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Frage der kleinen Geschwister gipfelt: Woher ist wein Schwesterchen gekommen? Ebenso zeigte der Redner in seinen „Schelmenliedern" einen gesunden Humor und eine feine Beobachtung de« Volkilebm«. In seinem Vortrag bewies sich der Redner als vorzüglicher Darsteller, frei von jeder Uebertreibung und durchaus bewandert mit Inhalt und Form der Dichtung, so daß die Vorträge in dieser Richtung einen hohen Genuß gewährten. Der Beifall, der dem Redner zu teil wurde, war in jeder Beziehung gerechtfertigt und es ist sicher, daß der Vortragende bei späteren Veranstaltungen auf weitere Unterstützung seiner wünschenswerten und dankbaren Bestrebungen mit Erfolg rechnen darf.
-j- Liebenzel! 27. Okt. Schon vor einigen Jahren wurden durch den Verschöne- run-gsverein 2 Grundstücke am Schloßberg erworben. Diese wurde» nun unter Leitung des Hrn. Apothekers Mohl, der sich in dankenswerter Weise um die Sache angenommen hat, zu hübschen Parkanlage« umgswandelt. Von den bequem angelegten Wegen bieten sich herrliche Ausblicke auf Liebenzell und insbesondere auf das obere Städtchen. Zahlreiche Bänke und Tische, zum Teil an lauschigen, versteckten Plätzchen, laden zum Verweilen ein. Durch diese neuen Anlagen ist hauptsächlich der südliche Teil de» Schloßberg» erschlossen worden. In letzter Zeit wurde noch ein weiteres Grundstück im Meßgehalt von ca. 50 a erworben, so daß jetzt beinahe der ganze Schloßberg im Besitz der Stadtgemeinde ist.
Gerlingen OA. Leonberg 27. Okt. Während ein hiesige» Ehepaar auf dem Felde arbeitete, zog dessen 28jähriger, arbeitsscheuer Sohn eine Kalbe! au» dem Stall und verbrachte sie nach Ditzingen um sie zu verkaufen. Sein Vorhaben gelang ihm jedoch nicht und das Tier wurde wieder in seinen Stall zurückgebrocht, während der Sohn verschwunden ist. — Gestern abend wurde der wegen Wilderei schon öfter» vorbestrafte Christoph Schopf beim Wildern ertappt und festgenommen.
Herrenberg 27. Okt. Eine aufregende Szene spielte sich gestern nachmittag hier ab. lieber den mehr al« mannt hohen Bretterzaun de« amtsgerichtlichen Gefängnishofes hinweg entfloh eine Frauensperson, die aus dem Bezirk eingeliefert worden war. Die sofort auf- genommene Verfolgung war in dem mit Gebüsch bewachsenen Gelände der Umgebung der Stadt ergebnislos. Die Ausgebrochene soll sich in den letzten Tagen schon einmal ihrer Verhaftung von einer Hochzeitsgesellschaft weg durch einen Sprung durchs Fenster entzogen haben.
Schönaich OA. Böblingen 27. Okt. Dem Fabrikanten Ulmer wurde kürzlich in böswilliger Weise ein junger Apfelbaum angeschnitten und abgebrochen. Der hierher berufene Polizeihund „Sherlok" »ahm die Spur an dem abgebrochenen Teil de« Baume« auf und verfolgte sie über Wege und Felder bis zur Wohnung de» früheren Gemcindepfttgers, den er verbellte. Die Wiederholung de« Experiments hatte dasselbe Ergebnis. An einem dem Beschuldigten abgenommeuen Taschenmesser fanden sich Holz, Bast- und Rindenspuren vor und es wird die Untersuchung da» Weitere ergeben.
