AL 295.
Amts- und AnMgeblatt für dm Oderauitsdyirk Calw.
85. Zlchqnz.
Erscheinungstage: Monta Donnerstag. Freitag und iS Pfg. pro Zeile für St,
Dienstag. Mittwoch, reis
tag. L
. amStag. JnsertionSpreiS Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 1L Pfg.
Samstag, den 17. Dezember 1910.
B-zuaSpr. i. d. Stadt -/^iihrl. m. Träger!. Mk. I.LS. Postbezugs-
r.d.OrtS-u. Nachbarortsverk. ' .jährl. Mk. I.SO, im Fernverkehr Mk. t.M. Bcstellg. in Württ. 3V Pfg., in Bayern n. Reich SSPm-
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Bekanntmachung die Umlage des Ge- diindebrandschadeus für 1911 betr.
Unter Hinweisung auf die Verfügung deS Ministeriums des Innern vom 2November 1910, Reg.-Bl. S. 577. werden die Schulth.-Aemter veranlaßt, dafür Sorge zu tragen, daß die vorge- sch iebenen Berzetchniste über die im Gebäudekataster vorgekommenen Aenderungen mit den vom Gemeinde» rat gep'.üfien und beurkundeten Umlageregister« bis spätestens 15. Februar 1S11 dem Oberamt in Vorlage gebracht werden.
Die Umlage für das Kalendeijabr 1911 wmde in der Weife bestimmt, daß bei den Gebäuden der 3. Klaffe, welche die Regel und die Grundlage für die Berechnung des Beitrags in den höheren und niederen Klassen bildet, der Beitrag von Einhundert Mark Brandverficherungsanschlag elf Pfennig zu betragen hat.
Calw, 16 Dezemler 1910.
K Oberamt.
Amtmann Rippmann.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eine- MolkereilehrkarseS für Mädchen und Frauen in Gerabronn.
Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischule zu Girabrorin «in sechstägiger UnternchtskurS für Frauen und Mädchen abgehalten werden.
Die Teilnehmerinnen werden in demselben über die Zusammensetzung, Gewinnung und Behandlung der Mich, über d:n Nährwert delselben und ihrer Produkte urterrichtet; außerdem erhalten sie eine praktisch-theoretische Anleitung über die Verarbeitung der Milch zu Buit-r, Süßmilch- und Sauermilchkäsen mittels der für d:e Haushaltung in Betracht kommenden Verfahren.
Der Unterricht in diesem Kars ist unentgeltlich. dagegen find die Teilnehme« innen an demselben verpflichtet, die vorkommeuden Arbeiten nach Anweisung des den Kurs leitenden Molkeretsachver- ständtgen zu verrichten, auch haben sie für Wohnung und Kost während ihres Aufenthalts in Gerabronn selbst zu sorgen.
Bedingungen der Zulassung sind: zurückgelegtes sechzehntes Lebensjahr, Besitz der für das Verständnis des Unterrichls notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse und guter Leumund.
Der Beginn des Kurses ist auf Montag, den 6. Febr. 1911 festgesetzt. Da jedoch zu einem Kurs nur sechs Teilnehmerinnen zugelassen werden können, so behält sich die Zentralstelle vor, je nach Bedürfnis im Lauf der folgenden Wochen noch weitere Kurse zu veranstalten, und die sich Anmeldenden nach ihrem Ermessen in die einzelnen Kurse einzuweisen.
Gesuche um Zulassung zu dem Kt rs sind mit einem schultheißrvamtlichen Zeugnis über die Erfüllung der obengenannten Bedingungen spätestens bis zum 25. Januar 1911 an da« „Sekre- lariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart* einzureichen.
Stuttgart. 9. Dezember 1910.
Sting.
Tagesrreuigkeiten.
Neuenbürg 15. Dez. Die Fischzucht hat neuerding» im Bezirk eine wertvolle Förderung erfahren durch die Erstellung einer großen, nach modernsten Gesichtspunkten eingerichteten Fischzuchtanlage im Würzbachtal, etwa eine Viertelstunde von Calmbach entfernt. Die Anlage, erstellt von Architekt Robert Speidel-Pforzheim, soll ausschließlich der Züchtung von Edelfische» dienen und umfaßt 62 Fischteiche, rin Eishau», sowie ein Bruthaus mit Fischmeister-
Wohnung. Der Aufwand beläuft sich auf rund 200000 Mark. Eine Wasserkraftanlage dimt dem Betrieb von Fleischhackmaschinen. Der Unterkanal dieser Kraftanlage bildet zugleich de» Zulaufgrabe« für die terrassenförmig angelegten Fischteiche. Um etwaigen Schäden, dir durch Trübungen de» Wassers entstehen könne», oor- zubeugen, wurden oberhalb der Entnahmestelle Filtergalerien in den Bach eingebaut, so daß nur geklärte» Wasser für di« Speisung der Teiche in Betracht kommt. Diese Fillergalerien bilden eine Neuerung und gelten al» bestes Schutzmittel gegen Schädigungen seiten» Dritter. Die Pläne zu der Anlage wurden von Stadibaumeister Striebel Neuenbürg gefertigt. Die Anlage war zuerst an einem geeigneteren Platz im Klein- enztal geplant, es wurde aber die Ausführung verhindert durch dar Enztal-Wasterversorgung»- projekt der Stadt Stuttgart. Aber auch an ihrem jetzigen Platz bildet die Anlage eine Musteranlage und eine Sehentwürdigkrit des Würz- bachtales.
