uud alles dazu Erforderliche sofort in Angriff nehmen zu lassen. Die Truppen sollen, sobald nur die Gewässer des Nils das Passieren kleiner Dampfer gestatten, also etwa gegen Ende Juli, abgesendet werden.

London, 17. Mai. Die Heilsarmee hielt gestern in Exeter Hall in London eine große Parade der »geretteten Saufbolde*. Booth kündigte an, daß die Heilsarmee ihren Kampf mit dem Teufel unbekümmert um Alles, was die Freunde des Satans sagen mögen, fortsetzen werde. Es solle jetzt auch eine Heilsmarine errichtet werden, um den Matrosen mit ganzen Breitseiten zu Leibe zu rücken, und dazu brauche er 10,000 Pfd. St., die sofort gesammelt wer­den müßten. Was die Heilsarmee geleistet, das zeige das Bataillon, das jetzt in vollem Glanze des Heils zu seiner Rechten stände, während je­der Soldat desselben früher allen Lastern er­geben war und alle Verbrechen, den Mord aus­genommen, begangen hatte. Die »Geretteten* traten nun einzeln hervor, schilderten ihre Ver­brecherlaufbahn, ihre Trunksucht rc. und ihre Rettung durch die Heilsarmee. Ihre Erzählungen wurden mit lauten »Allelujahsalven* und Amen- rufen begrüßt. Als der Enthusiasmus der nach Tausenden zählenden Versammlung seinen Höhe­punkt erreicht hatte, begannen die Sammlungen für die »Heilsmarine* und sie ergab in wenigen Minuten 6000 Pfd. St. (darunter 3 Bank­noten zu 1000 Pfd. St.) Booth erklärte sich jedoch damit nicht zufrieden; er brauche 10 000 Psd. St. und müsse sie sofort haben; er wolle die Armee jedoch zuerst das Abendbrod essen lassen. Dies geschah denn auch, und die nach dem Nacht­mahl abermals eingeleiteten Sammlungen er­gaben das gewünschte Resultat.

In Petersburg fand am Samstag anläßlich der Großjährigkeitserklärung des Thron­folgers auf dem Marsfelde ein zahlreich besuchtes Volksfest statt, das in bester Ordnung verlief. Der Kaiser und der Thronfolger wurden, als sie den Alexander-Newsky-Prospekt entlang im offenen Wagen nach dem Palast zurückkehrten, vom Publikum mit begeisterten Zurufen begrüßt. Alle Straßen waren mit Fahnen, Kränzen, Laubgewinden und Büsten des Kaisers geschmückt. Abends war die ganze Stadt glänzend beleuch­tet. In den beiden kaiserlichen Theatern fanden Festvorstellungen statt.

Die russische Staatspolizei hat, wie man derPol.C.* schreibt, während der letzten Wochen sehr viele Verhaftungen vorgenommen, auch im Heere.

Ein resolutes Fräulein ist Jessie Bryden, Tochter eines Farmers bei Peoria im nord­amerikanischen Staate Illinois. Als sie sich kürzlich Abends in den Stall begab, glühten ihr aus der Dunkelheit die Augen eines Wolfes entgegen. Einen zur Hand stehenden Prügel ergreifen und auf das Raubtier losdreschen war das Werk eines Augenblicks uud mit solchem Erfolge, daß Meister Jsegrimm bald alle Viere

von sich streckte. Was würde wohl ein Stadt­fräulein gethan haben?

(Ueber einen sonderbaren Heiratskontrakt) berichten amerikanische Blätter: Vor Kurzem hielt nämlich ein junger Mann bei einem wohl­habenden Washingtoner Geschäftsmann um die Hand der einzigen Tochter deffelben an. Nach­dem der Freier in wohlstylisirter Rede seinen Wunsch vorgebracht, bemerkte der Schwieger­papa in 3xs: »Ich kenne Sie und schätze Sie, weiß auch, daß Ihr Einkommen als Clerk Ihnen gestattet, einen anständigen Haushalt zu führen, aber wieviel sind Sie außerdem wert?* »Ich habe 2000 Dollars erspart.* »Gut, diese 2000 Dollars geben Sie mir und ich gebe Ihnen meine Tochter. Leben Sie zwei Jahre mit meiner Tochter so, daß dieselbe gern bei Ihnen bleibt, so kriegen Sie Ihr Geld mit Zinsen zurück und behalten die Tochter. Trennt sich die letztere dagegen innerhalb dieser Zeit von Ihnen und kehrt zu mir zurück, so behalte ich mein Kind und Ihr Geld.* Ein derartiger Vertrag wurde in aller Form Rechtens vor Notar und Zeugen abgefaßt und vollzogen.

