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Von der oberen Nagold.

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Hlr. 113.

Attenkeig, Donnerstag den 25. Septemöer.

1884.

2 Nochmals die deutschen Kolonien.

Seit vielen Wochen veröffentlichen Ham­burger und Bremer Zeitungen in geringen Zwischenräumen Neuigkeiten von der Westküste Afrikas, welche in ganz Deutschland nicht nur. sondern auch überall, wo man die deutschen Annexionen mit Mißtrauen verfolgt, das weit­gehendste Interesse erregen. Offizielle Mit­teilungen sind bisher so gut wie gar nicht er­folgt. man möchte denn den Brief des Kapitäns, der die deutsche Flagge in Angra Pequena auf­pflanzte, an die Firma Lüderitz 'n Bremen dafür nehmen. Aber Dr. Nachtigall als Ver­treter Deutschlands hat unzweifelhaft eine Reihe politischer Aktionen an der Westküste Afrikas ausgesührt, über deren Wesen und Tragweite das große Publikum noch nicht im mindesten aufgeklärt ist.

Der deutsche Patriotismus verleugnet sich nicht. Selbst bei denjenigen, welche zur Vor­sicht mahnen und dafür ihre Gründe haben mögen, zeigt sich die Genugthuung darüber, daß das junge, das geeinte Deutschland kraft­voll seine Schwingen entfaltet und selbstbewußt mit in die Schranken tritt, um an dem Wett­bewerb teilzunehmen, welcher der Zivilisation des ganzen Erdballs gilt.

Wahrscheinlich wird die Regierung erst im Reichstage eine aktenmäßige Darstellung der Sachlage geben und dann dürften fick die Vor­kommnisse an der westafrikanischen Küste doch in einer wesentlich anderen Beleuchtung zeigen, als in den Dutzenden privater Mitteilungen, wie sie von Hamburg und Bremen aus durch die Blätter gehen. Diese Privatberichte stammen von Personen, die direkt beteiligt und durch das Erreichte freudig bewegt sind; da ist es kein Wunder, daß Meldungen mit unterlaufen, die mehr den Wünschen der Beteiligten als der Wirklichkeit entsprechen.

So wird von offiziöser Seite wiederholt die Ueberzeugung ausgesprochen, daß es sich so­wohl in Kamerun, als in andern westafrikani­schen Küstengegeuden nicht um eine Annexion namens des Reiches, sondern einfach um die Errichtung einer Schutzherrschaft ganz nach der Art wie beim Lüderitzlande zu Angra Pequena gehandelt habe. Die Hamburger Handlungs- Häuser Woermann, Thormähler u. s. w. sind Besitzer des Landes und üben dort die Herr­schaft aus; in der Eigenschaft der Firmeninhaber als deutsche Reichsbürger genießen sie den Schutz des Reiches und dürfen dessen Hilfe an- rufen bei Schädigung von irgend welcher Seite.

Bisher waren sie schutzlos; den'Räubereien der Küstenneger und Ränken englischer Agenten konnten sie nicht wirksam'entgegentreten. Sie hatten sich deshalb schon häufig schutzsuchend an das deutsche auswärtige Amt gewendet und durch die Entsendung des Dr. Nachtigall und der diesen begleitenden Kanonenboote wurde ihrem Wunsche gewillfahrt. Wären die Land- strcifen die sie besitzen, wirklich annektiert, so müßte dort auch eine wirkliche Verwaltung von Reichswegen eingesetzt werden und der Reichs­tag müßte seine Zustimmung zu solcher Erweiter­ung des deutschen Landbesitzes geben, ebenso wie er sie bezüglich Elsaß Lothringens gegeben hat und wie er sie eventuellen Falls bei der Aufnahme Luxemburgs in das Reichsgebiet geben müßte. Ferner müßte auch für die annektierten Gebiete ein Statthalter eingesetzt werden; tatsächlich ist aber für Kamerun nur ein Konsul eingesetzt worden. Auf deutschem Reichsgebiet wird aber kein deutscher Konsul eingesetzt.