Stuttgart 27. Okt. Zur Feier der silbernen Hochzeit unsere« Königspaare» im nächsten Jahre, stellt da« „Neue Tagblatt" den Vorschlag einer Erweiterung der ohnehin geplanten verschiedenen Ausstellungen in Stuttgart zu einer Art von württembrrgischem Ausstellung-jahr zur allgemeinen Besprechung. Der Vorschlag ließe sich etwa in folgender Weise verwirklichen: Den Reigen eröffnet im Frühjahr eine Blumen- und Gartenbauausstellung, dann folgt, als Mttelpunkt des Ganzen gedacht, eine Ausstellung württembergischer Städte, die einen Ueberblick über die historische Entwicklung und den jetzigen Stand der hervorragendsten Gemeinwesen unseres Lande» bieten müßte. Die Ausstellung der Bäckereigewerbes, vielleicht auch noch eine andere Fachausstellung industrieller Art oder «ine Spezialausstellung au» dem Gebiet der Wohlfahrtspflege würde sich anschließen und im Zusammenhang mit dem Volksfest würde eine
landwirtschaftliche Ausstellung größeren Stil» den Beschluß de» Auistellungsjahrrs bilden. Gewerbehalle und Stadtgarten stellen ja bekanntlich eine äußerst geeignete Oertlichkeit für solche Veranstaltungen dar, und daß diese sich auch finanziell nicht ungünstig gestalten muffen, haben die letzten größere» Ausstellungen (Bau- und WirtS- auLstellung) bewiesen. Da lirße fick sogar der Gedanke erwägen, ob nicht etwaige Ueberschüfse zu einem wohltätigen Zweck verwendet werden könnten, der in der Richtung der gemeinnützigen Bestrebungen unserer Königin liegt. Aber auch wenn diese optimistische Hoffnung fehlschlagen sollte, so wäre mit der Verwirklich»;'g des obigen Vorschlags gewiß eine schöne Huldigung >'ür die königliche Silberhochzeit geschaffen, denn e« wäre in festlichem Rahmen ei» gut Stück württrm- bergischen Lebens vorgesührt, wie es sich unter der Regierung unseres Königs und unter der lebhaften Förderung der Teilnahme des KönigS- paareS entwickelt hat.
Stuttgart 27.Okt. (Guter Abschluß.) Die Ausstellung für das Hotel- und Wirtschaftswesen hat einen Reingewinn von rund 20 000 ^ ergeben. Daran hat der Cannstatter WiriS- verein ein Drittel als Anteil. Die Ausstellung von 1897 brachte dem Stuttgarter Wirt!verein 18 000 ^ Ueberschuß.
Stuttgart 27. Okt. (Forsterträge.) Der Reinertrag der Staatkforsten nach Holz und Geld hat in den 15 Jahren 1894 bis 1908 einen ganz bedeutenden Zuwachs erfahren. Während 1894 noch ein Anfall von 36.90 ^ auf 1 du der in der Verwaltung der Fvrstämter stehenden SiaatSwaldflächen mit 8 22 ^ pro Festmeter und 7 181 041 Reinertrag kamen, waren die entsprechenden Ziffern für 1900 schon 50.72 bezw. 10.51^ bezw. 9 907 446 ^. Im Jahre 1908 aber entfielen 65.03 bezw. 11.45 bezw. 12 747 452 -.E. Den Hauptanfall aber brachte in dieser Periode dar Nutz- ungtjahr 1907, wo eine RsinertragSsumme von 14 649 054 und aus 1 b-e 74.72 und auf einen Festmeter 12.40 ^ erwirtschaftet wurden. Dabei ist aber dis Gesamtforstfläche nur unwesentlich gestiegen. Von 194 619 du im Jahre 1894 auf 195 352 du im Jahre 1900 und 196 025 du im Jahre 1908. Unter den Er- tragssummen stecken allerdings auch die Erträge au< Nebrnnutznngkn, besonders au» den staatliche« Torfrieden und au» der Jagd. Dock sind diese Erträge z. B. für 1908 nur mit 403 095 und 114564 ^ eingestellt.
Pforzheim 27. Okt. (Verlorener Prozeß) Bei einem Ausflug nach Neuenbürg stieg da« Ehepaar Meyer hier statt in die 4. Klaffe in die 2. In Engelsbrand wurden sie deshalb in die richtige Klaffe verwiesen. Sie waren schon wieder eingestiegen, als der Mann wieder ausstieg und den zurüäbleibenden Schoßhund holte Unter einem Arm den Hund, unter dem anderen den Schirm, wollte Meyer wieder einsteigcn, geriet aber unter den abfahrenden Zug und wurde getötet. Die Frau klagte gegen die Bahn auf Schadenersatz. Sie wurde aber jetzt in letzter Instanz abgewiesen.
Mülhausen (Elsaß) 27. Okt. In der letzten Nacht wurden aus dem Verbindungtkanal in der Nähe de» RheinbadeS die Leichen einer Frau und zweier Kinder gelandet. Die Frau scheint etwa 30 Jahre, die Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, ein und zwei Jahre alt zu sein. Bei der Fra« hat man einen Ehering ohne Zeichen gefunden. In der Nähe der LandungS- stelle stand ei« Kinderwagen, lieber die Herkunft der Leichen ist noch nicht» nähere» bekannt.
