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Amts- »nd AuMgeblatt Mr dm Oberamtsdyirk Calw
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Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag, Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 1L Pfg.
Mittwoch, -en 21. Dezember 1910.
BezugSpr.i. d. Stadt ^jährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. 7 .d.Orts-u.Nachbarortsverk. Vajährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Besteüg. Ln Würrt. 30 Pfg., in Bayern n. Reich 42Pfg.
Tagesueuigkeiten.
» Calw 21, Dez, Am letzten Sonntag beging der ev. Jünglingsverein im Vereinshau« seine Weihnachtsfeier. Der Andrang zu dieser Feier war wie in den früheren Jahren sehr groß; der Saal füllte sich bi» auf das letzte Plätzchen und über 300 Personen lauschten mit großer Spannung den Ansprachen und Vorträgen. Da« Programm war sehr reichhaltig und bot da» Bild einer anregenden und ernsten Feier gepaart mit ernster und fröhlicher Unterhaltung. Ansprachen wurden gehalten von dem Vorstand des Jünglingiverein«, Stadlpfarrer Schmid, und und von Dekan Rook. Von den Jünglingen selber wurde» Gedichte vorgetragen und ein Hütenspiel „Hüter ist die Nacht schier hin" von A. Burk hier zur Aufführung gebracht. Da« WeihnachtSstück behandelt da« Gespräch der Hirten auf dem Felde und die Verkündigung der Geburt Christi durch die Engel bei Bethlehem. Der Verfasser hatte die Einstudierung de« Stück« und die Leitung derselben am Festabend übernommen. Mit hohem Ernst und mit zuversichtlicher Freude schildert das Stück die Erwartungen Israel«, die damalige» Zustände de« jüdischen Reiches, die wunderbaren Erschein«: Zen, die auf die Geburt de« Messias hinwiesen, und die Verkündigung der Geburt Jesu durch den Engel. Eingeschoben sind einige Handlungen, die de» guten Hirten versinnbildlichen und dem Stück zur Belebung und Ausschmückung dienen. Da« Stück eignet sich vorzüglich zur Aufführung inJüngling»- vereiven und wird überall von gutem Erfolg begleitet sein. Die Aufführung selbst verdient alle« Lob, die Darsteller gaben sich viel Mühe, das Stück dramatisch zu gestalten und zu beleben und e« mit großer Hingebung zur Sache den Zuhörern vor Augen zu führen Im Zusammenhang mit
dem Weihnacht« spiel standen zwei lebende Bilder, die ebenfalls sehr schön arrangiert und durchaus stimmungsvoll waren. Die ganze Feier war umrahmt von Gesängen und Bibelworten und lieferte den Beweis, daß im Jüng- lingrverei« ein ernstes und doch wiederum fröhliches Streben besteht, die Sache der JünglingS- vereine hoch zu halten, die Jugendzeit heilig zu halten und im Verein mit gleichgesinnten Freunden sich auszusprechen und weiterzubildeu. Die Teilnehmer an der Feier äußerten sich alle hochbefriedigt über den schönen und würdigen Verlauf de« Feste«.
Stuttgart 20. Dez. (Tödlicher Unfall.) Heute vormittag stürzte in einer Buchdruckerei in der Rotebühlstraße ein 14 Jahre alter Buchdruckerlehrling anscheinend infolge eines Schwindelanfalles ca. 1,5 Meter hoch herab, so daß der Tod sofort eintrat. Der Leichnam wurde ins Leichenhau« de« Pragfriedhofs verbracht.
Stuttgart 20. Dez. (Fleischversorgung.) Auf der gestrigen Sitzung de« Gesamtkollegiums der Zentral st ellefürLand- Wirtschaft, der auch der Minister des Innern beiwohnte, wurde die Frage der Fleischversorgung durch ein ausführliches Referat de« Ober- regierungsrat« Baier behandelt. Bei der Diskussion rechtfertigte der Minister die Einführung von französischem Schlachtvieh. Ein Antrag de« Landtagsabgeordneten Pfarrer Keilbach, eine Viehverwertung«- zeutrale für da« ganze Land zu schaffe», wurde einstimmig angenommen. Da« Gesamtkollegium erblickte in der Zulassung von fremdem Schlachtvieh eine für die einheimische Fleischproduktion nachteilige Maßnahme und bat die Staat»- regierung, diese Zulassung beim Rindvieh allmählich und bei den Schweinen tunlichst bald
zurückzuziehe». Auch hierüber herrschte Einstimmigkeit. Einstimmig angenommen wurde schließlich »ach einem Referat de« Freiherr» Pergler v. Pergla« eine Erklärung, in der die alsbaldige Bereitstellung von Staatsmitteln zu Darlehen an notleidende Weingärtner zur Bekämpfung der Rebschädlinge und zu Not- stand«arbeiten für notwendig erklärt wurde.
