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„Laß doch, Leopold —"
Seine schönen, regelmäßigen Züge verdüsterten sich plötzlich.
„Immer derselbe!" rief er dann mit Unverhohlenem Aerger. „Du hättest am Ende lieber gesehen, ich wäre unterlegen?"
„Leopold, wie kannst du so von mir denken?"
„Da» ist nicht schön von dir", bemerkte er kurz und fast rauh. „Gute Nacht."
„Leopold, verlaß mich nicht so —"
Schon an der Tür wandte er sich noch einmal zurück.
„Ich habe einmal wieder eine» Blick in dein Innere» getan", rief er grollend. „Verstelle dich nicht, ich durchschaue dich", brauste er auf, al» sie mit schweigend sanfter Geberde demonstrierte.
„Gib mir wenigsten» eine Hand, Leopold — man soll niemal» in Groll auseinandergehen. Wer kann wissen, wa» un» die nächste Stunde bringt?"
„Ah bah", versetzte er leichthin. „Du bist erregt — da» alberne Gesicht
„Vielleicht ist es da« —"
Er lachte skeptisch.
„ES war ja nur ein Produkt deiner überreizten Einbildungskraft. Daß in diesem Sommerhause nicht viel zu holen ist, wissen die Herren Spitzbube» ganz genau." Mit diesen Worten umarmte er sie flüchtig, küßte sie auf die Stirn und eilte fort. Eine halbe Minute später hörte sie ihn laut und heftig die Tür hinter sich zuschlagen.
13.
Unruhig stand Dr. Fresen am Fenster, mächtige Wolken au« einer lange» Pfeife stoßend; Gertrud saß mit einer Näharbeit beschäftigt auf dem Sofa.'
„Wo er nur bleiben mag?" wiederholte der junge Ehemann zum so und so vielten male. „Gleich elf — e» wird zu spät — und ich bin wahrhaftig gespannt auf die Geschichte."
„Wenn sie nur keinen schlechten AuSgang nimmt", meinte Gertrud mit einem Anflug von Besorgni».
Frese» lachte.
„Wieso den», mein Herz? Schlechte» Aulgang? Der Freiherr ist harmlos wie ein Kind — da» Ganze läuft ja nur auf eine Tollheit von ihm hinaus. Aber darauf kommt es eben an, er soll sich von der Unhaltbarkeit seiner Idee überzeugen. Ich möchte wissen, ob da» irgend eine psychische Wirkung auf ihn ausübt. Wenn Reinhart nur käme."
„Er war so erregt heute und hat vielleicht die Verabredung vergessen."
„Da» fürchte ich," brummte der Doktor.
„Kann die Schatzgräberei nicht an einem anderen Abende in Szene gesetzt werden, Albin? E« ist heute so stürmisch und häßlich — e« regnet in Strömen —"
„Ah ba, sie werden nicht weit gehen. Was denkst du, macht das Reinhart etwas aus, der in Afrika Monate kein anderes Obdach al» den gestirnten Himmel kannte. Aufschieben läßt sich die Sache nicht gut — heute ist der Freiherr von seiner Idee eingenommen, morgen ist er vielleicht schon wieder mißtrauisch oder denkt nicht mehr daran. Es wäre fatal, fatal!"
„Und wen» ihm doch etwa» zustieße?"
„Unsinn, Trudchen — übrigen» Hab' ich für alle Fälle meine Maßregeln getroffen. Ich selber mit einem Wärter folge de» beiden in einiger Entfernung."
„Dann bin ich beruhigt."
„Weit eher hege ich eine andere Befürchtung," murmelte der Doktor halblaut.
„Wa» für eine?"
„Da die Mutter ins Bett ist, darf ich jetzt wohl «»»sprechen, wa» mich schon de« ganze« Abend über gequält hat. Wann ist Reinhart fortgegangen?"
„Gegen halb sechs Uhr."
„Ohne Abendbrot?"
„Ja," seufzte Gertrud. „Er erklärte auf meine Vorstellungen, er werde um acht zurück sein."
„Und jetzt schlägt e» gleich elf," rief der Doktor. „Und wie außer sich war der Arme! O Gertrud, du hättest ihn nicht von dir lass-n sollen — heute unter keiner Bedingung!"
Gertrud erblaßte.
„Du denkst, er könne sich ein Leid antun?"
„Ich fürchte fast, wir sehe» ihn nicht wieder. — Gott sei Dank, er kommt," rief plötzlich der gute Doktor, erleichtert aufatmend. „Das ist sein Schritt! Laß ihn nicht» von unserer Beängstigung merken, liebe» Kind."
Gertrud nickte nur, da ihr der rasche Eintritt ihre» Bruders keine Zeit zu einer mittel» der Sprache erteilten Antwort übrig ließ. Einen forschende«, besorgten Blick warf sie auf den Ankömmling und fast bestürzt fuhr sie zurück. Dr. Hohl» edle Züge trugen den Stempel erschreckender Verstörtheit, alle Farbe war au» seinem Antlitz gewichen, das dunkle Haar hing wirr und zerzaust um die marmorbleiche Stirn.
Auch der Doktor schien betroffen bei dem sich darbietenden Bilde.
„Um alle» in der Welt, Reinhart, wo kommst du her?"
„Ich habe nur einen Spaziergang gemacht," erwiderte der junge Man» kurz, fast brüsk.
„Spaziergang? Wo hast du denn deinen Hut?"
„Meinen Hut?" Dr. Hohl griff sich verstört nach dem Kopfe.
„Eben hatte ich ihn doch noch," stammelte er verwirrt und starrte einige Augenblicke wie geistesabwesend vor sich hin. (Forts, folgt.)
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Telephon Nr. 9.
Druck der A. Oelschläger'schen Buchdruckrrei. Verantwortlich: P. Adolfs in Calw.