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Nähe des Hahnentobel« mit einem Sicherheits- Sprengstoff Stockrodungen vorgenowmen. An de« Baumstöcken wird mit einem breiten Bohrer in die Erde ein 4045 om langet Loch ge­trieben, in da« je nach der Größe de« Stocks die nötige Quantität Sprengstoff, mit Patrone und Zündschnur versehen, hinrinbesördert und dann fest mit Boden, Lehm und Steinen zuge­stampft wird. Wenn die Zündschnur angebrannt ist, erfolgt die Wirkung in ca. 5 Minute». Durch die gewaltige Explosion werden die Siöcke in viele Stücke zerrissen, in die Höhe geschleudert und die starken Wurzeln so von der Erde befreit, daß sie in ihrer ganze» Länge heraut kommen und beliebig abgesägt werden könne». Ein Arbeiter ist im Stande, an einem Tage deren 50 Stöcke zu roden. Der Preis zum Sprengen eines große» Stockes wird sich ungefähr auf 1.50 ^ belaufen. Da infolge der hindernden Stöcke abgeholzte Flächen oft jahrelang nutzlos dalagen, können nunmehr in kurzer Zeit An­pflanzungen vorgenomms» werden.

Pforzheim 30. Okt. (Arbeiter­bewegung.) Die Bewegung unter den hies. Keltenmachern läßt noch nicht erkennen, wie e» in 8 Tagen, wenn die Kündigungen in Kraft getreten sind, werden wird. In der großen Fabrik von Friedr. Speidel wurde ein Arbeiter, der vor 8 Tage» gekündigt hat, wegen Agitieren« sofort entlassen. Darauf verlangten gestern früh alle 60 dort beschäftigte« Kettenmacher die Zu­rücknahme dieser Maßregelung und verließe», als da» abgeschlagen wurde, auf der Stelle die Fabrik. In der noch bedeutenderen Fabrik von Kollmar und Jourdan haben die Kettenmacher, dis vor 8 Tagen gekündigt, dann aber die Kün­digung wieder zurückgenommen hatte», die Zu­rücknahme widerrufen. Somit steht da« Baro­meter wieder eher auf Sturm. Die hiesigen Bijouteriefabriken waren in letzter Zeit im all­gemeinen gut beschäftigt. Manche haben sogar Ueberstunden gemacht.

Berlin 30. Okt. DerBerliner Lokal- anzeiger" meldet: In Wedding, im Norden Berlins kam es gestern abrnd zu schweren Ausschreitungen, wobei die Polizei tätlich angegriffen wurde und zahlreiche Personen verletzt wurden. Die Ursache war eine gering­fügige. Einem Fleischergesellen, der nicht zur Arbeit gekommen war, wurde von seinem Chef erklärt, dieser Tag könne ihm nicht bezahlt werden. Darauf legten 14 Gesellen die Arbeit nieder. Am Abend erfolgten dann zahlreiche Angriffe auf dar Geschäft, namentlich von Seiten halbwüchsiger Burschen und von Frauen. Nach­dem ein dreizehnjähriger einen Revolver abge- schofsen hatte und ein Feuermelder zerstört worden war, sammelte sich, wie auf Kommando, eine nach Tausenden zählende Menge an. Es wurden Steine auf die Schutzleute g warfen, weshalb sich die Beamten gezwungen sahen, blank zu ziehen und vorzugehen. Zahlreiche Tumultanten wurden durch Säbelhiebe verletzt. Schon war die Polizei zurückgegangen, als ein Schuß au« der Menge das Zrichm zu neuen Ausschreitungen gab. Et wurde mit Steinen und Bierflaschen geworfen. Auch abgerissene Eisenteile von Bal­kons« kamen als Wurfgeschosse zur Anwendung. In verschiedenen Straßen trat völlige Dunkelheit ein, weil sämtliche Laternen zertrümmert worden waren. Erst als verschiedene der Haup.tumul- tanten festgenommen waren, gelang es, die Ruhe einigermaßen wiederherzustellen.

