können und unterhielt sich aufs freundlichste mit den einzelnen Botschaftern.
(Hur Warnung.) In Karlsruhe schlief der ledige Schriftsetzer Karl Oetinger Sonntag Abend auf dem Abort seiner Wohnung ein, kam in diesem Zustand der Flamme des mitgenommenen Lichtes zu nahe und verbrannte sich derart, daß er gestern früh an den erlittenen Brandwunden starb.
In Heidelberg hat am letzten Sonntag im »Europäischen Hof" eine Versammlung von Vertretern der liberalen Parteien Süddeutschlands stattgefunden. Dieselbe hat folgendes Programm beschlossen: »Die Mitglieder der nationalen und liberalen Partei Süddeutschlands gehen im Anschluß an das nationalltberale Parteiprogramm vom 29. Mai 1881, durchaus einig in der Beurtheilung der allgemeinen Verhältnisse des Deutschen Reiches und der Stellung der nationalen und liberalen Landesparteten Süddeutschlands zu den wichtigsten Tagesfragen. Sie betrachten die Kräftigung des Reiches und die Förderung der gemeinsamen Angelegenheiten des deutschen Volkes auf dem bundesstaatlichen Boden nach wie vor als ihre vornehmste Aufgabe. Insbesondere werden sie unablässig für die Erhaltung einer starken deutschen Heeresmacht eintreten und kein nothwendiges Opfer scheuen, um die Unabhängigkeit des Vaterlandes allen Wechselfällen gegenüber ficherzustellen. Mit der ganzen Nation theilen sie die hohe Befriedigung über die auswärtige Politik des Deutschen Reiches und die großen Erfolge der Friedensbestrebungen des Reichskanzlers. Sie billigen die auf eine erhöhte Fürsorge für das Wohl der arbeitenden Klassen gerichteten Bestrebungen des Reichskanzlers und unterstützen, vorbehaltlich einer sorgfältigen Prüfung der einzelnen Maßregeln, die Reichsregterung in ihren Bemühungen, dir soziale Lage der arbeitenden Klaffen zu verbessern. Sie hoffen, daß das Unfallversicherungs-Gesetz noch in der gegenwärtigen Session des Reichstags zu Stande kommt. Ihren liberalen Traditionen treu werden sie alle etwaigen Reakttonsversuche bekämpfen und namentlich die Rechte des Reichstags, falls deren Minderung versucht werden sollte, entschieden vertheidigen. Für die Aufrechterhaltung des geheimen Stimmrechts werden sie eintreten. Die Zollgesetzgebung des deutschen Reiches betrachten sie vorerst in ihren wesentlichen Grundlagen als abgeschloffen und halten gegenwärtig eine systematische Anfechtung derselben für nachthetltg und gefährlich. Dies schließt jedoch eine durch die Erfahrung begründete Aenderung einzelner Zolltarif-Bestimmungen ebensowenig aus, als die Berücksichtigung neu hervortretender Bedürfnisse des Verkehrslebens. In vollem Maße würdigen sie namentlich die gegenwärtige Lage der deutschen Landwirthschaft und werden unbefangen die aus der Nothwendigkeit der Erhaltung dieser wichtigen Grundveste unseres Volkes hervorgehenden Anforderungen prüfen. Sie erkennen in der Aufrechthaltung der Ordnung und eines
gesicherten Rechtszustandes die erste Pflicht des Staates, werden bereitwillig der Reichsregieruug die zur Abwehr staatsgefährltcher Umtriebe erforderlichen Machtmittel gewähren, und erachten deshalb die Verlängerung des Sozialistengesetzes für dringend geboten. Durch höhere Besteuerung der Börsengeschäfte, durch Erhöhung der Branntweinsteuer unter Wahrung der Interessen besonders der kleineren landwirthschaftlichen Brennereien, sowie durch eine bessere Regelung der Zuckersteuer könnten die Mittel gewonnen werden, um in erster Reihe schwerer drückende Steuern anderer Art zu erleichtern. Das Gesetz über den Unterstützungswohnsttz halten sie in vielen Beziehungen für mangelhaft und eine Revision desselben, unter voller Aufrechthaltung der Freizügigkeit, für geboten. Eine Verschmelzung mit anderen Parteien ist nach ihrer Ansicht unter den gegenwärtigen Verhältnissen durch die Verschiedenheit der Beurtheilung entscheidender Tagesfragen ausgeschloffen. Die liberalen Lan- desparteten Süddeutschlands werden ihre bisherige unabhängige Stellung als Vertreter der Anschauungen großer Bevölkerungskreise nach allen Setten hin festhalten.
