letzungen erlitt. Der Knabe wurde zur Heilung nach Tübingen verbracht.
(Brandfall.) Auf der Fürst!. Oehringen- schen Domäne Kreuzfeld, Markung Schroz- berg, sind letzten Montag zwei stattliche Oeko- nomiegebäude mit allen Vorräthen total niedergebrannt.
Deutsches Reich.
Kaiser Wilhelm schenkt zu Weihnachten und Geburtstagen der Kaiserin, der Kronprinzessin ec. mit Vorliebe Diamanten und edle Steine. All' diese Kostbarkeiten verschwinden aber vor den Kleinodien, die am Anfang der Regierung Friedrichs des Großen vorhanden waren und die heute einen Werth von 50 Mill. Mark haben würden. Wohin sind sie gekommen 2 Der 7jährige Krieg und der spätere Franzosenkrieg haben sie verschlungen.
— In der badischen zweiten Kammer beantwortete Staatsminister Turban die Interpellation des Abg. Pflüger bezüglich des Wahlrechts. Er erklärte, bisher sei von keiner deutschen Regierung ein Antrag auf Abänderung des Wahlrechts, speziell auf Aufhebung der geheimen Wahl beim Bundesrathe gestellt worden; die badische Regierung sei deshalb auch nicht in die Lage gekommen, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. In der folgenden Diskussion traten sämmtliche Parteien für die Aufrechterhaltung der geheimen Wahl ein. Abgeordneter Birkmeyer sprach für die Einführung direkter Landtags-Wahlen.
Augsburg, 21. Jan. Der Wiener Mädchenmörder Schenk soll nach hiesigen Blättern verdächtig sein, ein hier angestelltes Dienstmädchen Namens Spatz aus Schwabmünchen ermordet zu haben, da von diesem Mädchen, nachdem es 465 M. Anfangs 1883 als Heiraths- gut erhielt, bis heute jede Spur fehlt. Schenk hat sich ihr angeblich als Baron aus Buckau, Besitzer einer großen Buchhandlung in Wien und mehrerer Güter an der russischen Grenze, vorgestellt.
(Das große Kölner Dombauloos) ist an die richtige Adresse gelangt! Einundzwanzig Arbeiter aus der königlichen Eisenbahnwerkstatt in Siegen spielten, wie uns mitgetheilt wird, zusammen 14 Loose der Kölner Dombaulotterie, unter denen sich auch die Nr. 2639 befand, auf die der Hauptgewinn von 75000 M. gefallen ist. Ein hübsches nachträgliches Weihnachtsgeschenk
— In der sächsischen zweiten Kammer haben die Abgeordneten aller Parteien (ausgenommen die Sozialdemokraten), den Antrag gestellt, die Regierung zu ersuchen, womöglich noch dem gegenwärtigen Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach Personen, welche mit Absichr oder durch ungeordneten Lebenswandel und drgl. sich in die Lage versetzt haben, öffentliche Abgaben nicht zahlen zu können, dem Schank- und Tanzstättenverbot unterworfen werden dürfen.
Hamburg, 22. Janr. Wie der „Ham-
burgische Korrespondent" erfährt, wurde außer dem in Mannheim verhafteten Vergolder Karl Mildenberger eine zweite Person in Kopenhagen wegen Verdachts der Mitschuld an dem Dynamit-Attentat im Polizeigebäude in Frankfurt verhaftet.
Ausland.
Wien, 22. Jan. Der russische Minister von Giers ist gestern früh 7 Uhr in Wien eingetroffen und hat sich nach kurzer Begrüßung durch den russ. Botschafter, Fürsten Lobanow, nach dem Botschaftspalais begeben. Mittags 1 Uhr war in der Hofburg Galatafel. Die Wiener Blätter begrüßen die Reise als eine Bürgschaft des Friedens; wo die offiziösen Blätter jedoch betonen, daß von einer Erneuerung des Dreikaiserbündnisses nicht gesprochen werden könne. Des Herrn von Giers Besuch bekunde besten Willen, alle möglichen Gegensätze, welche wegen des Orients entstehen könnten, in Zukunft friedlich auszugleichen.
Pest, 19. Jan. Der oberste Gerichtshof verurtheilte Spanga, Pitely und Berecs wegen Ermordung des Grafen Majlath zum Tode durch den Strang.
