Aus Rom wird folgender Vorfall berichtet: .Am 14. ds. fiel in einer unserer Hauptstraßen eine junge schöne Frau, von heftigen Krämpfen befallen, zur Erde. Man brachte sie sofort, ohne weiter nach dem Grunde ihres Uebel- Lefindens zu forschen, ins Cholerahospital, wo fle binnen einigen Stunden einen gesunden Knaben gebar."

Neapel, 23. September. Es werden 241 Erkrankungen und 114 Todesfälle vom Nachmittag den 21. 4 Uhr bis dahin 22. Sept. gemeldet.

In Lyon wurde am Sonntag eine große Versammlung von unbeschäftigten Arbeitern ab­gehalten, zu der in Maueranschlägen mit den Worten eingeladen wurde: .Hunger! Kopf oben! Die Stunde zum Handeln schlägt. Unser Recht auf Dasein wird erkannt; unsere Erwähl­ten zanken sich und klagen die Cholera, den Krieg, die Handelsverträge, die Konkurrenz der Maschinen an; aber was wollen diese Ursachen bedeuten, wenn die Ergebnisse Hunger sind und gar zum Tode führen! Lassen wir uns nicht durch die heillose Trägheit des Elendes über­wärmen; handeln wir, vergessen wir unsere Zwistigkeiten, marschieren wir zusammen zur Eroberung von Brot. Die Anzahl allein kann den bösen Willen unserer Abgeordneten besiegen; feien wir zu Millionen im Alcazar!"

Brüssel, 22. Scpt. Ein Straßenanschlag des Bürgermeisters sagt, es sei die Pflicht jeden guten Bürgers, dem Schulgesetze Folge zu lei­sten. Kundgebungen in den Straßen würden den öffentlichen Frieden gefährden und seien deshalb bis auf Weiteres untersagt. Die be­vorstehenden Kommunalwahlen bieten legale Waffen zur Bekämpfung des Schulgesetzes. Die Bürger werden aufgefordert, die Ordnung auf­recht zu halten. Alle größeren Menschenansamm­lungen, welche die Ruhe stören könnten, würden zerstreut.

Brüssel, 23. Sept. Der gestrige Abend verlief zwar sehr erregt und unruhig, es gelang jedoch, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Mehrere Menschenhaufen, diesingend undschreiend durch die Straßen zogen, wurden von der Polizei ohne Schwierigkeit zerstreut. Gegen den Direktor des Journals .National" ist wegen eines heftigen für die republikanische Staatsform plaidierenden Artikels der Ausweisungsbefehl erlassen worden.

Gutem Vernehmen nach hat die russische Staatskanzlei es übernommen, die bei der Drei- Kaiserzusammenkunft nicht beteiligten Kabinette durch eine direkte Mitteilung über die Ziele und Grenzen der hergestellten Verständigung zu unterrichten. Man ist noch nicht im Klaren darüber, ob diese Mitteilung in Form einer Note oder in der minder feierlichen Depesche erfolgen soll. Dies schließt jedoch nicht aus, daß die leitenden Minister Deutschlands und Oesterreichs nach dem russ. Vorgänge die ihnen unterstellten Organe in ihrer Weise von den Ereignissen der Entrevue in Kenntnis setzen.

Moskau, 18. Sept. In den Gouverne­ments Saratow und Kasan ist Schnee gefallen und Kälte eingetreten. Auch aus dem Gouvernement Orenburg wird Schneesturm und Frost gemeldet. Infolge beständigen Regenwetters ist viel Getreide uneingeerntet auf den Feldern geblieben.

Handel and Verkehr.

Altensteig, 20. Sept. Die Hopfenernte ist vorüber. Die Hopfenkultur hat in diesem Jahre den Erträgnissen nach einen guten Lohn gefunden. Im gesamten Nagolder Bezirk hat die Qualität wohl vorgeschlagen; der Gehalt der gesunden, schönen, farbereinen Dolden über­trifft den vieler Vorjahre. Verkäufe sind noch keine bekannt.

Stuttgart, 21. September. (Landes- produktenbörse.) Dir letzte Woche hat uns zur großen Freude der Weingärtner und Landwirte weitere7helleundwarme Tage gebracht, welche die Reife der Weintrauben, Rüben und Kartoffeln außerordentlich förderten; dagegen wurde unsere Hoffnung, daß sich die Getreidepreise nach und nach bessern werden, noch nicht erfüllt. New- Jork brachte zwar am Ende der Woche für Weizen erheblich bessere Kurse, allein die europäi­schen Märkte nahmen keine Notiz davon. Auch der Handel in Gerste setzt nur langsam ein, weil die außerordentliche Wärme der letzten 10 Tage zum Mälzen njcht animierte und deswegen der Bedarf kein dringender ist. In Hopfen, welcher in Qualität und Farbe nichts zu wünschen übrig läßt, ist der Umsatz bedeutend, jedoch können sich die bisherigen Preise kaum halte». Die Börse war schwach besucht und der Umsatz sehr unbedeutend, die Verkäufer forderten volle bis­herige Preise, welche nur ungern verwilligt wurden. Wir notieren per 100 Kilogr.: Waizen bayer. . 17 M. 75 bis M.

dto. russ. Sax. 17 M. bis 17 M. 25

Kernen .... 18 M. 75 bis M.