Alle diese Anzeichen sprechen dafür, daß

Fürst Bismarck an der im Reichstage ausge­sprochenen Absicht festhält, nicht in eine exklusive Kolonialpolitik einzutreten. Der Reichskanzler erklärte damals sehr ruhig, man wolle nicht mit der Annexion überseeischer Provinzen Vor­gehen, sondern eher in der Form der Gewähr­ung von Freibriefen (nach Art der englischen Royal Charters) den Interessenten der Kolcnien zugleich das Regieren derselben im wesentlichen überlassen und ihnen nur die Möglichkeit europäi­scher Rechtsprechung für Europäer und zugleich denjenigen Schvtz gewähren, den das Reich ohne stehende Garnisonen in jenen entfernten Gegenden leisten könne.

Als Fürst Bismarck diese Worte sprach, hatte Dr. Nachtigall schon seine Mission nach Westasrika angetreten, und war mit Instruktionen versehen. Seitdem ist nichts vorgefallen, was eine Aenderung dieser Politik veranlassen konnte. Ein ähnliches Verfahren dürfte am Kongo ein­geschlagen werden, man erkennt die Assoziation als Besitzer und Souverän an und stellt das Ganze unter den Schutz der Mächte.

Laudesuachrichrew.

(:) Altensteig, 24.Sept. Die Besucher des vormittäglichen Gottesdienstes am letzten Sonn­tag wurden am Schluffe desselben mit einer würdigen und seltenen Feier überrascht. Zwei Kandidaten der Theologie, Hr. Bäßler von hier und Hr. Jrion, derzeit Vikar beim hie­sigen Stadlpfarramt, wurden in erhebender Weise eingesegnet. Nachdem Hr. Stadipfarrer von hier im Altar, die genannten Herren vor dem­selben mit zwei benachbarten Geistlichen zur Seite Aufstellung genommen, schloffen die Herren Kirchenältesten den Halbkreis. Alsdann wurde in gewählten und eindringlichen Worten der ernsten Pflichten und verantwortungsvollen Ar­beiten des Geistlichen gedacht und mit einem innigen Gebet die Einsegnung der Herren voll­zogen. Mit reger Teilnahme folgte die andäch­tige Versammlung der ansprechenden Handlung und legte dadurch an den Tag. daß sie von der hohen Wichtigkeit der würdigen Feier über­zeugt war.

In unserem Festbericht von Nagold in letz­ter Nr. ist ein Versehen unterlaufen. Die erste Strophe der mitgeteilten Inschrift, welche auf der Ehrenpforte zu lesen stand, hat zu lauten:

Willkommen Nagold, Du Gauverband von Enz- und Nagold- und Kinzigstrand rc.

Calw, 19. Sept. In der Herberge der Demokraten bei Adlerwirt Dingler fand am letzten Donnerstag eine Besprechung über die Rcichstagswahl im 7. Wahlkreis mit den hiesigen Vertrauensmännern der demokratischen Partei statt, in welcher die Aufstellung eines demokr. Kandidaten gegen Stälin beschlossen wurde. Die Bezirke Neuenbürg, Nagold und Herrenberg sollen nicht vertreten, die Stimmung der Calwer Herren aber eine sehr gehobene gewesen sein, nicht minder zuversichtlich bleibt dabet der national- gesinnte Teil der hiesigen Bürger, der zweifel­los die Mehrheit bildet.

Ein erfreuliches Bild von der fortschreiten­den Besserung unserer wirtschaftlichen Verhält­nisse liefert eine Arbeit des Amtsrichters Linden­berg in Berlin über die Zahl der Concurse in Deutschland. Die Zahl derselben betrug im Jahre 1880 noch 5358, fiel im Jahre 1881 auf 5002, im Jahre 1882 auf 4783 und im Jahre 1883 auf 4606. Weniger günstig als dieses Gesamtergebnis lauten die Zahlen für einzelne Bezirke. So betrug die Zahl der in Sachsen eröffnten Concurse im Jahre 1880 nur 3S7, und stieg im Jahre 1881 auf 555, im Jahre 1883 sogar auf 655. Was das Ver­

hältnis der Concurse zur Einwohnerzahl betrifft, so zeigt Württemberg die ungünstigste Ziffer mit einem Concurs auf nur 795 Einwohner, und nur wenig besser steht Hamburg mit 803. Das Königreich Sachsen hat einen Concurs auf 1342 Einwohner. Die niedrigsten Ziffern haben Posen mit 5162 und Breslau mit 4737 Ein­wohner auf einen Concurs, während die Durch­schnittsziffer des Reichs 2101 beträgt.

