gramm wird in den nächsten Tagen veröffentlicht werden. Die Urkunde, welche in den Grundstein eingemauert wird, soll vervielfältigt und an die Mitglieder des Festaktes verteilt werden. Der Kaiser wird von großem militärischem Gefolge umgeben sein, in welchem sich die ältesten aktiven Generäle, bezw. Feldmarschälle gleichzeitig als Ritter des Schwarzen Adler- Ordens und ruhmvolle Teilnehmer an den letzten Feldzügen befinden werden. Selbstverständlich wird auf das Erscheinen des Reichskanzlers gerechnet. Ebenso wird der Buudesrat möglichst 12 corpore und das preußische Staatsministerium anwesend sein.
Nach einer Meldung des „Berl. T." wird eine deutsche Expedition das Kongo-Gebiet durchstreifen. Die Führung derselben sei dem Lieutenant I. Siegmund, welcher Stanleys internst. Expedition im Niadi-Gebiet begleitete, anvertraut worden. Der genannte Offizier, ein geborener Hamburger, sei bereits am 18. d. M. mit dem Dampfer Ophelia von Hamburg nach London, und am 22. d. M. von Plymouth mit der deutschen Korvette Elisabeth nach Kapstadt abgereist.
In Bühl (Baden) wurde die Witwe des verstorbenen Amtsdieners während der Fahrnisversteigerung der Hinterlassenschaft ihres Mannes wahnsinnig.
Aus Forst, 26. Mai wird der „Kraichg. Zeitung- geschrieben: „Am gestrigen Sonntag wanderte hier ein Fremder von einem Wirtshause zum andern, trank überall ein Glas Bier und bezahlte dieses prompt mit je einer Mark. Das Auftreten desselben, noch mehr aber die sonderbare Beschaffenheit des Geldstückes ließ die Frau des Löwenwirts Schlimmes vermuten. Sie machte der Polizei Anzeige, die alsbald zur Stelle war und bei Durchsuchung des Gastes 35 gefälschte Markstücke und ein Gläschen Quecksilber fand, womit er vermutlich den Glanz des Geldes nachzuahmen suchte. Die gefälschten Stücke sind plump hergestellt, tragen die Jahreszahl 1875, find schwarzgefleckt, haben einen undeutlich ausgeprägten Rand und fühlen sich seifig an. Der Fremde ist Zinngießer und hat sich schon öfter in dieser Gegend aufgehalten; er behauptet, 38 Stücklüeser Münzen aus Basel zugeschickt erhalten zu haben. Heute Vormittag wurde er nach Bruchsal an das Amtsgericht abgeführt, welches voraussichtlich mehr Licht in die Sache bringen dürfte."
(Die Residenzstadt München) wird demnächst in allen Hauptstraßen und Plätzen elektrisch erleuchtet werden.
Ein baumstarker Müller aus Rendsburg, der oft versichert hatte, er fürchte sich vor niemanden, hat in einem Gasthofe in Hamburg das Gruseln gelernt. Nachts wachte er erschrocken auf, weil ihm etwas kaltes und Glitscheriges über den Leib gekrochen war; mit einem Sprung war er aus dem Bette und trat mit den nackten Füßen wieder auf Nacktes und Eiskaltes und erhielt Schläge. Hilfe! Hilfe!
schrie er, daß es durch den ganzen Gasthof schallte, Schlangen, Schlangen! und sprang auf den Tisch. Wirt und Gäste drangen in das Zimmer und fanden, daß es von Aalen wimmelte. Diese Tiere waren in einem Korb verpackt von einem Reisenden vergessen worden und nachts aus dem Korb gebrochen. Der Müller liegt in wildem Fiebertraum noch heute darnieder.
Das leichtfertige Löschen einer Petroleumflamme hat in Hannover wieder einen bedauerlichen Unglücksfall herbeigeführt. Der 71jährige Generalagent Hornemann, der eine vor seinem Bette stehende Petroleumlampe durch Hineinblasen in den Cylinder auslöschen wollte, wurde durch eine dadurch erfolgte Explosion in lebensgefährlicher Weise durch Brandwunden verletzt. Die Nachtkleider des alten Herrn fiengen durch das herumspritzende brennende Petroleum Feuer. Nach einem mehrtägigen qualvollen Schmerzenlager ist H. gestorben.
