Man abonniert bei allen Poststellen und Landpostboten; in Altenstaig bei der Expedition.
Inserate find immer vom besten Erfolge begleitet und wird die Einrückungsgebühr stets auf das Billigste berechnet.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen und angemeffen honoriert.
Alls Hk« Tanne«.
Intelligenz- L Anzeige-Matt
Von der öderen Nagold.
Dieser Blatt erscheint wöchentlich dreimal und zwar: Dienstag, Donnerstag und Samstag.
Der AbonnememSprriS ieträgr pro Viertelja r: in Wenstaig SO Pf.
im OA.-Brzirk 85 Pf.
außerhalb 1 Mk.
Jnieratenaufgabe späte
stens nwrg. 10 Uhr a« Tage vor dem jeweiligen Erscheinen.
Mr. 67.
Menstaig, Dienstag dm 10. Juni.
1884.
O Die Verfassungsrevision in Frankreich.
Nachdem das Ministerium Ferry durch die glückliche Beendigung der Tongking - Expedition seine Stellung nicht unerheblich verstärkt hat, geht es daran, auch ein Versprechen einzulösen, das noch Gambetta seinen Landsleuten gegeben, an dessen Erfüllung ihn aber sein frühzeitiger Tod verhinderte. Die Verfassung des Landes soll „revidiert* werden und die französische De- putiertcnkammer ist eben dabei, die diesbezügliche ihr von der Regierung gemachte Vorlage zu bearbeiten.
In Frankreich erhitzen sich in dieser Frage die Gemüter für und wider; den Radikalen ist die vorgeschlagene Revision noch lange nicht umfassend genug — den monarchistischen Parteien ist sie viel zu weitgehend. Wenn man die Angelegenheit mit dem unparteiischen Blick eines Nicht-Franzosen betrachtet, so kommt man einfach zu dem Urteil: „Viel Lärm um nichts.*
Ferry schlägt nemlich in erster Linie vor, die im Jahre 1875 angenommene republikanische Verfassung dahin zu ergänzen, daß die Bestimmung ausgenommen werde: eine etwaige Revision der Verfassung dürfe sich nie auf die republikanische Staatsform erstrecken. Damit wird der Grundsatz ausgesprochen, daß die Republik als Staatsform für immer dem Streite der Parteien entrückt und ihre Zweckmäßigkeit eigentlich gar nicht mehr Gegenstand einer Streitfrage werden kann. Was ist damit aber praktisch gewonnen? So gut wie nichts. Die monarchistischen Parteien werden dadurch in Frankreich nicht verschwinden, höchstens würde es der Regierung möglich sein, ihrer vor der Hand aussichtslosen Agitationen mit größerer Energie entgegentreten zu können. Aber jene Parteien würden gewiß nicht die Hoffnung aufgeben, daß das allgemeine Stimmrecht sich auch einmal für sie aussprechen werde. Die Republik braucht nur einmal ein größeres Unglück in auswärtigen Unternehmungen zu haben, dann kann leicht ein rapider Umschwung in der öffentlichen Meinung des Landes eintreten. Es ist kaum nötig, daran zu erinnern, daß das Plebiszit, welches Napoleon der Dritte im Anfänge des Jahres 1870 veranstalten ließ, eine überwältigende Mehrheit für sein Regierungssystem ergab, während acht Monate später, nach dem Tage von Sedan, sich keine Hand erhob, um den zusammenstürzenden Kaiserthron zu stützen.
Sollte sich daher jemals für Deputiertenkammer und Senat eine nickt - republikanische Mehrheit zusammenfinden, so hat jene neu aufzunehmende Bestimmung für die Republik auch keine schützende Kraft. In Zeiten hochgehender politischer Erregung setzt man sich leicht über Skrupel hinweg, die in ruhigen Zeiten ein Verfassungsbruch erzeugt.
