gen der Apothekergehilfe G., zur Zeit Einjäh­riger, mittelst Chloroform getödtet. Seine Braut­schaft mit einem Mädchen aus Winnenden scheint nicht die volle Billigung seiner Verwandten ge­funden zu haben, daher die Lebensmüdigkeit.

Aus Niederhofen. 11. Jan., enthält dieHeilbr. Neckarztg." folgendes Eingesendet: Wer wie Einsender dieses unter dem Landvolk lebt und verkehrt, kann nur mit Bedauern und Bekümmerniß wahrnehmen, wie allerorten, so auch in unserer Gegend, sich die ökonomische Lage des Bauernstandes immer ungünstiger ge­staltet: von Heuer und fernd haben die Leute ihre Frucht daliegen und niemand fragt darnach; der Reingewinn ist überhaupt so gering, daß sich die Landwirtschaft nicht mehr rentirt. Es ist klar, nicht Steuer und Militärlast, diese not­wendigen Uebel sind es, welche auch den fleißi­gen und sparsamen Bauer allzu schwer bedrücken, sondern die übermächtige ausländische Einfuhr, welche ganze Berge fremden Getreides in den Haupthandelsplätzen aufthürmt. Die Unzufrie­denheit, nicht mit der Reichsregierung, sondern mit der Reichsvertretung, nimmt zu. Möchten doch unsere Reichstagsabgeordneten, soweit sie ein Herz fürs Volk haben und nicht im Dienst des internationalen Großkapitals stehen, endlich einmal aufhören unseres Bismarcks wohlgemein­ten Pläne zu diskredttiren und zu vereiteln, mit welchen er sowohl die Quellen der Sozialdemo­kratie zu verstopfen, als auch dem Bauern- und ebendamit auch dem Handwerker- und Gewerbe­stand aufzuhelfen bemüht ist.

Ulm, 14. Jan. Kürzlich wurde von dem hiesigen Schöffengericht ein 28 Jahre altes Frauenzimmer wegen Diebstahls bestraft, das nicht weniger als 89 Vorstrafen erstanden hatte.

Deutsches Reich.

Die badische zweite Kammer verwies die Motion Buol und Genossen um einen Ge­setzentwurf im Sinne der preuß. Subhastations- ordnung mit der Tendenz, daß der Verkauf von Liegenschaften bei Zwangsvollstreckungen nur geschehen darf, wenn das Höchstgebot zur Deck­ung sämmtlicher Nachhypotheken ausreicht, wegen ihrer großen Wichtigkeit an eine besondere Kommission.

Der Vorstand der badischen Anwaltskam­mer hat den Rechtsanwalt Dr. Herz von M an ri­tz e i m von der Anklage wegen Verletzung seiner Berufspflichten in Vertretung des bekannten, in Mannheim abgeurtheilten Wucherers Salo­mo» Kaufmann freigesprochen. Als Vertheidiger des Dr. Herz fungirte R.-A. Payer II. von Stutt­gart. Sicherem Vernehmen nach wird der großh. Oberstaatsanwalt, der die Anklage gegen Dr. Herz vertrat, gegen diesen Spruch die Berufung an den Ehrengerichtshof in Leipzig ausführen.

Von der Tauber, 13. Jan. Eine fast unglaubliche Schatzgräber-Geschichte fand dieser Tage vor der Strafkammer in Mosbach ihren Abschluß. Einige sehr vermögliche Bauern in Heckfeld, einem Orte des Taubergrunds,

waren von dem Wahn beherrscht, es seien in ihrer Gegend enorme Schätze zu heben u. fan­den in einem gewissen Th. Sack, Maurer und Colporteur von da, Unterstützung in ihrem Vor­haben. Dieser verstand es, die Leichtgläubigen am Narrenseil herumzuziehen und ihnen unter den verschiedensten Vorspiegelungen nament­lich unter der, es seien immer wieder arme Seelen auszulösen, zu welchem Behufe von zahl­reichen Geistlichen kostspielige Messen gelesen werden müßten gegen 3040,000 Mark ab­zuschwindeln und sie dadurch an den Bettelstab zu bringen, während er selbst, der nichts mehr arbeitete und einen großen Aufwand machte, sich ein großes Bauerngut kaufen konnte. Die Schätze blieben natürlich ungehoben, Sack aber, welcher am 8. d. M. vor der Strafkammer in Mosbach sich zu verantworten hatte, erhielt we­gen vielfachen Betrugs und Urkundenfälschung eine Gefängnißstrafe von 8 Jahren.