In der Stadt Rottenburg ist wieder die ersehnte, wohlthätige Ruhe eingekehrt. Die 1387 männlichen und 2701 weiblichen Personen, welche über die Dauer der Hopfenernte daselbst Arbeit gefunden, haben wieder eine schöne Summe Geldes mit fortgenommen. Rechnet man auf die Person nur einen täglichen Verdienst von 1 M., so macht dies bet einer Arbeitszeit von 3 Wochen 80000-90000 Mark. Nicht un­gerechnet sind dann die Tausende von Verdien;: der rührigen Hände der Stadt-Bevölkerung.

Waiblingen, 22. Sept. Ein junger Bauer aus dem Filial Leutenbach, hat einen Soldaten, der in dessen Scheune etwas Heu für sein Pferd holen wollte, im Verein mit 2 andern Bauernburschen erstochen. Der Getötete hat 3 Jahre lang straflos gedient und wäre in den nächsten Tagen zu seiner Mutter im Oberland, die eine Witwe ist, zurückgekehrt. Ob der Soldat unbefugter Weise Heu holte oder nicht, und ob, wie man hört, Eifersucht mit im Spiel war oder nicht, darüber wird die vom Staatsanwalt eingeleitete gerichtliche Unter­suchung weiteres Licht verbreiten.

Ulm, 21 Sept. Ein Fest besonderer Art feierte am Samstag abend die Maschincn-Fabrik der Herren Gebrüder Eberhardt, nämlich das Fest der Anfertigung des hunderttausendsten Pfluges. Die Besitzer der Fabrik hatten aus dieser Veranlassung ihre sämtlichen Arbeiter, circa 150 Mann, in den Garten des Gries­bades eingeladen, wo dieselben auf Kosten der Firma bewirtet wurden. Der Garten war fest- lich beleuchtet und die Veranlassung des Festes selbst, der hunderttausendste Pflug, war zur Be­sichtigung im Garten aufgestellt.

Fried rtchshafen, 21. Sept. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich ist heute zum Besuche Ihrer Majestäten im Kgl. Schlosse hier eingetroffen.

Es verdient wohl die Tharsache berichtet zu werden, daß ein Bienenfreund von Gög­gingen Heuer von einem Bienenschwarm, wel­cher anfangs Mai schwärmte, am 24. Juni den ersten und am 10. Juli den zweiten sog. Jung' fern-Bienenschwarm erhielt. Was aber seltener der Fall sein dürste, ist, daß der erste Jungfern- Bienenschwarm vom 24. Juni nochmals am 13. August einen kräftigen Schwarm absetzte. Sämtliche, sehr starke Völker, haben nun voll­ständig ausgebaut, und geben demzufolge gute Ständer. Gewiß ein Zeichen, wie lohnend das Halten von Bienen ist, wenn es rationell be­trieben wird.

(Verschiedenes.) Ein Holzarbeiter in der Nähe von Oberroth bat auf dem Heim­weg einen Arbeiter um einen Schluck Trunk und hat, wie cs scheint, statt aus einer Schnapsflasche aus einer ein schädliches Getränk enthaltenden Flasche getrunken. Nun liegt er todkrank dar­nieder. In Böhringen wurde in der Nacht vom 17. auf 18. ds. im Rathaus durch Erbrechen eines Kastens die Summe von 1500 M. ge­stohlen. Die Untersuchung ergab, daß der Dieb sich abends in das Rathaus eingeschlichen und sein freches Werk mittelst eines Stetnhauerbickels, welcher sich am Morgen noch vorfand, ausge­führt hatte. Die gestohlene Summe bestand teils aus deutschem, teils aus französischem Gold.