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cm» dem Deutschland geeint hervorgegavgen ist, soll einer von vielen Seiten ergangenen Anregung entsprechend im Anschluß an die besonderen Gedenktage der Württemberger — die Tage von Villierl-Champigny — ein Appell der Kriegsveteranen am Sonntag, den 4. Dezember, 13 Uhr Mittag» vor dem Kgl. Refidenzschloß in Stuttgart statifinden. Hiezu hat Se. Maj. der König sein Erscheinen in Aussicht gestellt. Ein Aufruf, unterzeichnet vom kommandierenden General des XIII. (Kgl. Württ.) Armeekorps Herzog Albrecht von Württemberg, fordert die alten Kameraden auf, sich recht zahlreich zu diesem Appell einzufinden. Auch dir in Württemberg wohnenden Veteranen der anderen Bundesstaaten sind zur Teilnahme eingeladen. Die Anmeldung — per Postkarte — wird baldmöglichst, spätestens zum 30. November, erbeten: 1. von den Offizieren, Sanitätsoffizieren und Beamten an das Gouvernement Stuttgart, 3. von de» Angehörigen des Kriegerbundes nach dev näheren Bestimmungen des Präsidiums, 3. von den dem Kriegerbm-d nicht angehörenden Unteroffizieren und Mannschaften unter Angabe des Truppenteils bezw. der Formation, bei welcher der Betreffende den Krieg mitgemacht und unter everit. Mitteilung, ob Sicherstellung von Quartier gewünscht wirr>, an da« Gouvernement Stuttgart. Die Bekanntgabe der Sammelplätze zum Appell erfolgt mit Ausgabe des Programms, welches ausgangs November veröffentlicht werden wird. Nach dem Appell sind die Teilnehmer zu kostenfreiem Mittagessen eingeladrn. Für Offiziere, Sanitätsoffiziere und höhere Beamte ist zwanglose Vereinigung am Abend de» 4. Dezember im Hotel Marquardt vorgesehen. Für die Eisenbahnfahrt wird Preisermäßigung gewährt. Hierüber folgt besondere Bekanntmachung.
Stuttgart 39. Okt. (Diebstahl.) In einer Kaffee Großhandlung in der Alleenstraße wurde der Kutscher bei Nacht überrascht, als er im Begriff war, verschiedene Kaffeesäcke zu entwenden und bei Seite zu schaffen. Er wurde alsbald verhaftet. Die Haussuchung bei ihm und seiner Braut ergab, daß es nicht das erstemal war, daß er auf solch unredliche» Wege» sich bewegte.
Stuttgart 39. Okt. Am 1. November werden in Oehringen, Laupheiw, Biberach, Waldsee, Ravensburg, Friedrichshafen, Dornahof (zugleich Arbeiterkolonie im Oberamtsbezirk Saulgau), Leutkirch, Wangen, Jsny neue Wand erarbeit« st ätte» in Betrieb gesetzt werden. Die Zahl der württembergischen Wanderarbeitsstätten hat sich mit den 10 neugeschaffenen von 37 auf 37 erhöht.
Stuttgart 39. Okt. (Drei GlückS- oögel.) Da« große Los der Nürnberger Lotterie für da« Germanische Museum im Betrage von 100 000 ^ fiel in die hiesige Kollekte der Generalagentur C Breitmeyer. Gewinner des Loses sind drei Buchhändler in der „Union Deutsche Verlagsgesellschaft."
Stuttgart 39. Okt. (Ein wackerer Schutzmann.) Ein „Freund der Armen" schreibt der Württ. Zeitung: Das Sprichwort: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut, hat gestern ein Polizeiwachtmeister bei der JohanneSschule im vollen. Sinne des Wortes betätigt. Der Sachverhalt ist, wie ich mit eigenen Augen ansah, folgender: Kurze Zeit nach 13 Uhr setzte sich eine ältere, sehr kränklich aursrhende Frau, die mit Bürstenwaren hausierte und zwei Körbe bei sich hatte, in ganz erschöpftem Zustand auf das Gtfiurs eine« Souterrainfensters des Eckhauses Jobannesstraße 1 nieder, um auszuruhen. Da diese Frau schnappte, wie wenn es mit ihrem Lebe» ausgehen wollte, so umstanden sie zahlreiche Personen, worunter auch viele Schulkinder. Ein kurze Zeit darauf de; Weg« daherkommendsr Polizeiwachtmeister nahm sich Lies.r armen Frau in liebenswürdiger Weise an, er bat sie nämlich, auf die Wachtstube zu gehen, um sich dort zu wärmen und zu erholen, auch ließ er ihr einen Armkorb durch zwei Schulkinder auf die Wache tragen. Daß diese Frau sehr erschöpft war, sah man auch deutlich daran, daß sie nur sehr langsamen Schritte» gehen konnte, offenbar hatte sie anch sehr Hunger. Diesen Eindruck scheint auch der Wachtmeister bekommen zu habe», denn er öffnete gleich darauf seinen Geldbeutel und gab einem in der Nähe stehenden Schutzmann ein Geldstück mit dem Bemerken, er möchte dieser Frau auch ein Mittagessen hierfür kaufen. — Dieser Brave hat die Aufgaben und den Beruf eines „Schutzmannes" im vollsten Sinne des Wortes erfaßt.