Schwerin, 24. März. Herzog Paul Friedrich hat für sich und seine Descendenz auf alle Erbrechte verzichtet, dergestalt, daß seine nachgeborenen Brüder und deren Descendenz ihm und seiner Descendenz Vorgehen, nach deren Aussterben jedoch das Erbrecht des Herzogs und seiner Descendenz wieder in Kraft tritt unter der Bedingung, daß der Erbfolge- Berechtigte zur protestantischen Kirche überzutreten hat.
Das aus der Schlacht bet Gravelotte bekannte, historisch gewordene Gehöft St. Hubert ist am vergangenen Donnerstag ein Raub der Flammen geworden. Das Gehöft ist allen Besuchern des Schlachtfeldes bekannt; mit seinen zahlreichen Kugelspuren von Granaten und anderen Geschaffen war es ein Denkzeichen für die Heftigkeit, mit welcher an dieser Stelle die Schlacht tobte. Jetzt besteht nur noch die angrenzende Gartenmauer, mit den dahinter liegenden Kriegergräbern.
Ausland.
(In letzter Stunde begnadigt.) Großes Aufsehen erregt in Krakau ein Begnadigungsfall, über welchen man der »Bohemia" unterm 20. März telegraphisch berichtet: Der intellektuelle Urheber eines aus Rache verübten Doppelmordes, Nowak, wurde vom Gericht zum Tod», oerurtheilt und sein an den Kaiser gerichtetes Begnadigungsgesuch abschlägig beschieden, während die -eigentlichen Thäter, welche von Nowak zum Morde überredet wurden, begnadigt worden sind. Heute früh um 7 Uhr sollte Nowak im Hofraume des hiesigen Strafhauses hinge- rtchtet werden, nachdem ihm gestern das Todes- nrtheil vorgelesen worden war. Der Prager Scharfrichter Pipperger war bereits hier eingetroffen und hatte im Hofraume des Strafhauses
des Kaufmanns Dederer und luden dieselben. Dem Sohn des Kaufmanns entlud sich einer in der Hand und die Kugel ging einem der Lehrlinge, welcher gerade die Hand am Kinn hatte, durch die Hand in den Unterkieferknochen, zersplitterte denselben theilweise, glitt dann seitwärts ab und blieb in den Halsmuskeln stecken, wo sie gestern Abend noch herausgenommen wurde. Für das Leben des Verletzten ist vorerst keine Gefahr.
Hetlbronn, 23. März. Seit Juni 1879, also seit bald 5 Jahren, besteht hier der sog. Familtenpflegvereia, welcher auf dem Grundsätze ruht: jede Familie erhält einen Pfleger, welcher sich ausschließlich mit ihr befaßt und zu ihrer Unterstützung 6, 8, höchstens 10 Geber sich verschafft, die ihm von sich aus oder durch Sammlung bei Freunden Geld, Lebensmittel, Kleidung u. s. w. darreichen. Der Pfleger, welcher der ihm zugewtesenen Familie die Noth des Lebens erleichtert, hat natürlich großen Einfluß auf sie und vermag sie nicht blos wirth- schastlich zu heben, sondern auch sittlich zu fördern, sie an Ordnung, Reinlichkeit, vernünftige Verwendung der vorhandenen Mittel u. s. w. zu gewöhnen. Der Verein hat 1883 im Ganzen M. 2278.22 eingenommen; unterstützt wurden 26 Familien mit 104 Kindern, so daß im Minimum 20, im Maximum 193 M. auf eine Familie kamen, im Durchschnitt 62 M. Die Ausgaben betrugen M. 2278,22, worunter 600 M. Baarvorrath in den Kaffen inbegriffen sind. Die Vorstandschaft hat für 1884 Generalsuperintendent Prälat v. Raiffeisen übernommen; mittelst Erwerbung von einem Morgen Gartenland, vorläufig in Pacht, hat der Verein auch die Möglichkeit geschaffen, etwa 10 Pflegfamilien die Vorthetle eines Gartens und der Arbeit daselbst zu gewähre». (Schwäb. M.)
Deutsches Reich.
Berlin, 25. März. Der Reichstag gedenkt das Martnegesetz, das in der Komm, in einen Nachtragsetat umgestaltet worden ist, am Donnerstag in beiden Lesungen zu erledigen und nach den Osterferien zu beginnen.
