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sich bei den Probeflüge» bewährt, und günstige Witterung.

Stuttgart 39. März. (Brand.) Heute nacht V-2 Uhr brach in der in der Räpplen- straße 5 gelegenen Bovbonfabrik von Moser- Roth Feuer aus. Der Brand entstand infolge eine» Rohrdefelte» in der im Dachstock gelegene« Mälzerei und griff so rasch um sich, daß ei« Teil de» Dachstocke» zerstört wurde, bevor e» der Feuerwehr gelang, der Flammen Herr zu werden. Der Schaden ist nicht unbeträchtlich. Der Be­trieb der Fabrik erleidet jedoch keine Unterbrechung.

Stuttgart 29. März. (Viehseuche.) Die Maul- und Klauenseuche ist weiter a«S- - gebrochen in Bezgenriet», OA. Göppingen, in Malmtheim OA. Leonberg und in Emberg OA. Calw. Erloschen ist die Seuche in Zell, OA. Eßlingen, in der Stadt Schorndorf, in Neu­bulach und Würzbach, OA. Calw, sowie in Flöz- lingen OA. Rottweil.

Stuttgart 29.März. (Strafkammer.) In der Nacht zum 3. November wurde in Eß­lingen in einem Fabrikkontor eingebrochen. Die Diebe waren über eine Mauer gestiegen und von einer Plattform au» durch ein Fenster ein­gedrungen. E» wurden mehrere Pulte und Schränke erbrochen. Nach dem Bild, da» die Räumlichkeiten darboten, halten die Einbrecher wie die Vandalen gehaust. In die Hände fielen ihnen 3 Uhren, einige Mark Bargeld, Brief­marken und ein Revolver. Den Einbruch be­gangen zu habe», waren heute die ledigen Tag- löhnrr Karl Dietrich, August Leverenz und Karl Alank angrklagt. Dietrich und Leve­renz bestritte», bei dem Diebstahl beteiligt ge­wesen zu sei«. Eine Reihe schwerwiegender Momente sprechen jedoch für ihre Mittäterschaft. Sämtliche Angeklagte find wegen Diebstahl» schon schwer vorbestraft. Blank war außerdem noch ein Kleiderdiebstahl zur Last gelegt. Da» Urteil lautet für Blank auf 4 Jahre Zuchthau», für Dietrich und Leverenz auf je 3 Jahre Zuchthau». Auch wurde für zulässig erklärt, daß die Angeklagte« nach erstandener Strafe unter Polizeiaufsicht gestellt werde».

Göppingen 29.März. (Unterschleife.) I« der Spirlwarenfabrik von Gebr. Mär kl in hier haben sich einige Burschen im Alter von 1518 Jahren seit einiger Zeit fertige Spiel­ware» angeeignet und diese teilweise veräußert. Durch da» Station»kommando vorgenommene Haussuchungen haben in den Wohnungen der Beschuldigten kleinere Lager von Fabrikations­gegenständen zutage gefördert. Die jugendlichen Defraudanten wurden, soweit sie überwiesen werden konnten, entlassen. Strafantrag ist, wie man hört, seiten» der Firma nicht gestellt worden.

Ulm 29. März. (Betrügerischer Bankrott.) Der Schweinemetzger Hötsch, der vor einem Jahr in Konkur» kam, hatte in seiner Rauchkammer und im Pöckelraum noch für 30 000 (?) Schinken, die der Konkursverwaltung

bei der Feststellung der Masse entgangen sind und erst vor einigen Tagen in verdorbenenem Zustande entdeckt wurden. Da Hötsch selbst über da» Vorhandensein der Schinken nicht» verlauten ließ, wurde er wegen Verdacht» de» betrügerischen Bankerott» festgenommen.

Friedrichshafen 29. März. Der für heute abend in Aussicht genommene erste Aufstieg de» neue» Luftkreuzers Ersatz Deulschland ist au» technischen Gründe« unterblieben, wird aber, wenn die Wetterlage ihren günstigen Charakter behält, morgen früh erfolgen.

Von der bayrischen Grenze 29. März. (Lebendig verbrannt.) In Oberschönefeld brannte ein Bauernhau» nieder. Beim Abräumen de» Brandplatze» fand man die verkohlte Leiche eine» Fremden, der sich im Stadel wahrscheinlich zum Schlafen niedergelegt und den Brand verursacht hatte.

Neresheim 29. März. (Brandstif­tung.) In der Nacht vom Montag auf Diens­tag brach im Anwesen de» Joseph Kleebauer an der Ohmenheimerstraße Feuer au», da» im Ent­stehen gelöscht werde» konnte. Da Brandstiftung al» sicher avzunehmen war und die vorhandene Spur darauf hinwies, wurde der Polizeihund Lux au» Stuttgart requiriert, der noch gestern Abend eintraf. Der Hund nahm heute früh die Spur sofort auf und stellte den vermutlichen Täter fest, der in Haft genommen wurde.

