um unser vaterländisches Schulwesen gründlich zu studieren. Letzthin hat er auch unter Führ­ung eines Oberlehrers den Schulen der Stadt Rottenburg einen Besuch gemacht. Sein Augenmerk schenkte er vorzugsweise den Ober­klassen, als demAusbau des Schulunterrichts". Im Aufsatz und Rechnen griff er selbstständig mit ein, indem er die verlangten Aufgaben selbst vortrug. Ueber unser württ. Schulwesen hatte er nur Worte der Anerkennung.

Tübingen, 3. Juni. Die Zahl der auf der Universität immatrikulirten Studirenden beträgt nunmehr 1417, ist also die höchste Zahl welche die Hochschule je erreicht hat.

Reutlingen, 4. Juni. Die Einnahmen der Gemeinden Oberhausen und Genkingen für Karten in die Nebelhöhle wird auf 1700 bis 1800 Mrk. geschätzt. Die Zahl der auf dem Platze Anwesenden wird mit 1012000 ange­geben und hatte das Leben und Treiben ganz den Charakter eines Volksfestes.

Schrambrrg, 4. Juni. In der heute vorm. 8 Uhr begonnenen öffentlichen Sitzung der hies. bürgerlichen Kollegien wurde die Verwillig- ung einer Summe von 10 000 Mark als Bei­trag zu den Baukosten der geplanten Bahnlinie Schramberg-Schiltach vom Gemeinderat ein­stimmig, vom Bürgerausschuß mit allen gegen eine Stimme beschlossen. Mit den von seiten der bedeutenderen Industriellen zugesagten 40000 Mark kann nunmehr ein Baukostenbeitrag von 50 000 Mark der hohen Staatsregierung ange- boten werden.

Die Heilbronner bewahren selbst bei ihrer aufregenden Stadtschultheißenwahl einen gemütlichen poestevollen Humor. So steht in der neuesten Nr. derN.-Ztg." in großen Druck­lettern zu lesen:Stadtschultheißenwahl-Besänf- tigung:Vorüber ist bald Angst und Schweiß, Hegelmaier wird Stadtschultheiß!""

Aus dem Vorbach- und Tauberthal wird demJpf" geschrieben, daß die Frucht­bildung eine gesunde und günstige ist, so daß, wenn die Witterung sich für die Folge einiger­maßen günstig zeigt, ein ordentlicher Obstsegen in Aussicht steht. Außerordentlich vorteilhaft haben sich die Weinberge gestaltet. Der Frost­schaden sei vollständig ausgemerzt und dürste, wenn mit dem gesunden und sehr zahlreichen Traubenansatz der Fortschritt und das Gedeihen derselben gleichen Schritt halte, die Hoffnung des Weingärtners auf einen guten Herbst ver­wirklicht werden. Nicht minder erfreulich sei der Stand der Getreidefelder und der Wiesen.

WeinSberg, 3. Juni, lieber die Pfingst- feiertage war unsere Stadt das Wanderziel un­zähliger Touristen. Die Straßen waren oft kaum mehr zu passieren. Aus nah und fern strömten die Leute herbei, um unfern Brandplatz zu besichtigen. Derselbe wird sorgfältig bewacht, da unter dem Schutt immer wieder die Flamme auflodert. Die Abräumungs-Arbeiten werden mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Die Ab­gebrannten, 90 an der Zahl, sind bei Verwand­

ten und Freunden einstwellen, meist freilich nur notdürftig, untergebracht. Ueber die Ursache des Unglücks ist nun folgendes bekannt. Ein Tag­löhner, welcher bet einem der Abgebrannten ein- gemietet war, hat dessen Haus aus Rache an­gezündet, weil ihm wegen Schulden Kleider in Beschlag genommen wurden. Derselbe flüchtete sich gleich nach Beginn des Brandes nach Hell­braun, wurde aber dort durch Polizeiwacht- metster König festgenommen. Die beiden ver­letzten Feuerwehrmänner geben keinen Anlaß zu Befürchtungen.

Westerheim OA. Geislingen, 3. Juni. Schneidermeister Reinhard Fischer feiert den 13. Juni ds. I. seinen 100. Geburtstag. In diesem Alter ist der Greis noch geistig und körperlich sehr rüstig. Seine Nadel ruht, doch ist sein Augenlicht noch gut.