Sindelfingen 16. Dez. 13 hiesige Scküler, die sich vor einiger Zeit mit einer Bittschrift an den König gewandt hatten und um Uniformen zum Soldatenspielen gebeten hatte», erhielten aus dem Kabinett des Königs ein Paket mit den gtwüvschten Uniformen. Die Freude der Knaben ist natürlich groß.
Stuttgart 16. Dez. (Zwei schwere Unfälle.) Gestern nachmittag stieg ein 13 Jahre alter Knabe bei der englischen Kirche auf einen eisernen Staketenzaun, wobei ihm eine Stakete in den Unterleib drang. Er wmde nach der Olgaheilanstalt verbracht. — Heute vormittag brachte eiu 42 Jahre alter erheirateter Maschinist an einem Neubau in der Archwstraße, wäh-
Arn den Lorbeer der Wissenschaft.
38> Roman von Friedrich Thiemc.
(Fortsetzung.)
Welch eia Abstand gegen Herma mit ihrem in sieghaftem Stolz erstrahlenden, von Freude uud Lust anmutig geröteten Antlitz! Ihre Augen, obwohl nicht so blau und meerlief, wie Gertrud», erfüllte da» Bewußtsein der Schönheit, des Reichtums und de» Glück» mit einem Ausdrucke von Ueberlegenheit und Kraft, es war, al» ob ein elektrischer Glanz die Pupillen ei glitzern lir ß und sein magische» Licht auch auf die blaue Einfassung ausstrahle, in welche sie eingesetzt schienen wie schwarze Diamanten m Saphire.
Frau Sekal war mit dem Gärtner gegangen, einige Besorgungen zu mache», die beiden Mädchen befanden sich daher ganz allein.
Herma, sich in einem Schaukelstuhl wiegend, plauderte anmutig; plötzlich sprang sie auf, drückte die Freundin an sich und küßte sie zärtlich.
„Ach Gott, Herzchen, ich bin ,o glücklich," jubelte sie einer Lerche gleich. „Weißt du, ich hatte doch eigentlich etwa» Ärgst vor diesem garstigen Proz«ß — Papa meinte, es sei eine so unsichere Geschichte, e» kam alle» auf die subj kttve Ueberzeugung der Richter an — o, nun ist alles gut! Du freust dich gar nicht? O Himmel, du Gute, ich vergaß einen Augenblick, — o sei mir nicht böse," setzte sie schmeichelnd hinzu, „daß ich so egoistisch dachte und mich nicht erinnerte, was du — lasten wir e» sein, Werachen, sprechen wir von etwas anderem. War Leopold heute schon hier?"
„Noch nicht," entgegnete Wera, ihre Verstimmung mederzwingend. „Er Hot sich seit drei Tagen nicht bei uns sehen lasten."
„Da« macht, weil er so viel in Anspruch genommen ist," rechtfertigte H rma thren Bräutigam. „Der leidige Prozeß — papperlappap,
da reite ich schon wieder auf dem dummen Thema herum. Und ich interessiere mich doch eigentlich gar nicht dafür — höchstens um seinetwillen."
„Du liebst ihn wohl sehr?" forschte Wera. mit einem schwachen Versuch zu lächeln.
„Dat kannst du dir denke» — obwohl ich — du wirst es kaum glauben — früher gewaltig für da» Milrtär schwärmte. Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ich eine» Zivilisten heiraten würde!"
„Wirklich?"
„Ach Gott, die Lrutaantt — es sind ja schneidige, fesche Gesellen — aber Leopold ist doch noch schöner! Und hat mehr g'tan al» unzählige andere Männer! Dann ist er ja auch Leutnant — der Reserve wenig sten» und kann bei vielen Gelegenheiten Uniform tragen. Ich möchte misten, wie er in Uniform autfieht! Hast du ihn schon gesehen?"
„O ja, oft —"
„Du Glückliche! Wie freue ich mich! — Aber ich vergesse die Hauptsache," unterbrach sie sich in ihrer kapriziöse» Art. „Und ich muß ich gleich wieder fort."
„Weshalb?"
„Weil wir Besuch erwarten — Papa» Stiefbruder, weißt du — er kann sich nicht lange aufhalten und ich möchte ihn doch auch kennen lernen. Er kommt von Holland und ist sehr reich. Und deshalb wollen wir so rasch al» möglich unsere Geschäfte erledigen."
„Was für Geschäfte hast denn du?" meinte Wera, jetzt wirklich lächelnd
Herma stellte sich in soldatischer Haltung vor sie hin und ri,s im Tone scherzhafter Entrüstung:
„Ach so, mein Fräulei", Sie trauen mi: vielleicht nicht Ernst und Würde genug zu, um mit wichtigen Missionen betraut za werden? Und doch ist es just eine solche M-ssion, dir mich zu dir führt. ZS handelt