zu den Gemeinde- und Amtskorporationssteuern am Wohnsitz bezw. am Orte, wo sie innerhalb Württembergs ihre Gewerbe beginnen, noch au­ßerdem in jedem andern Oberamtsbe­zirk, in welchem sie ihr Gewerbe betreiben, zu einer in die Amtskorporationskaffe fließenden Steuer heranzuziehen. Dieselbe wäre vor Be­ginn des Gewerbebetriebs im Bezirk an den Amtspfleger oder einen Gemeindepfleger irgend einer Gemeinde für Rechnung der Amtspflege zu bezahlen, und fragt sich nun, ob dieselbe etwa zu bestehen hätte in einer Quote der von dem betr. Hausierer von seinem Gewerbebetrieb be­zahlten Staatssteuer oder in fixen Beträgen, die sich nach der Höhe der Staatssteuer des betr. Hausierers abstufen (bezw. mit welchen Beträgen und Abstufungen, z. B. für Hausierer mit einer Staatssteuer bis zu 3 Mark in einem Betrage von 50 Pfg., für Hausierer mit einer Staats- steuer von 3 Mark bis zu 10 Mark in einem Betrag von 1 Mark). Hierüber wurden höheren Orts in den letzten Tagen die Handelskammern und Gewerbevereine zur Begutachtung veranlaßt. Dieselben haben sich zugleich noch weiter auch über die Nebenpunkte zu äußern, a) ob einzelne Arten des Hausierbetriebs von dieser besonderen Steuer an die einzelnen Amtskorporationen, in deren Bezirk der Betrieb staüfindet, zu befreien wären und zutreffenden Falls, welche Arten, d) ob den Oberämtern die Befugnis eingeräumt werden sollte, einzelnen Hausierern wegen beson­derer Verhältnisse, insbesondere wegen Dürftig­keit und Erwerbsbeschränktheit, diese besondere Steuer je für ihren Bezirk Nachzulassen. Die in solcher Gestalt beabsichtigte Steuerausgleichung würde die Ursache vielfacher Unzufriedenheit auf Seite des Kleingewerbs und Detailhandels aus dem Wege räumen, wenngleich sonstige Erfahr­ungen z. B. mit der vor 5 Jahren in Bayern eingeführten Höherbesteuerung beweisen, daß auch mit letzterer die allgemeine Frage der Einschränk ung des Hausterbetriebs, und zwar wegen ihres Zusammenhangs mit der Konkurrenzverschärfung auf allen gewerblichen Gebieten nicht zur Ruhe kommen wird.

Stuttgart, 5. Juni. Der Rechenschafts­bericht desWürtt. Schullehrerunterstütznngs- Vereins" pro 1883 konstatiert wieder ein sehr günstiges Resultat. Die Zahl der Bittgesuche betrug 249, welche mit 5990 Mark Gewährung fanden. Unterstützt wurden 28 Waisen, 200 Witwen und 21 Lehrer. Auch derNeue Unter­stützungs-Verein für Lehrer" in Ulm, der auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beruht, ver­öffentlicht einen sehr günstigen Bericht Pr. 1883. Die Zahl seiner Mitglieder ist auf 823 gestie­gen. Unterstützt wurden 74 Witwen mit 80 Halb- und 8 Ganzwaisen mit 4583 M. Das Vereinsvermögen beträgt 25 343 Mark und hat um 936 Mark zugenommen.

Voraussichtlich erscheinen am 4. Juli in Stuttgart und am 13. Juli beim Sänger­fest in Ulm viele Schwaben aus Amerika. Bereits hat eine große Anzahl derselben, die

noch nicht im Aankeetum aufgegangen sind und auch nicht aufgehen werden, die Reise in's Heimat­land angetreten.

Letzter Tage kam ein der Irrenanstalt Pfullingen entsprungener Pflegling vor das Justizministertalgebäude in Stuttgart und begehrte vom Portier Einlaß, da er nun einmal zu sehen verlange, ob er Anstellung be­komme oder nicht. Der Klugheit und Ruhe des Portiers gelang es, den kranken Mann un­ter verschiedenen Vorspiegelungen betreffs seines Vorhabens in den Spital zu bringen, woselbst derBittsteller" Anstellung fand.

Ein Vorarbeiter beim Eisenbahnbau in der Nähe von Ehlen bogen (im Ktnzigthal), der zur Ausbezahlung von Arbeitern eine beträcht­liche Summe Geldes erhalten hat, ist mit die­sem verduftet.

