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Erscheinungstage: Montag, Dienstag. Mittwoch. Donnerstag. Freitag und SainSlag. Jnsertionspreis 10 Pscz. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorle; außer Bezirk 12 Pfg.
Montag, den 31. Oktober 1910
Bezugspr. i. d. Stadt^fährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. j.d. Orrs-u. Nachbarorrsverk. '/ijährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.
Tagesuenigkeiten.
Calw 31. Okt. Privatier Schön len verkaufte sein Baumgut im Stcckenäckerle an Kaminfegermeistcr Eisenhardr um den Preis von 4000 ^ (den gm zu 2 ^7).
— Seine Königliche Majestät haben am 27, Oktober l. I. geruht, dem Hilfslehrer vr. Richard Bröfamlen an der höheren Mädchenschule in Tübingen eine Obcrreallehrersstelle am Realprogymnasium in Calw zu übertragen.
Bad Tein ach 30. Okt. Ja der Nacht vom Samstag auf Sonntag, etwa um 2 Uhr, brach in dem im Teinachtal gelegenen, zur Markung Sommenhardt gehörigen Sägereianwesen der Karl Lehmann Feuer aur. Als die zunächst gelegene Feuerwehr von Teinach alk erste auf dem Brandplatz erschien, war die Sägmühle bereits niedergebrannt. Dar Feuer fand in den aufgestapelten Schnittwaren und sonstigen Vorräten reichliche Nahrung und legte auch einen Bretterschuppen, der nahe dem Wohnhaus gelegen war, nieder. Nur mit äußerster Mühe gelang er den Feuerwehren von Teinach, Zavelstein und Sommenhardt dar hartbedrohte Wohn- und Wirtschaftsgebäude zu retten. Ueber die EntstehungS- ursoche ist noch nichts Näheres bekannt. 8.
Nagold 30. Okt. (Schadenfeuer.) In einer Scheuer des Bauern Friedr. Weidle jung brach au» unbekannter Ursache Feuer aus, dar alsbald auf dar gesamte Anwesen übersprang und das die Gebäude in Asche legte. Allein der Gebäudeschaden wird auf 9000 ^ geschätzt. Auch viel Fahrnis ist mitverbrannt. Die Gefahr für die Nachbarhäuser war groß. Einer der Feuerwehrleute, die mit großer Hingabe am Werke waren, hat bei den schwierigen Löscharbeiten einen Fuß gebrochen.
Herrenberg 30. Okt. Mit Rücksicht darauf, daß mehrfach Eisenbahnreisende mit Fahrkarte» für eine niedrigere Klaffe in eine höhere umzusteigen pflegen, hat die Geueraldirekiion die § Schaffner angewiesen, die Fahrkarten dann und wann trotz der Bahnsteigsperre im Wagen nochmals zu revidieren. Einer, dem dies nicht gefiel, der verheiratete Zimmermann Reich von Nufringen, glaubte auf der Gäubahn seinem Aerger über diese Störung Luft machen zu sollen mit einer Einladung an den Schaffser von der Art, wie man ihr auch um die Zeit von Kirchweih nicht nachzukommen pflegt. Die Betriebsinspektion stellte wegen Beleidigung des Schaffners Strafantrag und das hiesige Schöffengericht verurteilte Reich zu 15 ^ Geldstrafe. Auch wurde dem Schaffner die Befugnis zugesprochen, das Urteil im „Gäuboten" zu veröffentlichen.
Kuppingen OA. Hrrrenberg 29. Okt. Bei der Schultheißenwahl haben von 190 Wählern 172 abgestimmt. Stimmen erhielten Verw.-Kand. Haarer 55, Gemeinderat Maier 55, Verw.-Kand. Kaiser 33, StaatSsch.-Kaffen- buchh. Schließer 21, die übrigen Stimmen zersplitterten sich. Es ist somit ein zweiter Wahlgang nötig.
Leonberg 29. Okt. Ein geradezu viehischer Gebrüll veranlaßte gestern abend gegen 9 Uhr auf dem Marktplatz einen Auflauf. Ein Stromer, der wegen Bettels festgenommen werden sollte, widersetzte sich dem Landjäger und leistete Widerstand, schließlich wurde er von einigen handfesten Männern in Arrest transportiert. Dem Gebrüll nach hätte man annehmen könne», es handle sich um Mord und Totschlag.
Möhringen a. F. 29. Okt. (Leichenfund.) Einen schauerlichen Leichenfund entdeckte
ein Sandbrucharbeiter im Kohlhauwald. An einem Baum hing ein schon stark in Verwesung , übergegangener männlicher Körper. Die Leiche wurde als die des schon seit 14 Tagen vermißten verheirateten Maschinenputzers Johann Gottlob Seitz von Untertürkheim erkannt. Was den arbeitkfreudigen, rechtschaffenen Mann zu dieser Tat trieb, entzieht sich der Kenntnis. Er hinterläßt eine Witwe und drei Kinder im Alter von 16 bis 21 Jahren.
Möhringen a. F. 29. Okt. (Einbruch.) Bei der Witwe Rau wurde ein Einbruch verübt. Der Dieb öffnete das Küchenfenster und entwendete 1 Kupfergölte, 6 zinnene Teller und 1 Zinnschüffel mit Gravierung. Die Kupfergölte wurde andern Tags in einem benachbarten Garten wieder aufgefunden. Der Verdacht, de» Einbruch verübt zu haben, lenkt sich auf einen Kesselflicker, der Tag» zuvor der Frau für diese Gegenstände 40 Mark bot, von der Frau jedoch abgewiesen wurde. Vom Einbrecher hat man keine Spur.