Die Schwäbische Larivesansstellrmg auf der Internationale« Ausstellung für Reise- und Fremdenverkehr, Berlin 1. April bis 2«. Jnni 1911.

Trotz der vielen Schwierigkeiten, die sich dem Zustandekommen der Schwäbischen Landesaus­stellung anfangs entgrgenstellten, ist es der Württ. Hohenz. Vereinigung für Fremdenverkehr ge­lungen, eine stattliche Beteiligung zu erzielen. Durch Ausstellungen der Gemeinden, Verkehrs­kehr»- oder sonstigen Vereine sind vertreten vom Albgebiet: Balingen, Ebingen, Haigerloch, Blau- beure», Geislingen, Gmünd, Göppingen, Hech- ingen, Kirchheim «. T., Neuffen, Reutlingen, Rottenburg, Sigrnaringen (mit dem oberen Donautal), Tübingen, Ulm, Urach und Zwie­falten; vom Schwarzwaldgebiet: Alpirrbach, Calw und Freudenstadt, Herrenalb, Hirsau, Horb, Lauterbach, Liebenzell, Nagold, Oberndorf, Rottweil, Schramberg, Sulz, Teinach und Wild­bad; vom Unterland: Stuttgart, Besigheim, Ell-

wavgen, Hall, Heilbron», Jlshofen, Kirchberg a. I., Langenbmg, Lausten a. N., Ludwig»burg, Marbach, Mergentheim, Neckarsulm, Neuenstein, Niederstetten, Oehringen, Stuppach, Vellberg, Weiker»heim und Weinsberg, wovon die Städte Stuttgart, Hall, Heilbron« und Mergentheim je mit Umgebung besondere Gruppen bilden; vom Oberland: Biberach und Tettnang. Zur Aus­stellung kommen künstlerisch aurgeführte Gesamt- und Einzrlansichten dieser Plätze in Photographie, Zeichnung und in Oel gemalt, Modelle von Schlössern und sonstige« Sehenswürdigkeiten, Führer, Prospekte u. s. w. und ein großes Dio­ramaBlick auf Stuttgart," Ferner sind be­teiligt: K. Statist. LandeSamt durch Ausstellung von topographischen und geologischen Karten, Landes- und Oberamtsbeschreibungen; K. Do­mänendirektion mit Ansichten und Badprospekte« an» Wildbad; Schwäbischer Albverein durch Karlen und Landschaftsbilder der Schwäbischen Alb, Literarische», Kartographisches und Dar­stellung seines Wegbezeichnungtsystems; Würt- tembergischer Schwarzwaldverein mit Karten des Schwarzwaldes; der SkiklubSteinbühlhütte" in Stuttgart mit einem Modell der Steinbühl- hütte auf dem Kalten Feld und endlich die Ver­anstalterin der Schwäbischen Landesausstellung, die Württ.-Hohenz. Vereinigung für Fremden­verkehr, durch Ausstellung eines großen Dia- rama»Blick auf die Alb," künstlerisch a«»- geführter Bilder vom Hohenzoller« und Hohen- »euffen, eines Orlgemälde», den Aufstieg eines Zeppelinluftschiffes über dem Bodensee darstellend, von Trachtenfiguren in natürlicher Größe, Re­klameschriften und durch tägliche Veranstaltung von Lichtbildervorträgen über da» Schwabenland. Von der Industrie sind vertreten: Neue Apotheke von Th. Hartmann in Calw (Schwarzwälver Himbeersaft), Schumacher und Braun, Architekten in Heidenheim und Lieberizrll, Schwarzwälderbote in Oberndorf, von Schramberg: Hamburg-Ame­rikanische Uhrenfabriken; Chr Schweizer und Söhne, Emailwarenfabrik; I. P. Haas und Co., Strohmanufaktur; Joh. Ev. Wölber Söhne, Strohhutfabrik; Vereinigte Uhrenfabriken Gebr. Junghan» und Thoma» Haller; Villeroy und Boch, Steingutfabrik; Badhotel Teinach (Teinacher Hirschquelle), Heinrich Frank Söhne in Ludwigsburg, Dr. Länderer Söhne, Brunnen­verwaltung in Göppingen; I. Nkermann, Optische Anstalt in Reutlingen; Aktiengesellschaft Bad Mergentheim, Bad u. Mineralbrunnrnverwaltung Ueberkinge». Einen Hauptanziehungspunkt der schwäbische» Abteilung werden außerdem die von der Firma Keßler L Cie. Sektkellerei in Eßlingen, eingerichtete Wein- und Sektstube und die Schwarzwälder Kaffeestube der Vereinigten Städte, Kurorte, Bäder und Verschönerung«-

pflegte. Sie hatte ebensowenig Sinn für den warmen, goldigen Humor, welcher de« Grundzug dieser beiden Charaktere bildete, wie ihr Sohn Georg. Nur in Bettina» Augen leuchtete dann warme» Verständnis auf. Aber sie beteiligte sich nicht an der Unterhaltung, wenn sie nicht gefragt wurde. Tante Adolphine hätte da» streng gerügt.

