iis sich so massenhaft in den Scheuern, daß der Laudmann nicht schnell genug ausdreschen kann, um die eingeheimsten Früchte von diesen hung­rigen Gästen zu retten.

* Heilbronn, 17. Nov. Der hiesige Handelsmann Louis Schottländer hat nach Verübung verschiedener Schwindeleien das Weite gesucht und wird bereits steckbrieflich verfolgt. Eine Pforzheimer Firma, von welcher er Gold- Waren im Betrag von beinahe 10,000 Mar! zum kommissionSweisen Verkauf erhalten hatte, scheint ihm die Mittel geliefert zu haben, sich dünn" zu machen. Die Firma erhält keinen Ersatz.

* Ravensburg, 17. Nov. Ein kleiner Roman spielte sich in einer der letzten Straf- kammersttzungen in der Strafsache gegen den 26 Jahre alten Schriftsetzers Heinrich Rauß von Donaueschingen wegen Betrugs ab. Im Juni v. Js. kam er zufällig nach Steinhaufen, OA. Waldsee, wo er Gelegenheit fand milden Bäcker Lämmle'schen Eheleuten bekannt zu wer­den. Er fand gastliche Aufnahme, knüpfte in der Folge ein Verhältnis mit der Tochter Margarete an und stellte ihr fälschlicherweise das Heiraten in Aussicht. In demselben Monat fand er in Ulm in der Nübling'schen Buch­druckerei eine Stelle, welche ihm ein hinreichen­des Auskommen gewährt hätte. Allein schon im Juni verließ er Ulm mit Hinterlassung be­trügerischer Schulven für Speisen und Getränke und trat in eine Buchdruckerei in Biberach ein, wo er sich auf betrügerische Weise ein Paar Stiefel verschaffte. Wegen diesen Betrügereien wurde er in Ulm zu 3 Wochen Gefängnis ver­urteilt. Nach Erstehung dieser Strafe setzteer sich wieder mit der Familie Lämmle in Ver­kehr und gelang es ihm, diese Leute, von denen er wußte, daß sie nichts haben, als was sie mit ihrer Hände Arbeit verdienen, unter den schwindelhaftesten Vorspiegelungen allmälig um die Summe von 95 Mark zu betrügen. Neben­bei genoß er bei seinen vielfachen Besuchen die Gastfreundschaft in reichlichem Maße, so daß er bat, mit ihm doch keine so großen Umstände zu machen, da er kein großer Feinschmecker sei. Er gab sich als den Sohn eines wohlhabenden Mannes in München aus, welcher im Oktober 1883 gestorben sei. In einem Brief mit schwar­zem Rand zeigte er am 30. Dez. v. Js. der Familie Lämmle Wohlgeboren in Steinhaufen an, daß unser l. treubesorgter Vater am 12. Oktober ds. Js. in München sanft in dem Herrn verschieden ist. Wir bitten um stille Teilnahme! Nach einem Besuch in Steinhaufen schrieb er den Loschen Eheleuten in ergreifender Weise, wie er in seiner damaligen bedrängten Lage genötigt gewesen sei, den Weg nach Ulm zu Fuß zurückzulegen. Die Füße haben ihn gebrannt und totmüde sei er in Ulm angelangt.

Wer nie sein Brot mit Thronen,

Nie kummervolle Nächte

Auf seinem Bette weinend saß,

Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!"

