genz stimme. Eine solche von 5 bis 10 000 Mk. für Prämien an besonders befähigte und tüchtige Landjäger hätte er weit lieber gesehen. Redner ist gegen die Berittmmachung. Minister von Holder: Es sei die Wahrnehmung gemacht worden, daß die Zahl der wirklichen armen Reisenden immer mehr im Schwinden sei, der Rechts- finn sei zurückgegangen. Ohne Auftrag der Staatsanwaltschaft geben sich die Landjäger nicht mit der Aufnahme von Protokollen ab. Sachs gegenüber bemerkt der Minister, daß die Landesregierung nach wie vor diese Frage im Auge behalten und, wenn mit Erfolg zu erwarten, beim Bundesrath die nöthigen Schritte thun werde. Was er thun konnte, sei gethan, die Landjäger seien neuestens streng angewiesen, jeden des Bettels und Stromerns Verdächtigen anzuhalten, die Gemeinden haben Weisung, sie von der Naturalpflege auszuschließen, sie in Einzelnhaft und bei Widerspenstigkeit die nöthigen Disciplinarstrafen gegen sie in Anwendung zu bringen. Die Löhne seien nicht zu niedrig, er bekomme nebenher noch andere Emolumente. Doch solle der Dienst anziehender gemacht und eine bessere Jnvalidirung ins Auge gefaßt werden. Die Statistik ergebe eine zunehmende Verminderung der berittenen Gensdarmen, u. a. hauptsächlich, weil ein zu Fuß gehender Landjäger in Bezug auf den Sicherheitsdienst weit mehr leisten könne, weil er in der Verfolgung weit mehr beengt sei. Nur für die Straßenpolizei selbst seien berittene Gensdarmen besser, doch sei dies noch nicht maßgebend. Wenigstens jetzt solle man sich auf die bloße Vermehrung beschränken. Abel gegen die übliche Verminderung des Dienstes der Landjäger an Sonntagen. Nachdem noch die Abgg. Rapp (Saulgau), Stockmayer (Marbach) und Lenz (Urach) gesprochen, wird die Exigenz zum Zweck der Vermehrung des Landjäger-Korps einstimmig genehmigt. Am Dienstag, spätestens Mittwoch wird sodann die Session wieder geschloffen werden, nachdem zwar die nöthigen Kommisfionsergänzungswahlen vorgenommen und die noch restirenden Interpellationen zur Beantwortung gekommen sein werden.
Lulldesuachrichteu.
Stuttgart, 2. Mai. Wie sehr uns in Württemberg in Sachen des Unterstützungsge- sctzes der Schuh drückt, ist genugsam bekannt. Man wird sich erinnern, daß schon im vergangenen Jahre die Kammer der Standesherrn auf Anregung des Fürsten v. Hohenlohe-Langen- burg sich für eine Reorganisation der Landarmenverbände in der Richtung ausgesprochen, daß, um die bestehenden Ungleichheiten in der Vertheilung der Armenlast möglichst zu beseitigen, die Landarmenverbände einen Theil der Armenunterstützungen, welche den Ortsarmenverbänden gegenwärtig obliegen, übernehmen und da, wo eine zu große und ungleiche Ueber- bürdung der Orts- und Landarmenverbäude sich zeige, der Staat ausgleichend eintritt. Diesem als Antrag an die K. Staatsregierung ge
richteten Wunsche ist die Kommission der Kammer der Abgeordneten für innere Verwaltung (Berichterstatter Frhr. H. v. Ow) nicht beige- treten und zwar in Anbetracht der in Aussicht gestellten Verwaltungsreform und in Erwartung des Zustandekommens einer Abänderung des Unterstützungswohnsitzgesetzes. Die Kommission richtete demnach an die Regierung die Bitte, dieselbe wolle im Bundesrath den Antrag auf Abänderung des Unterstützungswohnsitzgesetzes einbringen und mit Energie dafür eintreten, daß die Abänderung in der Weise erfolge, daß die in Württemberg aus dem Gesetz hervorgegangenen Uebelstände beseitigt werden.
Cannstatt, 2. Mai. Aus ganz zuverlässiger Quelle wird eben bekannt, daß am diesjährigen Volksfeste der Württ. Renn-Verein eine Lotterie veranstaltet, in welcher Pferde, Vieh, Wagen, landwirthschaftliche Maschinen im Werth von über 70000 Mrk. — ähnlich wie bei der Stuttgarter Pferdemarkt-Lotterie — ausgeloost werden. Der Preis eines Looses beträgt 2 M.