Gemmrigheim, 3. Juni. Heute früh bei Tagesanbruch spielte sich hier eine seltsame Scene ab. Eine Rshgais kam dahergesprungen und stürzte sich in den Neckar, um das jenseitige Ufer zu gewinnen, ihr nach ein Bock, der sie verfolgte. Sie gerieten in die Nähe der Fa­brik; das Personal der letzteren beeilte sich, die Flüchtigen zu fangen, was ihm aber nur bei dem Bock gelang, während die Zais glücklich davonkam. Der Bock wurde dem Jagdpächter abgeliefert.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) In Bönnigheim sollte am 3. Juni morgens der Postknecht einen Wagen mit Wein nach der Station Kirchheim fahren. Er setzte sich hinten auf die Wagendeichsel und schlief ein. Plötzlich fiel er rücklings hinab, die beiden Räder des ca. 70 Zentner schweren Wagens gierigen über ihn weg und erdrückten ihn. Der Unglückliche wurde sofort wahrgenommen und dann auf be­sonderem Gefährt nach Bönnigheim zurückgeführt, wo er bereits tot ankam. Der arme aus Pörr­bach gebürtige Mensch war erst kurze Zeit hier im Dienst, nachdem er zuvor 3 Jahre beim Militär gewesen.

Deutsches Reich.

Berlin, 4. Juni. Die Nationalzeitung meldet: Der Kaiser habe eine Kabinetsordre unterschrieben, welche den Kronprinzen als Vor­sitzenden des Staatsrats, den Fürsten Bismarck als seinen Stellvertreter beruft.

Berlin. DerReichsanzeiger" veröffent­licht das Programm der Grundsteinlegung des Reichstagsgebäudes, woraus noch folgendes her­vorzuheben ist: Sobald der Kaiser vor dem Pavillon erscheint, nähert sich der Reichskanzler dem Kaiser und fragt, ob die Feier beginnen soll. Nach dem dazu erteilten Befehl singt der Domchor einen Choral, der Reichskanzler bittet um die Erlaubnis zur Verlesung der für den Grundstein bestimmten Urkunde und verliest dieselbe. Die zur Versenkung in den Grund­stein bestimmten Schriften und Münzen sind: Erlaß an das deutsche Volk d>, d. Versailles, 17. Jan- 1871, betr. die Erneuerung der deut­

schen Kaiserwürde, die deutsche Reichsverfafsung, das Handbuch für das deutsche Reich pro. 1884, die Baugeschichte des Reichstagsgebäudes, Pläne der Stadt Berlin und ihres Weichbildes, Reichs­münzen aus Prägungen aller deutschen Münz­stätten. Während der Versenkung dieser Stücke ertönt Musik. Der Kaiser, die Kaiserin, der Kronprinz, die Kronprinzessin, die Großhsrzogin von Baden, die Prinzen und Prinzessinnen des Königshauses begeben sich nach der Stelle des Grundsteins; der bayerische stimmfüürende Bun- desratsbcvollmächiigte überreicht dem Kaiser unter einer Ansprache die Kelle. Der Kaiser wirft Mörtel auf den Stein; Meister und Maurer des Steinmetzgewerks setzen das Ver­schlußstück auf. Der Reichstagspräsident über- giebt dem Kaiser mit einer Ansprache den Ham­mer, der Kaiser vollzieht die drei Hammerschläge; danach die Kaiserin, der Kronprinz, die Kron­prinzessin, die Großherzogin von Baden, die Prinzen und Prinzessinnen des Königshauses, sodann der Reichskanzler, die Generalfeldmar- schälle, die dazu befohlenen kommandierenden Generale, die Ritter des schwarzen Adlerordens, die stimmführenden Bundesratsbevollmächtigtcn, der Präsident, die Vizepräsidenten, Schriftführer und Quästoren des Reichstags, die Mitglieder des preuß. Ministeriums, dir Chefs der Reichs­ämter, die Mitglieder derReichstagsbaukommisfion und beide Architekten des Baues. Nach einem Gesang des Domchors folgt der Weihespruch des Oberhofpredtgers Kögel. Nachdem der Segen gesprochen, singt die ganze Versammlung zwei Verse des Liedes:Nun danket alle Gott". Der Reichstagsprästdent bringt das Hoch auf den Kaiser aus, die Musik intoniert:Heil Dir im Siegcrkranz", welches die ganze Versamm­lung singt.

Darmstadt, 3. Juni. Wie glaubwürdig verlautet, hat Frau Kolemine letzter Tage in Berlin eine Urkunde unterzeichnet, worin sie in die Auflösung ihrer Ehe mit dem Großherzog von Hessen einwilligt.

