halten, und Gottesfurcht den Schmuck und die Zierde ihres Wandels bilde, so könne es nicht fehlen. Er wünsche ihnen Gottes Segen auf ihre künftigen Lebenswege. Schließlich warnte der Vorstand des Gewerbevereins, Hr. Mater, die jungen Leute vor dem Anschluß an die vie^ len Vereine, namentlich den sog. Bildungsvereinen, wo nichts als schädliches und verwerfliches sozialdemokratisches Gift aufgesaugt werde. Zahlreiche Freunde der Sache haben der Prüfung betgewohnt und es ist nur zu bedauern, daß sich nicht eine größere Zahl Lehrlinge der Prüfung unterzogen haben. Hübsche Prüfungsdiplome hat die K. Centralstelle unentgeltlich übersandt.
— Am Sonntag morgen hat die hiesige Feuerwehr ihrem früheren Kommandanten, Hrn. Roller, ein Ständchen gebracht.
— In Aichelberg hat sich letzte Woche in der Behausung seines Dienstherrn der Knecht Friedr. Traub von Oberweiler erschossen. Bis jetzt ist unbekannt, wodurch in dem jungen Manne, dem ein braver Lebenswandel nachgerühmt wird, der Entschluß zu solch unseliger That gereift ist.
Stuttgart, 11. Mai. Se. Maj. der König soll mit hohem Gefolge Ende dieser oder Anfang nächster Woche aus Italien wieder zurück zu erwarten sein. Der Tag selbst ist noch nicht bekannt.
Welche Vorsicht Haustrern gegenüber von Nöten ist, beweist folgender Fall, welcher der „N. Z." aus Eßlingen berichtet wird. Dort verkaufte ein solcher ein gelbes Putzöl, das sich bei Untersuchung als sehr starkes Gift, salpeter- saures Queckstlberoxyd, herausstellte, eine unachtsame Handhabung desselben kann großes Unglück zur Folge haben.
Bon Böblingen schreibt man dem „N. T.": „Vorgestern Abend (8. ds.) war eine Gesellschaft Studenten hier; auf dem Heimweg fuhren sie an einem hiesigen Bürger, welcher Wasser holte, vorbei und einer derselben versetzte dem Mann ohne allen Anlaß einen Hieb in das Gesicht, wodurch derselbe so unglücklich verletzt wurde, daß er in Todesgefahr schwebt." Wir müssen dahingestellt sein lassen, ob und was etwa an dieser Sache Wahres ist. — JnSin- delfingen wurde nach dems. Bl. der Postverwalter verhaftet, weil er sich verschiedene Ungehörigkeiten zu schulden kommen ließ.
Was kleine Ursachen oft für große Wirkungen haben können, zeigt das Geschick des Privatiers Di eilen in Gundelsheim. Am Ostermontag aus einem Hause gehend, trat derselbe auf ein kleines Steinchen und fiel dabei fo unglücklich, daß er das Bein brach, wobei der bloße Knochen zu Tage trat; vor einigen Tagen ist er infolge des eingetretenen Starrkrampfes gestorben.
Pfarrer Klemm von Erligheim (Besigheim) wollte mit zwei Bürgern von dort einen geisteskranken jungen Mann nach Winnenthal liefern. Das von denselben bis Besigheim be
nützte Gefährt stürzte dort infolge Scheuwerdens der Pferde um, wobei Pfarrer Klemm eine Strecke weit geschleift wurde und bedeutende Wunden am Kopf und Arm erhielt, doch soll die Hirnschale nicht verletzt sein. Derselbe befindet sich bei einer befreundeten Familie in nächster Nähe der Unglücksstätte in Verpflegung.
Ulm, 12. Mat. Ein hier beschäftigter Arbeiter, welcher gestern bei seinen Angehörigen in Unterkirchberg war und heute früh zwischen 3 und 4 Uhr hieher zuröckkehrte, fand auf dem Wege von Wiblingen hieher einen im Gesicht mit Blut bedeckten Dragoner regungslos auf dem Boden liegen. In der Nähe des Vorwerks am Wiblinger Weg fand dann derselbe Arbeiter an einer Stelle, wo das Gras zusammengetreten war und wo auch Blutspuren zu sehen waren, ein Portemonnaie mit der Urlaubskarte eines in Wiblingen kasernierten Dragoners. Wie sich später erwies, gehörten Urlaubskarte und Portemonnaie obigem Dragoner an. Dieser kehrte heute früh in die Kaserne zurück.