In Oberndorf wurde lt. „Bal. Vfrd." am letzten Sonntag ein Mann unter eigentbüm- lichen Umständen beerdigt. Als die Bahre zum Einsenken parat stand, brach plötzlich der Schrägen, der Sarg fiel und der Todte streckte seine Beine gespenstig zum Grabe heraus. Allgemeines Entsetzen ergriff die Umstehenden.
Asperg, 1. Mai. Eine blutige Scene hat sich heute früh zwischen 7 und 8 Uhr in dem Stalle eines Maurers hier zugetragen. Der Maurer Gottlieb Reichert, in Mitte der sechziger Jahre stehend, hat seine hochbetagte Ehefrau, als sie mit Melken beschäftigt war, mit einem Beile todtgeschlagen. Ein geringer Wortwechsel soll den Mann zu der schrecklichen That veranlaßt haben. Derselbe stellte sich alsbald selber dem Gericht. Von den 7 Kindern, welche die Familie hat, war zur Stunde der That Niemand zu Hause anwesend; die jüngste Tochter war kurz vorher mit Milch nach Ludwigsburg abgefahren. Der Thäter Reichert wurde seither hier als gutmüthiger, durchaus nicht roher Mann angesehen, der fleißig und redlich lein Brod zu verdienen suchte. Seine Vermögensverhältniffe sind geordnet. Seine Frau hatte sich seit mehreren Jahren stark dem Schnapstrinken ergeben. Merkwürdig ist, daß vor 9 Jahren der älteste Sohn der Familie einen Bruder im Affekte erstochen hatte. Im hiesigen Arrestlokal zeigte Reichert eine große Reue über seine schreckliche That und vor die Leiche seiner Frau geführt, brach er in lautes Weinen aus. Um 11 Uhr heute Vormittag drückte er eine Scheibe des Arrestlokales ein und suchte sich mit einem Glasfplitter die Pulsadern zu öffnen. Die Untersuchung ist in vollem Gange. Die hiesige Einwohnerschaft ist durch diesen Todtschlag in Schrecken und Aufregung versetzt worden.
Ulm, 2. Mai. Ein hiesiger Weinhändler. U. S., trat vor 16 Tagen eine lOtägige Geschäftsreise nach der Schweiz und Italien an,
ist aber bis dato noch nicht zurückgekehrt. Wege» einiger verfallener Wechsel wurde das Comptoir gerichtlich geöffnet und es stellte sich hiebei heraus, daß in der Kaffe nichts als ein leeres Portemonnaie enthalten war. Das Hauptbuch war theilweise vernichtet und so ist wohl anzunehmen, daß der Betreffende eine Reise angetreten hat, von welcher er nicht mehr zurückzukehren beabsichtigte. Einige Freunde und Bekannte desselben würden in diesem Falle durch eingegangene Bürgschaften nicht unbedeutende Verluste erleiden.
Riedlin gen, 1. Mai« Nach dem Beispiele anderer Städte haben sich 25 hiesige Geschäfte geeinigt, ihre Geschäftslokalitäten Sonn- und Feiertags Nachmittags 5 Uhr zu schließen.
(Unglücksfälle und Verbrechen.) In Stuttgart ereignete sich am Donnerstag ein trauriger Unfall. Der verh. Dtenstknecht Friedr. Claß, fuhr mit einem mit 1 Pferd bespannten Rollwagen, auf welchem sich 3 leere größere Weinfässer befanden, die Wilhelmsstraße hinauf. Die Fässer kamen ins Rollen und fielen über den Wagen herunter. Das letzte wollte Claß aufhalten, wurde aber von demselben zu Boden geworfen und hiebei so bedeutend am Kopfe verletzt, daß er nach wenigen Stunden den Geist aufgab. — Der 38 Jahre alte Bauer Maier von Kröffelbach bei Oehringen kam beim Langholzführen unter den Wagen, das Rad ging ihm über den Kopf und der Mann blieb todt auf dem Platze. Er hinterläßt Frau und 5 Kinder im Alter von Vr bis 11 Jahren.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 2. Mai. Die Regierung erklärt: Baden habe bei der Ungleichheit der Interessen im eigenen Lande keinen Anlaß wegen Erhöhung des Kornzolls die Initiative zu ergreifen, werde aber bei der Anregung durch das Reich gegen eine mäßige Erhöhung nichts einwenden, wenn die allg. landwirthschaftl. Lage Deutschlands dies erfordert.
(Raub.) In Würzburg wurde vor einigen Tagen in einem der letzten Häuser der Vorstadt Grombühl ein Raub ausgeführt. Zwei Handwerksburschen sprachen in einer in der vierten Etage gelegenen Wohnung eines Stuhlarbeiters das Dienstmädchen um ein Almosen an. Als die Magd erwiderte, die Dienst- Herrschaft sei nicht zu Hause, wurde sie von einem der Burschen gewürgt, geknebelt und ihr die Pulsader der linken Hand zugebunden, so daß sie die Besinnung verlor. Sodann erbrachen die Räuber den im Zimmer befindlichen Schrank und einen Koffer. Was sie geraubt, ist noch nicht genau festgestellt. In der Stadt herrscht große Aufregung.
