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offenen Wasserbehälter, Hülben, Hülen, Welten, Raisen genannt, die als Viehtränken, Pferde­schwemmen, Ententeiche, Feuerseen u.s.w. dienten, werden allmählich aus mannigfachen Gründen in Wegfall kommen; im allgemeinen bieten diese Weiher, wenn sie nicht regelmäßig gereinigt und keinen großen Wafferzufluß haben, kein schönes Bild, wie die« manche Weiher in unserem Ober­amt beweisen. Nachrichten aus den Bezirks- vereiven, darunter auch au» Calw, und eine Fortsetzung des MitgliederverzeichniffeS schließen die hübsch illustrierte Nummer ab.

X. Hirsau 30. Nov. Am Eingang zur ehemaligen Petertkirchr nächst des Euleniurme», wurden dieser Tage beim Ausgrab meine» Keller» eine Anzahl Schädel- und sonstiger Knochen zu Tage gefördert. Diese, wohl von einstens hier beigesetztev Klosterinsaffen herrührend, waren trotz jahrhunderte langer Ruhe teilweise noch recht gut erhalten. Es fanden sich Backen-und Kiefer­knochen, die einen guten lückenlose» Zahnbesatz zeigten, wie ihn mancher Lebende nicht aufzu- weisen hat. Die Fundstücke wurde« in einer Grabgruft auf dem Platze der früheren Peters - kirche wieder geborgen.

Leonberg 19. Nov. (Zum Einbrucht- versuch.) Gestern ist der Stuttgarter Pol zei- hundTell" hierher gebracht worden, um die Spur de» Einbrechers in die Schmalzrledt'sche Fabrik aufzunehmen. Der Hund nahm an einigen ungebrannten Streichhölzern, die vom Einbrecher herrühre», Witterung und verfolgte die Spur durch den Abort in den Garte», wo er sie jedoch verlor, wa» wohl auf den in der Nacht gefallenen Schnee zurückzuführen ist.

Stuttgart 19 Nov. Die sozialdemo­kratischeSchwäb. Tagwacht" hatte kürzlich an die konservative Deutsche Reichspost die Anfrage gerichtet, wie e» zu beurteilen sei, wenn ein bündlerischer ReichStagSabgeordneter der Sozial­demokratie eia Landtagsmandat zu sichern ver­spricht, fall» diese ihm sein Mandat rette. Da­raufhin wurde in den grünen Heften de» Bunde» der Landwirte geantwortet, daß an einer solchen Anfrage kein wahres Wort sei. Nunmehr veröffentlichte die Tagwacht einen Brief de» Reichs- und Landtagsabgeordneten Vogt- Gochsen, in welchem eine solche Anfrage tatsäch­lich enthalten ist und derBeobachter" ver­öffentlicht heute einen zweiten Brief desselben Abgeordneten, in dem dieser die gleiche Anfrage am selben Tage an ein Mitglied der Volks Partei gerichtet hat. Man darf gespannt sein, welche Aufklärung nunmehr von konservativer Seite erfolgen wird.

Stuttgart 19. Nov. (Bonden Fleisch­preisen.) DerStaatSanzeiger" schreibt: Nach

übereinstimmenden Nachrichten von de» Land- Viehmälkten und vom Stuttgarter Schlachthof find die Schweinepreise jetzt in entschiedenem und ständigem Rückgang begriffen. Dagegen haben Metzger bi« j-tzt noch nicht Veranlassung ge­nommen, bei Festsetzung der Fleischpreise der veränderten Sachlage Rechnung zu trage». Dem­jenigen Teil der Presse, der seine Leser immer noch über die Fleischnot und ihre Folgen unter­hält, dürfte zu empfehlen sein, nunmehr auch über die sinkenden Schweinepreise zu berichten und so, statt auch für die anhaltend hohen Schweinesieischpreise den Anschein einer Berechti­gung zu schaffen, eher Eirfluß zu nehmen auf eine den sinkenden Marktpreisen entsprechende Herabsetzung der Verkaufspreise.

Stuttgart 18. Nov. Die Daimler Motorengesellschaft Untertürkheim hat eine Reihe von Bestellungen de» Zaren er­halten. Im Automobilpark des Zaren sind MercsdeSwagen vorherrschend und bei seiner An­wesenheit in Deutschland erteilte der Zar eine Bestellung zweier weiteren 38/70 8? MercedeS- wagen, ferner eine Bestellung auf einen 28/50 8? MercedeS-Stadtwagen und auf eine» 28/50 8? Mercedes - Cardcmwagen. Der bekannte Merc-'deS-Rennfahrer Lautenschlager der Daimler Motoren-Gesellschaft, der dem Dienst bei der Zarenfamilie während ihres Aufenthalts in Deutschland zugeteilt war, wurde vom Zaren durch die Verleihung der goldenen Medaille de» Stanislausordrrr» ausgezeichnet.