. Berlin 30. Okt. Bluthunde, Räuber und andere Drohrufe wurden außer von den Tumultanten auch aus den Häusern gerufen. Ein Schutzmann, der in Begleitung eines Kollegen eine Verkäuferin des Morgenstern'schen Ladens »ach der nächsten Apotheke begleitete, wo da» Mädchen Verbandstoff für verunglückte Schlächter­gesellen hole« wollte, wurde von den RowdieS mit Steinen beworfen. Er gab zwei Schreck­schüsse ab, ohne jemand zu treffen. Insgesamt wurden 14 Personen sistiert, darunter zwei Frauen, die Bluthunde, Verbrecher «. s. w. ge­rufen hatten. In der Reinickendorferstraße wurde auf eine Abteilung auch ei« Schuß au» einem dahinter liegenden Gelände abgegeben. Alle

Aufforderungen an die Menge, sich zu zerstreuen, wurden mit Johlen, Pfeifen und Schimpfreden beantwortet. Der Befehl zum Waffengebrauch wurde erst auf die gegen die Schutzmannschaft gerichteten Steinwürfe hin gegeben. Die Be­amten konnten größtenteils erst morgen« gegen '/«4 Uhr entlasten werden.

Berlin 30. Okt. Der amtliche Polizei­bericht über die gestrigen Krawalle besagt: die Menschenansammlungen, die gestern anläßlich des AusstandeS der Schlächtergesellen der Firma Morgenstern in der Schererstraße 8 stattfanden, nahmen einen großen Umfang an und arteten schließlich in Landfriedensbruch und Aufruhr au«. Während in der Geschäftszeit der großen Men­schenmenge wegen die Schererstroße abgesperrt werde» mußte und beim Räumen der Straße noch keine Waffe angewandt zu werde» brauchte, wurde kurz nach 11 Uhr eine größere Anzahl Beamter der Wache 107 versammelt, da die beiden Beamten vor dem Morgensternschen Ge­schäft mit Steinen angegriffen wurden und diese in der Notwehr von der Waffe Gebrauch machen mußten. Die sofort vom Revier 107 herbei­gerufenen Beamten, etwa 70 Mann und acht Berittene, mußten jetzt die Reinickendorfer-, Wiesen-, Kösliner-, Mox- und Adolfstraße wieder­holt mit blanker Waffe räumen. Während des Tumults wurden die Laternen von Exzedenten teils ausgrdreht, teils mit Steinen zertrümmert. Die Polizeioffiziere, die an dieser Stelle Dienst taten, wurden sämtliche von Steinen getroffen, ohne daß sie ernstlich verletzt wurden. Die Schutzmannschaft wurde sogar mit Steinen be­worfen, als sie ruhig an der Ecke der Reinicken­dorfer und der Schererstraße stand. Mehrere Schaufensterscheiben wurden zertrümmert.

Berlin 29. Okt. Nach den bisherigen Feststellungen der Berliner Kriminalpolizei hat der Leichensund an der Spree beim Schloß Bellevue noch keine Aufklärung gefunden. Die ärztliche Untersuchung führte zu dem Ergebnis, daß wahrscheinlich ein Giftmord oder Tod durch Ersticken vorliegt. Die einzige Feststellung, die für den weiteren Verlauf der polizeilichen Er- mittellungen vielleicht von Belang sein könnte, ist bis jetzt die Bekundung eine» Ehepaare» vom Halleschen Tor, dessen 19 Jahre alte Tochter seit sechs Wochen verschwunden ist.

Kiel 29. Okt. Das Luftschiff ? 6 stieg heute vormittag 10'/« Uhr bei ungünstiger Witterung mit mehreren Paffagieren auf und fuhr nach dem Hafen, wo es von den Besatzungen der Kriegsschiffe mit Hurrarufen begrüßt wurde. Einige Zeit kreuzte es dort. Als sich starker Regen einstellte, flog das Luftschiff nach der Halle zurück.

London 29. Okt. In Darlington hielt Staatrstkretär Gr er, g-strrn eine Rede, in der er unter anderem sagte, die Haupterör- 1er ungen des gegenwärtigen Jahrhunderts würden sich wahrscheinlich nicht um Fragen der auswär­tigen Politik, sondern um solche des sozialen Fortschritts drehen. Er sehemveder einen Grund zum Kriege, noch mache er sich auf einen solchen gefaßt. Die große Mehrheit der Menschen wünsche den Frieden.

Vermischtes.

Carusosbester Freund".) Zur Anwesenheit Carusos in Berlin, wird eine hübsche Anekdote am Platze sein, die sich vor einiger Zeit in einer amerikanischen Eisenbahn ereignete. In dem Speisewagen de» Zuges saßen mehrere Herren zusammen, die über das letzte Gastspiel Carusos eifrig diskutierten. ES wurde natürlich auch von dem Andrang gesprochen, der trotz der hohen Eintrittspreise au der Kaffe des Theaters herrschte, und lebensgefährdenden Umfang an­nahm. Dabei erörterte man gleichzeitig auch die Einnahmen, die Caruso in einem Jahr aufzu­weisen hat. Besonders einer der Herren ge­bärdete sich sehr sachverständig und warf fabel­hafte Summen um sich, die Caruso wohl nie bezogen haben dürste, da er meist zu festem Honorar von seinem Impresario für die einzelnen Gastspielvorstellungen verpflichtet ist. Einer der Herren wagte e», die Angaben de» Sachver­