Handel «rrd Versehe. Stuttgart, 19. Mai. (Landesprodukten­börse.) Eine Woche, in welcher sich ein Sommer- tag an den andern reihte, liegt hinter uns und die Vegetation zeigt sich bei dieser ausgezeich­neten Witterung in einer erfreulichen Entwick­lung, namentlich gilt dies von den Obstbäumen und Weinbergen, welche vielversprechend stehen. Unter solchen Witterungsverbältnissen, welche eine reiche Ernte hoffen lassen, konnte sich die Stimm­ung auf dem Getreidemarkt nicht beleben, jedoch ist auf den meisten europäischen Verkehrsplätzen bei ruhiger Stimmung ein Preisrückgang nicht zu verzeichnen, nur Newyork bringt bedeutend niedrigere Notierungen für Weizen, was aber mit den Fallimenten großer Firmen, welche dort lebhafte Beunruhigung hervorgerufen haben, Zu­sammenhängen dürfte. Auch heute müssen wir von einem flauen Geschäftsgang und sehr be­schränktem Umsatz berichten, wozu der heute Nacht eingetretene, sehr wohlthätige starke Regen bei- traaen maa.

Wir notieren per 100 Kilogr.:

Weizen bäyer. . . 21 M. bis M.

dto. russ. Sax. 20 M. 20 bis 20 M. 50

dto. Assow. . . 17 M. 50 bis M.

Stuttgart, 19. Mai. (Mehlbörse.) Das Mehlgeschäft am hiesigen Platze hat sich ebenfalls nicht gebessert und war dasselbe auf den laufenden Bedarf beschränkt. An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1190 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgen­den Preisen: per Sack von 100 Kilogr., Brutto für Netto, bei Abnahme größerer Posten:

Mehl Nr. 0 . . 31 M. bis 33 M.

Nr. 1 . . 29 M. 50 bis 30 M. 50

Nr. 2 . . 27 M. bis 28 M. 50

Nr. 3 . . 25 M. bis 27 M.

Nr. 4 . . 19 M. 75 bis 21 M. -

(Das Fallen der Getreidepreise seit 1883) und insbesondere im Laufe dieses Frühjahrs hat nicht allein seinen Grund in dem schlechten Geschäftsgang (überreiche Ernten hat's ja seit­dem nicht gegeben), sondern auch in dem Um­stande, daß England, der durch die tolle Spe­kulation hervorgerufenen plötzlichen Preisschwank­ungen in Amerika müde, seit einiger Zeit ange­fangen hat, in Rußland, Ostindien und Austra­lien auf Lieferung zu kaufen. Die Waizen- preise fielen dadurch in Amerika auf einen so niedrigen Stand, wie nie zuvor. Sind etwa solche Verhältnisse für unsere Landwirtschaft günstig zu nennen?

Stuttgart, 19. Mai. Die heutige M ö- bel- und Schreiner-Messe begann mit ziemlich lebhaftem Verkehr. Die Zufuhr ist eine etwa dem vorigen Jahr gleiche, namentlich sind ziemlich viel bessere Kastenmöbel zu Markte ge­bracht. Die Preise sind zufriedenstellende und die Käufer zahlreiche.

Aus der Steinlach, 18. Mai. Das Hauptgeschäft der letzten Woche war Rinden- schälen, das große Eile hatte, da über Nacht die Eichen sich belaubt hatten. Die herrliche Witterung hat die Arbeit so sehr gefördert, daß die Ware nun sämtlich im Trocknen ist. Ohne weitere Mühe konnte die Rinde schon am 3. Tag gebunden werden. Täglich fahren schwer be­ladene Wagen nach Reutlingen, die teils von Gerbern an Ort und Stelle aufgekaust wurden, teils aber erst den Liebhaber suchen. Die Preise sind gegenüber dem Vorjahre etwas niederer, per Zentner werden 3 M. 20 bis 3 M. 40 bezahlt.

Nagold,

, den 17.

Mai.

1884.

Neuer Dinkel .

. . 7

20

6 97

6

80

Haber . . .

. . 7

50

7 11

6

50

Gerste . . .

. . 9

50

9 28

8

50

Mühlfrucht

. .

9 -

Bohnen. . .

. .

8

Waizen. . .

. . 10

20

9 76

8

60

Roggen. . .

. .

9

Freudenstadt, 17. Mai. 1884.

Wetzen. 10-

Kernen. 10 25 10 13 10

Haber ..... 7 70 7 35 7

Ackerbohnen ...-9--

Pfingstmaien.

Erzählung von Marc. Boyen (Frau von Kamecke).

(Nachdruck verboten.)