Seine Mutter fei jetzt ebenfalls totkrank; wie gerne wollte ich für meine Eltern sterben, ich habe den lieben Herrgott schon oft darum ge­beten, aber vergeblich! In ergreifender Weise schilderte er seine Notlage; auf dem Wege in das Geschäft sei er aus Schwäche umgefallea, so daß die Vorübergehenden ihn in seine Woh­nung haben führen müssen. Er sollte sich rus­sische Bäder nehmen, allein sein letztes Geld habe er für Medikamente ausgeben müssen. Seiner Bitte um Aushilfe wurde von Lämmle sofort bereitwillig entsprochen. Nach einigen Tagen schrieb er, seine Schwester habe ihn auf den Tod der Mutter vorbereitet, er sei voll Verzweiflung, die Familie Lämmle solle ihm doch helfen beten, damit die l. Mama wieder gesund werde, außerdem sollen sie ihm das Reisegeld nach München vorstrecken; es wäre ja schrecklich, wenn die gute Mama sterben würde, ohne daß er sie besucht hätte. Ec sei so elend, daß nur noch ein schwacher Hautüberzug an ihm sei. Die Loschen Eheleute halfen abermals aus. Am 22. Febr. d. Js, schrieb er ihnen, daß die Mutter von ihren qualvollen Leiden durch den Tod erlöst worden sei. In rührenden Wor­ten gab er seinem Schmerz um d!e Entschlafene Ausdruck; sie habe ihn gehütet, wie ein gutes Pflänzchen; er würde alles darum geben, wenn er nur noch einmal in ihre treuen Augen blicken könnte:Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten, und das Unglück schreitet schnell!" Er schilderte die Plackereien bei der Auseinandersetzung des Nachlasses, wie ihn die Herren von Pontius zu Pilatus geschickt rc. Sein eigener Onkel habe ihn erbarmungs­los weggeschickt.Da drohte mein innerstes Herz zu zerspringen und das Blut durchrieselte in rasendem Lauf meine Adern!" In einem späteren Brief leitet er eine neue Bitte um Geld mit den Worten ein,täglich erflehe ich den Segen unsres himmlischen Vaters für Sie; da mir die Zeit nicht erlaubt, täglich den Gottes­dienst zu besuchen, so habe ich üiein trautes Stüble in einen Tempel verwandelt, in welchem ich täglich kniee, um für Sie die inbrünstigsten Gebete zum Herrn zu senden." Für seinen Erb- schafts Prozeß brauche er 20 M.; auch in diesem Falle bekam er den Betrag. In der Verhand­lung bekannte der Angekl., daß der Inhalt sei­ner sämtlichen Briefe reiner Schwindel sei. Das Gericht erkannte auf 10 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust.

(Verschiedenes.) In Rottenburg kam eine Frau von Dettingen in der Oettinger- schen Mühle dem Räderwerk zu nahe, von wel­chem ihr beide Arme abgerissen und der Leib zerquetscht wurde, so daß sie sofort tot war. Ein Lehrer in Oberndorf (Welzheim), wel­cher von einem Kollegen wegen Beleidigung ver­klagt und kostenfällig verurteilt wurde, hat sich den Urteilsspruch so zu Herzen genommen, daß er tobsüchtig geworden und in eine geistige Um­nachtung verfallen ist, welche spätere Heilung ausschließen dürfte. In Rudersberg (Welz

heim) fiel ein Weingärtner, welcher demNeuen" zu stark zugesprochen hatte, so unglücklich, daß er das Schulterblatt verletzte und eine mit Chloroformierung verbundene Operation nötig wurde, während welcher der Mann verschied. In Oft erdin gen (Tübingen) kam die 26- jährige blühende Tochter des Mühlebesttzers Göhner, als sie im Begriffe war, aus dem Ab­lauf der Dampfmaschine heißes Wasser zu schöpfen, dem Wellbaum der Mühle zu nahe, wurde von diesem erfaßt und so schrecklich zugerichtet, daß sie alsbald tot war. Letzten Freitag wollte eine Frau in Gaildorf eine Bettflasche mit siedendem Wasser aus dem Ofen nehmen, im selben Augenblick zersprang diese mit solcher Gewalt, daß der Ofen zerriß und der Frau die Knochen oberhalb des Handgelenkes abschlug, die Weichteile desselben stark verletzte, auch ein dazugekommenes 4jähriges Kind auf die Seite warf und ebenfalls im Gesicht verletzte. Der Knall wurde in »er ganzen Nachbarschaft ge­hört. In Friedrtchshafen wurde ein Schwindler, früher Zuchthäusler, verhaftet, der mit einem Händler aus Baden einen Scheinkauf vornahm, sich am Kaufschmaus beteiligte und nachherverduften" wollte. In Ravens­burg riß sich anläßlich des daselbst stattgefun­denen Martinijahrmarktes ein Farren von seinem Treiber los, sprang über den Hafenmarkt, wurde durch das Krachen der Geschirre noch wütender, rannte einen Schuhwarenstand nieder, dann beim Hecht" einen Mann und beim Seelhaus stieß er einer Frau mit.em Horn an den Kopf. Die Frau ist bedenklicher verletzt, der Mann kam mit dem Schrecken davon. Der wütende Farre wurde erst bei Weingarten eingefangeu.

Deutsches Reich.

Der Bundesrat lehnte in seiner gestrigen Plenarsitzung den Reichstagsbeschluß, betreff, die Aufhebung des Expatrttrungsgesetzes, ab, nahm den Antrag Ackermann, betr. die Ergänz­ung des § 100 L der Gewerbeordnung (Be­schränkung des Rechts der Haltung von Lehr­lingen auf Jnnungsmeister) an und genehmigte die Dampfersubventionsvorlage.

Wie verlautet, will die Reichsregierung sogenannteArbeits-Aemter" einrichten, denen die Aufgabe zusallen soll, eine genaue Kontrole über das Angebot von Arbeit und die Nach­frage nach Arbeit in den einzelnen Industrie­zweigen und in den verschiedenen Landesteilen zu führen, so daß sowohl Arbeitgeber, welche Arbeiter brauchen, dort anfragen können, wo sie solche finden, als auch die Arbeiter selbst erfahren, wo sie möglicher Weise Arbeit finden können.

