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Taimen.

Intelligenz- L Anzeige-Watt

Von der öderen Nagold.

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Kr. 53.

Menffaig, Dienstag den 6. War.

1884.

Tagespolitik.

In Bundesrathskreisen wird es für sehr unwahrscheinlich erklärt, daß die auf Erhöhung der Getretdezölle gerichteten Bestrebungen in nächster Zeit schon zur Einbringung einer be­züglichen Vorlage führen werden. Es liegt dem Bundcsrath zwar eine ganze Reihe von Peti­tionen in diesem Sinne vor, und derselbe wird voraussichtlich auch Gelegenheit nehmen, sich mit diesen Petitionen zu befassen. Der Vorlegung eines Gesetzentwurfs, welcher jenen Gesuchen Rechnung trägt, stehen jedoch zu viele und zu gewichtige Bedenken entgegen.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Reichs­beihilfe für Post- und Paffagierdampferlinien nach Ostasien und Australien beschäftigt die Bundesrathsausschüsse für Handel und Verkehr, für Rechnungswesen, sowie für Post- und Tele­graphenwesen. Das Referat ist dem hanseati­schen Ministerrcstdenten Dr. Krüger übertragen.

Es bestätigt sich, daß die Errichtung einer Kohlenstation auf der Insel Fernando-Po (einer der Guinea-Inseln an der Westküste Afrika's) von deutscher Seite ins Auge gefaßt ist. Es erweist sich auch als richtig, daß Spa­nien, während seine Oberhoheit unberührt bleibt, damit einverstanden sein würde.

Für die Besetztbaltung Tonkins wird der Ministerpräsident Ferry von den Kammern einen neuen Kredit von 50 Mill. Frank fordern. Seltsamerweise hört man jetzt gar nichts mehr von einer Kriegsentschädigung, die China an Frankreich leisten sollte. Die chinesische Regie­rung zieht übrigens recht gelinde Seiten auf. Sie hat ihren bisherigen Vertreter in Paris, den vielgewandten Marquis Tseng, abberufen und ihren bisherigen Gesandten in Berlin, Lt- Fong-Pao, nach Paris versetzt.

In London ist der Plan aufgetreten, da die Regierung nichts zur Rettung Kartums und des Generals Gordon thut, Geldsammlun­gen für eine private Expedition zu veranstalten. Kenner behaupten, die Ausführung dieses Planes würde mehr kosten, als der gesammte Krimkrieg gekostet hat. Der Afrikaretsende Rohlfs schlägt vor, der König von Abessinien solle zum Entsatz Kartums bewogen und ihm als Lohn dafür ein Hafen am Rothen Meere abgetreten werden.

In einem Fenterprozeß Richter zu sein und die Angeklagten nach dem Gesetz ver- urtheilen zu müssen, muß durchaus nicht zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehören. So wird neuerdings der Richter Denmann, welcher das Todesurtheil über O'Dvnnell, den Mörder Ca- reys, ausgesprochen, von den Feniern in einer so bedenklichen Weise bedroht, daß die Polizei es gerathen findet, die größten Vorsichtsmaß­regeln zu seinem Schutze zu treffen. Der Ge- richrssaal, wo Richter Denman tagt, ist von Polizisten besetzt, und alle Eintretenden, die keine amtliche Stellung einnehmen, werden einer Untersuchung unterworfen, um die Gewißheit zu haben, daß keine Mordwaffen eingeschmuggelt werden.

Mit der Ergreifung des Nihilisten Dega- jew's ist es wiederum nichts gewesen, das Ge­schenk der goldenen Tabatiere an den Stadt­hauptmann von Odessa war verfrüht. Die russischen Behörden wenden sich nun an die deutsche Polizei, um mit deren Hilfe des Mör­ders Sudejkin's habhaft zu werden. So macht das Königsberger Polizeipräsidium durch Aus­hang bekannt, daß die russische Regierung eine Belohnung von 5000 Rubel demjenigen zustchert, der den Aufenthalt Degajew's, des vermeint­lichen Mörders Sudejkin's Nachweise, und eine

solche von 10000 Rubel demjenigen, der zur Ergreifung des D. mitwirkt.