Es war unzweifelhaft, die Lampe brannte schlecht. Immer von Neuem schraubte der Pro­fessor am Docht, aber die Flamme wurde ent­weder zu hoch oder zu niedrig für seine Bedürf­nisse. Der Lesende legte die Hand über die Augen, als schmerzten sie etwas; entschlossen machte er das Buch zu, in welchem er gelesen, es war ihm ja auch eigentlich heute ganz gleich- gilttg, wieder zu lesen, in welcher Weise Aeneas seinen Vater Anchises aus Troja gerettet hatte. Zum Lesen war es viel zu warm im Zimmer, mehr als das, es war schwül; der Lenz, der so

Die schwarze Kugek. (Nachdruck verboten.)

Nach dem Dänischen von Erik Böhgh von Wilh. Lange.

(Fortsetzung.)

»Ja, ja, Sie spotten aber sind Sie sicher, daß die Wagschale Ihres eigenen Geschicks nicht einmal so gestanden hat oder stehen jwird, daß es nur die Schwere einer Fliege bedarf, um die eine Schale zum Steigen die andere zum Sinken zu bringen?*

»Offen gestanden, darüber habe ich nie nachgedacht. Haben Sie in dieser Beziehung vielleicht Erfahrungen gemacht?*

»O ja,* antwortete der Andere mit einem leichten Seufzer, und sagte nach kurzem Schweigen: »Ich stand einmal am Ziel aller meiner Wünsche. Der Tempel des Glücks hatte mir seine Pforten geöffnet, ich setzte bereits den Fuß auf die Schwelle und dachte: in einem Augen­blicke bist du unter die Seligen ausgenommen. Da warf der kleine Junge meiner Wäscherin mir eine schwarze Kugel, und die entschied mein ganzes Schicksal. Ich fiel durch; ich verlor meine Geliebte, Reichtum, Verbindungen, Familienleben und Vaterland kurz meine ganze Zu­kunft."

»Eine schwarze Kugel? .... Das ist doch bildlich geredet?* »Nein, buchstäblich. Hier ist sie.«

Mit diesen Worten nahm er eine prachtvolle mit Brillanten be­setzte goldene Uhr aus der Tasche und zeigte uns eine kleine schwarze Steinkugel, die als Berloque an der Kette angebracht war. Es war eine jener kleinen Marmorkugeln, wie sie die Fabriken am Kyffhäuser millionenweise produzieren, und welche in den Alpenländern von den ärmeren Jägern als Projektile benutzt werden, während sie bei uns nur als Spielzeug für kleine Kinder Vorkommen.

»Da sehen Sie die Kugel, die mein Glück vernichtete."

Es versteht sich von selbst, daß wir neugierig wurden nach der Geschichte dieser verhängnisvollen Kugel. Wir gaben das unserm Reise­gefährten deutlich zu verstehn, und er erzählte wie folgt:

»Vor zehn Jahren war ich Student der Medizin und breitete mich auf das Examen vor. Ich war sehr arm, sehr fleißig, sehr verliebt und sehr verzagt das Eine war die natürliche Folge des Andern. Meine Armutchatte mich zum Fleiß gezwungen; ich mußte Stunden geben um meine Studien nicht unterbrechen zu müssen, ich mutzte mit doppelter Kraft stu­dieren, um mein Stundengeben nicht allzu lange fortsetzen zu brauchen. Ich hatte alio weder Zeit noch Mittel, mich an den Vergnügungen meiner glück­licher gestellten Kameraden zu beteiligen, und die wenigen Gelegenheiten, bei denen ich mich zufällig in einem Familienkreise zeigen konnte, überzeugten mich nu'-, daß ich linkisch und unbeholfen war und trotz meiner wissenschaft­lichen Bildung in Gesellschaft eine traurige Figur machte, wenn ich neben einen lebhaften Handelsjüngling zu sitzen kam. Diese Usberzeugung machte mich immer mutloser; ich mied es soviel wie möglich, mich auf einem Kampf­platz zu zeigen, wo ich sicher war, besiegt zu werden, und richtete mir bald ein vollständiges Einstedlerleben ein inmitten des Menschengewühls der Hauptstadt. Aber just die armen Eremiten sind am meisten den Anfechtungen des Liebesgottes ausgesetzt, wenn sie aus ihrem Asyl sich einmal hinauswagen, Ich war fünfundzwanzig Jahre alt geworden, ohne jemals mit einem schönen Mädchen geredet zu haben, und die ganz natürliche Folge davon war, daß das erste hübsche junge Mädchen daS mir ein paar freundliche Worte zuwarf, mich ganz und gar bezauberte. Als sie das erste Mal mit mir gesprochen, war sie nicht blos die ganze Hoffnung meiner Zukunft, sondern auch zugleich die ganze Sehnsucht meiner Vergangenheit; alle Seufzer und Entbehrungen, alle Träume