Diese Nachricht bedarf wohl noch der Bestätigung. Mit Genngthuung ist dagegen zu verzeichnen, daß allgemein, sowohl in der Presse der drei nächstbeteiligten Länder, als auch in der Frankreichs, Englands und Italiens, die Kaiserzusammenkunft als eine neue starke Friedensbürgschaft begrüßt worden ist.
(Gebäudeeinsturz.) In Wemding (Bayern) stürzte am 19. d. Mts. die Scheune des Post- Halters Weidmann ein und begrub unter ihren Trümmern ein daneben stehendes kleines Wohnhaus, in dem eine alte Frau mit 2 kleinen Mädchen wohnte. Die Frau und ein Mädchen wurde lebend aus dem Schutte gezogen. Posthalter Weidmann und Zimmermeister Seesried, die soeben die baulichen Schäden besichtigen wollten, sowie das zweite Mädchen, wurden nur mehr als schrecklich verstümmelte Leichen hervorgezogen. Vier prächtige Pferde wurden mit verschüttet. Zwei Witwen und 11 Waisen beweinen ihre Gatten und Väter.
In Spei er bildet nach der „Pf. Pr." das Tagesgespräch das Verschwinden des Ta- baksfabrikanten Karl Korn, Inhabers der Firma Eichhorn und Cie., Mitglied des Stadtrates und anderer Korporationen. Es soll eine lieber- schuldung von mindestens 180000 M. von unglücklichen Börsenspekulationen herrührend, vorliegen.
(Eine verschwundene Ortschaft.) Die „Angerm. Ztg." schreibt: Daß in unserer Uckermark eine Ortschaft, die noch vor 10 bis 20 Jahren einen Gemeindevorstand, eine Schule u. s. w. hatte, jetzt ganz vom Erdboden verschwunden ist, dürfte wenig bekannt sein. Bei Joachimsthal unweit Schmelze lag das Dörfchen Melliu; die Bewohner sind zum großen Teil ausgewandert, die Häuser wurden zum Abbruch verkauft, und heute geht der Pflug über ehemalige Wohnsitze, nur ein kleiner Kirchhof zeigt noch an, daß hier einmal Menschen gewohnt haben. Noch in dem Rudolphischen Ortsbezirke von 1868 finden wir den genannten Ort als eine Kolonie von 195 Einwohnern auf- geführr.
Ausland.
Wien, 20. Sept. Der Anarchist Kämmerer, als Deserteur seit dem 19. Mat bei dem Wiener Garnisonsgericht in Untersuchung, wurde heute Morgen durch den Strang Hingerichtete Anton Kämmerer aus Stiebing (Schlesien) gebürtig, 22 Jahre alt, katholisch, ledig, Buchbinder, Infanterist, hatte Schulbildung genossen und war bisher straflos. Kämmerer gehörte seit langer Zeit der sozialistischen Arbeiterpartei der radikalsten Richtung an und unternahm s. Z. mit Stellmacher und einer dritten Person gewaltsam einen Angriff auf den Drotschkenkutscher Michael Schätzte in Straßburg. Hierauf röteten dieselben den Musketier Johann Adels innerhalb der Vorwerke von Straßburg. Kämmerer beteiligte sich außerdem an dem Raubmorde des Apothekers Ltenhard in Straßburg,
vier Wochen später an dem Raubattentat auf Bankier Heilbrunner und den Privatier Oetttn- ger in Stuttgart, er erschoß am 15. Dezember meuchelmörderisch den Polizeiconzipisten Hlubeck und beging am 10. Jan. mit Stellmacher und einem dritten Genoffen den Raubmord an Eifert und Familie. — Kämmerer stand am 5. und 6. September vor dem Kriegsgericht, welches ihn schuldig befand des Verbrechens des mehrfach teils vollbrachten, teils versuchten meuchlerischen Raubmordes und der Desertion und ihn demgemäß zum Tode durch den Strang verurteilte. Das Urteil wurde am 18. Septbr. rechtskräftig. Kämmerer benahm sich bei der Hinrichtung vollständig ruhig und verzog keine Miene. Nach acht Minuten war die Justifi- kation beendet. Sämtliche Vorgänge wurden streng geheim gehalten, so daß erst im Laufe des Vormittags die vollzogene Thatsache bekannt wurde. Außer der militärischen Bewachung und den offiziellen Funktionären war kein Publikum anwesend. Nachdem die Hinrichtung vollzogen war, wollte der Bataillonskommandeur gerade zum Gebete »iederknieen lassen, als Feldpater Molek den Major daran verhinderte. Der Militärkaplan sprach auch kein Gebet, sondern richtete in ungarischer Sprache folgende Worte an die Versammelten: „Wie er gelebt, so ist er gestorben! Der Mifsethäier, der das Herz gehabt hatte, sieben Menschenleben zu vernichten, der gegen Gesetz, Kaiser und Staat sich vermessen, ist dem zeitlichen Gerichte verfallen und mußte enden, wie dieser geendet. Doch wie er hier auf Erden keine Gnade gefunden, wird ihm eine solche auch im Himmel nicht beschieden sein, denn er hat bis zum letzten Augenblicke den Glauben und die Kirche verleugnet — er ist auch ohne Glauben gestorben."