Stuttgart 39. Okt. (Strafkammer.) Unterschlagungen in beträchtlicher Höhe führten den ledigen, 38 Jahre alten Kaufmann Georg Röschlaub von Erlangen vor die Strafkammer. Der Angeklagte war in einer hiesigen Fabrik angestellt und hatte an die Arbeiter von zwei Filialen den Lohn aurzuzahlen Er bekam jedesmal eine größere Summe mit, de» Ueber- schuß nach der Lohnauszahlung behielt er jeweils für sich. Auf diese Weise eignete er sich innerhalb zweier Jahre 3000 ^ an. Zur Verdeckung der Unterschlagungen setzte er höhere Beträge in die Lohnlisten ein, oder verrechnet« den Lohn für bereits ausgetretene Arbeiter. Der Angeklagte genoß bei seinem Prinzipal große» Vertrauen, die Unterschlagungen kamen erst nach
seinem Austritt ans Tageslicht. Er war ein leidenschaftlicher Spieler und hoffte, durch Gewinne in der Lottereie die Unterschlagungen decken zu könne». Er hatte zuletzt ein Monatsgehalt von 170 Bit j tzt hat er noch keine» Ersatz geleistet. Die Strafkammer verurteilte ihn zu 10 Monaten Gefängnis.
Gaildorf 39. Okt. Ein bedauerliche» Unglück ereignete sich gestern inMittelrot, Gemeinde Fichtenberg. Als die Ortsfeuerwehr mit der Spritze heute früh zur Uebung nach Fichtenberg ausiücken wollte, brach beim Verlassen de« Ortes die Axe des Spritzenwagens. Zwei Feuerwehrleute stürzten vom Wagen und wurden im Rücken und am Kopf ganz erheblich verletzt. — Im Anschluß an die heutige Hauptübung der Feuerwehr wurden an 5 Angehörige der hiesigen Feuerwehr da« Ehrenzeichen für 35jährige treugrleistete Dienste überreicht.
Neckarsulm 39. Okt. Der katholische Oberkirchenrat, Stadtpfarrer Mancher, ist heute früh im 85. Lebensjahre hier gestorben. Er hat 35 Jahre lang hier segensreich gewirkt und durch seine vorbildliche Toleranz die Wertschätzung und Liebe der Angehörigen aller Konfessionen sich erworben.
Freuden stadt 39. Okt. Der Pächter de» Gemeindebackhauscs teilte dem hiesigen Gemeinderat mit, daß ihm das Anerbieten gemacht worden sei, das Brot für den Konsumverein zu backen. Der Konsumverein habe die Brotlieferung ausgeschrieben, es habe sich aber niemand gemeldet. Der Gemeinderat stand auf dem Standpunkt, daß er den Konsumverein nicht unterstützen dürfe und gab deshalb dem Backhausbäcker nicht die Erlaubnis, die Brotlieferung zu übernehme».
Rottweil 30. Okt. In Schlüchtern ist der Fleischbeschau«! Müller, der eine an Milzbrand verendete Kuh untersucht hatte, durch Infektion an Blutvergiftung gestorben. Auch ein Schmied, der die Kuh abhäutete, schwebt in Lebensgefahr. Beide haben mit Schrunden an den Händen den Kadaver angefaßt.
Leutkirch 39. Okt. Der 55 Jahre alte Gerbermeister Paul Lotz hat sich in dem Stadtsäge-Weiher ertränkt. Zu Hause ließ er im Portemonnaie einen Zettel liegen, daß man seine Kleider am Weiher finden werde. Sein Sohn fand denn auch die Kleidungsstücke am Ufer. Etwa 20 Meter im Weiher drinnen entdeckte man auch alsbald den Ertrunkenen, von dem nur die graue» Haare aus dem Wasserspiegel hervorschauten.