(Am Ziele.) Die Tochter eines in Darm - stadt wohnenden höheren Offiziers hatte Ge­fallen an einem Hautöoisten der Kapelle des Garderegiments gefunden und aus Furcht vor dem Vater unlängst einen mißglückten Selbst­mordversuch unternommen. Das Mädchen hat nunmehr die Zustimmung seines Vaters erhal­ten, und der junge Mann hat seinen Posten quittiert, um in eine andere Stellung einzutreten. Die Verlobung hat bereits stattgefunden.

In einem kleinen Orte bei Guben hat ein unnatürlicher Sohn seine 70jährige Mutter 6 Jahre lang in einem engen Raum, eine Art Stall, eingesperrt gestalten. Er hatte sie für verschollen oder dergleichen ausgegeben und sie wurde von den Nachbarsleuten für todt gehal­ten. (Wie ist so was möglich!) Ein Gubener Bürger aber machte die Polizei aus das uner­klärliche Verschwinden der Frau aufmerksam und so kam die gräuliche Geschichte an's Tages­licht. Die alte Frau war blödsinnig geworden

Die schwarze Kuget. (^4^ °«b°ten.)

Nach dem Dänischen von Erik Bohgh von Wilh. Lange.

(Fortsetzung.)

Die Flitterwochen benutzte Flora dazu, in ihrem neuen Heim den­selben Kultus einzuführen, der in ihres Vaters Hause geherrscht hatte. Daß sämtliche sechs Priesterinnen ihrem kleinen Abgott folgten, brauche ich wohl kaum besonders hervorzuheben, und daß ich mich nach und nacb verleiten ließ, statt ihres Vaters die Rolle des Hohepriester? zu über nehmen, wird Sie wohl auch nicht Wunder nehmen. Die Flitterwochen waren indeß noch nicht abgelaufen, als ein Erdbeben die Grundpfeiler des Tempels erschütterte.

Eines Tages hatte ich meine Teilnahme an einem Diner zugesagt, das einem Freunde, der die Stadt verließ, zum Abschiede gegeben wurde, und meine Frau hatte gerade an demselben Tage ein paar Kousinen und deren Männer zu sich eingeladen, umunfern Taubenschlag sich anzusehen und mit den beiden Turteltäubchen einen Ausflug nach dem Landsitz des Vaters zu machen."

Ich bedauerte, daß ich von diesem Arrangement nichts gewußt hatte, und fragte, ob sich keine Aenderung treffen ließe.

Behüte Gott, das ist vollständig unmöglich!"

»Aber ich könnte ja absagen lassen," meinte sie.Das," versicherte ich,sei vollständig unmöglich."

Warum?"

Weil ich unbedingt versprochen habe zu kommen!"

Die Gesellschaft Deiner Freunde beginnt Dir also schon ange­nehmer zu werden, als die meine. Das ist etwas früh."

Hier handelt es sich nicht darum, welche Gesellschaft ich vorziehe, sondern nur dämm, ein gegebenes Versprechen zu halten."

Aber dies Versprechen hättest Du gar nicht zu geben brauchen!"

Gezwungen war ich dazu freilich nicht, aber Du willst mich doch nicht bis zu dem Grade meiner persönlichen Freiheit berauben, daß ich niemals über einige Stunden verfügen dürfte, ohne erst um Erlaubnis zu fragen."

Persönliche Freiheit! Das ist wirklich ein schönes Wort. Man hat immer die Freiheit, seine Pflichten zu erfüllen, wenn man seine Frau liebt. Von Zwang redet man nur, wenn man die ihr gegebenen Versprechungen ungern halten will."

Meine liebe Flora, eben weil ich gern Worte halte, bin ich ge­nötigt, Dich heute einige Stunden zu verlassen, und es überrascht mich zu sehen, daß in Deinen Gedanken meine Liebe zu Dir in Konflikt kom­men kann mit meinen Verpflichtungen gegen einige Kameraden und ein Häuflein fremder Menschen."

Wirklich? Mich überrascht es nur, daß Du größere und heiligere Pflichten gegen diese fremden Menschen als gegen mich und meine Fa­milie hast."

Wenigstens hast Du diese Ueberraschung ziemlich wohlfeil, denn"

Im Gegenteil, sie kommt mir sehr teuer zu stehen."

Jetzt war es Zeit, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. Ich nahm meine Frau bet beiden Händen und sagte freundlich aber ernst:

Flora, Du willst weder hören, was ich sage, noch begreifen-"

Mit andern Worten, ich bin unvernünftig und dumm. Immer besser! Das waren zwei schöne Komplimente zugleich. Man muß sich an verschiedenes gewöhnen, wenn man nicht überrascht werden will."

Hier brach fie in Thränen aus und wollte forlgehen; aber ich