Dinkel . . . . 12 M. bis M.

Haber neu . . 12 M. 60 bis 13 M. 40

Hopfen per 50 Kilo 100 M. bis 112 M.

Nagold, den 20. September 1884.

Neuer Dinkel . . .

7

70

6

95

6

Kernen.

- -

9

10

Haber.

7

40

6

82

5

Gerste .....

8

50

8

34

8

Bohnen.....

7

60

7

42

7

25

Waizen.....

9

30

8

81

8

20

Roggen.

9

50

8

47

8

30

Stuttgart, 23. Sept. Kartoffel- und Krautmarkt.) Leonhardsplatz: 700 Säcke Kartoffeln L 2 M. 50 Psg. bis 2 M. 80 Pfg. per Ztr. Marktplatz: 2000 Stück Filder- kraut L M. 10 bis 15 M. pr. 100 Stück.

Stuttgart, 23 Sept. Wilhelmsplatz: 1000 Säcke Mostobst zu 4 M. 80 Pfg. bis 5 M. Pr. Ztr.

Eßlingen, 22. Sept. Preise auf dem Güterbahnhof: Hess. Obst 4 M. 20 Pf. bis 4 M. 40 Pf. pr. Ztr.

Heilbronn, 23. Sept. Obst- und

Kartoffelmarkt. Bet dem heutigen Markte stellten sich die Preise beim Obst: Aepfel 4M. Bf. bis 5 M. 80 Pf., Birnen 5 M. Pf. bis 6 M. 50 Pf., gem. Obst 5 M. bis 5 M. 65 Pf^ gebrochenes Obst 8 M. bis M., Zwetschgen 9 M. pr. Ztr. Kartoffeln, gelbe 2 M. Pf. bis 2 M. 40 Pf., blaue M. Pf. bis M. Pf., Wurstkartoffeln 2 M. 50 Pf. bis 2 M. 60 Pf. per Zentner.

Renningen, O.A. Leonberg, 21. Sept. Die Hopfen sind hier bei günstiger Witterung getrocknet worden. Quantität hat vorgeschlagen. Gesammterirag 600 Ztr., mit dem dem Hof­gut Jhingen 1000 Ztr. Qualität vorzüglich. Einzelne Verkäufe in kleinen Partien 110120 M.

Herrenberg, 20. Sept. Heute kamen für ein Mainzer Haus 20 Ballen Hopfen im Gesammtgewicht von 1147 Kilo zum Versand. Bezahlt wurden per Ztr. 105 M. nebst Trink­geld. Da anfangs nächster Woche mehrere bayerische Händler angesagt sind, ist auzunehmen, daß alsdann der Handel in den richtigen Gang kommt. An Zwetschgen kam heute die zweite Wagenladung zum Versand nach Heilbronn, sowie 100 Ztr. nach Ludwigsburg. Gebrochene Zwetschgen werden pr. Simri bis zu M. 2.60 bezahlt. In Mostobst ist Vorrat, aber noch kein richtiger Preis gemacht.

Tübingen, 22. Sept. (Hopfen.) Heute wurden hier zwei Ballen Hopfen verkauft zu 110 M. per Ztr.

(Zum Weintransport.) Im Hinblick auf den diesen Herbst zu erwartenden bedeutenden Weintransport sind die Güterexpeditiouen an­gewiesen worden, zu Vermeidung von Ver­wechslungen und Verschleppungen nur solche leere und gefüllte Weinfässer zur Beförderung anzunehmen, welche an beiden Bodenseiten mit weißer Oelfarbe entsprechend gezeichnet sind. Auch empfiehlt es sich, die zum Versandt kom­menden Gebinde womöglich mit dem voll­ständigen Namen zu versehen.

(Die billigen Getreidepreise) beginnen in Berlin auf den Preis des Brotes zu wirken. Verschiedene Bäcker versenden an ihre Kunden Zirkuläre, in denen sie Mitteilen, daß sie sechs Pfund weißes Roggenbrot von jetzt ab für 50 Pfg. verkaufen. Bisher bekamen sie 4Vr höchstens 5 Pfund ausgebackenes Brot.

