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land. Den Frauen, die durch Gebet und auf­opfernde Unterstützung im Stillen wie in Frinde»- land so viel für unsere Krieger getan haben, spendete er lobende Anerkennung. Sein Hoch galt dem Kaiser und unserem lieben LandrS- fürsten, dem König. Hr. Pfarrer Zeller trug einige Briefe des f Feldgeistlichen Köstlin vor über die Tage vom 30. Nov. bis 8. Dez 1870 und erwähnte in seine» Schlußworten den all­gemeinen Friede», der namentlich auch in den Gemeinden gepflegt und ermöglicht werde» sollte, und manche von den Anwesenden mögen den Ernst dieser Worte erkannt und de» stillen Vor­satz gefaßt haben: ich will mein möglichstes zu demselben beitragen. Unser Gelegenheittdichter Gottlob König ehrte die Veteranen durch ein wohlgelungenes Gedicht. Zur Unterhaltung wurden vom Gesangverein einige Lieder in schöner Weise vorgetragen. Hr. Dirigent, Ge­meinderat Schöffler, hat bei dieser Feier wieder in de« Liedern Paffende« und Schöne« geboten. Insbesondere sei da» Quartett er­wähnt. Durch seine Musikvorträge in Gemein­schaft mit Hrn. Lehrer Zahn, welcher hiedurch und durch seine« Solrvortrag sich in anerkennens­werter Weise an der Feier beteiligte, und Gust. Schaible, hat er wieder gezeigt, wie schön e» ist, wenn in der Gemeinde musikalische Kräfte vor­handen find und zum Gelingen derartiger Feiern beitragen. Veteran Weiß, welcher schon vorher seine Erlebnisse am 30. Nov. 1870 zum besten gab, dankte im Namen der Veteranen und -Witwen für die Ehrung und Ehrengaben. Auch Herr Vor­stand, Vetergn Haug, sprach Worte de« Danke«, insbesondere dem Hrn. Bezirk»obmanv. Nachdem Schultheiß Maulbetsch noch Alle», die zur Dekoration und Unterhaltung beigetragen habe», die gebührende Anerkennung und Dank ausge­sprochen hatte, wurde die gut besuchte (ca. 110 Personen), in allen Teilen schön verlaufene Feier unter den Klängen patriotischer Lieder beendet. Besonderer Dank, dem auch an dieser Stelle Ausdruck gegeben werden soll, gebührt unserem verehrten Hrn. Ortvorstond, welcher sich um das Zustandekommen dieser Feier in erster Linie ver­dient gemacht hat. Möge dieselbe eine schöne Erinnerung bleibe».

Stuttgart 5. Dez. Nach dem gestrigen Appell der Kriegsveteranen hielt der König vor der Verleihung einer Reihe von Auszeichnungen eine Ansprache, die nach dem StaatSavzeiger" folgenden Wortlaut hatte: Meine verehrten Herren und liebe Kameraden! Von ganzem Herzen heiße ich Sie am heutigen Tage willkommen, danke allen, die so zahlreich zur Feier erschienen sind, und bitte, auch denen, die nicht erscheinen konnten, meinen innigen Gruß und Dank zu entbieten. 40 Jahre sind vergangen seit dem Ehrentage der Württem- berger, dem Tage, da unter unendlich schweren Opfern ein in der Geschichte de» großen Kriegs mit ehernen Buchstaben verzeichneter Sieg von uns errungen wurde. E» war ein Erfolg von der größten Bedeutung für die Endentscheidung de« ganzen Feldzugs, der in der Bezwingung von Paris seinen glorreichen Abschluß fand. Mit Wehmut, aber auch mit wärmsten Herzens- dank geziemt e« sich, derer zu gedenken, die jenen Sieg erfochten und mit dem Leben bezahlt, und nicht minder derer, die seitdem zur großen Armee einberufen worden find. Wir, die Ueberlebenden aber wollen uns freue« und uns in Dankbarkeit vor Gott dem Allmächtige» beuge», der uns am heutigen Tage «ocheivmal im Leben zusammen­geführt, uns aller Segnungen der au» dem blutige« Ringen erstandenen deutschen Einheit teilhaftig gemacht und unter der oberste» Führung des deutschen Kaiser» zu einer Armee vereinigt hat. Und nun rocheinmal begrüße ich Sie alle, die vielen Tausende, die meinem Ruf gefolgt sind und damit Zeugnis von ihrer alte« Treue und Liebe zu der Fahne abgelegt haben, au» tief bewegtem Herzen al» einer der Ihrigen, der einst auch mit dabei gewesen und nunmehr an Ihrer Spitze steht."

