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der Frage der Submissionen jetzt erst recht sich ins Zeug lege», weil sich gezeigt habe, daß ein bundesstaatlicher Landtag in der Frage nicht vorwärts kommt. Die württembergische Regierung anerkenne die Notwendigkeit der Fortsetzung der Steuerreform. Der Landtag sei aber auf ein ganz merkwürdiges Verhalten unserer Regierung gestoßen, die erklärt habe, man solle ihr mit Vorschlägen kommen. Wen« also die Regierung jetzt Vorschläge haben wolle, dann brauche der Hansabund sich gar keine Zurückhaltung auf­zuerlegen. Der Hansabund sei entschlossen, an die Regierung mit Vorschlägen heranzutreten. In Sachen des Wahlfonds des Hansabundes richtete Kommerzienrat Erhard an Bayer die Anfrage, ob auch der zehnte württ. Wahlklei­unterstützt würde, und betonte, daß auch hier die liberalen Parteien Zusammengehen, um ein im Sinne de- Hansabunder erfreuliche« Wahl- resuliat zu erzielen. Ob di-S gelinge, sei aller­dings noch eine offene Frage. Da« letztem»! leim die liberalen Parteien Sieger gewesen. Der neue Wahlkampf werde große Anstrengungen kosten. Bayer gab zur Antwort, es bedürfe nur der energischen Anregung des Präsidium« des Hausabunde« und der Zentralleituvgen der Parteien, um eine Unterstützung zu erhalten Denn der Hansabund bringe 5 Millionen zu­sammen, wenn alle Ortsgruppen zu Fonds eben­so beisteuern wie Gmünd. Der Hansabund werde niemand unterstützen, von dem anzunehmen sei, daß er da« Bürgertum um die Früchte seiner Bemühungen bringen könne. Auch Württemberg werde einen erheblichen Anteil bekommen. Die Verteilung erfolge nach Maßgabe der Bedürftig­keit. Die Versammlung war von etwa 75 Per­sonen besucht.

Pforzheim 19. Nov. (Zur Arbeiter­bewegung in der Goldindustrie.) In der Kettemndustrie sind etwa 2000 Arbeiter au«- geschieden worden. Im Laufe der nächsten Woche werden noch ungefähr 6000 Nachfolgen. Die Stimmung für den Streik ist sehr verschieden. Einesteils hört man, daß organisierte Arbeits­willige bei ihren Fabriken um Weiterbt schäftigung nachsuchen, andernteilZ hört man auch wieder, daß Namentlich bei den Arbeitern auf dem Lande durchaus große Lust zum Streik vorhanden sei. Aus Arbeiterkreisen wird heute in den Zeitungen die Einberufung einer Massenversammlung vor- geschlagen, um darüber abzustimmen, ob die Forderungen de- Metallen beiterverbandes ermäßigt werden sollen. Von Ausschreitungen wesentlicher Art ist nichts zu berichten.

Darmstadt 19. Nov. Heute vormittag hat Prinz Heinrich von Preußen die von der internationalen LuftschiffahrtSvereinigung ge­forderte» Bedingungen für den Erwerb de« Flug­zeugführer Patents vor einer Prüfungs­kommission des deutschen Luftschifferverbandes auf einer Euler flugmaschine erfüllt.

Köln 19. Nov. Die Köln. Ztg. meldet aus Haifa: Die Aburteilung der Mörder de« deutschen Kolonisten Unger ist vom Ober­gericht wider Erwarte» nicht dem Gericht in Jerusalem, sondern dem in Tripolis in Syrien überwiesen worden. Die verhafteten Angeschul- digten sind bereits nach Tripolis gebracht worden.

Astapowo 20. Nov. Der Zutritt zum Sterbezimmer Tolstois ist jedermann gestattet. Das Gesicht des Token ist unverändert. Tolstoi hat den Wunsch ausgesprochen, ohne Zeremoniell und ohne Blumen begraben zu werden. Die Verwandten erklären aber, daß sie niemand hindern werden, wie auch immer das Gedächtnis de« Verstorbenen zu ehre». Die Ueberführung der Leiche Tolstoi« nach JaSnaya Poljana er­folgt morgen um 3 Uhr nachmittags.

