sich ziehen würde. Dieser Beschluß soll nun auch dem Landtage überreicht werden, um die­sem, als dem eigentlich gesetzgebenden Faktoren in Württemberg, die Erhaltung des bestehenden Gesetzes an's Herz zu legen. Darüber, wann die Vorlage des neuen Entwurfs betr. eine Aenderung des Branntweinsteuergesetzes, dessen Einbringen Herr v. Renner s. Z. schon bei der Etatsberathung hat durchblicken lassen, ist noch nichts zu erfahren, doch dürfte das Gesetz schon in nächster Session eingebracht werden.

lieber die Begebung der neuen 4 proz. württ. Anleihe von 3Vto Mill. zu dem Kurse von 102,68 °/o an die Württ. Vereinsbankgruppe als Meistbietende schreibt dasFrkf. Journ.": Es liegt hier wieder einmal ein interessantes Beispiel derblutigen" Concurrenz um ein Staatsanlehen vor, wie es drastischer bisher noch selten dagewesen ist. Die Zeit liegt noch nicht lange hinter uns, in welcher auch der des besten Credits genießende Staat bei Begebung seiner Anleihen ein kleines Disagio gegenüber dem Tagescourse bewilligen mußte. Heute wird nicht allein der Tagescours, sondern sogar ein nicht unerheblicher höherer Preis geboten. Es beweist diese Submission wieder einmal recht deutlich, welch außerordentlich großer Beliebtheit sich die Württemberg. Staatspapiere erfreuen und eS ist diese Thatsache bei der wirthschaft- lichen und finanziellen Lage Württembergs und seinem sehr soliden und vorsichtigen Haushalt wohl zu begreifen.

Rottenburg, 13. Jan. Die Verhand­lungen und Beschlüsse der bayerischen Abgeord- neten-Kammer betreffend Einrichtung einer vom Staat geleiteten und unterstützten Hagelverstche- rungsanstalt haben im hiesigen Bezirke, der durch Hagel schon so schwer betroffen wurde, das größte Interesse erregt und die lebhaftesten Sympa­thien gesunden. Man sieht, die Schwierigkeiten, die sich der Gründung einer derartigen Staats­anstalt entgegenstellen, sind nicht, wie man bis­her vielfach glaubte, unüberwindlich. Die An­wendung dieses Prinzips auf unser Land ergibt sich hieraus von selbst.

In Rottenburg wurde ein reicher Mann (B.) wegen Capitalsteuer-Defraudation in Un­tersuchung gezogen. Ebenso find mehrere dortige Brauerei-Besitzer wegen Nichtversteuerung von Malz und Reis vom Steuerbeamten zur Anzeige gebracht.

Von der Reutltnger Alb wird geschrie­ben: Unlängst reiste ein Wirth von B. nach Amerika ab, nachdem er zuvor seine Freunde besucht, um bei dem oder jenem 100 M. zu ent­lehnen. Er brachte auf diese Weise etwa 3 bis 4000 M. zusammen, welche sowohl Albbewoh- ner, als auch Reutlinger Geschäftsleute ihm als Reisepräsent mitgaben.

Oberriex ingen, 14. Jan. Auf eine eigen- thümliche Weise ist der hiesige Polizeidiener Fr. Strobel verunglückt. Derselbe war auf einem dienstlichen Gange begriffen, als ihm eine Gans im Fluge mit solcher Gewalt auf den Rücken

schoß, daß er zu Boden geschleudert wurde; da­bet verletzte er sich so bedeutend am Kopfe, daß er trotz ärztlicher Hilfe seiner Wunde erlag.

Langenbur g, 13. Januar. In der vor­letzten Nummer unseresVaterlandsfreundes" faßt ein Bekämpfer der gegenwärtig immer wei­ter um sich greifenden Vagabundage die ganze Kur in die drei Worte zusammen: Abschaffung der Verpflegungsstationen; Wiedereinführung der Ortsgeschenke; und Arbeit. Bezüglich des letz­ten Punktes macht er den Vorschlag, die auf unserer Hochebene noch überall so nöthige Drai­nage durch die Stromer unter technischer Leitung ausführen zu lassen und den Aufwand für die Cannstatter Suppenschüssel" als Beitrag dazu in Rechnung zu nehmen. Dieser Vorschlag klingt nicht übel und würde im Interesse der Land- wirthschaft von großem Nutzen sein, auch sofort eine Abscheidung der wirklich Arbeit suchenden von den arbeitscheuen Stromern zur Folge haben. Aber wer nimmt die Organisation in die Hand?