Vom Lande 5. Dez. (Volkszählung.) Bei der am 1. Dezember vorgenommenen Volks­zählung waren ortsanwesend in Metzingen 6341, Zunahme 485 Personen; in Ried­lingen 2538, Zunahme 161; in Balingen

4113, Zunahme 483; in Weingarten 8081, Zunahme 923; in Künzelrau 2797, Abnahme 147; in Alten steig 2546, Zunahme 120; in Oberndorf 3766, Abnahme 264; iu Gail­dorf 1778, Zunahme 4; in Nürtingen 7147, Zunahme 393; in Sindelfingen 4586, Zu­nahme 324; in Waiblingen 6984, Zunahme 987; in Oehringen 3803, Zunahme 200; in Ebingen 11423, Annahme 1415.

Göppingen 5. Dez. Der 65jährige Flaschnermeister H. perikt mit seiner WohnungS- mieierin, der ledigen Kleidernätherin Frida Vetter, in Streit, in besten Verlauf die leicht erregbare Vetter ihren Hausherrn zu Boden warf auf ihn kniete, ihm «ine Schlinge uw den Hal« legte und ihn zu erdrosseln suLte. Nur mit Mühe konnte sich der Mann von seiner Angreiferin befreie». Al» die Vetter merkte, doß polizeiliche Hilfe nahte, sprang sie zum Fenster hinaus. Dabei trug sie keine erhebliche Verletzungen davon; sie wurde wegen versuchten Totschlags sofort in Haft genommen.

Löwenstein 5. Dez. Im Walde bei Theußerbad wurden, wie dieNeckarzeitung" meldet, der Müller Ernst Rummel von Heil- bronn und sein 10 Jahre alter Sohn Paul erhängt auf gefunden. Unglückliche Fami- lienverhältniffe scheinen die Ursache der Tat zu sein. Dem Vater Rummel war da» Ver- fügunpSreckt über seinen Sohn entzogen und dieser in BillenSbach bei Löwenstein vntergebracht worden. Rummel besuchte in der vorigen Woche seinen Sohn, holte ihn ab und trieb sich dann in der dortigen Gegend noch einige Tage um­her. Es scheint, daß er seinen Sobn mit besten Einverständnis oder daß dieser sich selbst erhängt bat, worauf auch der Vater sich in gleicher Weise den Tod gab. Rummel ist Veteran (Unteroffizier) von 1866 und 1870/71.

Pforzheim 5. Dez. (Zur Arbeiter­bewegung.) In der letzten Sitzung de» Ge- werbeoericht» klagten wieder nicht weniger als 30 Goldwarenfobriken gegen zusammen 125 streikende Arbeiter wegen Vertragsbruch auf Entschädigung. Wie in den letzten Sitzungen, so wurden auch diesmal die Streikenden glatt zu der verlangten Entschädigung verurteilt, weil sie die Arbeit ohne Kündigung verlassen halten. Die Stadt ist ganz ruhig. Neues über die Ar­beiterbewegung liegt nicht vor.

Berlin 5. Dez. (Reichstag.) Am BundeSratStisch Staatssekretär Dr. Delbrück. Hau» und Tribünen sind schwach besetzt. Präsi­dent Gras Schwerin-Läwitz eröffnet die Sitzung um V«3 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung de» Arbeitskammer-Gesetze». W ill- Straßburp (Ztr.) erstattete Bericht über die KommisfiovSverhandlungen und empfiehlt Annahme der Vorlage. In einer Resolution beantragt die Kommission die Schaffung einer StondeLvertretung für die Handlungsgehilfen im Sinne des kaiserlichen Erlöstes vom 4. Februar 1890 sowie eine solche für die technischen An­gestellte». Die sozialdemokratische Fraktion be­antragt an Stelle der Vorlage, wie sie au» der Kommission heraurgekommen ist, einen völlig avderSgkstalteten Entwurf anzunehmen. Der Antrag verlangt die Schaffung eine» Reichs- arbeitSamte» mit einem Arbeitsamt für den Be­zirk jeder oberen Verwaltungsbehörde sowie die Schaffung einer Arbeiterkammer für den Bezirk jede» Arbeitsamtes zur Wahrnehmung der be­sonderen Interessen der beteiligten Arbeitnehmer. Abg. Wiedeberg (Ztr.): Wir werden der Vor­lage in der Kommissionsfastung zvstimme« und auf Anträge, die diese Verhandlungen nur auf- halten könnten, verzichten. De« sozialdemokrati­schen Antrag lehnen wir ab. Wir ziehen pari­tätische Arbeit» kammern den Arbeiterkammer» vor. Trotz mancher Bedenken haben wir uns nach der Vorlage für Einrichtung der Kammern auf grund sachlicher, nicht territorialer Zusammen­setzung entschieden. Abg. Legie« (Soz.): Wenn eine gesetzliche Vertretung der Arbeiterschaft er­richtet wird, tonn muß sie auch so organisiert werden, daß sie Wert für die Arbeiter Hot. Wir schlagen an Stelle der beruflichen Organisationen territoriale vor. Die berufliche« Organisationen würden eine Zersplitterung bedeuten und die