Stuttgart 20. Dez. Der.Polizeibericht meldet: Mit Rücksicht auf die auswärts vorgekommenen Margarinevergiftunge» hat da« Stadtpolizeiamt festgestellt, daß die Altonaer Margarinewerke Mohr u. Co., G. m. b. H. in Altona-Ottensen, auch in Stuttgart Margarine unter der Marke „Frischer Mohr" und „Luisa" an Privatpersonen in Postpaketen abgesetzt hat. Eine zur Verfügung gestellte Probe der Marke „Frischer Mohr" erscheint »ach dem Ergebnis der Untersuchung durch da« städt. chemische Laboratorium nicht einwandfrei. Die Versuche mit einer Probe der Marke „Luisa" find «och nicht abgeschloffen.
Stuttgart 20. Dez. (Der Ernteertrag der Feldfrüchte.) Die Berechnung de« Ernteertrag» in Württemberg im Jahre 1910 ist nunmehr fertig gestellt. Verglichen mit dem Vorjahr, das allerdings eine ausnahmsweis gute Ernte gebracht hatte, ist in Getreide- und Hülsevfrüchten durchweg ein erheblich geringerer Hektarertrag erzielt worden. Auch verglichen mit dem 10jährigen Durchschnittsertrag, bleiben die Hektarerträge de« Jahre« 1910 fast durchweg zurück, eine Folge der »affen Witterung des heurigen Sommers. Für die Hauptgetreidefrüchte stellen sich die Hektarerträge in Doppelzentnern und die Gesamterträge in Tonnen verglichen mit dem Vorjahr wie folgt: Weizen 13,79 (minus 4,73), 57 644 (mimi8
Am den Lorbeer der Wissenschaft.
41) Roman von Friedrich Thieme.
(Fortsetzung.)
„Willst du essen, Reinhart? Du wirst gewiß hungrig sein?"
„Danke, Gertrud — ich — ich habe unterweg» gegessen."
Müde und gebrochen sank der Doktor in einen Stuhl.
Gertrud stand auf, trat zu ihm und berührte teilnahm»voll seine» Arm.
„Lieber Reinhart —"
Er antwortete nicht.
„Herrgott, du bist ja bis auf die Haut durchnäßt," rief sie entsetzt. „Du wirst dich auf de» Tod erkälten! Albin, Reinhart ist heute unmöglich imstande, dir den Willen zu tun — er muß auf der Stelle in« Bett."
Da raffte sich Dr. Hohl energisch empor.
„Wo denkt Ihr hin", rief er aufspringend und seine Gestalt emporreckend. „Das brßchen Regen! Sorge nicht, Gertrud, ich bin an die Einflüsse der Witterung gewöhnt. Nein, nein, ich habe Albin einmal da« Versprechen gegeben, und bin gekommen, e« einzulösen. Also vorwärts Schwager, laß un« aufbrechen."
„Nicht eher, bi« du dich umgezogen hast, Reinhart," entgegnete aber der Arzt bestimmt. „Und deinen Hut — wo hast du nur deine» Hut gelassen?"
„Ich weiß e« nicht", entgegnete Reinhart finster. „Ich muß ihn unterweg« — gleichviel, wo er geblieben ist. Ich befand mich in einer Geistesverfassung, Ihr Liebe», in der man auf derlei Nebensächlichkeiten nicht achtet. Ich habe e« nicht eher gemerkt, daß ich barhäuptig war, bi« alles Forschen nach der verlorene» Kopfbedeckung mir nichts mehr nützen konnte."
„Trotz de« herrschenden Sturme»?" fragte der Doktor kopfschüttelnd.
Reinhart antwortete nicht weiter; er ging in sein Zimmer, sich umzukleiden. Nach wenige» Minuten schon kehrte er zurück.
„Alle« in Ordnung", meinte Fresen, ,,bi» auf da« Ueberkleid; deinen »affen Paletot kannst du nicht wieder anziehen. Du nimmst meinen Gummimantel — so — und nun komm. Der alte Freiherr erwartet dich gewiß sehnsüchtig. Ich habe alle» Nötige angeordnet. Niemand nimmt von Eurem Weggehen Notiz. Alle Hindernisse sind nur scheinbare. Hier hast du die Schlüssel, du spiegelst ihm vor, du habest mir dieselben heimlich fortgenommen. Ich und ein Wärter folgen euch unbemerkt, solltest du unserer bedürfen, so rufe oder pfeife."
„Schon gut."
Nach kurzem Abschied von Gertrud brachen beide nach der nahen Anstalt auf; schweigend schritten sie neben einander her, lautlo« öffnete der Arzt das äußere Tor. Du weißt wie der Prinz zu nehme» ist", raunte er seinem Begleiter zu. „Lege nur in alle deine Bewegungen die größte Vorsicht und Heimlichkeit an de» Tag, daß der alte Fuchs nicht da« Vertrauen verliert. Hast du den Inhalt seine« Schreiben» noch gut im Kopfe?"
„Ich muß gestehe», daß ich mich kaum «och einiger Worte entsinne."
„So weißt du gar nicht, wo ihr Zusammentreffen wollt?"
„Nein."
„Du hast ihm doch selbst in deinem Briefe den Brunnen auf dem ersten Hofe vorgeschlagen!"
„Ach richtig".
„Dort wartest du auf ihn — wahrscheinlich wird er auch schon dort sein — ich postiere mich im Schatten de« großen Haupttore», von da aus kann ich euch trotz der Dunkelheit beobachten. Natürlich müßt Ihr eine Laterne mitnehmen —"
„Wozu?"