Jsny 29. Okt. (Praktische Stockrodungen.) In letzter Zeit wurden in der
sei» Bekenntnis ab, daß ohne Beifall seine Kunst verkümmern, verdorre» müsse. Er wolle dem Fürsten, dem er so viel verdanke, nicht untreu werde«. Nur ab und zu die Möglichkeit, den Kronburgern sich in Erinnerung zu bringen, da« sei'«, was er sich von der Huld des gütigen Fürsten erbitte. Er fieberte, als er da» Schriftstück zu Papier gebracht hatte. Nach durchwachter Nacht stellte er sorgsam die Reinschrift her, siegelte den Umschlag und trug ihn selbst ins Schloß zum Oberhosmarschallamt. Der Beamte sah ihn erstaunt an. „Eine Eingabe von Ihne«, der Sie doch so oft Gelegenheit haben, Königliche Hoheit zu sprechen?"
„Stimmt schon", antwortete Hugo in gezwungen harmlosem Ton, 'S ist eine persönliche Angelegenheit"
Als der Hofbeamte da« Schreiben in Empfang nahm und registrierte, empfand Hugo einen fast körperlichen Schmerz. Aber er bezwang sich. Mochte die Entscheidung fitzt falle», wie sie wollte, nur Gewißheit wollte er haben.
XXIII.
Am nächsten Vormittag, als Hugo eben ohne Eßlust sein Frühstück verzehrte, trat Hallberg mit wichtigem Gesicht bei ihm ein. Er schien gut gelaunt und sagte, als der Schauspieler ihn recht kühl begrüßt hatte:
„Bist du bös auf mich, Freundchen? Nun ich kann dir'» nicht Übel nehmen. Hast mich ja fast 'ne ganze Woche lang nicht gesehen und dir gewiß eingebildet, ich sei ein schlechter, undankbarer Kerl. Man traut derlei angenehme Eigenschaften ja schließlich auch seine» Freunden zu, und gewisse Leute fühlen sich außerordentlich wohl, wenn sie sich ein bißchen selbst bemitleiden können. ES gab aber wirklich viel zu tu« für mich, erstens in meinem neuen Amt, wo ich mich doch wenigstens die ersten paar Tage diensteifrig zeige» mußte, und dann hatte ich eine wichtige Verhandlung mit dem Goethetheater in Berlin. Die Herren dort haben sich in den Kopf gesetzt, daß mit den „Freiheiisträumen" sogar in der Reichshauptstadt wa» zu machen sei, und wollen da« Stück unter allen Umstände» herausbriuge». Da Hab' ich ihnen denn kaltlächelnd die Be-
dingungung gestellt, daß ein gewisser Hugo Haffner in Berlin den Harold spielen müsse, ohne ihn bekommen sie das Stück nicht. Erst sträubten sie sich, aber dann gaben sie nach, und gestern abend erhielt ich die Nachricht, daß sie sich meinen Wünschen fügen, wenn ich besagten Herrn ihnen verschaffe. Ich komme also heute gewissermaßen als Agent. Du wirst mix keinen Korb geben, sondern sofort um den Urlaub von vier Wochen bitten, der dazu nötig ist, um dich den Berlinern als Harold vorzustellen. Und wenn sie dich gesehen und gehört haben, lassen sie dich nicht wieder fort, darauf wett' ich. Sieh mal, lieber Junge, auf die Dauer hältst du'« hier doch nicht aus, es wäre auch jammerschade um dich."
Als er von Hugo den Inhalt von dessen Eingabe an den Groß- herzog erfahren hatte, antwortete er mit Kopfschütteln: „Das ist eine halbe Sache, mein Lieber, mit der dir für längere Zeit auch nicht geholfen ist. Gerade wenn du von Zeit zu Zeit die Möglichkeit de« öffentlichen Wirken» hast, wirst du dich um so schwerer in die Zurückgezogenheit finden, die doch für dich dann immer noch die Regel sein wird. Nein, der Großherzog ist viel zu klug und zu fein in seinem künstlerische» Empfinden, um einen solchen Zustand zu schaffe», der den Keim zu neuen Konflikten von Anfang an in sich trägt."
„Er wird deshalb dein Gesuch entweder ganz ablehnen oder dir trotz deiner Mitwirkung in seinen Sondervorstellungen dir Tätigkeit in der Oeffentlichkeit erlauben."
„Und wenn er da» nun nicht täte?"
„Daun, mein Guter, mußt du zur Selbsthilfe schreite«, mußt kontraktbrüchig werden, so schlimm auch da« Wort für einen gewissenhafte« Menschen klingen mag. Aber hier steht für dich alles auf dem Spiel, es handelt sich um dich selbst, um deine Zukunft. Aber wer denkt gleich dev schlimmsten Fall? Ich bin sicher, daß sich alle« viel ruhiger und freundlicher lösen wird, al« du denkst. Der Großherzog ist dir aufrichtig gewogen und wird sicherlich für deine Schmerzen Verständnis haben."
(Fortsetzung folgt.)