Rottweil, 5. Juni. Heute Mittag wurde der Gerichtsdtener am hiesigen Amts­gericht nicht wenig überrascht, als ihm sein G> hülfe die Meldung erstattete, eine Arrestantin habe geboren und zwar zwei kleine Weltbürger auf einmal. Die Mutter ist die Eva Maria Belser von Besenfeld, die ihren Mann mit einem vergifteten Pfannkuchen aus dem Leben schaffen wollte und wegen dieser zärtlichen Ab­sicht sich nächstens vor dem hiesigen Schwurge­richte zu verantworten haben wird. Eines der Kinder ist gleich nach der Gebürt gestorben.

Ulm, 5. Juni. Gestern abend sprang das 11jährige Töchterchen des Schneiders T. auf dem Kreuz am Durchbruch vor dem Zundelthörle in selbstmörderischer Absicht in die dort ange­staute Blau, wurde aber von in der Nähe be­schäftigten Arbeitern bemerkt und wieder her­ausgezogen. Das Mädchen bat, man möge sie doch ihrem Schicksal überlassen, sie wolle nicht gerettet sein. Nach den gepflogenen Erhebungen scheint Furcht vor Strafe für eine an einem andern Kinde begangene Unart die Ursache des Schrittes gewesen zu sein.

In Immen st adt, Allgäu, ist der Stadt­schreiber durchgebrannt, nachdem sich der ihm als Geldsammler betgegebene Polizeidiener er­hängt hatte. Ein Defizit von etwa 300 M. in der Stadtkasse soll die Ursache gewesen sein. Sicher hätte sich wegen einer solchen Bagatelle ein anderer Ausweg finden lassen.

Waldsee, 6. Juni. Einen wohl etwas zu späten Geldfund machte dieser Tage ein Bürger zu Weitprechts. Derselbe wollte seinem Sohne mit dem Tabaksbeutel des Großvaters ein Präsent machen und stehe da! bet dessen Oeffnung fand sich darin ein Fünfzig-Gulden­schein vor.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) Vor einigen Tagen wurde bei einem Rinden­verkauf im Bermaring er Wald der Leich­nam eines neugebornen Kindes in ein Kiffen gewickelt, zwischen deu Aesten einer Eiche liegend und schon von Ungeziefer angefresfen aufgefun­den. Der Gensdarmerie gelang es, die un­natürliche Mutter zu ermitteln und festzunehmek.

schwarze Pastoren heranzubilden, damit den Ein­geborenen das Evangelium durch Eingeborene gepredigt werde, welche nach und nach ganz für die Missionare eintreten sollen, so daß nicht mehr so viele Menschenleben geopfert werden müßten. Der Herr Redner hob dann noch hervor, daß die Arbeit der Mission nicht ver­geblich sei, sondern daß man von großen Er­folgen reden könne: denn das Heidentum, an welchem die Mission so kräftig arbeite, wanke bedeutend. Redner schloß mit herzlichem Gebet und dem Wunsche, daß alle Heiden endlich be­kehrt werden möchten. Zum Schluß trat der beliebte Kanzelredner Dr. Gundert aus Calw auf und wies durch Zahlen nach wie viele Heiden im letzten Jahr in den verschiedenen Heidenländern getauft worden seien: In West­afrika seien es deren 619; in China 208; in Indien 171. Mit einem ergreifenden Gebet schloß die schöne Feier.

Im Unterland, wo es 45 Wochen lang nicht geregnet hat, hat sich letzter Tage endlich ein ersehnter Regen eingestellt und ist in so reichem Maße niedergegangen, daß Alles mit neuem Mute beseelt ist. Der Dinkel, welcher wie man zu sagen pflegt, schon eine Weilein den Hosen steckt", kann nun schoflen und die übrigen vielfach gelb gewordenen Gewächse kön­nen nun ebenfalls wieder Fortschritte machen. Da der Barometerstand ohnehin noch mehr Re­gen verspricht, so dürften die Fluren für einige Zeit mit Feuchtigkeit versehen werden.

In Freudenstadt war der Fremden- Andrang über die Pfingstfeiertage ein ganz außer­ordentlicher. Die Gasthöfe reichten zum großen Teil nicht mehr aus, es mußten Privatwohn­ungen in Anspruch genommen werden. Der Hauptstrom der Touristen ging ins Murgthal, auf den Kniebis und nach Rippoldsau.

In Wildbad betrug die Zahl der bis jetzt daselbst angekommenen Kurgäste am 3. ds. bereits 710 gegen 589 im Vorjahr.

Stuttgart, 6. Juni. Während der Manöver werden dieses Jahr diejenigen Trup­pen, welche den Feind darstellen, an Stelle der seither als Abzeichen getragenen Reistgzweige am Helm, einen weißleinenen Helmbezug, welcher die obere Hälfte des Helmes deckt, die Spitze aber frei läßt, tragen.