Paris, 21. Jan. In der Deputirten- kammer greift Rocher (Orleanist) die Finanzpolitik der Regierung in heftiger Weise an und schließt mit den Worten: Wir müssen sparsamer werden und aufhören, das außerordentliche Budget durch neue Anleihen zu decken. Andere Nationen halten einen Kriegsschatz in ihren Festungen bereit; Frankreich besitzt einen reichern Schatz, dieser ist der Kredit, den das Land genießt. Die Regierung hat denselben auf's Spiel gesetzt. Die Opposition erfüllt ihre Pflicht, wenn sie vor diesen Gefahren warnt. Das Land erwartet, daß Sie denselben vorzubeugen suchen.
— Wie man der „K. Z." von Paris meldet, fand am 20. ds., als am Jahrestage der Schlacht von Buzenval, bet dem Denkmal für die bei der Vertheidigung gefallenen Krieger eine große Kundgebung statt. An 6000 Personen zogen herbei und legten 150 Kränze nieder. Unter den Erschienenen befanden sich Turn- u. Achützenvereiue, die Mitglieder der „Liga der Patrioten" und andere Vereine mit 500 Fahnen. Deroulede fehlte, weil er krank ist. Der Bürgermeister von Rueil, das in der Nähe des Schlachtfeldes liegt, leitete die Versammlung u. hielt eine Rede, worin er auf die Unglückstage von 1870 hinwies, „wo Frankreich durch die Ueber- zahl erdrückt wurde"; die Lehre, die Frankreich 1870 erhalten, dürfe jedoch nicht entmuthigen, sondern müsse die Franzosen' dazu anhalten, im gegebenen Augenblicke für Frankreich ihr Blut zu vergießen. „Hier," fuhr er fort, „gibt es nur Franzosen. Frankreich wird Dank der Neubildung seines Heeres und der Errichtung der Schüler-Bataillone dereinst ein kräftiges und für die Reformen, die Frankreich seit 1870 für die Rache vorgenommen, dankbares Geschlecht haben." Der zweite Redner rief: „Die nationale Ehre
ist durch den Krieg nicht geschädigt! Die Schule des Unglücks wird dazu dienen, die Teutonen zu vertreiben!" Mehrere andere Reden wurden in demselben Sinne gehalten. Der Sprecher der Turn- und Schützenvereine erklärte in deren Namen, daß sie sich, wenn jemals die Teutonen wiedsrkämen, um das Vaterland zu betreten, wie die tapfern Kämpfer von Buzenval zermalmen lassen würden. Der letzte Redner war Lepelletier, Redakteur des radicalen Blattes, „Mot d'Ordre." Die Kundgebung, sagte er, beweise zweierlei: Daß alle Franzosen einig seien und daß Frankreich im Innern geschützt und nach außen geschützt sei. Frankreich sei im Jahre 1870 besiegt worden, weil es unwissend war und Deutschland lesen konnte. Wenn Kanonen für die Festungen nöthig seien, so seien Schulen ebenso nöthig. Der Redner schloß mit den Worten: „Ich sage den Elsaß-Lothringern nicht: Lebet wohl, sondern: Auf Wiedersehen." Während der ganzen Feier gab sich die größte Begeisterung und eine sehr kriegerische Stimmung kund. Von Buzenval begab sich die Menge nach verschiedenen Kirchhöfen, wo ähnliche Vorgänge sich absptelten.
Wenn mau die französischen Blätter liest, so unterliegt es keinem Zweifel, daß König Abfons von Spanien, weil er das Entlassungs- Gesuch des geschlagenen Ministeriums annahm, einen „Staatsstreich" begangen hat. Ein Blatt räth dem Könige, „er solle sich sein Schulgeld für konstitutionellen Unterricht zurückzahlen lassen", andere fabeln von gräßlicher Reaktion mit obligater Ketzerverbrennung und die Republique francaise schließt ihren Leitartikel mit dem Rufe: „Unglücklicher König! Unglückliches Spanien! Ein einziger Trost bleibt diesen guten Nachbarn, und das ist die Rede Castelars, „die ganz Europa in seinen Tiefen erregt hat." Dieser Ca- stelar ist „der bedeutendste Staatsmann Europas", Jules Ferry natürlich ausgenommen, er ist „der Ruhm Spaniens". Canovas delCastillo verräth die lateinischen, alle andern so hoch überragenden Rassen, aber wenn Castelar und mit ihm die Republik ans Ruder kommt, dann wird die „Politik der Vernunft und der Freiheit" triumphiren und Spanien wird aus dem Zustande der deutschen Knechtschaft befreit werden! Zu diesem Tone geht es durch die radikale und chauvinistische Presse.