Elberfeld. Die gegenwärtig hier weilende Löwenbändigerin Miß Cora wurde letzthin von ihrem Bären ganz erheblich verletzt. Die kühne Person hatte die Vorstellung mit ihren sechs Löwen und dem Bären beinahe vollendet, als plötzlich der Bär einen Wutanfall bekam, sich auf seine Herrin stürzte und ihr den Arm zerfleischte. Nur mit vieler Mühe und großer Gewandtheit gelang es Miß Cora, noch rechtzeitig aus dem Käfig zu entkommen.
Krefeld. Bei einem kürzlich während des Nachts bei dem Ackerbürger Nibbels ausgebrochenen Brande sind die sechs Kinder des Genannten, welche mit der Großmutter und dem Dienstmädchen zusammen im oberen Stockwerke schliefen, in den Flammen umgekommen. Das Dienstmädchen und die alte Frau hatten sich mit genauer Not gerettet.
Ausland.
— Trotz des Ausnahmezustandes ist Wien der Herd einer leidenschaftlichen sozialistischen Propaganda geworden. Am Montag wurde wieder, wie man dem „F. I." von da schreibt, aus der früheren Wohnung des verhafteten Sozialisten Thiel auf einen Sicherhettsmann geschossen. Die Wiener Blätter sind veranlaßt worden, diesen Vorfall totzuschweigen.
In Wien hat es ganz unerwartet einen großartigen Lederkrach gegeben. Es haben nemlich einige der größten Ledergeschäfte, wie T. H. Gewitsch und Söhne, diese mit 2 Mill. Gulden Passiven, Weiß ec., im Ganzen 5 bedeutende Firmen mit ziemlich bedeutenden Beträgen falliert. Als Ursache wird zu große Ueber- spekulation und ein allzu vielseitiges, unvorsichtiges Kreditgeben genannt, doch ist man bemüht durch Arrangements die üblen Folgen dieses Lederkrachs möglichst abzuschwächen, da sonst viele kleinere Geschäfte dadurch ebenfalls zu Fall kämen.
Paris. Der Bruch zwischen dem „roten" Prinzen Napoleon und seinem Sohne Viktor ist
nun ein vollständiger. Der Vater erklärt sich nemlich mit der Republik einverstanden, der Sohn findet darin einen Eingriff in seine eigenen späteren Ansprüche an den „Kaiserthron".
Parts. Die Pariser Studenten haben vor einigen Tagen einen Verein zur Unterstützung armer Studierender gebildet. Jeder, der in Paris studiert, kann durch einen Jahresbeitrag von 12 Frank Mitglied des Vereins werden. Aber auch hier macht sich wieder der Deutschenhaß bemerkbar, denn es zirkuliert bereits in den betreffenden Kreisen ein Schriftstück, worin der Ausschluß aller Deutschen a«S dem Verein verlangt wird.
Harrdel »«d Verkehr
Tübingen, 28. Mai. Auf dem hies. Wocheumarkt war heute ein Händler von Kayh mit einem großen Quantum Frühkirschen erschienen, welche derselbe zu 35 Pfg. per Pfund verkaufte.
Alteustaig. Gchrauneu-Zettel
vom 28. Mai 1884.
Neuer Dinkel ... 7 50 7 27 7 —
Haber. 7 80 7 60 7 —
Gerste.— — 9 —-
Weizen.. 10 —-
Roggen..10 —-
Viktualieup reise
auf dem Wochenmarkt in Altenstaig am 28. Mat Vs Kilo Butter .... 78 u. 80 Pfg.
2 Eier.9 Pfg.
Pfingstmaien.
Erzählung von Marc. Boyen (Frau von Kamecke).
(Fortsetzung.)
„Lina's Eltern find so prächtige Menschen", schloß Werner seinen Bericht, „du müßtest sie kennen lernen, das Herz würde dir aufgehen, bei aller feinen Bildung so geraden, offenen Sinnes, bei allem soliden Reichtum so einfache Lebens- gewohnhetten. Nein, das find Leute, wie man sie heutzutage gar nicht mehr findet. Und nun meine Frau erst — das ist ihre würdige Tochter. Wahrhaftig."
Wie farblos und nüchtern war neben solchen Schilderungen der Bericht vom Ergehen des Professors! Arbeit, liebe Arbeit freilich, und viele Ehren dazu, aber einsames Leben eines Junggesellen und in dem Herzen verborgene Sehnsucht nach Etwas, was noch fehlte, was eben schöner, beglückender sein würde, als Arbeit und Ehren. „Du mußt heiraten!" drängte Werner mahnend.
„Ich bin ein still gewordener Junggeselle", klagte Leßner.
„So gieb dir einen Stoß, thu' die Augen auf, empfinde jung und frisch."
„Mein Haar fängt wirklich an, grau zu werden", sagte Leßner gedankenvoll.