Darmstadt, 12. Jan. Vor wenigen Tagen hat sich ein Rekrut in selbstmörderischer Absicht bei Arheiligen unter die Räder eines daherbrausenden Zuges geworfen, der ihn auch auf der Stelle tüdtete. Gestern Nachmittag hat nun der Sergeant N. von derselben Kompagnie in seinem Kasernenzimmer versucht, sich durch einen Schuß in den Kopf ums Leben zu bringen. Er hatte durch theilweise ausgeübte, theilweise angedrohte Mißhandlung jenen Rekruten in den Tod getrieben, und die Furcht vor der Strafe hat ihn selbst zum Selbstmord veranlaßt.

Frankfurt a. M., 15. Januar. Das Journal" meldet, der muthmaßliche Thäter, welcher das Dynamitattentat im Polizeiprästdial- gebäude am 29. Oktbr. v. I. verübte, sei in Hamburg verhaftet.

(Ein Selbstankläger.) Schwere Gewissens­bisse, ein Mord, sollen nach derWests. Ztg." einen Deserteur, Sappelt aus Schlesien (früher in Wattscheidt), zur Rückkehr nach Wesel und freiwilligen Gestellung gedrängt haben. Nach­dem Sappelt am 2. Dezbr. nach mehrjährigen unstäten Fahrten aufgegriffen und in Wesel beim 56. Infanterieregiment eingestellt war, desertirte er bereits am 15. wieder, meldete sich aber am 18. Dez. freiwillig beim Regimentskommando mit der Anzeige, daß er im April oder Mai 1881 (in einer Feiertagsnacht) auf einer Wiese nahe bei derEngelsburg" bei Bochum einen Men­schen ermordet und vor Gewissensbissen keine Ruhe habe. In der That ist am Ostermontag (18. April 1881) bei derEngelsburg" der Maurer Karoß aus Lütgendortmund ermordet aufgefunden worden. Wegen dieser That ist der 21jährige Bergmann Günther von Ehrenfeld bei Bochum wegenTodtschlag" zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Ob dieser, welcher die That stets geläugnet hat, unschuldig verurtheilt ist, oder ob Sappelt mitbetheiligt war, wird die weitere Untersuchung ergeben."

(Von der Arbeiterkolonie Wtlhelmsdorf.) Bei dem Interesse, welches sich dem Projekte der Gründung von Arbeiterkolonien in Würt­

temberg zuwendet, wird eine Mittheilung vou Interesse sein, welche der Vorstand der west­fälischen Arbeiterkolonie bezüglich der Thätigkeit und des Zustandes der Kolonie Wilhelmsdorf veröffentlicht. Es heißt dort: Die Anstalt hat bis jetzt 1578 Arbeit suchende Männer ausge­nommen, von denen 1088 auf das Jahr 1883 kommen. 1036 haben durch die Vermittelung der Anstalt anderweitig Arbeit gefunden, 129 zogen in ihren alten Kleidern ab, da sie sich neue Kleidung noch nicht in der Kolonie ver­dient hatten, weil ihnen die ausdauernde Arbeit nicht gefiel. 51 haben sich unredlicher Weise entfernt, ohne ihre Kleider ganz abverdient zu haben. 363 Mann sind jetzt in der Kolonie anwesend. Im Allgemeinen spricht sich der Bericht dahin aus, daß die große Mehrzahl Colonisten der Anstalt dauernd Freude gemacht hat, auch nachdem die Leute anderweitig i» Arbeit getreten waren. Irgend welcher Zwang oder polizeiliche Hilfe ist in der Kolonie nie­mals nöthig gewesen; Jedermann ist frei und kann jeden Tag gehen, wenn er will.

Ausland.

(Die Wiener Mordthaten.) Einer der Raubmörder, welche den Wechsler Ei se rt überfielen, scheint sich nunmehr in den Händen des Gerichts zu befinden; es ist der Gärtner­gehilfe Josef Pongracz, ein sehr gefährliches Individuum. Man hat bei ihm kein Geld gefun­den, was ihn aber sehr verdächtig macht, ist der Umstand, daß er in den letzten Tagen, um ein verändertes Aussehen zu gewinnen, seinen Bart abschnitt und absolut kein Alibi darüber, wo er Donnerstag Abend in der kritischen Stunde war, anzugeben vermag. Bei seiner Konfron- dation mit Eifert glaubte dieser in demselben mit größter Wahrscheinlichkeit einen der Thäter zu erkennen und zwar denjenigen, welcher ge­fragt, ob Eifert Rubelschetne wechseln könne, und der ihn sodann in den Hof verfolgte. Auch ein Komplize des Pongracz, Namens Jos. Dürschner, ein Bronzearbeiter, soll verhaftet sein. Das Befinden Eisert's und seines ver­wundeten 10jährigen Sohnes ist ein verhältniß- mäßig günstiges. Wie sich dasselbe aber in den nächsten Tagen gestalten wird, darüber vermö­gen die Aerzte noch nichts Bestimmtes zu sagen. Der Mädchenmörder Schenk wurde eines fünften Mädchenmordes überführt. Uebrigens mehren sich die Anzeichen dafür, daß die Zahl der von Schenk hingeopferten Mädchen eine größere ist, als durch die bisherige Untersuchung festgestellt werden konnte, und daß die Ziffer derjenigen, welche dem entsetzlichen Handwerke dieser Bestie in Menschengestalt zum Opfer ge­fallen sind, noch nicht abgeschlossen ist.