Wien, 22. Sept. Bei dem kommandierenden Offizier in der Alserkaserne erschien gestern der Inhaber eines amerikanischen Museums, der 6000 Gulden für den Leichnam des Hingerichteten AnarchisteniKammerer bot, umfdenselben einbalsamiert zur Schau zu stellen. Das Ansinnen wurde selbstverständlich abgewiesen.
(Wieder eine Unglücksbotschaft aus den Bergen.) Aus Heiden am Bodensee wird geschrieben, daß am 15. Sept. gegen Abend Frau Pfarrer Kübel aus Ansbach durch den Sturz von einem Felsen herab eine schwere innere Verletzung erlitt, an deren Folge die bedauernswerte Dame am 18. ds. verschieden ist. Sie war auf dem Nachhauseweg von einem Spaziergange begriffen, geriet, wahrscheinlich in der Dämmerung, vom Wege ab und glitt an einer gefährlichen Stelle aus. Ihre verzweifelten Anstrengungen, sich zu halten, waren vergebens — sie stürzte mit voller Wucht hinab. Ihr sie begleitendes lOjähriges Söhncheu, verlor bei dem Versuche, der Mutter Hilfe zu bringen, auch das Gleichgewicht und stürzte nach, doch kam dasselbe mit einigen leichten Verletzungen davon und war noch imstande, Leute zur Hilfeleistung für die Mutter herbeizurufen.
— In Eßlingen machten sich einige Knaben mit der Futterschneiümaschine zu schaffen, und
— die alte Geschichte — der eine brachte die Hand in die Walze um sie unter großem Geschrei und mit verstümmelten Fingern wieder herauszuziehen. — ZuMtttelweiler,Gmde. Pfahlbronn, ereignete sich letzten Samstag ein erschütternder Unglücksfall. Eine Dienstmagd war eben daran, den Stall zu reinigen und den Dung hinauszuschaffen. Wie sie nun zum erstenmal die Dunggabel zur Thür hinausschwingt, geht die Bäuerin vorüber und wird durch's Auge in den Kopf gestochen. Nach wenigen Stunden war die Frau eine Leiche. Der Schmerz der Familie, besonders aber des Dienstmädchens ist entsetzlich. - In Altbach (Eßlingen) kehrten Sonntag früh Zigeuner, die das Volksfest besuchen wollen, bei einer Taglöhnersfrau ein. Diese erzählte, wie man dem „Schw. Merkur" schreibt, einer Zigeunerin von ihrem Unglück, das sie jüngst in ihrem Stalle durch den Verlust einer Kuh erlebt habe. Die Zigeunerin kündigte der thörichten Frau ein zweites ähnliches Unglück an und erbot sich gleichzeitig zur Beseitigung desselben, zu welchem Zweck ihr aber sämtliches im Hause vorhandene Geld vorgelegt werden mußte. Die Frau holte auf vieles Zureden ihr Geld, 228 Mark, in mehreren Säckchen herbei, die Zigeunerin griff in diese und that ihren weisen Spruch, der vor dem künftigen Unglück schützen sollte. Nachdem die Zigeunerin fort war, zählte die Frau ihr Geld nach und sah sich um 20 Mark bestohlen. Die Diebin u. Wahrsagerin ist in Eßlingen verhaftet worden.
Deutsches Reich.
— Den diesjährigen Flottenmanövern muß unbedingt eine außergewöhnliche folgewichtige Bedeutung beigelegt werden. Durch dieselben sind die Befestigungen der deutschen Kriegshäfen einer Probe unterzogen worden, die, so weit bet Manövern überhaupt möglich!, der Ersterprobung bei einem Kriegsfall vorgegriffen worden ist und die daneben noch über die Wirkungsfähigkeit dieser Werke, über ihr Zusammen» wirken und die etwaigen schwachen Stellen unserer Kriegshäfen-Befestigungen eine ausreichend klare Beurteilung gewährt hat. Es kann nahezu als sicher angenommen werden, daß die Befestigungen von Wilhelmshaven auf der Stelle, wo der Angriffsflotte eine Landung von Landungstruppen geglückt ist, um ein neues Fort verstärkt wird. Nächstdem hat in den betreffenden Berichten die Anlage eines Vorhafens oder einer Station für leuchte Kreuzer und Torpedoboote in dem Vorterrain der eigentlichen Befestigungswerke eine mehrfache Befürwortung gefunden.