(Ein eigenartiges Legat) hat eine alte Jungfer in St. Nicolas (Belgien) den dortigen Armenhäusern vermacht. Sie setzte der Armen« Verwaltung eine Summe von 15 000 Frank aus mit der Bestimmung, daß für Z usen alljährlich am 6. Juni, dem Tage der heiligen Pauline, und am 25. August, dem Tage des heiligen Ludwig, alten und verwaisten Bedürftigen eine große Portion Bratwurst mit einem feinen Waizen- brod und einer Kanne guten Bieres verabreicht werde, doch nur wenn die Daten nicht auf Freitag fallen, wo Fleisch zu eisen nach den Satzungen der katholischen Kirche, verboten ist.

Für die Redaktion verantwortlich: W. Rieke r. Aitensteig

Hier und da stürzten Stücke der verkohlenden Decke herab und der entsetzlich beißende Rauch des brennenden Holzwerks, die erstickende Glut machten das Atmen fast zur Unmöglichkeit. Sein rechter Fuß brach durch die schon vom Feuer zerstörten Dielen, mit starker Hand hielt er sich noch an dem Drücker jener Thüre, die er verschlossen fand.

Herzzereißendes Jammergeschrei drang ihm aus der Kammer ent­gegen. Unter den wuchtigen Hieben der mitgenommenen Axt, bahnte er sich den Weg in das Schlafgemach, dessen eine hölzerne Wand schon in Hellen Flammen stand, die gierig durch das dicht daneben gelegene Fenster leckten.

Tief am Boden, in einer Ecke gekauert, fand er ein fast ersticktes Mädchen. Rasch hob er es empor, vorsichtig drückte er sich außen auf dem Boden dicht an der Wand vorüber, den verderblich drohenden Durch­bruch zu vermeiden.

Die Treppe hatte er glücklich erreicht, aber auch diese brannte bereits, hinter ihm beginnt der Fußboden zu sinken.

Krachend stürzen schon einige Bretter hinab, glühende Funken um- wirbeln ihn. Martin sah sich unrettbar verloren; die Sinne wollen ihm schwinden, cs wird dunkel vor seinen Augen, er wankt; plötzl ch rafft er sich noch einmal zusammen. Mag es kommen wie cs will, entweder im nächsten Augenblick in di- sengende Glut versinken oder hinab in das offene Feuergrab springen.

Mit Sturmes Eile flieht er über die Stufen hinunter, die stöhnend unter seinen Füßen krachen. Seine Kleider fangen bereüs an*zu glimmen, durch die Flammen des hohen Geländers. Noch einmal ein solch wildes Stürmen über die untere Treppe und er eilt mit seiner Last durch die gewonnene Flur. Wankenden Schrittes gelangt er auf die Straße.

Mit schaurigem Getöse stürzt das Lsparrenwerk zusammen und schlägt durch die Stockwerke. Ein Funkenmeer wirbelt durch die auf einen Moment verfinsterte Luft, dann wird es wieder hell und prasselnd bricht sich der Wasserstrahl der Spritzen, an den wild empor getürmten Balken.

Langsam schreitet Martin über die hellerleuchtete Gasse, das bewußt­lose Mädchen in den Armen. Ein unbeschreiblicher Jubel scholl ihm entgegen, aber unbeirrt sucht er außer Bereich der Gefahr zu kommen und legt dann das Mädchen nieder auf eia, von dem geretteten Mobi­liar entnommenen Wertstück.

Kaltblütig zieht Martin den Rock vom Leibe und drück: die glim­menden Stellen aus. Seine Hände sind mit Brandwunden bedeckt, das geschwärzte Gesicht entstellt, denn Kopfhaar, Augsnbrauneu und Bart sind versengt; er achtet es nicht, nur um die zitternden Beine zu stützen, lehnt er sich ein wenig mit dem Rücken gegen die Wand und läßt die Lunge rief Atem schöpfen. Auf die neugierigen Fragen der sich heran Drängenden erwidert er kein Wort. Herr Steffens trat jetzt zu ihm heran:

Ihr seid ein beherzter Mann, da nehmt und laßt Euch morgen bei mir sehen. Ich will Euren Edelmut belohnen," sagte er und suchte seine Börse Martin in die Hand zu drücken.

Ein schmerzliches Lächeln zuckte über dessen Gesicht, mit Besorg­nis wendete er sich herum nach dem geretteten Mädchen, das unter der Pflege teilnehmender Müschen ins Bewußtsein znrückgerufen war und dankbar die Augen zu ihm aufschlug. (Fortsetzung folgt.)

(Lescfrucht.) Sanftmut ist das schönste Kennzeichen des Weisen, des Uebertegenen; sie ist eine der lieblichsten Btücen der Seelenhohett und Seelengröße.