Stuttgart 29. Ott. Der König besichtigte heute vormittag das neue Kasernement des DragonerregimentS König Nr. 26 in Cannstatt. Nachdem der König am Haupteingang vom Offizierskorps empfangen worden war, erfolgte ei« Rundgang durch da» Kasernement, wobei nicht nur die Wohn- und Wirtschaftsgebäude sondern auch die Ställe, Reitbahnen, Schmieden u. s. w. besichtigt wurden. Auch der kommandierende General Herzog Albrecht von Württemberg hatte sich zur Besichtigung ein- gefunden. Nach deren Beendigung wurde im Kasino ein gemeinsamer Frühstück eingenommen.
Stuttgart. Zur Erinnerung an den vor 40 Jahren erfolgreich durchgekämpsten Krieg
Beifall.
Eine Novelle von F. A. Gei hl er.
(Fortsetzung.)
Hugo berichtete Eva alles, war sich an jenem Abend nach der Sondervorstellung im Schlöffe begeben, ließ sie einen Blick tun in all die Sorgen und Leiden der letzten Zeit und schloß mit der Frage: „Sag' du mir, was ich tun soll?"
Sie aber umschlang ihn und sah ihm in die Augen. Dabei sagte sie ruhig: Danach darfst du mich nicht fragen, denn noch bin ich zu fremd in der Welt deine« Berufes. Ich liebe dich, da» muß dir genug sein, und ich will mit dir gehen, mutig und vertrauensvoll, wohin du mich führst. Was du auch tun magst, für mich wird er immer dar Rechte sein, weil ich dich liebe. Aber um Rat frage mich nicht; gäbe ich dir einen, so müßt' ich immer bange sein, dir falsch geraten zu haben. Ich weiß ja, daß ihr Männer nicht nur durch Liebe glücklich werden könnt' wie wir Frauen. Ihr achtet euren Beruf unserer Liebe gleich. Darum mußt du selbst das Richtige finden, Schatz. Ich kann dir nicht helfen."
Er küßte sie innig, denn sie konnte ja nicht« andere» reden. Aber seine Sorge wich doch nicht von ihm. Auch der Justizrat, der bald erschien, zuckte nur die Achseln. Er wünschte von Herzen, daß der künftige Eidam in Kronburg bleiben und ihm das einzige Kind nicht in die Weite entführen möchte, verhehlte sich aber die schwierige Lage Hugo« nicht und dachte vor allem daran, daß ein verärgerter, verbitterter Künstler kein zufriedener, beglückender Ehemann zu sein pflegt.
So ging Hugo ohne die erhoffte Erleichterung fort. Dicht in seinen Pelz gehüllt, mit hochgeschlagenem Kragen «änderte er durch die Straßen und kam eben an dem hellerleuchtete« Eingang eine» vornehme» Restaurants vorüber, als eine Gruppe Herren und Damen dasselbe verließen.
Er hörte, daß sie vom Theater sprachen, und sie unterhielten sich laut genug, daß er deutlich jede« Wurt vernehmen konnte. Ein Gedanke durchzuckte ihn: Volke» Stimme Gotte» Stimme. Vielleicht konnte ihr Gespräch einen Anhaltspunkt bieten. So folgte er ihnen und lauschte gespannt.
„Mayring war wundervoll," sagte eine Dame.
„Aber Haffner soll noch viel besser gewesen sein," entgegnete ein Herr. „Schad' um den Haffner, aber man hat ja nicht» mehr von ihm. Und Mayring ist doch zu lieb!"
„Haffner sollte de» Großherzog bitten, ihn wieder frei zu geben," sagte ein älterer Herr. „Ich Hab' die besten Schauspieler gesehen, aber keiner hatte so viel Feuer, so viel Kultur in seinem Spiel wie er. Mayring ist nicht» dagegen. Und wir au« dem Publikum sollten eine Petition an den Großherzog richten, damit Haffner wieder öffentlich austrete« darf. Er ist noch zu jung, um sich dem großen Publikum zu entziehen."
„Ach wa«, Petition," wandte ein anderer ein, „da» ist die Sache doch nicht wert. Wenn Herrn Haffner'am Publikum nichts gelegen ist, so werden wir ihm doch nicht nachlaufen. Ich gönn' ihm den Großherzog von Herzen. Wir verlieren nicht« an einem Schauspieler, der sich fo rasch von uns zurückzieht. Junge Leute seiner Art gibt'» genug, und übrigen» war ich manchmal nicht so sehr begeistert von ihm."
Kein ernsthafter Widerspruch wurde laut. „Da« ist Geschmackrsache, Herr Kollege," sagte der erste Herr leichthin.
Hugo blieb zurück. Er hatte genug gehört. Da» war da» große Publikum: wankelmütig, leichtsinnig, rasch zu gewinnen, aber im Grunde doch keiner tiefere« Regung fähig, höchsten» in den Augenblicken der Begeisterung. Aber da konnte e» Beifall fpenden. Da» war'», in diesem eine» Wort lag das ganze Geheimnik, dessen Lösung er suchte.
Er ging schnellen Schrittes nach Hause und schrieb lange beim Scheine der Lampe. Ein Gesuch au den Grobherzog. Offen legte e