Eßlingen 19 Nov. (Vortrag) Vor einer großen Zuhörerschaft hielt Oberbürgermeister Dr. Mürberger einen Vortrag über die Ferienreise, die er zusammen mit OberlandeS- gerichtSrat Dr. Gmelin nach Nordamerika gemacht hat und deren Ergebnisse er einem weiteren Publikum zugänglich machen möchte. Dir Reisenden besuchten zunächst Newyork, wo sie sich besonders in den GerichtSsälen umsahen. Ein früherer Oberleutnant im Grenadierregiment in Stuttgart ist oberster Richter in Newyork. Den Hudson hinauf ging die Reise nach Ontario zum Niagarafall. Die großen Turbinen de» dortigen Elektrizitätswerke» sind von Voith in Heidenheim. In Chicago erregten besonders die Schlachthäuser da» Interesse. I» Sain Paul steht ein wunderbares Standbild von Schiller. Außerordentlich farbenprächtig war die Schilde­rung de« Aellowstoneparke», der ein Ausdruck dr» schlechten Gewissen» der Amerikaner über die barbarische Vernichtung de» Wilde» und die Zerstörung der Landschaft ist. Quer durch da» Festland ging» weiter über die Reservationen der Indianer und Seattle zum wunderschönen San Franzisko, weiter nach Los Angeles, dem Para­

diese von Westameriko, über Arizona und die Canonschlucht nach Denver, wohl der schönsten und gesündesten Stadt von Amerika, endlich nach Washington, wo ein Tübinger, der mit Dr. Mülberger studiert hat, Major im Generalstabe ist. In Newyork wurde Mülberger vom Prä sidenten Taft empfange».

Göppingen 18. Nov. Das Belastungs­material gegen den wegen des Nassacher Raubs verhafteten Taglöhner aus Nassachmühle verdichtet sich immer mehr; er wird auch in seinen Aussagen immer unbestimmter. Namentlich ist er nicht in der Lage, seinen Aufenthalt an jenem Abend mit Gewißheit anzugebcn. Stark belastend ist auch der Umstand, daß er schon vor einigen Jahren wegen einer dem jetzt erschlagenen Bauern Knaupp zugefügten schweren Körperverletzung eine mehrmonatliche Gefängnisstrafe erlitten und später wiederholt die Aeußerung getan hat, daß er dem Knaupp noch einen Denkzettel geben werde. Gestern vormittag fand im Hause des Erschlagenen die Gegenüberstellung des Verhafteten mit der Leiche statt. Er erschrak sichtlich, als er das furchtbar entstellte Gesicht des Toten sah, doch blieb er dabei, die Schuld in Abrede zu stellen.

Faurndau OA. Göppingen 18. Nov. (Noch ein Raubanfall.) Ein Arbeiter be­fand sich vor einiger Zeit zu später Nachtstunde auf dem Heimwege von Bartenbach; unterwegs gesellte sich zu ihm ein Unbekannter, der nach Ebersbach wollte. Bride kamen auch auf Geld und Zahltag zu sprechen. In der Nahe einer Bretterhütte am Fußweg von Göppingen nach Wangen blieb der Fremde stehen und verlangte von dem Arbeiter Geld; gleichzeitig drohte er mit Erschießen. Der Arbeiter griff aber sofort nach seinem Stock und versetzte dem Unbekannten tamit einen derartig wuchtigen Schlag auf den Kopf, daß er sofort zurücktaumelte. Diesen Augenblick benützte der Arbeiter um davcmzu- springe»; er kam dann auch, ohne weiter behelligt zu werden, mit seinem Zahltag, den er bei sich führte, in Faurndau an. Eine nähere Beschrei­bung kann der Arbeiter von dem Täter nicht geben Gerichtliche Untersuchung ist eingeleilet.

Gmünd 19. Nov. (Vom Hansabund.) Kommerzienrat Erhard hier richtete auf der Hansabundversammlung, die am Freitag hier stattfand, an Herrn Bayer au» Stuttgart, den Sekretär de» württembergischen Landesverband» de» Hansabundes, die Anfrage, ob der Hansa­bund sich mit der Frage der Erweiterung der Steuerrechte der Gemeinden befassen könne oder ob er dies den politischen Parteien überlassen wolle. Bayer erwiderte, der Hansabund werde stet; zu Pkatenen wirtschaftlicher Art Stellung nehme». So werde der Hansabund z. B. in

gewesen? So halfen Stolz und Arbeit mir über meinen Kummer hin­weg, und mein Herz ist schon lange wieder klar und ruhig."