Ein Dienstmädchen in Frankfurt erhielt vor einigen Tagen einen Zahlungsbefehl über 114 M. Milchschulden. Der Herrschaft fiel das Schriftstück in die Hände, und nun stellte es sich heraus, daß das Mädchen sich jeden Morgen mit Milch gewaschen hatte, um eine weiche
(Nachdruck verboten.)
Novelle von E. Klee.
(Schluß..)
Das war eine lange, bange Nacht, — Gott half mir zu siegen, stille zu werden, — meinem armen Körper aber hat der schwere Kampf wohl den Todesstoß gegeben. Möchte nur all' meine Zeit und Lebenskraft, die mir Gott noch lassen wird, ihm wohlgefällig sein, — möcht ich lernen, dem Grembacher ein braves, treues Weib zu sein bis zuletzt!"
Kaum hatte Babet ausgeredet, als ein heftiger Husten sie wieder überfiel und die zarte Gestalt unbarmherzig schüttelte, in Hellen Tropfen floß das Lebenselement von ihren Lippen. Wenig konnte ich ihr helfen, — ich sah wohl, daß der Engel Gottes sie schon gezeichnet hatte.
Am andern Tage rief mich eine unerwartete Nachricht fort aus den Bergen, — ich mußte schnell Abschied nehmen von der Schmölz, von Babet. Es war ein wehmüthtg schmerzliches Scheiden, ein Lebewohl auf immerdar.
„Auf Wtederseh'n," sagte die arme Kranke, „auf Wiederseh'n, will's Gott, dort oben, — und wenn Sie Karl einmal begegnen sollten, so bringen Sie ihm meinen letzten Gruß, und ich hoffte, ec würde ein Sonntagskind bleiben, damit wir dereinst droben zusammen Sonntag feiern können!"-
Diesen Gruß habe ich ihm gebracht. Als der Sommer des nächsten Jahres kam, mochte ich nicht wieder in die Schmölz geh'n, wo ich meine Babet nicht mehr fand, — wenige Tage nach meiner Abreise hatten die Engel sie heimgetragen zur ewigen Sonntazsfeier und ihre Hülle war von ihrem Mann in ihre irdische Heimath gebracht.
Deßhalb wählte ich mir zur Sommerfrische das liebliche Baden- Weiler, wo ich vor sieben Jahren mit Babet so glücklich gewesen.
Am Ende dieser Zeit machte ich noch einen Ausflug ins Ktnztg- thal, — vielleicht gelang's mir, ihre Ruhestätte nicht nur, auch ihren Vater dort zu finden. In Offenburg stieg ich aus: dort hatte ich mich einmal in früheren Jahren mit lieben Freunden, die nun auch schon droben waren, aufgshalten und schöne Spaziergänge in der Umgegend gefunden. Den Perron hinabgehend, erblicke ich den Chef der Station, — ich bleibe stehen und sehe ihn schärfer an und erkenne den Beter unter dem Weidenbaum, den Jugendfreund meiner Babet. Rasch gehe ich auf ihn zu.
„Ich habe Ihnen einen Gruß zu bringen," sagte ich, „ein letztes Lebewohl!"
Und ob nun Ahnung war, oder ob er sich noch meines Bildes entsinnen mochte, das ich vor sieben Jahren Babet geschenkt, — er begrüßte mich in tiefer Bewegung und bat:
„Kommen Sie mit mir in mein Haus!"
Auf der Schwelle begegnete uns eine ältliche, gut und brav, aber nicht grad' einnehmend aussehende Person im Festtagsgewand, das Gebetbuch in der Hand.
„Meine Frau," stellte Karl vor, „sie will zur Frühmesse gehen."
Ich bat sie, sich nicht abhalten zu lassen und grüßte sie herzlich.
„Bald bin ich wiedertzurück!" entgegnete sie freundlich und gieng.
Karl führte mich ins Wohnzimmer — vor Babets Bilde blieben wir stehen, bas ein Kranz von Lebensbaum umschloß. Ja, sie war es, noch im Blüthenschmelz ihrer sechzehn Jahre, wie ich sie zuerst gesehen. Thränen füllten mir den Blick.
„Sie haben sie lieb gehabt, ich weiß es," sagte er. „Haben Sie sie wiedergesehen?"
„Wohl — vorigen Sommer in der Schmölz!" sagte ich leise.