Durch die Einnahme von Berber ist den Aufständischen im Sudan der Kamm mächtig geschwollen. So hat der bekannte Unterführer des Mahdi, Osman Digma, durch einen der bedeutenderen Häuptlinge der feindlichen Stämme an den König von Abessinien einen Brief ge­sandt, in welchem er mit einem Angriff drohte, falls nicht die Christen Abesstnien's Muselmän­ner würden.

Die Dynamithelden scheinen ihre Thätig- keit nun auch auf die englischen Kolonien aus­dehnen zu wollen. Ueber ein neues Attentat in Kanada, das jedoch glücklich im Keime er stickt wurde, wird gemeldet: Unter dem Bureau der Verwaltung der Kronländereien in dem Par­lamentsgebäude m Toronto wurden mehrere größere Dynamitpatronen aufgefunden. Bei weiteren Nachsuchungen wurde eine andere Pa­trone unter der zu dem Zimmer des Sprechers führenden Treppe entdeckt. Die Patronen, welche anscheinend dorthin gelegt und mit Zündern versehen waren, wären geeignet gewesen, einen großen Theil des Gebäudes in die Luft zu sprengen.

Deutscher Reichstag.

Der Reichstag berieth in seiner Mittwochs- sttzung zunächst den bekannten Antrag der Abga. Philipps und Lenzmann auf Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchung?- und Straf­haft. In der Diskussion, welche sich über die­sen Antrag erhob, herrschte unter den Rednern darüber Einmütigkeit, daß den unschuldig Ver- urtbeilten eine Entschädigung gezahlt werden müsse; nur der sozialdemokratische Abg.Kayser, der sich in scharfen Angriffen gegen die Richter erging und sich deshalb einen Ordnungsruf zu­zog, stellte die Forderung auf, daß der Richter mit seinem Vermögen für seine Urtheile regreß­pflichtig gemacht werden solle. Der Bundes- kommisiar Geh. Rat v. Lenthe gab eine direkte Erklärung über den Antrag nicht ab, er betonte nur, daß es sich in den von den Antragstellern angezogenen Beispielen nicht immer um unschul­dig Verurtheilte handle, sondern auch um solche, bei denen in dem Wiederaufnahmeverfahren der Richter sich nicht von der Schuld des Angeklag­ten habe überzeugen können. Der Antrag wurde schließlich an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern gewiesen. Darauf berieth das Haus die beiden Gesetzentwürfe, welche von den Abgg. Munckel-Lenzmann und Reichensperger (Olpe) vorgeschlagen worden, und welche die Wieder­einführung der Berufung gegen Urtheile der Strafkammern verlangen. Die Debatte, welche sich über diese Anträge erhob, bewegte sich auf rein juristischem Gebiete; allein auch sie ergab eine Uebereinstimmung der Redner in der Sache selbst. Die Vertreter der Reichsregierung be­theiligten sich an dieser Diskussion nicht u. das Haus überwies schließlich auch diese beiden An­träge an die vorher beschlossene Kommission.

In der Freitagssitzung des Reichstages wurden einige rückständige Wahlprüfungen er­ledigt, bei welcher Gelegenheit sich eine Debatte über die Verschleppung der Wahlprüfungen bis zum Schluffe der Legislaturperiode und über die Ursachen derselben erhob. Nach Beendigung dieser Diskussion, welche ein Resultat nicht hatte, berieth das Haus die kaiserliche Verordnung, betreffend die Ausdehnung der Zollermäßigungen in den Tarifen ^ zu dem deutsch-italienischen und dem deutsch-spanischen Handels- u. Schiff­fahrtsvertrage. Bei dieser Gelegenheit erklärte der Staatssekretär v. Bötticher, daß die Ver- Handlungen mit Griechenland wegen Abschluffes

