Wie», 14. Jan. Die Beweise und Anzeichen, welche dafür sprechen, daß die beiden verhafteten Personen, Pongraz und sein Genosse Dürschner, den Raubmord in der Eisert'schen Wechselstube verübt haben, haben sich derart gehäuft, daß an der Schuld dieser Männer nicht mehr zu zweifeln ist. Viele Personen, welche die Verbrecher zur Zeit der Ünthat von der Wechselstube wegfltchen sahen, erkannten in beiden die Mörder. Verschiedene Versuche, ihr Alibi nachzuwetsen, mißlangen. Von dem geraubten Gelde wurde dennoch nichts vorgefunden. — Den Raubmördern Schenk und Schlossarek werden wieder neue Verbrechen (Beraubung von Männern) zur Last gelegt.
— Das ungarische Oberhaus verwarf am Samstag mit 200 gegen 191 Stimmen abermals den Gesetzentwurf, betr. die Eheschließung zwischen Christen und Juden.
Agram, 13. Jan. Im Landtage wurde bei der Abstimmung über den gegen das Gendarmeriegesetz gerichteten Antrag Markowics von der Partei des Starcevics ein so arger Tumult erhoben, daß die Sitzung resultatlos geschloffen werden mußte.
(Der Vesuv) ist seit einigen Tagen thätig. Im Nordwesten hat sich ein neuer Krater gebildet. Die Lava hat bereits Atrio erreicht und aus dem Innern des Berges wälzen sich unter Donnern fortwährend ungeheure Wolken empor. Professor Palmieri hat schon sechs Tage vorher, auf Grund der Anzeigen des Seismographen, den Ausbruch verkündet.
(Ein Vermächtniß für den Papst.) Die „Raffegna" theilt mit, daß eine englische Dame, die dem Peterspfennig jährlich 4000 Pfund beizusteuern pflegte, dem Papst letztwillig 480,000 Pfund — 9,600,000 Mark — vermacht bat. Der Papst hat einen seiner Neffen und den Ceremonienmeister Cataldt nach London geschickt um das Legat in Empfang zu nehmen.
Paris, 13. Jan. Heute fand eine Versammlung beschäftigungsloser Arbeiter statt, bei der ungefähr 2000 Personen anwesend waren. Nach der Rede, worin gesagt wurde, daß durch die schreckliche Krisis in Paris 150 000 Arbeiter ohne Beschäftigung seien, erklärten die Redner, das einzige Mittel der Abhilfe sei die Revolution; man müsse das Gewehr ergreifen. Die Versammlung verlief äußerst hitzig; die Reden übertrafen jedoch die in allen anderen anarchistischen Versammlungen keinesfalls. Schließlich wurde eine Tagesordnung angenommen, worin es heißt, das größte Heil sei in einer baldigen Revolution zu suchen. Nach Schluß der Versammlung bildeten sich Gruppen, welche die Car- magnale sangen und riefen: „Nieder mit der Polizei!" Darauf schritt die Polizei ein und zerstreute die Gruppen. Sechs Personen, darunter eine Frau, wurden verhaftet. In einer gestrigen Versammlung war beschlossen worden, heute vor das Elisee und die Kammer zu ziehen; bis 5 Uhr fand jedoch keine Kundgebung vor einem der genannten Palais statt.
— Von Paris meldet man der„K.Z.": Die bedeutende Möbelfabrik in der Vorstadt Saint Antoine hat alle Arbeiter deutscher Nationalität entlasten. Es wird auch bereits angekündigt, daß andere Fabrikanten in Folge eines Uebereinkommens der Arbeitgeber dieselbe Maßregel ausführen werden.
London, 14. Jan. Ein Reuter'sches Telegramm aus Canton von heute sagt: Die Behörden der Provinz Kwangtung treffen ernstliche Kriegsvorberettungen. Zwischen Canton und der Grenze von Tongking werde eine telegraphische Verbindung hergestellt. Nach Hai- nan wurden beträchtliche Truppenverstärkungen geschickt. Eine Proklamation des Vicekönigs fordert die Bevölkerung auf, sich auf den Krieg vorzubereiten und den Angriff der Franzosen zurückzuweisen. Die Proklamation gedenkt schließlich des freundschaftlichen Verhältnisses zu den anderen Nationen.
Ar ras, 12. Jan. In dem Kohlenbergwerke Ferfay fand eine Explosion schlagender Wetter statt. Sieben Todte und 12 Verwundete sind bereits zu Tage gebracht worden und fünf Andere werden für verloren gehalten.