Neresheim, 12. Mai. Heute Nachmittag 5 Uhr brach in einer Scheuer Feuer aus, welches mit solcher Schnelligkeit um sich griff, daß innerhalb einer Stunde ca. 18 Haupt- und Nebengebäude in Brand standen und bis auf den Grund eingeäschert wurden. Den Bemühungen der hiesigen, sowie den rasch herbeigeeilten Feuerwehren von Ohmenheim, Auern- hetm, Ehlingen, Bopfingen, Großküchen und Dischingen gelang es, das Feuer auf seinen Heerd zu beschränken und noch größeren Schaden zu verhüten. Der Gesamtschaden beläuft sich auf über 30 000 M. Glücklicherweise ist ein Menschenleben nicht zu beklagen, während an Vieh nur wenige Stücke zu Grunde giengen. Die meisten der Beschädigten sollen versichert sein. Zu gleicher Zeit brannte auch in Hofen, Gemeinde Dunstelkingen, ein Wohn- u.Oekonomie- gebäude ab.
Künzelsau. Die letzten Tage brachten uns einen Thermometerstand von 19—20° R. Dank dieser überaus günstigen Witterung und der genügend vorhandenen Erdfeuchte stellt sich auch der Schaden, den die Frostnächte der vorvorigen Woche angerichtet, an unfern Weinbergen, Obstbäumen und Futtergewächsen als immer geringer dar. Wenn auch bei den Weinstöcken in den unteren Lagen einiger Schaden zu bemerken ist und zugegeben werden muß, daß na mentlich das Frühobst Not gelitten, so muß doch anerkannt werden, daß Weinstock und Ob i- baum bei anhaltend günstiger Witterung immerhin einen ergiebigen Herbstertrag liefern können. Getreide und Futtergewächse stehen so schön, daß man stch's nicht schöner wünschen könnte.
Deutsches Reich.
— Die Reichstagskommisston zur Vorberatung des Antrags auf Entschädigung unschuldig Verurteilter beschloß, einen Gesetzentwurf auszuarbetten, welcher die Entschädigung für nnschuldigerweise erlittene Strafhaft aus
spricht ; von einer Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft soll aus Zweckmäßigkeitsgründen zunächst abgesehen werden.
Berlin, 10. Mai. Die soz.dem. Abgg. Geiser u. Gen., unterstützt durch Köhl und Lenzmann, haben den Antrag beim Reichstag eingebracht: „den Bundesrath zu ersuchen, er möge dem Reichstag unverzüglich einen Gesetzentwurf vorlegen, durch welchen das in der Reichstags- sttzung des 9. Mai cr. von dem Herrn Reichskanzler proklamierte Recht auf Arbeit zur Verwirklichung gelangt."
Berlin. Die Untersuchung über das Niederwald-Attentat hätte nach Nachrichten, welche unter hies. Abgeordnetenkreifen zirkulieren das sichere Ergebnis geliefert, daß wie E. Richter mitgeteilt hat, in der That am Tage der Denkmalsenthüllung das schreckliche Unglück nur durch den zufälligen Umstand des Regens verhindert worden ist. Die Sprengladung war in dem Basament des Denkmals selber niedergelegt und durch eine Zündschnur mit dem Orte verbunden, wo der betreffende Attentäter unbemerkt weilte. Man scheut vor dem Versuche zurück, das fürchterliche Unglück sich auszumalen, welches die notwendige Folge der völligen Zersprengung des Denkmals gewesen wäre. War doch unmittelbar um dasselbe mit dem Kaiser, den Prinzen und zahlreichen deutschen Souveränen fast Alles versammelt, was Deutschland an ersten Größen und hervorragenden Persönlichkeiten auf politischem, militärischem, künstlerischem und wissenschaftlichem Gebiete besitzt.
Photograph Fickeißen von Villingen ist seit nahezu 14 Tagen mit Weib und Kind verduftet. Die Ueberschuldung soll ca. 20000 M. betragen.
München, 11. Mai. Heute Morgen wurde die Stadt, die wegen des dreitägigen Veteranenfestes, das man hier feiert, ein reges Leben zeigt, durch eine sozialdemokratische Demonstration in Aufregung versetzt. In einer der belebtesten Straßen waren über Nacht von einem Triumphbogen die Reichsbanner entfernt und statt deren zwei rote Fahnen angebracht worden, welche die Inschrift trugen: „Es lebe die Sozialdemokratie! Nieder mit dem Massenmord !" Trotz energischer Bemühungen der Polizei und der Feuerwehr gelang es erst nach 2 Vr Stunden, die roten Banner unter enormem Menschenauflauf zu entfernen. Es ist dies die erste derartige Demonstration in München.