Die Köln. Zeitg." erfährt von der ersten Konferenzsttzung; Bismarck eröffnete die Kon­ferenz mit einer kurzen Ansprache, welche sich, mit einem Rückblick auf die Vorverhandlungen beginnend, über die Zwecke und Ziele der Kon­ferenz verbreitete und mit dem Wunsch eines gedeihlichen Erfolges der Verhandlungen schloß.

Des Weinwirts Höchlerlein.

Origmalerzahlung von Rich. Bachmann.

(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)

Was wollen die Herren nun gegen mich beginnen?" fragte Steffens. Der Klang der Worte wie die Frage selbst bekundeten deutlich genug, daß er sich von der Last, des ihm entgegenstürmenden, selbstverschuldeten Schicksals erdrückt fühlte und sich selbst als Vorloren betrachtete.

"Was nun geschehen soll? einfache Frage." versetzte Meister «Pölling,meinem Martin muß Genugthuung wiederfahren, wie's Euch dabei ergeht, kann mich und ihn nicht kümmern."

So wollt Ihr morgen schon auf das Gericht, um mich moralisch zu vernichten? Meister Spölling, das werdet Ihr nicht thun!-"

Ei seht doch," fiel ihm der würdige Meister ins Wort,jetzt redet Ihr auch von Moral? Herr Steffens, warum dachtet ihr nicht auch an Moral und Sittlichkeit, als Ihr den armen, rechtschaffenen Martin ins Verderben zu stürzen Euch bemühtet? Der nun noch heute von dem Fluche Eurer Bosheit gejagt, als ein aus unserem Vaterland Aus­gewiesener die Welt durchziehen muß. Jetzt glaubt Ihr gar noch, daß ich ihm, den durch Euch ungerecht Geschmäten, schuldlos Verurteilten, nicht wieder zu seinem Rechte helfen und Euch dem Gerichte nicht überliefern sollte? Jst's denn nicht eine heilige Pflicht, die das Gebot der Nächsten­liebe, die Ihr freilich nicht zu kennen scheint, mir auferlegt?"

Steffens wagte nichts zu entgegnen; und Peter Scharffenberg be­merkte, daß sich die Sache, wenn man schon wollte, nun nicht mehr unterdrücken oder geheim halten lassen, da Fränzt darum wisse und diese aus tiefbegründeter Dankbarkeit, Martin ihrem Retter zu seinem Rechte zu helfen, gewiß entschlossen sei.-

Es waren entsetzliche peinliche Stunden, die heute Herr Steffens im Schiffhause verlebte. Noch lange stand er dem alten wackeren Meister Spölling gegenüber, von dessen unbeugsamen Willen er den Untergang seines, vor der Oeffentlichkeit als tadellos bekannten Rufes zu fürchten hatte. Einen heißen Kampf mußte er noch bestehen, und die sich steigernde Furcht vor der ihn sicherlich vernichtenden Schande, ließ ihn vor keinem Versuch zurückschrecken, den alten Spölling und Peter Scharffenberg zur Versöhnung zu bewegen. Endlich wankte er zerknirscht nach Hause.

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Drei Monate waren seit jenem Abend verstrichen. Und obgleich Leni, das schöne Töchterlein des Weinwirts Peter Scharffenbergs, neuer­dings sich sehr rasch von ihrem schweren Krankenlager wieder erholt hatte, und wie ein junges Rösletn im Morgentau aufblühte, der blaffe Kaufherr Steffens ward nicht mehr im Schiffhause gesehen.

Einsam und mürrisch, schlich er düstren Auges umher, man hielt ihn allgemein für einen unglücklichen Mann, dessen Lebensfrische und Munterkeit durch den Tod des Heimgegangenen Vaters einen bedauer­lichen Stoß erlitten, ja diese sogar in Schwermut und Trübsinn umge­wandelt habe. Der Umstand, daß selbst die kleine Fränzi schon seit dem Begräbnistag seines Vaters das düstere Kaufherrnhaus verlassen mußte, daß Herr Steffens am gestrigen Tage sein vom Vater ererbtes Haus an einen Geschäftsfreund käuflich abgetreten hatte, gab der Ein» wohnerschaft die unumstößliche Gewißheit, daß Herr Steffens an einer schlimmen Gemütsstörung leide. Peter Scharffenberg nebst Familie, sowie Meister Spölling wußten besser, wie es sich mit dem schweigsam gewordenen Steffens verhielt. An jenem Abende war es dem Kaufherrn