c.f beide Fragen lauteten: Nein. Auf Grund dieses Wahrspruchs sprach der Gerichtshof den Angeklagten frei. Ein Bravo einiger vorlauten Bursche wurde vom Präsidenten energisch verwiesen.
* Der „Beobachter" will von neuen Typhus- Erkrankungen in der Jnfanterirkaserne wissen. In der That gehen auch im Publikum derartige Gerüchte um, die aber noch nicht beglaubigt und daher mit Vorsicht aufzunehmen sind. Nach denselben sollen diese Erkrankungen diesmal hauptsächlich das Olga - Grenadier--Regiment betreffen.
* Stuttgart, 6. Okt. Ein Familiendrama spielte sich letzten Samstag im Bärenzwinger des Nill'schen Tiergartens ab. Die beiden Bastardbären (Kreuzung zwischen Eisbären und braunen Bären), Männchen und Weibchen, waren mit einander in einem Zwinger untergebracht, lebten jedoch schon seit einiger Zeit in Fehde mit einander. Samstag morgen kam es nun zwischen beiden zu einer Rauferei, wobei das schwächere WeibLen ein Hinterbein in die andere Abteilung des Zwingers brachte, wo der Eisbär den Fuß faßte und ihn in kurzer Zeit vollständig zerfleischte. Die so wehrlos gemachte Bärin wurde von dem Bären an Kopf und Hals gräßlich zerfleischt. Alle Bemühungen, die beiden Bären mit Stangen, Steinwürfen rc. zu trennen schlugen fehl. Es blieb nichts übrig, als den Bären, der schon längere Zeit dem Tode bestimmt war, zu erschießen, aber auch die schrecklich zugerichtete Bärin mußte erschossen werden. In den Stuttgarter Wirtschaften laben sich in Folge dieses häuslichen Zwistes die Feinschmecker an Bärentatzen und Bärenschinken.
* Ravensburg, 6. Okt. (Eine teure Ohrfeige.) Vor acht Tagen geriet ein^ hiesiger Kaufmann, ein sonst solider und nüchterner Mann, in einer Wirtschaft mit einem städtischen Angestellten von hier in einen Wortwechsel, der in einer Ohrfeige, die der Kaufmann dem Beamten versetzte, seinen vorläufigen Abschluß fand. Heute nun leistet der hitzige Herr in Nr. 229 des Oberschw. Anzeigers Abbitte; er sagt: „Auf mein Ersuchen hat der Beleidigte die beim K. Amtsgericht eingereichte Klage zurückgenommen, indem ich demselben hiemit öffentlich Abbitte leiste und den Vorfall tief be- daure. Zugleich entrichte ich eine Zahlung von 150 Mark an die hiesige Armenfondsverwaltung zur Verteilung an hiesige Ortsarme."
* (Verschiedenes.) Der 65 Jahre alte Schäfer Gottfried Kübler inMerkelbach bei Vellberg hielt sich etwas länger als gewöhnlich in einem benachbarten Orte bei Gelegenheit eines kleineren Einkaufs aus. Bei feiner Rückkehr zum Pferch waren seine Schafe aus demselben ausgebrochen; aus Mißmut hierüber ging er zum nächsten Baum und erhängte sich an demselben. — Ein Küfer von Jngelfing en hat sich am Montag erhängt, nachdem er bereits vor einiger Zeit den Versuch gemacht hatte, sich
im Kocher zu ertränken. — In Murrhardt setzte sich die 12jährige Tochter einer Witwe, welch' letztere den Unterhalt für sich und die Familie durch Nähen verdienen muß, einem vor- betkommenden Fuhrwerk hinten auf und brachte hiebei einen Fuß so unglücklich in die Spaichen des Rades, daß derselbe förmlich abgedrückt wurde. — Der 61 Jahre alte Maurer und Lumpensammler Gottfried Mack von Pfedel- bach wurde am Montag auf der Dachkammer seiner Wohnung erhängt aufgefunden.
Deutsches Reich.