Doktor Fresen vermochte ein jubelndes Lächeln nicht zu unterdrücken.

Wie e» mich entzückt, da» zu hören," gab er auch in Worten seiner Freude AusdruckSie sind nicht unglücklich? O, das ist ein Trost für mich und wird e» bleiben, mag der Erfolg meines heutigen Schrittes sein, welcher er wolle. Wissen Sie, von was für einem Schritt ich rede, Gertrud?" setzte er mit immer mehr erzitternder Stimme hinzu.O, Sie wißen e», ich sehe e« an dem dunklen Purpur Ihrer Wangen Gertrud, liebe, treue Gertrud, Sie sind mir doch nicht böse?"

Die Glut auf dem Antlitz der jungen Dame wich einer ebenso plötzlichen Bläffe. Die Augen mit der Hand bedeckend, als schäme sie sich dessen, wa« sie zu sagen habe, stammelte sie ein kaum verständliches Nein, nein," worauf der Doktor sich ermutigt fühlte, ihren Kopf zwischen seine Hände zu nehmen und ihre weiße, glatte Stirn zu küssen.

Also wirklich," jauchzte er, du willst Frau Doktor Fresen werden, meine süße Trude?"

Sie antwortete nicht, aber ihr leises Nicken genügte ihm, er zog ihre Hände weg, um ihre» Mund frei zu bekommen, küßte sie zärtlich und lehnte seine Wange an die ihre. Gertrud duldete seine Lieb­kosungen, ohne sie zu erwidern, nur al» plötzlich draußen auf die Klingel gedrückt wurde, gab sie ihm durch einen ihrer eigenen Initiative ent­springenden innigen Händedruck ihre Gegenliebe zu erkennen. Aergerlich starrte Frese» nach der Tür natürlich war e» Frau Hohl, welche eintrat, aber die alte Dame bekundete eine ihr sonst fremde Alteration ; Bestürzung und Angst sprachen aus ihren Mienen, und ohne von dem überraschenden Anblick, der sich ihr in dem mit verschlungenen Hände» vor ihr stehenden Liebespaare darbot, auch nur Notiz zu nehmen, stieß sie aufgeregt hervor:

Gertrrch Herr Doktor Feuer o Gott im Himmel, unser Reiuhart!"

Feuer?" fragte der Doktor mehr verwundert als erschrocken.

Hören Sie nicht da» Getöse unten die Anstalt steht in Flammen eben rief e» mir eine Nachbarin zu"

Unsere Anstalt?"

»Ja schon seit einer Stunde"

Um de» Himmel» willen," schrie Gertrud auf,ich muß hin, ich muß hin!"

Bleiben Sie ja, wo Sie sind," beschwichtigte der Doktor, der sich rasch wieder gefaßt hatte, die Damen.Um Reinhart brauchen Sie sich absolut nicht zu ängstigen, unsere Anstalt ist vorzüglich eingerichtet, die Insassen werden alle gerettet werden, verlassen Sie sich darauf. Ich nehme sofort einen Wagen um hinzufahren sobald ich kann, sende ich Ihnen Nachricht, wie e» steht."

Bei diesen Worten hatte er bereit» seinen Ueberzieher umgeworfen und den Hut aufgesetzt, er drücke Ge t:ud tlich und der alten Dame achtungsvoll die Hand und stürzte davon. Gertrud blickte ihm nach, wie er auf der Straße dahineilte, dem nächsten Droschkenstande zu sie blieb am offenen Fenster stehen, um von den Vorübergehenden irgend etwa» neues in Bezug auf den Brand zu erlauschen. Doch erwies sich ihr Bemühen als umsonst, da die Straße ziemlich still war. Die Dame« Mußten sich eben in Geduld fügen, wa» besonders der alten Frau nicht leicht ward. I» ihrer lebhaften Phantasie erblickte sie den Sohn schon als Leiche, und Gertrud hatte Mühe, sie zu beruhigen

Endlich, nach wohl zwei Stunden, traf der versprochene Bote ein. Doktor Fresen sandte nur ein paar mit Bleistift gekritzelte Zeile«. Da» Feuer, schrieb er, sei nicht so bedeutend, als er gefürchtet. Nur ein Seitengebäude der Anstalt sei davon ergriffe», dank der Anstrengungen der Feuerwehr sei indessen jede Gefahr bereits beseitigt. Die wenigen Kranken, welche in dem Gebäude, das hauptsächlich als Niederlage diene, ihre Zellen hatten, waren rechtzeitig entfernt worden.

(Fortsetzung folgt.)