eines Vertrages noch schweben, über welche er nähere Mitthetlungen nicht machen könne. Die Verordnung wurde genehmigt und darauf der Gesetzentwurf, betreffend die Anfertigung und Verzollung von Zündhölzern, in dritter, der Ge­setzentwurf, betreffend den Feingehalt von Gold- und Silberwaaren, in zweiter Lesung erledigt. Ueber die nächste Plenarsitzung des Reichstages erhob sich zum Schluffe noch eine Diskussion. Der Präsident schlug vor, die nächste Sitzung am nächsten Donnerstag abzuhalten und setzte auf die Tagesordnung die zweite Berathung des Sozialisten-Gesetzes. Abg. Windthorst sprach dagegen, indem er beantragte, die Zwischenzeit zur Erledigung der Initiativanträge von Mit­gliedern des Hauses, unter denen sich auch sein Antrag wegen Ausweisung der Geistlichen be­findet, zu benutzen. Die Abgg. Ackermann und Richter (Hagen) erklärten sich gegen diesen An­trag und der letztere bemerkte, daß Windthorst so gesprochen habe, als ständen wir vor dem Schluffe der Session, was derselbe allerdings nur allein wissen könne. Er richtete die Frage an Windthorst, wie derselbe über das Sozialisten­gesetz stimmen werde. Windthorst antwortete ausweichend. Das Haus lehnte schließlich den Windthorst'schen Antrag ab, es bleibt sonach bei dem Vorschläge des Präsidenten.

Württembergischer Landtag.

Kammer der Abgeordneten.

30. April. (58. Sitzung. Schluß.) Zwei­ter Gegenstand der T.-O., betr. den Antrag auf Vermehrung des Landjägercorps. Nach der Begründung des Antrages der Finanzkom- mission Seitens des Referenten, Abg. Hofacker (Schorndorf) (verlangt werden 35 094 M. 15 Pfg. zur Vermehrung des Landjägerkorps um 30 Mann, welche Summe eventuell aus dem Betriebs- und Vorrathskapital der Staatshaupt­kaffe vorzuschießen ist), spricht Dentler (Wangen) seine lebhafte Freude über die Vorlage aus. Frhr. R. v. König ist gleichfalls sehr dankbar, möchte aber doch eine geringe Anzahl berittener Gensdarmen speziell für die isolirten Gegenden Oberschwabens. Stockmayer kennt aus eigener Erfahrung in Preußen und Posen die Vor­trefflichkeit der berittenen Gensdarmerie und stimmt dem Vorredner zu. Auch in Brandfällen leien die berittenen Gensdarmen meist die ersten am Platze. Wünscht weiter entsprechende Er­höhung der Gehalte der Landjäger. Es sei für diese Leute nicht möglich, mit einer solch knause­rigen Löhnung auszukommen. Gibt der Regie­rung beide Punkte zur Erwägung anheim. Rath (Münsingen) gegen Stockmayer. Sachs ist der Ansicht, daß in unserer Strafgesetzgebung viel zu milde Strafen angesetzt seien. Die Gesetz­gebung sei viel zu human. Dann habe man zu viele heimathslose Leute; so lange nicht die Reichsgesetzgebung Abhilfe auf diesem Gebiete schaffe, werde Alles nicht viel helfen. Für einen Antrag an die Regierung zum Zweck einer Ver­wendung beim Bundesrathe in seinem (Redners) Sinne habe er leider keinen Beifall bet seinen Freunden gefunden. Frhr. v. Ellrtchshausen wie Stockmayer. Seine lOjähr. Erfahrungen als Kommandant der Feld-Gensdarmerie (Feldjäger) haben gezeigt, daß berittene Gensdarmen weit mehr Autorität genießen. Gerade auch in der Nähe der Residenz seien die Straßen unsicherer als irgendwo anders, v. Schad wendet sich gegen das umflchgreifende System der direkten Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft. Das ab- sorbire viele Kräfte der Landjäger. Wozu habe man denn die Ortspolizei? Schwarz (Balingen) verspricht sich nicht viel von der Vermehrung des Korps, wenn er auch nicht gegen die Exi-