Astapowo 20. Nov. Graf Tolstoi ist heute gegen 6 Uhr morgen« gestorben. Ueber die letzten Stunden Tolstois wird noch gemeldet: Seit gestern Abend weilten sechs Aerzte am Krankenbette Tolstois, darunter zwei Moskauer Spezialärzte für Herzkrankheiten, die sehr wenig Hoffnung hegten. Gegen 11 Uhr hatte sich der Zustand Tolstois etwas gebessert, sodaß Dr. Nikitin meinte, wenn innerhalb zwei Tagen keine Verschlechterung eintrete, könne man an einen glücklichen Ausgang glauben. Nach

einem Anfall äußerte Tolstoi zu seine» Aerzten, auf der Erde seien Millionen Menschen, von denen viele leide«. Weshalb sind Sie denn alle bei mir allein? Um 1 Uhr 40 Minuten nacht» hatte Tolstoi eine» neuen Herzanfall. Der Zustand wurde darauf immer ernster. Nach dem Anfall fiel der Kranke in Schlaf.

Colombo 20. Nov. Der deutsche Kronprinz und die Kronprinzessin trafen an Bord des ReichSpostdawpferSPrinz Ludwig" hier ein und wurden vom Gouverneur der Insel Ceylon und vom deutschen Konsul begrüßt. Ein ossizieller Empfang fand nicht statt. Nach freund­licher Verabschiedung vom Kapitän und den Ossizieren de«Prinz Ludwig" begab sich der Kronprinz und die Kronprinzessin in der StaatS- schaluppe des Gouverneurs an Land und be­zogen Wohnung in einem Hotel.

MsE-richte-

* Calw 20. Nov. Ars dem gestrigen Wochenmarkt war wohl infolge des schlechten Wetters die Zufuhr von Kraut nicht besonder« stark. Bei guter Nachfrage stellte sich der Preis für 100 Stück auf 78

Herrenberg 19. Nov. Auf de« heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 147 St. Milchschweine, Erlös pro Paar 2845 60 St. Läuferschweine, Erlös pro Paar 50 bis 108 Verkauf gut.

Heilbronn 18. Nov. Dem heutigen Schafmarkt wurden in 40 Herden 3923 St. zugeführt; davon wurden verkauft 1762 Stück im Gesamtwert von 47 353 unverkauft blieben 2161 Stück. Bezahlt wurde» für ein Paar Lämmer 40, 5056 Jährlingshammel 56, 57, 70, 73 Göltschafe 57 Brackschafe 42, 46, 50, 58 Mutterschafe 36, 48, 60 Der Handel ging bei gedrückten Preisen flau, e« fehlte an Handelsleuten.

(Eingesandt.)

Jur Bürgerausschußwahl.

In Nr. 263 d«. Bl. hatEin Bürger" in einem Eingesandt mit der bevorstehende» Bürgerausschußwahl sich beschäftigt und am Schluffe die Aufforderung zur Einberufung einer Bürgerversammlung an mich gerichtet. Ich bin dem Herrn Einsender iür dieses Vertrauen dankbar und bedaure deshalb um so mehr, daß ich seinem Ersuchen nicht entsprechen kann. Nicht als ob ich mit dem Grundgedanken seiner Ausführungen: keine Parteiherrschast auf dem Rathaus; Wahl selbstloser, charakterfester Männer in die bürgerlichen Kollegien, die eine eigene Meinung haben, solche unerschrocken a»S- sprechen und das Wohl der Stadt über das Parteiinteresse stellen, nicht einverstanden wäre, im Gegenteil, der Herr Einsender spricht mir hier völlig aus dem Herzen. Aber einmal bin ich nicht blas Mitglied, sondern seit einem Jahr auch Vorsitzender d-s Volksvereins, der neben der Vertretung freiheitlicher Grundsätze im Staatlichen, auch die Förderung des Gemein­wohls in fortschrittlichem Geiste auf seine Fahne geschrieben bat und deshalb von sich aus Einfluß auf die Wahl der Gemeindevertreter zu gewinnen suchen muß und zum andern kann ich mir einen Erfolg von dem Versuche, den der Herr Ein­sender mit der Einberufung einer Bürgerversamm­lung machen will, nach früheren Erfahrungen mit solchen Versammlungen in hiesiger Stadt, nicht versprechen. In der Hauptsache waren es immer die in einem der bestehenden politische» Vereine Organisierten", die bei solchen Bürgrrversamm- lunge» erschienen, während dieNichtorganisier­ten", wie man dies ja leider oft bei den wich­tigsten Wahlen beobachten kann, hübsch zu Hause blieben. Vielleicht aber wagt der Herr Einsender selbst nochmal« einen solche» Versuch, zu dem er mir nach seinen Ausführungen ohne Zweifel hervorragend befähigt erscheint; ich kann ihm heute schon verspreche», daß ich mich in der Versammlung einfinden werde.