Petersburg, 15. Jan. In der deutschen Botschaft fand gestern zu Ehren des neuen französischen Botschafters, General Appert, großes Diner statt, woran die sämmtlichen Botschafter und mehrere Gesandte theilnahmen.
Ha«del rr«d Berkehr.
Stuttgart, 14. Jan. (Landesproduktenbörse.) Das Wetter behielt auch in der vergangenen Woche einen milden Charakter bei; zwar hatten wir einige Frostnächte, aber die Tage waren ungewöhnlich mild. Auf unsere Wintersaaten, welche Heuer sehr erstarkt sind, wird diese Witterung bis jetzt keinerlei schädlichen Einfluß ausgeübt haben. Die Tendenz im Getreideverkehr war womöglich noch flauer als in der Vorwoche; Wien ist mit seinen Weizenpreisen weiter zurückgegangen und auch New-Iork hat etwas nachgegeben; auf unser» Markt influiren diese Verhältnisse kaum, weil beide Handelseentren immer noch zu hoch sind, um hier mit Erfolg gegen das eigene Produkt und die billigen bayerischen und russischen Wei- zen^konkurriren zu können. Das Geschäft auf unserer heutigen Börse blieb sehr beschränkt, es fehlte an jedem Animo zum Kaufen.
Wir notiren per 100 Kilogr.:
Weizen bayer. . . 20 M. 50 bis 20 M. 70
dto. russ. Sax . 20 M. 25 bis — M. —
Haber, prima . . 13 M. 80 bis — M. —
dto. gewöhn!. . 13 M. 20 bis — M. —
Stuttgart, 14. Jan. (Mehlbörse.) Der Verkehr beschränkte sich in der vergangenen Woche auf den nothwendigsten Bedarf bei unveränderten Preisen. An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1490 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen, zu folgenden Preisen: per Sack von 100 Kilogr., Brutto für Netto bei Abnahme größerer Posten:
Mehl Nr. 0 . . 32 M. 50 bis 34 M. —
Nr. 1 . . 30 M. 50 bis 32 M. —
Nr. 2 . . 28 M. 50 bis 30 M. —
Nr. 3 . . 26 M. 50 bis 28 M. —
Nr. 4 . . 21 M. — bis 22 M. —
Nagold, den 12. Januar 1884.
Neuer Dinkel ... 6 50 6 24 6 —
Haber ..... 6 — 5 79 5 60
Gerste. 8 60 8 33 8 —
Bohnen.— — 7 50 -
Waizen. 9 45 8 41 6 50
Erbsen . .. . .-11 —-
Linsen-Gerste ...- 7 50 -
Calw, dm 12. Januar 1884.
Kernen.. 9 60 -
Dinkel alter ... 7 — 6 93 6 80
Haber alter ... 6 — 5 75 5 70
Freudenstadt, 12. Januar1884.
Waizen.. 9 50 -
Kernen ..... 10 25 10 8 9 90
Roggen ..... - 8 50 -
Vermischtes.
(Eine Kritik.) „Mein Vater hatte eine Kuh", begann ein junger Schriftsteller eine Kinder- geschichte. Ein bösartiger Kritiker behauptete „der Vater habe auch ein Kalb gehabt."
(Eine originelle Ehrenerklärung) brachte kürzlich ein Wiener Blatt: „Erklärung. Ich nehme die gegen „Azor," den Hund der Baronin v. K., ausgestoßene Beleidigung hiermit zurück und erkläre „Azor" hiermit für einen Ehrenhuud. Anna L.. geb. K."
Ein Freund in der Noth.
Mühlheim a. d. Ruhr. Geehrter Hr. Brandt! Seit längerer Zeit litt ich stets an heftigem Magenleiden und gebrauchte ich dieserhalb viele verordnete Mittel jedoch ohne Erfolg. Schließlich holte ich mir aus der Apotheke Ihre Schweizerpillen und nach Gebrauch von zwei Schachteln derselben bin ich vollständig von meinem Uebel befreit. Meines Erachtens ist es erforderlich, solche im Wiederholungsfälle im Hause zu führen und bitte ich um gefällige Zuwendung noch einer Schachtel derselben. Achtungsvoll und ergebenst Wilhelm Roßhoff. Erhält- ltch L M. 1 in den bekannten Apotheken.