„Unsinn, man sieht dir kaum deine 36 Jahre an", eiferte Werner, „du bist ein eleganter, hübscher Gesell'; was hatte ich wohl mit meiner so sehr ins Brette gegangenen Persönlichkeit für
schloß Müller halb wehmütig, indem er die schwarze Kugel zwischen den Fingern hin- und Hergleiten ließ.
„Es sollte mich sehr wundern, wenn das Lustschloß, das diese kleine Kugel zertrümmerte, wirklich all' das Glück enthielt, das Sie voraussetzten," fuhr der Andere nach kurzem Schweigen fort. „Angenommen, es sei just diese kleine Zauberkugel, der Sie die Zufriedenheit und die Wohlfah t Ihrer späteren Jahre zu danken hätten! Angenommen, Sie hätten nicht darauf getreten — was dann?"
„Dann wäre alles anders gekommen. Wie — das kann ich natürlich nicht mit photographischer Genauigkeit ausmalen; denn das Ungeschehene kann man sich ja in tausend Gestalten denken . . ."
„Wollen Sie mir gestatten, eine derselben auszumalen? Ich bin weder Poet noch Prophet; aber es könnte doch möglich sein, daß ich in diesem besonderen Falle das Glück hätte, ein treffendes Bild Ihres verlorenen Glücks zu entwerfen. Gestatten Sie?"
„Ich bin Ihnen sogar dankbar dafür."
„Nun wohl. Ich setze mich also an Ihre Stelle, gehe zehn Jahre in der Zeit zurück, ziehe mir ihre herrlichen Kleider und ihre herrlichen alten Hoffnungen an und stelle mich auf die verhängnisvolle schwarze Kugel. Oder noch bester: ich bleibe hier sitzen, wo wir sitzen, zeitlich wie räumlich, und werfe einen Rückblick auf die verschwundenen zehn Jahre, um zu sehen, wie die Begebenheiten sich gestaltet haben könnten, wenn Ihr guter Genius sich nicht als der kleine Peter Ihrer Waschfrau offenbart und nicht seinen Talisman Ihnen vor die Füße — mir vor die Füße geworfen hätte, will ich sagen, denn wenn ich mich an Ihre Stelle setzen soll, muß ich ja in der ersten Person reden! Ich trat also nicht auf die schwarze Kugel, zerriß also nicht meine unschätzbaren Pantalons, kam also wohlbehalten auf den Ball und schwebte
als glücklicher Zehpyr mit der anmutigen Flora durch den Himmel der Walzer und Mazurkas direkt hinein in den Kotillon. Während der guten alten Touren mit dem Ring, der Rose und dem Korbe fragte sie mich mit ihrem bezaubernsten Lächeln, welche von diesen drei Glückgaben ich am liebsten aus ihrer Hand empfangen möchte. Welch eine Frage! Natürlich den Ring, „das erste Glied der goldenen Kette, mit der mein irdisches Dasein an die Glückseligkeit des Himmels gefesselt werden konnte!" Das antwortete ich, und das meinte ich, denn das glaubte ich wirklich.
„Ueberlege Dtr's auch einmal! Ich habe meine kleinen Launen und Du riskierst, daß ich ihn Dir im Ernst geben, wenn Du mich in diesem Augenblick darum bittest!"
„Dann wäre ich der Glücklichste aller Sterblichen!"
„Zum dritten und letzten Mal: überlege Dir's!"
„Gib ihn mir!"
„Fünf Minuten später war unsere Verlobung deklariert und zehn Minuten später hatte jeder Anwesende mit gedämpfter Stimme seine aufrichtige und unmaßgebliche Ueberzeugung, daß es des Kaufmanns Geld wäre, mit dem ich mich verlobt, und daß ich seine Tochter als Mitgift bekomme, ausgesprochen. In den folgenden acht Tagen war ich, nach meinem Leumund zu urteilen, der erbärmlichste Mensch in der ganzen Stadt. Hätte ich einen unglücklichen Nebenbuhler gehabt, er wäre auf meine Kosten augenblicklich zum Tugenvheld .n geworden. Wenn mein Name in einer Gesellschaft genannt wurde, so schauderten die Tanten, die Kousinen rümpften ihre kleinen Nasen und die Vettern beobachteten mit tiefer Verachtung Schweigen, ,^ür einen armen Teufel gibt es kein größeres Verbrechen, als sich mit einem reichen Mädchen zu verloben. Ec mag sie und sie mag ihn noch so sehr lieben — darauf kann gar keme Rücksicht genommen werden!"
(Fortsetzung folgt.)