ArbeitSkammern zur Bedeutungslosigkeit herab- drücken. Graf Westarp (kons): Wir hätten dem Gesetz trotz einiger Bedenken zustimmen können, wenn e» auf beiden Seiten Sympathie und Verständnis gefunden hätte. Es hat aber bei den Unternehmern wie bei den Sozialdemo­kraten lebhaften Widerspruch gefunden. Die Kommissionsfastung stellt geradezu noch eine Ver­schlechterung dar. Wir werden die Vorlage ein­stimmig ablehnen. (Bravo rechts, Unruhe und Lachen links.) Mauz (fortschr. Volktp.): Wir werden die Kommissionsfastung annehme». Wir halten rS für eine berechtigte Forderung, daß die Arbeiter in gleicher Weise wie andere Er- werbkgruppen eine gesetzliche Vertretung besitze». Der Rohmen darf nicht, zu eng gefaßt werden. Rein fachlicheOrganisationen sind nicht empfehlens­wert. Horn (natl.): Wir wünschen nach wie vor fachliche Gliederung und eine paritätische Vertretung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. De» Antrag Albrecht lehnen wir ab. (Bravo!) v. Dirks en (Rp.): Wir hatten von vornherein Bedenken. Diese sind noch durch die Kommissions­fastung ve stärkt worden. Die Kommissionsfastung ist für uns unanuehwbar. Die kaiserliche Bot­schaft von 1890 trifft bei den heutige» ver­änderten Verhältnissen nicht mehr zu. Die In­teressen der Arbeiter werden heute so zielbewußt und draufgängerisch vertrete», doß man eher an Schutz der Arbeitgeber denken müßte. (Sehr richtig rechts und Lachen links.) Garz unan­nehmbar ist für uns die Einbeziehung der Bahn­arbeiter in die Vorlage. Staatssekretär Del­brück: Der sozialdemokratische Antrag ist für uns unannehmbar, weil er unvereinbar ist mit der staatsrechtlichen Konstitution de» Reiches. Auch sonstige Vorschläge zu dem Entwurf sind für un» unannehmbar. Dem Bundekrat fehlt e» an Organen, die Abführung des Gcsttz s zu überwachen. Do» Alter für das passive Wahl­recht von 30 auf 25 Jahre herabzusetzen, ist ab- zulehnen. Hinsichtlich der Eisenbahnarbeiter ist die ursprüngliche Vorlage wiederherzustellen. Werden sie einbezogen, so ist für den BundeSrat das Gesetz unannehmbar. (Hör:! Hört! link», Bravo rechts.) Die Arbeitersekretäre stehen webt in praktischen Betrieben der gewerblichen Arbeit und sind deshalb al« Kammermitglieder nicht ge­eignet. Legien (Soz.): Die Arbeitersekretäre sind geradezu zu einem solchen Amt berufen, weil sie allein unabhängig find. Ohne Arbeits­ort t hat die Vorlage keinen Wert. Dr. Flei-, scher (Ztr.): Wir wollen die ArbeitSkammern als ein HilsSorgan de» ReichkamtS de» Inner» ansehen zur Vorbereitung sozialpolitischer Arbeit. Darauf wird Z 1 des sozialdemokratischen An­trag» gegen die Sozialdemokraten abgelehnt und die Kommissionsverfossung angenommen. Legien zieht die weiteren Teile der sozialdemokratischen Antragcs zurück. Darauf vertagt sich daS HauS auf morgen 1 Uhr.

Berlin 5. Dez. Als gestern vormittag neun Uhr ein Soldat vom Augustaregiment über da« Tkmpelhofer Feld ging, sah er in der Nähe der Einsamen Paspel eine Frau mit einem Kinde. Nach kurzer Zeit brach die Frau zu­sammen und da» Kind fing an, jämmerlich zu schreie». Als der Soldat hinzutrat, lag die Frau sterbend in den letzten Zügen. Sie hatte sich mit Lysol vergiftet. Auch dem Kinde, einem etwa zwei Jahre alten Mädchen, hatte sie von der Flüssigkeit gegeben. Da» Kind batte jedoch nvr wenig getrunken. Die Aerzte hoffen, e» am Leben zu erhalten. Die Personalien der toten Frau find noch nicht festgestellt.

Paris 5 Dez. Da» Opfer eine» Mordes wurde ein deutsche» Mädchennamens Anna Knoll. Sie war al» Kindermädchen bei einem Harptmann in Stellung, die sie am 1. Dezember verließ. Ihre Ersparnisse in Höhe von etwa 250 Frarc» schickte sie an Wilhelm Knoll in Barbach in der Pfalz. Man glaubt, daß sie bei der Absenduvg des Geldes beobachtet wurde, daß Verbrecher noch mehr Geld bei ihr vermuteten und sie in einen Hinterhalt lockten. Ihre Leiche wurde halbverkohlt cufgesunden.

2u Joseph fiaM'5 Schöpfung.

Der Mnsikreferrnt einer größeren Stadt schrieb «ach Anhörung derSchöpfung":Als