Der Senat, in welchem die alten, bedächtigen Herren sitzen, soll gleichfalls eine völlige Umwandlung erfahren. Senatoren auf Lebenszeit sollen nicht mehr ernannt werden; die Mandate der Senatsmitglieder sollen nur neun Jahre laufen. Die ganze Körperschaft soll eine
mehr demokratische Grundlage erhalten.-
Bei Lichte besehen, zeigen auch diese Aenderungen keinen praktischen Wert. Mit ganz geringen Ausnahmen hat sich der Senat stets der Deputiertenkammer gegenüber recht gefügig gezeigt und nur in wenigen Fällen ernstlichen Widerstand geleistet.
Der dritte Vorschlag geht dahin, daß der Senat in eiligen Finanzangelegenheiten nicht mehr mitsprechen soll; darauf wenigstens geht der Antrag aus; daß der Senat die Finanzvorlagen nur einfach ablehnen oder annehmen,
aber keine Aenderungen oder Streichungen an den Finanzvorlagen vornehmen dürfe. Hier muß man sich gegenwärtig halten, daß anfangs vorigen Jahrs die Deputiertenkammer es war, welche die Kredite sür eine französisHe Expedition nach Aegypten ablehnte.
Der letzte Aenderungsvorschlag geht dahin, daß die öffentlichen Gebete bei Eröffnung der Pailamentssesston in Wegfall kommen sollen, weil dieselben „den Ideen der modernen Gesellschaft zuwider" sind. Das sieht fast so aus, als ob man die monarchisch und klerikal Gesinnten absichtlich kränken wollte. Jedenfalls gibt die Regierung diesen dadurch eine Waffe gegen sich in die Hand, die unter Umständen bei den Wahlen auf dem Lande sehr gefährlich werden kann!
Tagespolitik.
— Der Prinz Wilhelm von Württemberg ist nach London gereist. Ein Gerücht bringt diesen Ausflug mit dem Projekte der Wiedervermählung des Prinzen in Zusammenhang, und es wird die jüngste Tochter der Königin von England, Prinzessin Beatrice, als die künftige Braut und Gemahlin des seit dem 30. April 1882 verwitweten Prinzen bezeichnet.
— Die diesjährigen Uebungsreisen des großen Generalstabes unter Moltkes Führung sollen Ende August beginnen und werden sich wahrscheinlich auf das Gebiet des Schwarzwaldes erstrecken.
— Die Auswanderung aus Deutschland bat auch im Monat April die vorjährige Höhe überschritten; es find in diesem Monat 28391 gegen 27 338 Personen im gleichen Monat des Vorjahres ausgewandert. Im ganzen sind in den ersten vier Monaten dieses Jahres 58 073 Personen gegen 55 629 im Vorjahre ausgc- wandert.
— Die Rückkehr des Reichskanzlers von Friedrichsruh nach Berlin wird zum 8. d. erwartet. Wie es heißt, gedenkt sich Fürst Bismarck recht lebhaft an den wieder beginnenden Reichstagsverhandlungen, namentlich bei den Beratungen der Unfallversicherung, zu beteiligen.
— In der Kapstadt waren seit einiger Zeit Gerüchte verbreitet, die deutsche Regierung beabsichtige in Afrika Strafkolonien anzulegen. Der Zweck dieser englischerseiis geflissentlich ausgestreuten Gerüchte ist klar, sie soll gegen die deutsche Niederlassung in Angra Peguenna und eventuell andere Kolonialanlagen eine Bewegung in Südafrika Hervorrufen. Die „Nordd. Mg. Ztg." zerreißt nun das Gewebe, indem sie diese Gerüchte für vollständig erfunden erklärt.
— Von den Urhebern der Dynamit-Explosionen in London ist noch immer keine Spur gefunden, woraus die Polizei schließt, daß nur ein paar Personen an denselben beteiligt sein können. Eine Belohnung zur Auffindung der Miffethäter ist noch nicht ausgeschrieben worden. Das königliche Schloß wird jetzt sehr strenge bewacht. Die Wachen wurden verdoppelt und patrouillieren jetzt bei Tag und Nacht beständig auch längs der Außenmauern. Verdächtig aussehende Personen, die sich dem Schlosse nähern, werden ohne weiteres angehalten und haben eine scharfe Durch- und Untersuchung zu bestehen.