Aus dem Hohenloheschen, 12. Janr. Um sich jeden unberufenen und überlästigen Ein­dringling in ihrer Gemeinde vom Halse zu hal­ten, setzten zwei Bauernbursche und deren Knecht von Mittelbach an dem dortigen derzeit unbe­wohnten Armenhause eine Winde und Stangen an und warfen dasselbe um. Sie wurden we­gen Sachbeschädigung u. s. w. staatsanwaltschaft- lich in Haft genommen und sitzen heute noch bet dem Amtsgericht Langenburg. DasHäuser- schütteln" ist in unserer Gegend schon oft vorge­kommen, aber das Häuserumwerfen ist eine tzeldenthat der Neuzeit.

Aalen, 16. Januar. Auf dem Gottes­acker in Wasseralfingen wurden in der Nacht vom Sonntag auf den Montag ca. 60 Grabsteine umgeworfen und demoltrt. Die Stätte macht den Eindruck, als ob ein Wahn­sinniger daselbst sein Wesen getrieben habe. Hoffentlich wird's doch in unserer Zeit nicht so weit gekommen sein, daß ein Mensch mit klarem Verstände zu einer derartigen haarsträubenden That fähig wäre!

Wasseralfingen, 16. Jan. Der gestern wegen der htesigen Massengrabschändung Ver­haftete und wieder Freigelassene ist heute wieder­holt verhaftet worden, ebenso ein Bruder des­selben. Elfterer konnte seinen Aufenthalt am Sonntag Abend nicht genau Nachweisen und wurde in der Nähe des Friedhofs gesehen. 54 Grabdenkmale sind umgeworfen, über 100 sind beschädigt; der Schaden soll sich auf ca. 5000 M. belaufen. Eine Frau, welche Hofen zugieng, hörte die Arbeit der Bösewichte, lies aber in der Angst, das Aufstehen von Todten befürchtend, davon. Die allgemeine Entrüstung ist hochgradig, und man wünscht nur, es möchte der Frevel von Menschen verübt worden sein, die sich keiner normalen Geistesthätigkeit erfreuen.

Deutsches Reich.

In München versuchte ein 14jähriger Bursche, der Sohn eines Schlossers, seine eigene

diesen Beschluß rettungslos dem Verderben preis­gegeben sind, wenn es ihnen vor der Ankunft des Mahdi nicht gelingt, nach Norden zu ent- fliehen.

Laudesuachrichteu.

Stuttgart, 15. Jan. Die Maschinen­fabrik Eßlingen hat nun die Konzession zu einer Zahnradbahn von Stuttgart nach Degerloch er­halten, so daß deren Herstellung nichts mehr iw Wege steht. Die Anfertigung des Fahrmaterials ist bereits in Arbeit.

Stuttgart, 16. Jan. Wie bekannt wurde s. Zt. von der württembergischen Abgeordneten­kammer eine eine Erhöhung der bestehenden Branntweinsteuer bezweckende Petition, welche von einer Anzahl Branntweinbrenner des Lan­des eingereicht worden ist und der kurze Zeit nachher eine zweite mit gegentheiliger Forderung d. h. auf Beibehaltung der jetzigen Steuer folgte, der Staatsregierung zur Erwägung anheimge­geben. Dieser Tage fand nun eine Versamm­lung einer größeren Anzahl von Mitgliedern des württembergischen Zweigvereins deutscher Liqueur-Fabrikanten und Branntwein-Brenner unter dem Vorsitz von Fabrikant Landauer- Heilbronn statt, deren Zweck war, einer Agitation entgegenzutreten, welche sich bet den Ständen um Erhöhung der Steuer verwenden will und zwar deßhalb, weil, wie es heißt,eine höhere Besteuerung der Branntweiniudustrie zur Bil­dung großer Fabriken führen würde und eine Controle sich ermöglichen ließe, die für die kleineren Brenner nicht belästigend wäre." In längerer Sitzung sprach sich nun die Versamm­lung, welche sich hier zusammengefunden hatte, dahin aus, daß eine Höherbesteuerung des Branntweins höchstens dazu führen würde, die Kleinbrennereien zur Einstellung ihrer Betriebe zu nöthigen. Württemberg sei keineswegs dazu angethan, eine große Branntweinindustrie zu ernähren und alle Verhältnisse seien dabei der­art, eine Kleinindustrie zu erhalten und gedeihen zu lassen. Wie aus dem wetteren Verlaufe der Versammlung hervorging, hat sich der Vorsitzende an das Finanzministerium gewandt und dort den Bescheid erhalten, daß die Regierung ein neues Branntweinsteuergesetz in Bälde den Stän­den vorlegen werde, über dessen Grundzüge selbstverständlich noch nichts verlautet. Nimmt man an, daß sich das in Aussicht stehende Ge­setz an das preußische Branntweinsteuergesetz anlehnt, so wäre nach der Ansicht der Versamm­lung unser Land in Gefahr, auf diesem Wege eines seiner Reservatrechte verlustig zu gehen. Die Versammlung beschloß denn auch mit Rück­sicht auf die zu erwarten stehende Gesetzesvorlage, eine gegen die fragliche Agitation Front machende Resolution anzunehmen, dahin gehend, daß der gegenwärtige Stand unserer Gesetzgebung auf­recht erhalten werden möge, weil es den würt- tembergtschen Verhältnissen entspreche und eine Reform dieser Einrichtung nur die schwerste Schädigung unserer Branntweinindustrie nach