* (Warnung für Auswanderer!) In der „Nordd. Allg. Zeitung" wird folgende Warnung an Auswanderer veröffentlicht: „In wetten Kreisen wird es von Interesse sein, daß die gegen arme arbeitsunfähige und der nötigen Subsistenzmittel entbehrende Einwanderer (sog. xauxors) erlassenen amerikanischen Gesetze neuerdings mit verschärfter Strenge in Ausführung gebracht werden. Auf dringendes Verlangen der New-Aorker Armen-Verwaltung hat die dortige Einwanderungs Kommission wiederholt europäische Einwanderer auf den Schiffen, mit denen sie hinübergekommen waren, zurückgeschickt, dabei ist zu bemerken, daß der bloße Besitz eines Billets in das Innere der Vereinigten Staaten gegen das Landungsverbot noch nicht schützt, weil seitens vieler amerikanischer Binnenstädte darüber Klagen geführt worden, daß der Zuzug verarmter und erwerbsunfähiger Elemente aus Europa ihnen unerschwingliche Lasten auflege. — Möchten sich unsere Auswanderer, die ohne genügende Geldmittel nach Amerika gehen und dort Reichthümer zu erwerben hoffen, dies zur Warnung gereichen lassen."
* In Neustadt a. S. wurde am Freitag abend am Bahnhofe der Postbeutel mit Wertbriefen im Betrag von über 8000 Mark vom Postkarren weg gestohlen. Vom Thäter hat man noch keine Spur.
* (Verurteilter Lebensmittelfälscher.) Von der Strafkammer in Kempten wurde der Schmalz- und Butterhändler Joh. Schädler aus Oberstaufen wegen Fälschung des von ihm als „rein" verkauften Rindschmalzes durch Beimischung von Margarin zu drei Monaten Gefängnis und 900 Mark Geldstrafe, sowie zur Tragung der sehr namhaften Gerichtskosten verurteilt. So sollte es allen Lebensmittelfälschern ergehen, dann würden sie von ihrem schändlichen Treiben gewiß bald ablasfen.
* (Famtliendrama.) In Leipzig wurde am Samstag die Inhaberin eines Handschuhgeschäfts namens Richter nebst ihrem Manne und ihren zwei jüngsten Kindern, Knaben im Alter von 10 und 13 Jahren, in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Mann und Frau hatten sich an den Thürpfosten im Schlafzimmer erhängt, während den beiden Knaben, nachdem man sie, wie es scheint, zuvor mit Chloroform oder etwas Aehnlichem betäubt, die Pulsadern
ausgeschnitten waren. Aus hinterlafsenen Papieren geht hervor, daß zerrüttete Vermögens- Verhältnisse den Beweggrund zu der entsetzlichen That bildeten. Zwei erwachsene Kinder des Ehepaares befanden sich zur Zeit auswärts.
* Das Bureau Reuter meldet: „HerrLüde- ritz, der Gründer der deutschen Kolonie in Angra Peguenna, hat den Kapitän Ipence, welcher seit vielen Jahren Pächter, der der britischen und Kapregierung gehörenden Guano- Inseln in der Nachbarschaft von Angra Peguenna ist, auffordern lassen, oie Kolonie zu verlassen." Nach Ansicht der deutschen Regierung sollen auch jene Inseln Herrn Lüderitz gehören.
* Aus Müllers Holz, 1. Okt., wird geschrieben: Gestern Abend wurde unsere Einwohnerschaft durch einen Mord in Aufregung versetzt. Gegen 7 Uhr hat der 23jähr. Jakob Stgwalt seinen Barer im elierl. Hause durch 4 Revolverschüsse so schwer verwundet, daß bald darauf der Tod eingetreten ist. Der Thäter ist geistesgestört und befand sich schon eine Zeit lang im Irrenhaus.
* Auch die polnische Fraktion hat jetzt einen Wahlaufruf erlassen; in demselben heißt es: „Unter preußischer Herrschaft und im drulschen Reiche, mit dem wir verbunden sind, sind die Parlamente für uns das fruchtbarste und zugleich wirksamste Gebiet für unsere Thätigkett. Dort kann sich die Stimme der Polen ungehindert vernehmen lassen. Auf der Parlamentstribüne können wir frei gegen die Verjährung unserer Rechte Verwahrung einlegen, oie Erfüllung der uns gegebenen Versprechungen fordern und unsere nationale Existenz gegen die verschiedenen Unbilden verthüdigen, die mau uns zufügt."
AnölallL.
* (Raffinierter Betrug.) Eine dieser Tage in Base! aus dem badischen Unterlande über Straßburg angekommene Frau, die nach Luzern zu reisen beabsichtigte, wollte in Basel einige Einkäufe machen und bezahlte mit Zwanzig- frankenstückm, die sich als falsch erwiesen. Sie hatte dieselben während der Fahrt von Colmar von einem sich als Geschäftsreisenden ausgebenden Manne eingerauscht, der ihr vorstellte, daß deutsches Gold in der Schweiz nur mit großem Verluste ausgegeben werden könne. Der Wechsler stieg in Mühlhausen aus. Solche Fälle sind in neuerer Zeit vielfach vorgekommen.