Stuttgart, 6. Juni. (Zur Frage der Hausierbesteuerung.) Diese seit über 20 Jahren bei uns im Landtag und -.n öffentlichen Ver­sammlungen erörterte Frage hat sich neuerdings dahin abgeklärt, daß fast allseitig die Heran­ziehung der Hausierer zu der Steuer für ihren Gewerbebetrieb nach deren Gesamtbetrag für den Staat, die Amtskorporationen und die Ge­meinden als eine zu niedrige anerkannt wird, daß sie insbesondere im Mißverhältnis zu der Belastung des stehenden Gewerbebetriebs und der Einträglichkeit des umherziehenden Betriebs steht und es sich deshalb empfiehlt, sowohl die in Württemberg als die außerhalb Württembergs wohnhaften Hausierer neben ihrer Heranziehung

Die schwarze Kugel. (^4^->°rb°tm)

Nach dem Dänischen von Erik Böhgh von Wilh. Lange.

(Fortsetzung.)

Ich beteilige mich nicht an dem Abschiedsdiner; aber es versteht sich von selbst, daß die Männer, die mich in unaufschiebbaren Geschäften fortgereist glauben, nicht erfahren dürfen, daß ich zu Hause eine Gesell' schüft gegeben oder eine Vergnügungstour aufs Land gemacht habe. Soweit möglich, mache ich deshalb Deine Worte zu Wahrheit und reise heute nachmittag wirklich fort."

Du reisest?"

»Ja."

Bloß um mir zu trotzen! Gut, ich reise mit."

Das wäre unpassend, da Du Fremde zu Dir eingeladen hast, und Dein Vater Dich heut abend erwartet."

Die lyrische Szene, welche sich an dies Gespräch knüpfte, will ich im einzelnen nicht schildern. Weinen und Schluchzen, Tantengeheul und eine Menge Zornesausbrüche, Anspielungen und Beschuldigungen, die ein Ehemann zur Not einmal, aber nicht zweimal dulden darf, bildeten den Schluß dieses Konzerts! Wie gesagt, ich reiste.

Als ich abends wieder hetmkehrte, war das Haus leer. Es ward Mitternacht, und noch immer kehrte niemand zurück; es ward Morgen und Mittag nicht einmal eine Tante ließ sich blicken. Der Abend kam und vergieng ich promenierte noch immer allein in meiner großen Wohnung umher. Am folgenden Tage fuhr ich hinaus nach der Wohn­ung meines Schwiegervaters.

Dort sah es fast ebenso leer aus, wie bei mir. Die Damen, welche sich sonst immer in dem kleinen schönen Garten vor dem Hause

auszuhalten pflegten, hatten bei meiner Ankunft vermutlich voll Schrecken die Flucht ergriffen. Mein Diener war der Einzige, der mich empfieng. Er hatte mir nichts anderes zu sagen, als daß mein Herr Schwieger­papa mich eine Treppe höher in seinem Kabtnet erwarte.

Ich merkte sofort, daß man mich wirklich erwartet hatte; denn die Rede, mit der ich empfangen wurde, trug unverkennbare Spuren gründlicher Vorbereitung. Sie bestand in einer neuen Behandlung des unerschöpflichen Themas von einem außerordentlichen und unverdienten Glücke und schloß mit prophetischen Worten. Darauf folgte mein Sünden­register, und endlich ward für Recht erkannt:

Ich hatte ihr reumütige Abbitte zu thun, und ihm das heilige Versprechen zu geben, mich in Zukunft zu bessern.

Mehrmals machte ich den Versuch, zu Worte zu kommen; aber jedes Mal donnerte er mir ein:Laß mich ausreden!" zu mit einer Heftigkeit, die mich fast in einen Schlaganfall zu verwandeln drohte. Die Rede war einstudiert: es durfte mir nicht eine Silbe davon geschenkt werden.

Als er fertig war, erzählte ich ihm den wahren Zusammenhang der Sache.

Meine Erklärungen und Versicherungen beruhigten ihn zwar einiger­maßen, aber ganz zu befriedigen vermochten sie ihn durchaus nicht: Ich verstände ein so zartes feines Wesen, wie Flora, nicht zu behandeln; ich hätte gar zu viel Wesens gemacht von einem unschuldigen Kinder­ftreich, und wie sehr ich meine Aufführung auch zu bemänteln suchte, in der Hauptsache hätte ich jedenfalls Unrecht; Flora lüge nicht und die Tanten ebenfalls nicht, und die hätten meine Worte ganz in demselben Sinne aufgefaßt, wie sie. Jndeß, da das Ganze nicht so böse gemeint gewesen, wie es gesagt sei, wolle er sehen, ob er sie dazu bewegen könne,