Das Lied der Nachtigall.

Novelle von GHristoptz Wiese.

(Schluß.)

Für ein solches Kleinod von Herzen gern!" sagte der Bürgermeister alsdann, schloß Marten in die Arme und küßte sie.

Das junge Mädchen weinte und war so bewegt, daß es kaum ein Wörtchen auf die Gratulationen, die ihm von allen Seiten dargebracht wurden, zu erwidern vermochte.

Man rückte nun mehrere Tische zusammen, setzte sich und impro­visierte eine Verlobung, wie sie in Freithal seit vielen, vielen Jahren nicht stattgefundeu hatte. Dem glücklichen Bürgermeister war die Zahl noch immer nicht groß genug. Er hätte am liebsten die ganze Stadt herbeiziehen und bewirthen mögen. Der Wein, natürlich der beste, floß in Strömen. Amtsrichter, Pfarrer und andere zwar minder beredte, aber eben so treuherzige Bürger brachten Toaste aus, die Gläser klangen «. s. w.

In dieser Stimmung forderte Velten die Braut zum Tanz auf, nahm sie bei der Hand und verließ den Tisch mit ihr. Die übrigen paarten sich ebenfalls und folgten.

Nun, Herr Kapellmeister," rief der Amtsrichter,meinen alten Liebling noch einmal!"

Die Musik begann. Marie fuhr zusammen, sie hörte den verhäng- nißvollen Walzer. Wilhelm lächelte ihr bedeutungsvoll zu, ahnte jedoch nicht, von wie seltsamen Gedanken und Gefühlen sie in diesem Augen­blick bewegt wurde.

Erst spät in der Nacht fuhren die beiden Equipagen nach der Stadt zurück. Marie saß noch längere Zeit am Bette der Mutter. Was

wußte sie nicht alles zu erzählen! Die Kranke konnte sich kaum finden in dieses Glück.

Jetzt, mein Kind," sagte sie,darf ich ruhig sterben deine Zu­kunft macht mir keine Sorge mehr."

Nein, nein, süße Mutter," rief das Mädchen in großer Aufregung, du mußt noch lauge, recht lange leben, ich kann und will ohne dich nicht glücklich sein! Doch nun gute Nacht!"

Marie küßte die Mutter und gieng in ihr Kämmerchen. Doch es war ihr nicht möglich, zu schlafen. Sie hatte Kopf und Herz zu voll. Die Erlebnisse der wenigen Stunden, der Kontrast zwischen der tiefsten Noth und dem höchsten Glücke wirkten zu gewaltig auf ihr zartes, reiz­bares Gemüth.

Zwischen dem Rathhause, dem Häuschen an der Stadtmauer und Liebeustein, entwickelte sich jetzt ein ungemein lebhafter Verkehr. Der Bürgermeister fuhr fast täglich zu seinem Sohn hinaus und unterließ dann nie, die künftige Schwiegertochter mitzunehmen.

Sobald die nötigsten Vorbereitungen getroffen, fand die Hochzeit statt. Fast das ganze Städtchen nahm Theil daran, sogar die Armen, welche auf Kosten des Bürgermeisters gespeist wurden.

Auf dem Gute Liebeustein gieng mit Mariens Mutter eine merk­würdige Veränderung vor. Von aller Sorge befreit und aufs sorgfäl­tigste gehegt und gepflegt, genas sie sehr bald und wurde so kräftig, wie sie als Wittwe nie gewesen war.

So trug alles dazu bei, das Glück des jungen Paares zu er­höhen.

Eines Abends saß Marie im Park und zwar an ihrem LieblingSplätz- chen, der kleinen Bank am Weiher. Der Mond schien hell und in den dunklen Tannen die das leuchtende Gewässer, tu welchem ein Schwan