Und nun möge mir der Herr Einsender gestatten, daß ich einige Jrrtümer, in denen er sich offenbar befindet, richtig stelle.

Zunächst ist e« nicht richtig, daß e« hier bis­her stet» Brauch gewesen sei, nur solche Männer

seiten» de» Bürgervereins und des Volksvereins zur Wahl vorzuschlagev, die Mitglieder de» einen oder des andern Vereins waren. Der Volks - verein hat sich von jeher enthalte» reine Partei­vorschläge zu machen und hat auf seine Zettel stets eine entsprechende Zahl seinem Partei­standpunkt fernstrhendcr Bürger, die ihm als Vertreter der Bürgerschaft geeignet schienen, ge­nommen, ohne Rücksicht darauf, ob solche Mit­glieder des Bürgers-reins waren, oder zu den Nichtorganisierten" gehörten und die« selbst zu einer Zeit, als seine politischen Gegner sich zu diesem Standpunkt noch nicht aufschwingen konnte». Nur als bei den beiden letzten Wahlen eine bestimmte Anzahl von Kandidaten zwischen den beiden Vereinen ansgetauscht wurde und damit die Wahl der Mehrzahl der zu Wählenden zum Voraus schon gesichert war, hat dieser alte Grund­satz in etwas notgelittcn und da diese Vorschlags­weise auch nach meiner Auffassung dem Nicht­organisierte» Teil der Bürgerschaft in ungehöriger Weise das Wahlrecht schmälert, so habe ich mich schon vorige» Jahr öffentlich gegen ihre fernere Beibehaltung ausgesprochen und werde ihr nie mehr das Wort reden.

Der Herr Verfasser scheint sodann der Meinung zu sein, daß auf dem hiesigen Rat­hause derzeit eine reine Parteiherrschaft bestehe, daß also für den Einzelnen nicht mehr die eigene Meinung maßgebend sei, sondern nach Fraktionsbeschlüffen" ja oder nein gesagt werde. In dikser Beziehung kann ich ihn völlig beruhigen. Früher mag da« ja der Fall gewesen sein und man erzählt sich heute noch mancherlei darüber, niemals hat aber der Einzelne in der freien Betätigung und Vertretung seiner Anschauungen und Meinungen in den städt. Kollegien größere Freiheit gehabt, als gegenwärtig und daß davon auch in der ausgiebigsten Weise Gebrauch ge­macht wird, daß Freund gegen Freund, Partei­genosse gegen Parteigenossen, oft und viel nicht nur spricht, sondern auch stimmt, das ist eine Tatsache, die der Vorsitzende der Kollegien dem Herrn Einsender auf Befragen gerne bchäligen wird. Daß sich die Gewählten niemals nur als Vertreter derOrganisierten", sondern als die der ganzen Bürgerschaft gefühlt und bktätigt haben, braucht gegenüber dem Herrn Einsender wohl nicht noch besonders hervorgehoben zu werden. Damit erfüllte» dieselben auch nur ihre feierlich b-schworenen Amtspflichten, die ihnen vorschreiben, das Wohl der Stadt über Alles zu stellen.

Zum Schü sse aber möchte ich dem Herrn Einsender und seinen Freunden dringend raten, ebenfalls Anschluß an Gleichgesinnte oder ihren wirtschaftlichen und politischen Ansichten Nahe­stehende zu suchen, sich also eben auch, dem Zug der Zeit folgend, zuorganisieren", um Eirfiuß auf das Ganze zu gewinne», getreu dem Dichter­wort :

Immer strebe zum Ganzen!

Und kannst du selber kein Ganzes werden, als dienendes Glied schließ an ein Ganze« Dich an.

Cmil Ltsucienmexer.

«tanvesamt Eak».

Geborene.

5. Nov. Sofie Berta. T. d. Wilhelm Weiß, Hrfners hier.

14. . Mathilde, T. d. Josef Stohr, Land­

jägers hier.

Gestorbene.

11. Nov. Han:a Schaible, geb. Ziegler, Ehefrau

des David Schaible, Missionars hier, 51 Jahre alt.

12. Karl Wolter, S. d. Karl Stüber, Wagner­meisters hier, 3 Jahre 2 Monate alt.

Die hungernden Vögel bitten «m Futter!

NeklameteU

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vorritZIiob im Ossckwnek, billig- im Oebrnnsb vss kklluä von illr. 2 60 nv 100 Ornmw sb 55 Dkg-, bei SS. 8sok», vorm. Lostenbscier,