* Vor dem Gerichtshöfe in Neapel wurde jüngst ein sensationeller Prozeß, in den fast sämtliche Alkoholsabrikanten Neapels samt ihren Geschäftsleuten verwickelt waren, zu Ende geführt. Die hiesige Finanzbehörde erhielt näml-ch vor einiger Zeit ein anonymes Schreiben, in dem man ihr anzeigte, daß sich fast sämtliche Al- koholfabrikanten unserer Stadt bei der Spirituserzeugung einer geheimen mechanischen Vorrichtung bedienen, um so den Fiscus bei der Bemessung der Brennsteuer übervorteilen zu kön-
Des Weimvrrls Aöchlertem.
Originalerzählung von Rich. Bachmann.
(Fortsetzung.) ( Nachdruck verboten.)
Freilich für Peter Scharffenberg war die Ausweisung Martins jetzt nicht so leicht, wollte er nicht den Vorwurf der Ungerechtigkeit auf sich laden, da Martin keine Veranlassung gab, die ihm eine solche Behandlung zuziehen konnte, und selbst auch die Mehrzahl der Gäste, die in dem jungen Mann gar nicht einen so gefährlichen Menschen erblickten, als wie Steffens ihn hinzustellen sich bemüht hatte.
Auf eine Vorstellung des letzteren erklärte dann auch Peter Scharffenberg, daß es ihm leid sei, ein mehreres nicht thun zu können, und es liege an Herrn Steffens selbst, sich die Gunst seiner Tochter zu erwerben, da, soviel ihm bekannt, — und er müsse es doch wissen — ein Verhältnis zwischen ihr und Martin nicht mehr bestehe, außerdem würde er auch niemals seine Einwilligung geben zu einer Verbindung derselben mit einem andern, am allerwenigsten mit Martin, so lange Herr Steffens nicht selbst erkläre, davon absehen zu wollen.
So lange nun Herr Steffens nicht weitere, zu einer Verbindung mit Leni führenden Schritte that, konnte Peter Scharffenberg selbstredend auch nichts mehr zu gunsten einer solchen unternehmen. Allerdings befand sich der ehrgeizige Vater Lenis in einem großen Irrtum, wenn er glaubte, daß er die Neigung seiner Tochter zu Martin ertötet habe.
Die heimlichen Begegnungen während dessen Krankheit hatten vielmehr gegenteilig gewirkt und wenn Leni jetzt sehr regelmäßig zur Kirche ging, so lag dies hauptsächlich mit daran, daß Martin sich ebenfalls dort einfand und sie einander sehen konnten.
Die beiden Liebenden wären nun mit ihrem Schicksale schon zu-
'sr:rdeu gewesen, wenn sich nur rine t«ie Spur von SlrmcscuwcMttg an Peter Scharffenberg hätte wahrnehmen lassen, welche zu Hoffnungen berechtigen konnte.
Leider war dies nicht der Fall und es verstrichen jetzt bange, qualvolle Wochen, deren Hoffnung ertötendes Einerlei erst wieder unterbrochen wurde, als eines Tages Herr Steffens von einer längeren Reise zurückgekehrt war.
Dem guten Meister Spölltng war das Geheimnis Martins schon lange keins mehr; wie es denn gewöhnlich so im Leben ist, daß Liebende im Leben ein süßes Geheimnis zu bewahren glauben, das doch anderen Sterblichen, dir Gelegenheit haben, das Thun und Treiben Liebender zu beobachten, gar keins sein kann.
Der ehrsame Meister hatte Lenis Besuche nicht ohne Interesse bemerkt, und die Wärterin ihm auch redlich Bericht erstattet gehabt, wöbet sie nie verfehlte, ihre Mutmaßungen und Beobachtungen einzuschalten. Die heimlichen Sendungen der Fra« Kathrine Scharffenberg thaten ein Uebriges, um eine bestimmte Meinung in dem Kopfe des alten Meister Spölling entstehen zu lassen.
„Nun, wenn die beiden noch ein Paar werden möchten, sollte es mich wahrhaftig freuen. — Einen Konkurrenten hätte ich nicht zu fürchten, wohl aber — da ich alt genug bin und mich doch nachgerade zur Ruhe setzen könnte — vielleicht einen rechten Nachfolger für mein gut renommiertes Geschäft zu hoffen," hatte Meister Spölltng gesagt.
Ihm war freilich die Gesinnung Peter Scharffenbergs nicht als eine so ernste und unabänderliche bekannt, und er glaubte allen Ernstes, daß falls seinem wackeren Gehilfen das Glück lächeln sollte, woran er