Leipzig. Der Prozeß gegen Kraszewski und Hentsch wegen Landesverrat hat am Montag morgen 9 Uhr vor dem Reichsgericht begonnen. Die Angeklagten sind Joseph v. Kraszewski, Schriftsteller zu Dresden, geboren am 26. Juli 1812 zu Warschau, Franz Hentsch, königl. preuß. Hauptmann und Telegraphen- Sekretär a. D., geb. 23. Okt. 1838 zu Lützow, wohnhaft zu Berlin. Kraszewski und Hentsch sind gemeinsam beschuldigt, in den Jahren 1876 bis 1881 gemeinschaftlich Nachrichten über den Aufmarsch respektive den Eisenbahntransport der
Vielgereist und vorneßm.
Humoreske von Karl Schwindler.
(Fortsetzung.)
„Ich möchte gern alljährliq emige Wochen hier zubringen. Ich würde meine Kltmaleiter hier um eine zweckmäßige Sprosse reicher machen. Sie sollen hören, was ich mit dieser Leiter meine. Ein leidenschaftlicher Liebhaber von zarten Gemüsen und feinen Früchten, genieße ich dieselben gar gerne so oft und lange im Jahre, als es immer thunlich ist. Darum Hab' ich in verschiedenen Ländern Güter und Häuser in Stadt und Land erworben und mache darin meine Jahresstationen durch. Natürlicherweise kommt z. B. in Neapel die zarte Verdura früher vor als in Brescia, als in Brixen, als am Bodensee, als hier, als zu Regensburg, als im Fichtelgebirge, als in der Mark, als in Petersburg. Darum klimme ich meine Leiter langsam hinan. Wenn hier noch Winter ist, speise ich in Sorrento grüne Erbsen, die ich später in der Lombardei dito ganz frisch genieße, die mir am Genfersee wiederum begegnen, die ich im August hier finde und so weiter bis an Lapplands Grenzen. Mit den Früchten ist's dasselbe. Ich fange mit der Orange im Süden an, mache alle Obstsaisons in allen Ländern durch, finde hier etwa im September die erste Erdbeere, in Norddeutschland die Meeraner-Traube u. s. w., bis ich in Moskau wiederum zur portugiesischen oder messtne- fischen Apfelsine gelange. Rechnen Sie dazu die Fülle von Genüssen an Fischen, Austern und anderem Luxusgetier, das stufenweise so zu sagen mir entgegen schwimmt, ganz frisch, ganz jung und fein, und Sie werden zugeben, daß —"
Der Falkeuwirt beeilte sich, da der Gast etwas iune hielt, zu beteuern, daß die Erdbeere des Vaterlandes wohl schon früher als im September auf seiner Tafel zu finden sei.
Lustig schmeichelnd, wie man einem Kinde thut, das sich ohne Ursache ängstigt oder erzürnt, entgegnete der Gemüse» und Orangenfreund.
„Ei nun, das soll uns nicht entzweien noch stören. Ich gestehe Ihnen zu, daß die Erdbeere vielleicht schon im Juli hier zu finden sei. Ein Grund mehr für mich, meinen Aufenthalt Hierselbst ein paar Wochen früher anzutreten. — Im Ernst aber, Falkenwirt: Ihr müßt wahrhaftig meinen Makler machen! Nicht wahr? Gebt mir die Hand darauf und wir trinken noch eine gute Flasche mit einander. Auf meine Kosten natürlich. Ich habe Euch liebgewonnen, darum verzeiht Ihr mir wohl eben das „Ihr"; he? In der biederzigeu Schweiz sagt man auch nicht anders zu guten Freunden, und gute Freunde, Klugheit, Wasser u. s. w. . . . . Ihr kennt mich ja schon durch und durch, und meine Gedanken."
„Welchen Wein befehlen Sie, Herr Graf?" fragte der Wirt, der, selbst treuherzig und gut, an Güte nnd Treuherzigkeit glaubte.
„Ich sollte denken, eine Flasche guten Klingelberger würd' es thun," meinte der Gast.
Einige Minuten später stand der köstliche Trank aufgepflanzt.
„Was ich noch bemerken wollte," scherzte der Herr von Mannenbach, „lassen Sie mich doch morgen meine Rechnung bezahlen. Ich verschwende ja wahrhaftig in Ihrem Hause, wie ein Thor. Was halten Sie davon, lieber Wirt?"
„Daß es mit der Rechnung seine guten Wege hat," äußerte der Falkenwirt errötend; „daß die Kleinigkeit nicht der Rede wert, und daß ich um Erlaubnis bitte, auf des Herrn Grafen Gesundheit trinken za dürfen."
Bescheiden und freundlich dankte der Gast und setzte, wie hingeworfen, hinzu: