, einem Anhängewagen und einem Postwagen bestehender Zug der Filderbahn an einem schienengleichen Straßenübergang mit einem von Echterdingen kommenden, mit 11 Personen besetzten Post­automobil zusammen. Da« Auto wurde an einem Hinterrad erfaßt, auf die Seite geschleudert und umgeworfen, wobei 9 Insassen mehr oder

Lächelnd und einige Worte de« Danke» sagend ließ sie sich die Hand küssen. Sie durfte mit keinem Atemzug verrate», daß ihr diese Nachricht neu und überraschend kam, wenn sie nicht offenbare» wollte, daß zwischen Ernst Aßmana und seine« Ettern ein Zerwürfnis bestand.

Und neben de« Stolz auf den Erfolg ihre» Sohne» erwachte »och einmal all der Groll über sein eigenmächtige» Verhallen. Diese beiden Gefühle rangen in ihrer Seele um die Herrschaft. Sie war zu kleinlich, um in diesem Moment zu vergessen, wie sehr sie sich über den Ungehor­sam ihre» Sohne» geärgert hatte. Fast wäre e» ihr lieber gewesen, er hätte draußen im Lebe» Schiffbruch gelitten und kehrte gedemütigt heim, al» daß sein Eigenwille durch Erfolg gekrönt wurde. Aber natürlich durste kein Mensch merken, wa» in ihr vorgivg. Sie mußte sich de» Erfolge» ihre« Sohne» vor aller Augen freuen.

Und plötzlich dachte sie mit Schrecken an ihren Mann und Georg. Wen» diese beiden die Nachricht von Ernst» Erfolg so plötzlich vorgesrtzt bekamen, würden sie sich nicht in der Ueberraschung verrate«?

Sie gekettete mit liebenswürdigen Worten ihren Gast zu einer Gruppe von Herren und Dame«, denen er seine Neuigkeit witteilen konnte und entschuldigte sich, um ihren Mann aufzusuchen. Er stand lächelnd hinter Großtanting» Sessel und unterhielt sich mit ihr und ihren Freunden. Adolphine trat zu ihm heran.

Einen Augenblick, Peter", sagte sie und führte ihn abseits.

Peter Aßmanu kannte seine Frau sehr genau. Er allein merkte an dem unruhige« Blick ihrer Auge», daß sie au» ihrem seelische« Gleich­gewicht gerissen war.

Wa» wünschest du, liebe Adolphine?"

Sie sah an ihm vorbei auf all die plaudernde«, lachenden Mensche».

Soeben erfuhr ich vom Geheime« Baurat Bürger, daß Ernst sich «ater den Bewerbern befaud, die sich am Preisausschreiben für unser

neue» Stadttheater beteiligten. Sein Entwurf erhielt den ersten Preis und ist zur Ausführung bestimmt worden. Da» wollt ich dir sage», damit du dich in der Ueberraschung nicht verrätst. ES ist nicht nötig, daß man jetzt noch erfährt, daß Ernst gegen unseren Willen Architekt wurde."

Peter sah lächelnd in ihre unruhige» Augen.

Du brauchtest deshalb nicht in Sorge zu sein. Ich suche schon eine ganze Weile «ach einer Gelegenheit, unbemerkt mit dir spreche» zu können, um dir dieselbe Mitteilung zu machen. Ich wußte bereit» davon durch Großtanting."

Adolphine sah starr in sein Gesicht.

Woher wußte sie davon?"

Durch Ernst selbst."

Ihr Gesicht rötete sich. Der scharfe Zug um den Mund vertiefte sich.

Also ihr hat er e» mitgeteilt und wir müssen e» von fremdm Menschen erfahren!" rief sie heftig.

Er sah mit stillem, ernstem Vorwurf in ihre Augen.

Tante Emma hat ein größere» Anrecht darauf al» wir. Ihr Hai e« Ernst zu danken, daß er sein Studium vollende» konnte, denn sie hat ihm die Mittel dazu gewährt. Wir haben «n» ja auf den Standpunkt de» Fremdsein» mit ihm gestellt. Mit keinem Wort haben wir seine monatlichen Berichte erwidert. Es darf un» nicht wunder nehme«, wenn er uns in zweiter Linie berücksichtigt. In einigen Tagen ist sein laufender Monatsbericht fällig, dann wird er uv» schon Mitteilung machen. Nach allem konnte er nicht erwarten, daß un» sein Erfolg mehr interessieren würde, al« alle», wa» er bisher draußen getrieben und erreicht hat. Sei also nicht ungerecht, Adolphine, und freue dich mit mir, daß unser Sohn ein tüchtiger Mensch geworden ist. E» hätte auch ander» kommen können. Ich weiß im Grunde grollst du ihm, gleich mir, längst nicht mehr, willst e» nur nicht eingestehen." (Fortsetzung folgt.)