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rend er a« der im Gang befindlichen Aufzugs- Maschine eine Schraube anzog, die rechte Hand in das Kammrad der Maschine, so daß sie ihm vollständig abgerissen wurde. Der Verletzte wurde im Sanitätswagen in da» Katharinen- Hospital übergeführt.
Stuttgart 16.Dez. (Strafkammer.) Drei frühere Studierende der Technischen Hochschule hatten sich wegen Zweikampfs zu verantworten. Sie hatten sogen. Bestimmungsmensuren auSgefochten. Das Urteil lautete auf je 3 Monate Festungshaft.
Stuttgart 16. Dez. Für die w ürttem- bergische Automobil-Industrie bewegte sich der Umsatz in Kraftwagen im Jahr 1909 in aufsteigender Linie, wenn auch der Gesamtumsatz immer noch zu wünschen übrig ließ. Die Preise beobachteten infolge der in den letzten Jahren herangewachsenen überaus scharfen Konkurrenz einen wenig befriedigenden Stand. Die Ausfuhrverhältnisse lagen, wie der Jahresbericht der Handelskammer besagt, nicht besonders günstig. Namentlich blieb das Geschäft nach den Vereinigten Staaten hinter den Erwartungen zurück, wa» einmal auf die neuen außerordentlich hohen amerikanischen Zölle auf Automobile und deren Ersatzteile, und weiterhin auf die noch immer ungünstige allgemeine Geschäftslage in Amerika zurückgeführt wird. Auch die französische Schutzzollbeweguvg wirkt beunruhigend auf die Marktlage ein. Im Hinblick darauf wird von der einheimischen Industrie der Standpunkt vertreten, daß der deutsche Zollschutz nicht mehr als auSreichrud gelten könne.
Zuffenhausen 16. Dez. Der ledige Ankuppler Fritz Ludwig geriet beim Rangieren auf der hiesigen Station zwischen die Pfuffer, wodurch ihm der Brustkorb eingedrückt wurde. Der Tod trat auf der Stelle ein. Der Verunglückte stammt aus Kappel OA. Oehringen und war erst voriges Jahr vom Militär gekommen.
Göppingen 16. Dez. (Margarine- vergistung.) Die in Uhingen nach dem Genüsse von mit Margarine hergrstelltem Backwerk bei einigen Personen ausgetretenen Erkrankungen haben sich tatsächlich als Margarinevergiftung erwiesen. Insgesamt sind 10 Fälle festgestellt worden, die Personen können jedoch als geheilt angesehen werden.
Göppingen 16.Dez. (Lotterieglück.) Eine rechte Weihnachtsfreude hat Fra« Fortuna zwei Arbeitern beschert, die sich an der Ober- dischinger Kirchenlotterie beteiligten. Der eine Arbeiter ist bei Bellino v. Co. beschäftigt und gewann 2000 der andere, der bei der Firma Schüler beschäftigt ist, gewann 500
Wangen OA. Göppingen 16. Dez. (Selbstmord.) Gestern vormittag hat sich der 17 Jahre alte Sohn des Bauern Johs. Bosch durch einen Schuß in» Herz getötet. Der herbeigerufene Arzt konnte nur noch den Tod konstatieren. Al» Motiv für die Tat hört man, daß der junge Mann am Postfach, dem er sich widmen sollte, keine» Gefallen finden konnte.
Pfullingen 16. Dez. In der Klagesache de« „Generalanzeigers" in Reutlingen, der vom hies. Gemeinderat zum Amtsblatt für Pfullingen bestellt wurde, während diese Eigenschaft gleichzeitig dem hiesigen „Echatz- boten" entzogen wurde, gegen das letztgenannte Blatt, ist vor dem Landgericht in Tübingen ein Vergleich zustande gekommen, wodurch sich der „Echatzbote" verpflichtet, in seiner Ueberschrift die zu Unrecht geführte Bezeichnung Amtsblatt wegzulassen, auch bei der Ankündigung, daß im „Echatzboten" die amtlichen Bekanntmachungen der staatlichen und städtischen Behörden bekannt gemacht werden, die Behauptung zu unterlassen, daß dies im „Echatzboten" geschehe. Der „Echatzbote" hat die Kosten zu tragen.