Sanitaire Borfichtsmaßregel. .Bei Temperaturwechsel, welchem wir zur jetzigen Jahreszeit öfter unterworfen sind, wodurch Katarrhe, Husten und ähnliche Belästigungen der Athmungsorgane entstehen, machen wir auf die Vorzüglichkeit des ächten rheinischen Trau- ben-Brust-Honigs von W. H. Zicken- heimer in Mainz hiermit aufmerksam. Dieses schleimlösende, sich durch köstlichen Geschmack auszeichnende Trauben-Präparat ist in vielen Familien als nie versagendes Hausmittel adop- tirt, nicht allein zur Milderung und Beseitigung bereits entstandener Uebel, sondern auch zur Vorbeugung derselben. Der Verkauf ist am hiesigen Platze Herrn Christian Burghard am > Marktplatz übertragen.
Hier herrschte noch immer ein ungemein lebhafter Verkehr. In rosigster Stimmung und von unzähligen Lichtern beleuchtet, fluthete die Menge auf und ab. Hier und da wurden Schwärmer geworfen, bengalische Feuer abgebrannt u. s. w.
Auch in dem Zelte, wo die Honoratioren des Städtchens versammelt waren, ging es überaus lustig her.
Die Musik durfte nur kleine Pausen machen und die Gläser klangen fast ununterbrochen, namentlich an dem Tischchen der drei Freunde. Amtsrichter Velten hatte das Wort. Bald erzählte er irgend einen Schwank aus seinen Studienjahren, bald sang er ein komisches Liedchen u. s. w. So vergieng die Zeit, ohne daß man es merkte.
Als sich der Bürgermeister eben erhob, um die leeren Gläser wieder aufzufüllen, sah er Wilhelm und Marte und hinter ihnen Frau und Tochter in das Zelt treten. In hohem Grade überrascht, stand er da und vergaß Wein und Freunde. Je näher Marie kam, desto heiterer und verklärter wurde sein Gesicht. Schon wollte er ihr entgegeneilcn, aber der Amtsrichter trat dazwischen und hielt ihn zurück.
„Halt, alter Junge!" rief er, das zitternde Mädchen bei der Hand nehmend. „So leichten Kaufes kommt man doch nicht zu einer so herrlichen Schwiegertochter. Fräulein Marie wird wahrscheinlich nichts dagegen haben, daß ich als Rechtsanwalt für sie eintrete. So frage ich denn, Hans Heinrich Friedberg, Bürgermeister von Freithal, ob du gewillt bist, das Gut Liebenstcin, schon jetzt, und zwar schuldenfrei und zum Erb- und Eigenthum, an deinen Sohn Wilhelm abzutreten?"
Der Bürgermeister lächelte. (Schluß folgt.)
(Per Postanweisung.) Aus einem Orte in der nächsten Umgebung von Znaim wird folgende lustige Postgeschtchte erzählt: In der Expe
dition einer kleinen Landpost-Station des Znaimer Bezirkes sitzt der junge Postexpeditor und hantirt mit seinen Briefschaften. Da klopft eS leise an die Thür, und ein junges hübsches Bauernmädchen tritt herein und nähert sich dem Postbeamten schüchtern, mit verlegenem Lächeln, ihm eine Postanweisung darreichend. Dieser prüft das Poststück mit strengem Auge, findet es in Ordnung und zahlt dem Mädchen den entfallenden Betrag aus. Dabei fragt er, warum sie den Coupon von der Anweisung nicht abgeschnitten habe, nachdem der Absender doch eine Mit- theilung für sie darauf geschrieben habe. „So," sagt das Mädchen „ja wissen S', ich kann nicht lesen, sein S' daher so gut und lesen Sie mir's vor. Der Expeditor nimmt den Coupon und liest: „Ich sende Dir hiermit 3 Gulden nebst tausend Küssen und Grüßen." Rasch besteht er sich das hübsche Mädchen und sagt hierauf mit vollkommen postalischem Ernste: „Das Geld haben Sie nun, und die Küsse werde ich Ihnen sogleich verabfolgen," worauf das Mädchen ihm seelenvergnügt um den Hals fällt und sich fröhlich Müssen läßt. Zu Hause angekommen, sagt sie zu ihren Leuten: „Na, wie's jetzt schon bequem auf der Post eingerichtet ist — die Busseln kriegt man a schon mittels der Anweisung."
* *
(Enttäuschung.) „Sag' mal, Frauchen, was hättest du lieber, einen Diamantring oder echte Spitzen?" — „O du gutes, süßes Männchen! Du willst mich gewiß überraschen. Nun, offengestanden: Spitzen sind mir doch lieber!" — „Gewonnen!" — „Was denn?" — „Zehn Maik! Ich habe nämlich mit deiner Mutter gewettet, ob du, wenn dir freie Wahl gelassen würde, lieber Spitzen hättest oder Diamanten. Nun habe ich doch gewonnen, das ist wirklich famos!" — Ob dies die junge Frau auch fand, wissen wir nicht.