— Das immer weitere Vordringen Rußlands in Zentral-Asien macht nun doch in England unruhiges Blut. Seit der Meldung von der Einnahme der persisch-afghanischen Grenzstadt Serakh, vergeht in England wohl kein Tag, an welchem in öffentlichen Versammlungen und in der Tagespresse das Thema vom Vorrücken Rußlands gegen Indien nicht zum Gegen
stand ernster Besprechungen gemacht wird. Fast täglich erscheinen in den „Times" Zuschriften von hervorragenden Männern, worin Vorschläge gemacht werden, in welcher Weise England diesem unaufhaltsamen Vordringen Rußlands in Zentralasten einen Damm setzen könne.
— Die russische Kriegsenischädigungsfrage taucht aufs neue auf. Die Pforte, welche sich verpflichtete, jährlich 7 500 000 M. zu zahlen, verpfändete gewisse Einkünfte, die, wie berechnet wurde, ein Viertel über diesen Betrag liefern sollten. Voriges Jahr ergaben diese Einkünfte aber infolge eines neuen Einziehungssystems, der niedrigen Getreidepreise rc. nur etwa ein Drittel des berechneten Einkommens. Der russische Botschafter bei der Pforte hat diese nun um Ueberweisung weiterer Einkünfte behufs Deckung der Rückstände ersucht.
— In dem zwischen Serbien und Bulgarien ausgebrochenen Konflikt wegen Grenzverletzungen, der einen sehr ernsten Charakter anzunehmen drohte, hat sich die Skuptschina einstimmig mit der von der Regierung beobachteten energischen Haltung einverstanden erklärt.
- Die Nachrichten aus dem Sudan lauten widersprechend; einige Berichte melden, daß der neue Mahdi großen Anhang gewinne und die Angriffsfähigkett seines älteren Nebenbuhlers lähme — andere Meldungen dagegen besagen, der alte Mahdi rücke jetzt selber gegen Kartum vor und Gordon werde sich nicht mehr lange halten können.
rmlldesMchnchtell.
Altenstaig, 9. Juni. Bei außerordentlich zahlreichem Besuch, namentlich waren viele Landleute von der Umgegend anwesend, fand gestern nachmittag in der hiesigen Stadtkirche das Missions fest statt. Nach einleitendem Kirchenchor- und Gemeindegesang nahm Herr Stadtpfarrer Mezger zuerst das Wort zu einem innigen Gebet. Hierauf trat Herr Missionar Gußmann (Sohn des früheren Pfarrers Gußmann von Altenstaig Dorf) aus China auf. Dieser führte zuerst aus, daß die Heidenvölker leider noch in großer Verblendung seien; auch über China herrsche noch großes Dunkel, obwohl die Chinesen ein sehr gebildetes Volk sein wollen, aber gerade in dieser Einbildung bestehe ihre große Verblendung. Redner schilderte nun die Umstände, unter welchen die erste Christengemeinde in China gegründet wurde. Von dieser Christengemeinde aus, welche auf der englischen Insel Hongkong ihren Sitz habe, wurden plangemäß Stationen und von diesen aus Zwergstationen gegründet, und es bestehe bekanntlich bis jetzt eine schöne Anzahl solcher Stationen. Auf einer derselben ist Redner 10 Jahre lang thätig gewesen und aus den gemachten Erfahrungen schilderte derselbe das Leben und Treiben der Chinesen in ausführlicher Weise. Als dritter Redner trat Herr Missionar Kopp auf, der seit 6 Jahren in Westafrika gewirkt hat und erst vorgestern wieder in seiner Heimat (Egenhausen) eingetroffen ist. Als er die Reise nach jenem Land gemacht habe, seien noch drei Missionare und die Braut eines vierten Missionars mit ihm gereist, von diese» ruhen zwei Missionare längst in Afrikas Erde und der dritte sei schwer krank, die Braut aber als eine Witwe heimgekehrt. Nur ihm sei es vergönnt seine Heimat mit seiner Familie wohlbehalten wiederzusehen und er könne es deshalb nicht unterlassen, dafür Gott zu rühmen und ihm zu danken. Nachdem Redner noch mehrere interessante Mitteilungen von seiner Wirkungsstation gemacht, führte er ferner aus, daß es ein Hauptbestreben der Mission sei, schwarze Lehrer und