Paris, 21. Jan. Der Seinepräfekt Pou- belle empfing heute eine Abordnung von sechs Lumpensammlern und versprach ihnen, die Frist, in welcher des Morgens die Lumpen aus den Hausabfällen ausgesucht werden sollen, zu verlängern.
Ein furchtbares Dampfer-Unglück hat diesmal eine amerikanische Linie getroffen. Wie ein Kabeltelegramm aus Boston berichtet, scheiterte am 18. der Dampfer „City of Colum- bus" mit 81 Passagieren, von denen ein Drittel Frauen und Kinder waren, auf seiner Route von Boston nach Savannah bet dem Kap Gay- Head an der Westsvitze der Insel Martha-
Wom Betrug zum Aergsten.
Kriminalfall, erzählt von Karl Schmeling.*)
I.
Vor ungefähr zehn Jahren waren die Zeitungen des Ostens der nordamerikanijchen Union einige Wochen hindurch täglich mit spaltenlangen Abhandlungen über ein schreckliches Verbrechen gefüllt, welches sich im Staate Pennsylvanien zugetragen hatte.
Die schauerlichsten Details desselben, welche meistens haarklein wiedergegeben wurden, erhielten noch dadurch ein ungemein düsteres Kolorit, daß es sich um einen Konflikt mit tragischem Ausgange zwischen nahen Verwandten handelte.
Außerdem war dem Hauptverbrechen ein Versuch zur Begehung eines andern, höchst originellen Falsums voraufgegangen, bet welchem Unternehmen die spätem Gegner als Komplicen engagiert gewesen sein sollten.
Endlich gehören die beiden Hauptpersonen des Dramas geachteten und begüterten Familien an, welche ihren Wohnsitz in Baltimore hatten, und die Vermuthung lag nahe, daß noch weitere Mitglieder der gedachten Familien an einem der Verbrechen, vielleicht auch an beiden betheiligt sein konnten.
Ehe wir diese Thatsachen selbst kennen lernen, ist es jedoch nöthig, uns mit den verschiedenen örtlichen und familiären Verhältnissen, welche einen Einfluß auf die Entstehung derselben ausübten, vertraut zu machen.
Die Stadt Baltimore,**) im Staate Maryland am Patapfco, drei englische Meilen von der Chesapeake-Bay belegen, hat in den letzten
fünfzig Jahren einen ungemeinen Aufschwung genommen. Sie bildet dadurch jetzt einen der bedeutendsten Handelsplätze im Osten der Union und ist besonders als Stapelplatz von Wichtigkeit. Fast alles Getreide und alles Mehl, welches aus Nordamerika nach Europa und Westtndien geht, wird in Baltimore verladen und lagert daher einige Zeit in seinen Speichern.
Dieser Handelszweig führt Baltimore stets neue Kräfte zu, deren Ansiedelung die Stadt nach allen Seiten hin ausdehnt und läßt gewisse in derselben betriebene Geschäfte außerordentlich gewinnbringend werden. Zu diesen gehören in erster Linie die verschiedenartigen Kommisstonsund Makler-Geschäfte.
In Nordamerika hat jeder neue Geschäfts- oder Industriezweig seine besondere Ausbeutungsära; das will sagen, eine Zeit, zu welcher diejenigen, welche sich mit ihm befassen, durch Tyätigkeit, Klugheit und Kühnheit, Millionäre werden können und meistens auch wirklich werden.
Die großartigen Spekulationen in Gold, Silber, Eisenbahnen, Thran, Petroleum, Viehproduktion, Korubau u. s. w. haben zeitweilig kolossale Vermögen zusammengebracht und sogar diejenigen Geschäftsleute, welche nur Handlangerdienste bei denselben thaten, wurden oftmals Millionäre. Ein Umschwung in der Getreide-Produktion hob Baltimore empor und der Vertrieb der Ueberprodukion ließ die reichen Maklergeschäfte der Stadt entstehen, von denen schließlich die Produzenten abhängig wurden. —
Man hatte seit Jahrhunderten, vielleicht noch länger, behauptet, der Ackerbau bedinge Seßhaftigkeit, sein Hausen und Wirken auf der Scholle, in soliden Baulichkeiten; außerdem einen reichlichen Viehstand, durch den überhaupt nur der Boden ertragsfähig gemacht und bearbeitet werden könne. Ein spekulativer Aankee durchlöcherte diesen alten Grundsatz, indem er den Beweis lieferte, daß unter gewissen Bedingungen, auch
Unberechtigter Nachdruck verboten.
**) Orts- und Personen-Namen, mit Ausnahme von Baltimore, sind sämtl. fingirt.