Nach Tisch verabschiedete sich Georg, wie fast jeden Abend, um noch in den Klub zu gehen. Er küßte Mutter und Tante Emma die Hand, kühl bi« au» Herz hinan", verabfolgte seinem Vater eine» matten Händedruck und nickte Bettina nachlässig zu.

Peter Aßmann pflegte noch ein Stündchen bei de» Damen fitzen zu bleibe«, ehe er zu Skat und Schach ebenfalls den Klub aufsuchte. Er plauderte freundlich einige Worte mit Bettina, neckte sich mit Großtan- ting und spielte mit den Fäden der Handarbeit, die seine Gattin gleich «ach Tisch wieder aufnahm. Oft mußte ihm Bettina einige Volkslieder fingen, die er sehr liebte. Sie besaß eine weiche, volle Altstimme und verstand gerade einfache Lieder mit Wärme und Verständnis zu singe» und zu begleite«. Selbst Frau Adolphine pflegte gern zuzuhören, wenn sie sang und gestattete ihr jeden Tag ein Uebungsstündchen. Für Groß- tanting waren Bettina» Lieder rin Genuß, den sie mit keinem andern vertauscht hätte. Sobald da» junge Mädchen in den Salon hinüberging, wo ei« schöner Blüthnerflügel stand, setzte sich da» alte Fräulein mit be­haglichem Gesicht in die Sofaecke und schloß lauschend die Augen.

So ging e» einen Abend wie den ander«. Wenn Peter Aßmann sich dann auch verabschiedet hatte, ging Großtanting mit Bettina hinüber in ihr Zimmer, um sich noch ein Stündchen vorlesen zu lassen.

Adolphine blieb bei ihrer Handarbeit fitze». Um zehn Uhr ginge» die Damen zu Bett. Ander« verliefen die Abende natürlich, wenn Ge­sellschaft im Hause war, oder wenn Aßmann» geladen waren. Jede« Winter wurden einige größere Festlichkeiten im Hause gegeben, wozu immer die erste Gesellschaft der reichen Handelsstadt geladen war. Da solche Einladungen natürlich erwidert wurden, war e», im Winter haupt­

sächlich, nicht eben selten, daß Großtanting und Bettina allein zu Hause blieben. Da» alte Fräulein ging seit Jahren nicht mehr in Gesellschaften, nur wen« sie im Hause waren, beteiligte sie sich ein paar Stunden. Bei ihrem hohe» Alter bedeuteten solche Geselligkeiten immerhin eine An­strengung. Da» war Frau Adolphine sehr lieb. Hatte man doch dadurch de« besten Vorwand, auch Bettina zu Hause zu lassen. Sie mußte eben Großtante Gesellschaft leiste».

Bettina war sehr zufrieden, bei Großtanting bleiben zu dürfen. Wa» sollte sie in Gesellschaft all der Menschen, die sie fast alle ein wenig von oben herab bettachteten und sich nicht viel um sie kümmerte». Die jungen Herren sahen wohl gern in ihr liebliche», süße» Gesicht und fanden sie reizend, entzückend. Aber da sie arm war und bei den Aß­manns nur au» Gnade und Barmherzigkeit Aufnahme gefunden hatte, hielte» sie sich fern von ihr. Zu einer Liebelei war sie nicht zu haben und sonst wa» sollte man sonst mit solch einem armen Wen Ding. Die konnte einen höchsten» zu Torheiten verleiten. Also lieber nicht zu nahe heran.

Bettina war sehr feinfühlig und empfand da» alle» sehr deutlich. Deshalb blieb sie viel lieber zu Hause. E» kränkte sie nicht, weil sie e» selbstverständlich fand in ihrer Bescheidenheit, daß man sie wenig be­achtete. Aber e» war ihr immer peinlich, wen« im Hause Gesellschaft war, an der sie sich natürlich beteiligen mußte, die herablassende oder mitleidige Freundlichkeit über sich ergehen zu lassen. Sie kam sich ganz verloren und verlaffe» vor zwischen all den gleichgiltigen Menschen und atmete auf, wenn solch ein Abend hinter ihr lag.

Viel schöner war es, wenn sie mit Großtanting allein zu Hause war. Dann sang sie ihr erst all ihre Lieblingslieder. Und nachher saß sie in dem warmen Stübchen zu Füßen de» alten Fräulein». So wonnig kuschelig und gemütlich war e» dann, wenn draußen der Wind heulte oder Schnee und Regen an die Fenster schlug.

(Fortsetzung folgt.)