Berlin. Der Kaiser hat bei dem Empfang des Retchstagsprästdiums sich geäußert, daß ihn die Verhandlungen des Reichstages über das Sozialistengesetz wenig befriedigt hätten. Er erinnerte nachdrücklich an die Vorgänge, welche den Erlaß des Gesetzes veranlaßten, und warnte davor, daß die jetzige äußere Ruhe als eine vollständige Sicherheit angesehen werde. Wie die »N. Fr. Pr." erfährt, sollen die Bemerkungen des Kaisers noch präziser gelautet haben. Die Hörer hatten den Eindruck, daß der Monarch in der Verlängerung des Sozialistengesetzes eine Frage seiner persönlichen Sicherheit sehe. — Beim Empfange der Botschafter hielt der Kaiser keine politische Ansprache. Er wies auf den seltenen Glücksfall hin, in seinem hohen Alter noch einen Geburtstag feiern zu
Aas Kreuz im Wakde.
Novelle von I. Lungern.
(Fortsetzung.)
In Wiesbaden, wo Graf Lamont mit der Familie Glennor einige Zeit zugebracht, hatte er einen falschen Wechsel, welchen der Amerikaner auf ihn ausgestellt, mit vieler äußeren Freundlichkeit eingelöst, damit aber auch der armen Emily Lebensglück an das seine gebunden.
Daß Mr. Glennor ihre Netze nach Lamont auswerfe, wußte der Polizeikommiffar wohl mehr aus dem Gerede der Leute, als auf amtlichem Wege, denn er sagte der schönen Dame auf den Kopf zu, daß sie darauf gerechnet habe, den Grafen zu einer Flucht und Heirath zu bewegen. Seine Reichthümer mochten zu dieser Jntrigue wohl noch mehr beigetragen haben, als ihre Schönheit, denn Mrs. Glennor konnte rechnen und unzweifelhaft war sie schuld an dem ausgestellten falschen Wechsel ihres Mannes und hatte gehofft, daß ihr Gatte darüber seine persönliche Freiheit verlieren und sie die ihre gewinnen werde.
Die Gleichgiltigkeit des Grasen verhinderte jedoch nicht, daß Mr. Glennor Anwandlungen rasender Eifersucht bekam, so daß sich zwischen den beiden Herren mitunter die heftigsten Szenen ab spielten. Hatten doch die Kellner des Hotels ausgesagt, daß sie ganz deutlich vernommen, wie bei einer abendlichen Heimkehr aus den Spielsälen, wo Mr. Glennor durch beträchtlichen Verlust sehr gereizt worden war, derselbe, dem es keineswegs an Muth gebrach, mit dem Grafen Streit angefangen und ihn sogar zum Zweikampf gefordert habe. Wie es geschienen, habe auch Lamont sich bereit zu einem Duell gezeigt, dennoch mußte es unterblieben sein, denn man habe nicht das Geringste darüber vernommen; wohl aber konnte sich der eine Kellner noch ganz deutlich erinnern, daß Glennor in größter Aufregung in die Worte ausgebrochen sei:
»Ich weiß, Lamont, daß Sie mich in der Hand haben und mich für meine Unbesonnenheit ins Zuchthaus senden können, dennoch aber versichere ich Sie, daß, wenn Sie den Koketterien der Mrs. Glennor nicht eine ruhige Gleichgiltigkeit entgegenstellen, ich Ihnen vor meiner Festnehmung noch eine Kugel durch den Kopf schieße, wie einem tollen Hunde!"
Darauf hatte Lamont einige beruhigende Worte gesagt, welche aber ihren Zweck verfehlten, denn der Amerikaner sei mit hochrothem Kopse in den Speisesaal getreten und habe seine Frau an diesem Abende sehr scharf beobachtet.
Die Nachrichten des Polizeikommissars bestätigten unsere Ver- muthung, daß Glennor Lamont zu schonen habe und ihm darum seine Tochter geben werde, sowie auch deshalb, um dann hinsichtlich seiner Frau ruhiger sein zu können.
Lussac wurde täglich verliebter und unglücklicher, denn obgleich er die Glennors sehr viel sah, blieb seine Situation allen gegenüber dieselbe. Emily begegnete ihm mit ruhiger, fast schmerzlicher Freundlichkeit, sie fühlte, daß der Kampf über ihre Kräfte gehe und wünschte des Geliebten Abreise, um nicht ihren Gefühlen erliegen zu müssen. Mr. Glennor war höflich, aber zugleich abweisend gegen Lussac, während seine Gattin, entweder um des Grafen Eifersucht zu wecken, oder weil sie eben Gefallen an meinem Freunde fand, welcher, ohne die ideale Schönheit Lamonts zu besitzen, eine sehr anziehende und überaus ritterliche Erscheinung war, es an süßen Blicken und Worten durchaus nicht fehlen ließ. Mrs. Glennor war, das wurde mir, da ich sie öfter sah, immer deutlicher, eine sehr gefährliche Frau und es sprach mehr als alles für den großen Werth ihrer Stieftochter, daß weder der Graf Lamont noch Lussac in ihre Netze gerathen waren.