Heidenheim 16.Dez. (EinPhänomen.) In ein eigenartige» Licht war unsere Stadt gestern vormittag gegen 8 Uhr getaucht; es schien, als ob die umliegenden Wälder in Flammen stünden und ihren Glutschein über die Stadt ausströmten. Kurz darauf konnte am westlichen Himmel ein prächtiger Regenbogen beobachtet werden, der wohl als Vorbote des sich bald hernach einstellenden kräftigen Regen» zu betrachten war.
Saulaau 16. Dez. (Zum Lehrermangel.) Am hiesigen Schullehrerseminar findet gegenwärtig die erste Dienstprüfuna für einen Teil de» oberen Kurse» statt. Zur Abnahme der mündlichen Prüfung wird nächste Woche als RegierungSkommisiär Regierungirat Dr Kott- mann erscheinen. Durch die vorzeitige Entlassung eines Teils der Zöglinge an den Seminaren zu Gmünd und Saulgau wird dem bestehende« Lehrermangel etwas abgeholfen werden.
Vaihingen a. Enz 16. Dez. (Seltsam e r U n f a l l.) Der 15jährige Zimmerman«»- lehrling Karl Schurr wurde bei einer Treibjagd, an der er als Treiber teilnahm, von einem au» dem Dickicht hervorspringenden Reh zu Boden geworfen, wobei er einen Beinbruch erlitt.
Mergentheim 16. Dez. lSchaf- markt.) Bei lebhaftem Besuch und Geschäftsgang wurden auf dem gestrigen Schafmarkt bewertet: Lämmer 35—60 Jährling»hämmel
50—75 Mutterschafe 48—72 ^ pro Paar.
Der Gesamtzutrieb betrug gegen 4500 Stück.
Pforzheim 16. Dez. (Zum Streik.) In der morgigen Sitzung de» Gewerbegerichts kommen wieder 33 Goldwarenfabriken als Kläger gegen 127 Goldarbeiter vor, die die Arbeit ohne Kündigung verließen. Auch diese 127 werden wohl zur Entschädigung verurteilt werden. Die Summe der Entschädigungen geht jetzt an 10000 Mark. Der Deutsche Metallarbeiterverband zahlt sie. Er ersetzt den verurteilten organisierten Arbeitern die Beträge.
Pforzheim 16. Dez. (Streikposten.) Heute wurde wieder der Kettenmacher Orkar Weeh wegen StreikauSschreitungen verurteilt. Er hatte vor der Fabrik Hägele L Dürr Streikposten gestanden. Als dann die Arbeiterinnen in Begleitung einer der Fabrikiuhaber die Fabrik verließen, lief er ihnen nach und rief, eine müsse halten. Er erreichte sie auch und hielt sie am Arme fest. Ein Schutzmann stellte seine Personalien fest. Er erhielt heute 10 Tage Gefängnis wegen Nötigung.
Berlin 16. Dez. Gestern nachmittag wurden hier 2 junge Leute verhaftet, die in dem Verdacht standen, den jüngsten Frauen- mord begangen zu haben. Durch ein Geständnis, mittel» dessen sie ihr Alibi nachwiesen, kam es heraus, daß der eine von ihnen am Tage vor dem Morde einen Geldbrief mit 3000 den er zur Post tragen sollte, unterschlagen und mit seinem Freunde geteilt hat.
Berlin. Die soz.-dem. Verteidiger im Moabiter Prozeß haben alsbald aus den Aeußerunge« de» Reichskanzlers Kapital für eine weitere Verlängerung der Verhandlungen zu schlagen gesucht. R.A Heine erklärte in der Gerichtssitzung am Montag: „Es liegt ungemein nahe, daß e» nicht ohne Einfluß bleiben kann, namentlich auf die Anträge der Staatsanwaltschaft, wie auch die Auffassung de» Gericht», wenn der höchste Beamte des Reichs an autoritativer Stelle da» Urteil, das hier erst gefunden werden soll, vorwegnimmt und unbekümmert um all das, was hier bereits bekundet worden ist, erklärt, alle die Polizeibeamten hätten nur ihre Schuldigkeit getan. Da» zwingt un« im Interesse der Angeklagten, den Gegenbeweis zu führen. Wir sind durch die Aeußerung de« Reichskanzler« genötigt, die Beweisaufnahme auszudehnen und unsererseits noch viele Zeugen zu benennen". Ebenso erklärte R.A. Heineman», die Verteidigung sei jetzt gezwungen, den vom Reichskanzler berührten Punkt, ob Ueber- schreitunge« der Amtsbefugnisse durch die Polizei vorgekommen sind, in breitestem Umfang
sich um Nizza, Wera — Tante Dort» gedenkt in einige« Tagen zu reisen, sie möchte genau wisse«, woran sie ist."