— Ein amtliches polnisches Blatt glaubt enthüllen zu können, bei der Kaiserzusammenkunft sei Deutschland Aktionsfreiheit in West- Afrika, Oesterreich der definitive Besitz von Bosnien und der Herzegowina, Rußland die Herrschaft im östlichen Balkan zugesichert worden.
Des Weinwirls Höchterkein.
Originalerzählung von Rich. Bachmann.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Mit scheelem Lächeln gewahrte Treffens, daß Martin es war, der eine solche Bravour an den Tag legte, wofür er den Beifall der Menge erntete. Plötzlich tauchte oben aus einem Giebelfenster des brennenden Stockwerkes eine menschliche Gestalt hervor und rang verzweifelnd um Hilfe flehend, die Arme.
„O weh, da ist jede Rettung unmöglich", murmelten die Umstehenden mitleidig. Herr Steffens wendete sich herum nach Martin, der sich ungeduldig durch die gaffende Menge wieder hindurch arbeitete, um nach dem Brandplatze zu gelangen und eben seine Stimme erschallen ließ.
„Hier, junger Mann, meine Börse", rief Steffens und hielt in der erhobenen Rechten Martin seinen gefüllten Beutel über die Köpfe der Umstehenden hinweg, entgegen. „Morgen das doppelte, wenn Ihr den unglücklichen Menschen da oben noch rettet."
„Das ist aber jetzt ganz unmöglich", ließen sich einige vernehmen, während andere ein lautes Bravo dem hochherzig erscheinenden Herrn Steffens entgegen jubelten, ehe Martin nur noch geantwortet. Kaum hatte er aber die in höchster Gefahr befindliche Person entdeckt, stieß er mit gewaltigem Arm die ihm im Wege Drehenden vor sich her und ohne Steffens eines Blickes, geschweige einer Antwort zu würdigen, eilte er zum Entsetzen aller Anwesenden in das brennende, schon mit dem Einsturze drohende Haus.
Zu beiden Seiten des Gebäudes befanden sich niedrige einstöckige Häuschen, von denen das eine unbewohnt als Lagerraum diente. Durch das rüstige Eingreifen der die Spritzen bedienenden Mannschaften war dem Umsichgreifen des verheerenden Elements augenscheinlich vorgebeugt
und die Gefahr, wenn nicht noch besondere Umstände sich ereigneten auf das einzige Haus beschränkt.
Mit staunenerregender Todesverachtung hatte sich Martin noch einmal hineingewagt. Einen Blick hinauf nach Lenis Zimmer werfend und mit ihrem Namen auf den Lippen war er den Augen der neugierig harrenden Menge entschwunden.
Nicht wie die Gaffer es vermuteten, sich einen hohen Lohn zu verdienen, sondern das Leben eines Menschen zu retten und sollte er das Wagnis mit dem eigenen Leben büßen. Die in seinem Naturell begründete Unerschrockenheit in der Gefahr und der ihm innewohnende Drang, dem bedrohten Nebenmenschen beizustehen, war durch die heutigen trüben Erfahrungen zur herausfordernden Verwegenheit gesteigert worden. Das Ueberraschende dieser urplötzlich heretngebrochenen, schreckenerregenden Katastrophe erzeugten in ihm die entgegengesetzte Wirkung, als wie sie ein solches Ereignis sonst im Menschen bewirkt. —
Mitten unter einer aufgeregten, wirr durcheinanderschreienden, vielfach planlos handelnden Menge, war er der einzige, der mit seltener Ruhe und Entschlossenheit dem entfesselten Elemente zu trotzen wagte. Ob Martin glücklich wiederkehren würde? Niemand wagte jetzt noch daran zu glauben.
Alle waren aber darüber einig, daß er entweder schleunigst undunverrichteter Sache den Rückzug antreten müsse oder unter den brennenden Trümmern des zusammenstürzenden oberen Stockwerks begraben werde. —
Mit verhülltem Mund und Nase war Martin die Treppe hinauf- gestürmt und in fast kriechender Stellung über den mit erstickendem Qualm angefüllten Bodenraum bis an jene Stelle gelangt, wo bereits die Diele brannte und die züngelnden Flammen die Thürbekleidung in Angriff genommen hatte, hinter der er jenen Unglücklichen vermutete.