Wien, 14. Jan. Der ermordete Rudolf Eifert ist gestern Nachmittag unter großer Teil­nahme beerdigt worden. Der Zustand des Geld­wechslers Eifert und des zweiten Sohnes hat sich gebessert. Die Genesung beider ist nicht ausgeschlossen.

Aas Lied der Mchtigall.

Novelle von Mristoptz Wiele.

(Fortsetzung.)

Wilhelm war der einzige Sohn des Bürgermeisters. Er hatte Marien schon lieb gewonnen, als er von deren Vater unterrichtet wor­den und diese Liebe nun, wenn auch im Geheimen, die langen, langen Jahre hindurch treu und redlich genährt. Nichts konnte ihn davon ab­bringen, selbst der Konflikt mit seiner Familie nicht. Uebrigens waren Mutter und Schwester dieserhalb nie ernstlich oder gar feindlich gegen ihn aufgetreten. Obgleich sie sein Verhältniß zu Marie nicht billig­ten, so hatten sie doch schon mehrfach versucht, den stolzen und wider­strebenden Bürgermeister dafür zu gewinnen, indes vergeblich.!

Wilhelm verwaltete das einige Minuten von Freithal belegene und seinem Vater gehörende Gut Liebenstein. Er wohnte dort und kam in letzter Zeit nur selten, fast nur in geschäftlichen Angelegenheiten nach der Stadt.

So gestaltete sich die Lage der Familie Friedberg immer mißlicher. Wenn Mutter und Tochter noch theilnahmen an dem Schützenfeste, ge­schah es nur gezwungen. Wilhelm, der sich als den Urheber dieser Ver­stimmung betrachten mußte, war daher um so glücklicher, als der Vater endlich eingewilligt.

Bald hatte Marie ihre Toilette beendet. Sie kehrte aus der Kam­mer zurück und sah, wenn auch nicht ballmäßig. so doch allerliebst aus.

Die jungen Leute verabschiedeten sich, bestiegen den Wagen und fuhren nach dem alten Stadtmarkte, wo der Bürgermeister wohnte.

Als Wilhelm die festlich geschmückten Häuser, die vielen Kränze, Guirlanden und Fahnen erblickie, drückte er der Geliebten die Hand.

Diese Pracht, von lichtem Silber des MondeS übergossen, paßte zu seinem Glück.

Marie aber bemerkte sie kaum. Sie dachte an den bevorstehenden Empfang und fühlte eine gewisse Beklemmung. Die reiche vornehme Familie und dagegen ihre eigene Armuth und Niedrigkeit dieser große Gegensatz lastete wie ein Alp auf ihrer Seele. Sie athmete schwer.

Muth, Muth, Marie!" sagte Wilhelm, als sie die beiden Trep­pen des Rathhauses Hinaufstiegen.Alles wird besser gehen, als du denkst."

Und in der That, Mutter und Tochter empfangen das neue Familten- glied aufs herzlichste, schlossen es in die Arme und küßten es. Die Frau Bürgermeister vergoß sogar Thränen, lichte, reine Freudenthränen. Ihr Auge haftete mit sichtbarem Wohlgefallen auf dem herrlichen Mäd­chen, das mit ihrer Tochter ungefähr dieselbe Größe hatte, aber noch weit kräftiger und blühender war.

Ihr habt uns lange warten lassen, Kinder," sagte sie dann,wir müssen eilen, daß wir nach der Vogelwiese kommen. Zuvor indeß laßt unS ein wenig Toilette machen."

Hierauf begaben sich die drei Damen in ein Nebenzimmer und kehrten nach ungefähr zehn Minuten zurück. Wilhelm stutzte. Er er­kannte Marien kaum wieder. Sie trug ein himmelblaues, nach der neuesten Mode gearbeitetes Barekleid, und lächelte so glücklich, daß jede Besorgnitz, ihr Zartgefühl könne verletzt sein, in ihm verschwand.

Das ist der Vorthetl, mein Sohn," scherzte die Mutter, wenn man zwei erwachsene Töchter hat. Nimmt die Schneiderin einmal nicht richtig Maß oder verdirbt sie gar ein Stück für die eine, so paßt es der andern. Doch jetzt laßt uns aufbrechen.

Man bestieg nun die Wagen und fuhr nach der Vogelwiese.