Die Tochter de» Geheimrats zog ihr schöne» Gesicht in die Falten der Ueberlegung.
„Du hast also durchaus keine Lust, Tante Dori» zu begleiten?" fragte sie nach kurzem Bedenken.
„Ich? Haha," lachte da» übermütige Mädchen, „ich werde mich de« Winter über in Nizza langweilen, während ich hier einen Bräutigam habe, mit dem ich die Freuden de« Leben» genießen kann? So dumm! Mama redet mir zwar ungeheuer zu, der Tante wegen, die doch notwendig jemanden zur Begleitung haben muß! Doch mit dir ist'» etwa» ganz andere», liebe Wera! Du bedarfst dringend selber der Erholung, und da bietet sich auf diese Weise die allerschönste Gelegenheit. Außerdem kennst du die Riviera noch nicht — an deiner Stelle würde ich mich keine« Augenblick besinnen — mit Tante Dori» kommst du schon au», sie ist gutmütig und lebenslustig.
Wera nickte zustimmend.
„Ich verehre sie ungemein", erwiderte sie mit dem ihr eigenen A«»druck lieblicher Offenheit. „Meine Elter« find auch Feuer und Flamme für diesen Plan, wobei schon der Wunsch, Euch gefällig zu sein, eine hervorragende Rolle spielt. Dan« meinen sie vor allem auch, daß mir ein Ortswechsel gut tun würde — deshalb sind wir schon hier herausgegangen. Sie hoffen, eine andere Umgebung werde —"
Sie hielt inne, mit schmerzlicher Gebärde die Lippe» zusammenpressend.
„Ich verstehe dich", erklärte Herma teilnahmsvoll. „Und niemand al» dir trete ich so gern meinen Platz ab! Du bist also fest entschlossen?"
Doch nicht ganz so fest — ich fühle in mir selbst die Notwendigkeit einer solchen Veränderung und schrecke doch auch davor zurück. Laß mir «och eine Nacht Zeit zur Ueberlegung, Herma. Morgen sollst du meine Entscheidung erhalten.
„Also morgen? Nu», auch gut", rief die Schwägerin lächelnd.
„Also morgen bestimmt, weil Tante Dori» sich sonst nach einer anderen Begleitung umtun muß.
„Ganz bestimmt."
„Du bist mir nicht böse, wen« ich jetzt schleunigst aufbreche?"
„Gar nicht —"
„Der Onkel au» Holland —"
„Natürlich."
Die junge« Mädchen umarmten und küßten sich herzlich, wiederholten diese Manipulation dann noch einmal vor der Tür, worauf Herma rasch in den Wagen sprang und der Kutscher davonfuhr. Einige Augenblicke sah Wera der Freundin nach, dann kehrte sie gedankenvoll in da» Zimmer zurück.
Glückliche Herma! Um sie war alle» rosenrot und himmelblau — purpurn und strahlend stand die Sonne über dem Horizont, Zephirlüfte gaukelten um da» Haupt der Begnadeten, Blumen umdufteten sie, weiche Teppiche bildeten ihr Lager. — Herma von Moris wußte noch nicht, was ein Sturm war, noch nie wandelten ihre Füße einen der Dornenpfade de» Leben»!
Wera beneidete sie gewiß nicht, indessen — warum wurde nicht ihr ebenfall» wenigsten« ein Teil diese» Glücke»? Sie begehrte kein Sonnenlos, sie wollte gern ihre« Anteil an den Kämpfen de» Lebens auf sich nehmen, aber wamm raubte gerade ihr da» Geschick jede, auch die geringste Hoffnung?
Traurig warf sie sich in ihren Sessel und verbarg da» Antlitz in den Händen! Welch widersprechend — unglückliche» Schicksal! Ihr' Vater, ihre Mutier, ihr Bruder schwelgten im Genüsse des errungenen Siege» — sie selbst kam sich fast entartet vor, daß sie sich de» Triumphe» ihrer Familie nicht zu erfreuen vermochte! Denn dev Erfolg der Ihrige» preisen, hieß da» Unglück de» Geliebten verhöhnen und weinte sie über dessen Ungemach, so kam e» einer Verleugnung des Bruder» und der eigenen Ehre gleich!