ständigen zu bezweifeln, da ihm eine Einnahme von 5 Millonen Mark jährlich selbst für Caruso zu hoch dünkte. Während diese» Streite» saß ein dritter Herr ganz ruhig dabei und lächelte nur man kann fast sagen schadenfroh. Der Sachverständige blieb dabei, daß Caruso tatsächlich mindester» 5 Millionen Mark jährlich verdiente. Al» ihm sein Gegner die Frage vor­legte, woher er die» mit so absoluter Sicherheit wissen wolle, erwiderte ihm der Gefragte, daß er dies wohl wissen müsse, da er Caruso» bester Freund sei und der Sänger es ihm selbst mil­geteilt habe. Bei diesen Worten stand der Dritte wortlos auf und entfernte sich aus dem Speise­wagen. Nach einigen Worten kam er wieder in Begleitung eine« Herrn nach dem Speisewagen zurück und begab sich zu dem Tisch der beiden Streitenden. Der fremde vierte Herr lüftete höflich seinen Hut und fragte:Darf ich viel­leicht bitten, mir meinen besten Freund zu zeigen? Ich würde mich freuen, ihn wiederzusehen. Mein Name ist nämlich Enrico Caruso!" Darob große Bestürzung auf Seiten de» Sachverständigen und unbändige Heiterkeit auf Seiten sämtlicher übriger Beteiligten. Der Dritte im Bunde, der so schweigsam dagesessen hatte, war nämlich Ca­rusos Manager und beide befanden sich auf der Reise nach Europa zu neuen Gastspielen. Den Schluß dieses Vorfalles bildete eine große Ver­söhnungsbowle, an der sich nur Caruso nicht beteiligte, da er keinen Wein trinkt. Von dieser Stunde an ist aber der Sachverständige wirklich Carusos Freund geworden. Wenn er also auch damals nicht die Wahrheit gesprochen hatte, so war er doch in gewissem Grade ein Prophet.

Eingesandt.

Aranken- r»ird Sehalhanr-Neaba«.

Unsere Stadt Calw ist gegenwärtig vor eine große Zahl von Neuerungen gest-llt. Dem Neubau der Altburger Straße folgt nun der­jenige der Stuttgarter Straße; auch ist man gegenwärtig an dem Bau de« städtischen Elektri­zitätswerke«. Ehe diese» alle» fertig ist, wird schon wieder der Neubau eine« Brzirkikrarrken- hausk», und eine» Schulgebäudes für da« Real­progymnasium geplant, und sollen hiefür Bauplätze schon in der nächsten Zeit erworben werden.

Diese Neuerungen kosten aber die Stadt so viel Geld, daß natürlich hiesür weitere An­sehen gemacht werden müssen, und die Folge hievon ist, daß die Steuerzettel immer höher werden, er wäre deshab angezeigt, daß bei Aus­wahl der Bauplätze nicht gerade da« teuerste Areal erworben würde wie z. B. ein paar Baum- güter an der Neuhengstettersteige um den Preis von 20000 während die Stadt schon vorher im Besitze verschiedener großer und schöner Bau­plätze ist; z. B das ffüher Frohnmaier'sche Baum- gut an der neuen Altburger Straße, und da» früher Metzger'sche Baumgut an der neue» Panoramastraße, ferner ist beim alten Kranken­haus noch ein Areal von 20 a frei, worauf sicher ein Schul- oder ein Krankenhau« Platz hätte. Zu diesen elfteren Plätzen wäre keine Zufahrts­straße erforderlich, während bei dem geplante» Prcj-kt in der Neuhengstetter Steige, der Grund­erwerb für die Zufahrttstraße, und die Herstellung derselben nahezu so viel kosten würde, als da» Bauareal für das Krankenhau» selbst.

Der Einsender, welcher nebenbei gesagt, keinerlei Vorteil davon hat, ob die Neubauten auf die rechte oder linke Nagoldseite gestellt werden, sondern nur da» Interesse der Stadt und der Steuerzähler im Auge hat, ist der An­sicht, daß man hier auch ein wenig ans Sparen denken soll.

Marktberichte.

Stuttgart 29. Okt Dem heutigen Mostobstmarkt auf dem Wilhelmtplatz waren 1100 Zentner zugesührt. Preis 6.407 ^ per Zentner.

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