Berlin 27. Ott. Wie verlautet, find für den Besuch des Zaren beim Kaiser folgende Anordnungen, getroffen: Der Zar wird voraussichtlich am 5. Novbr. in Potsdam auf der Station Wildpark eintreffen, wo er vom Kaiser empfangen wird. Der Aufenthalt soll nur einen Tag dauern und lediglich den Charakter einer Familienvifite tragen. Aller Voraussicht nach wird der Zar am Nachmittag in Potsdam ein- treffen; dann ist auch ein Besuch der Alexander Newskikapelle auf dem Pfingstberg in Aussicht genommen. Berlin selbst wird der Zar auf
keinen Fall berühren. Die Potsdamer Polizei ist bereits mit den Vorbereitungen für den Besuch beschäftigt, da umfangreiche Absperrungen in Aussicht genommen sind.
Berlin 27. Ott. Der Aviatiker Win- czier», der die Absicht hatte, von Johannistal nach Berlin zu fliegen, um an dem Johannistaler Ueberlandflug teilzunehmen, ist daran dadurch gehindert worden, daß sein Apparat vom Gerichtsvollzieher unter Siegel gelegt wurde ehe der Fluggewandte damit auf und davon ging. Der Verein deutscher Flugtechniker bemüht sich, zu erreichen, daß Winczirrs Teilnahme an dem Fluge gesichert wird.
Pest 26. Okt. Der Aviatiker Ernst Horwath machte gestern nachmittag mit seinem Aeroplan einen Probeflug. Dabei stürzte er aus einer Höhe von 10 in ab und erlitt lebensgefährliche Verletzungen.
Neapel 27. Okt. König Viktor EManuel, der dem Orte Cetara in Begleitung des Herzogs v. Aosta einen Besuch übstattete, wurde vom M-uister der öffentlichen Arbeiten Sacchi ur-d den Vertretern der Behörden empfangen und von der Bevölkerung herzlich begrüß*. Der König gab seinem tiefen Kummer über da» Unglück, das sovielr Opfer gefordert Habs, Ausdruck und besuchte die am schwersten betroffenen Stätten. Der König besuchte dann noch Majori und Amalfi, wo er vom Erzbischof empfangen wurde und fuhr später nach Neapel zurück. Dort begab er sich in das Hospital, in dem sich die Cholerakranken b«finden und trat an die Betten der Kranken und sprach ihnen Mut zu. Minister Sacchi ist zur Leitung der notwendigen Arbeiten in den von der Katastrophe betroffenen Orten zurückgeblieben. Der Papst hat an den Erzbischof von Amalfi 5000 Lire für die Beschädigten übersandt.
Vom Ballos „Amerikk".
Newyork 27. Okt. Einer der Mitfahrer des Ballon» „Düsseldorf" erhielt gestern abend von einem Insassen des Ballons „Amerika" folgendes, au» Ambroise (Quebec) datiertes Telegramm: „Wir sind am Perinbafluß, nördlich vom Chilongasee, am 19. gelandet. Alle» wohl. Wir kehren zurück."
Newyork 27. Okt. Wie au» St. Ambroise telegraphiert wird, erzählten die Insasse» des siegreichen Ballon» „Amerika", sie hätten den Michigansee und die Waldungen rördl ch von Quebec in schneller Fahrt überflogen. Am 19. Okt. nachmittags gerieten sie aber in einen Sturm, der sie zwang auf einem unbekannten, 1500 Fuß hohen Berge zu landen. Die Luftschiffer verbrachten dann die Nacht in der Gondel und brachen am frühen Morgen zu Fuß auf, um in bewohnte Gegenden, zu kommen. Am 4. Tage trafen sie einige kanadische Jäger, die sie in einem Kanoe nach St. Ambroise übersetzten, wo sie eintrafen, ohne Schade» gelitten zu haben.
Saint Louis 27. Okt. Mitglieder des Ausschusses für die Ballonwettfahrt erklären, die Insassen de« Ballon» „Amerika" hätten unzweifelhaft den Gordon-Bennettpokal und den Entfernungsprei» gewonnen.
St. Louis 27. Okt. DaS Komitee der Gordon-Benett-Fahrt gibt folgende offizielle Ergebnisse bekannt: „Amerika" 1355, „Düffeldorf" 1230, „Germania" 1190, „Helvetia" 850, „Harburg" 795, „Azurea" 770, „J«le de France" 725, „Saint Louis" 550, „Condor" 410, „Million Population" 315 Meilen.
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Stuttgart 27. Ott. Dem heutigen Mostobstmarkt auf dem Wilhelm-platz waren 1200 Zentner zugeführt. Preis 6.40—6 80 per Zentner.
Herrenberg 26. Okt. Auf den heutigen Vieh mar kt waren zugeführt 47 St. Ochsen, 72 St. Kühe und Kalbinnev, 41 St. Jungvieh, wa» gegen letzten Markt ein Weniger bedeutet bei den Ochse« um 20 St., bei de» Kühen um 153 St., bei dem Jungvieh um 104 St. Es waren wenig Käufer am Platze; der Verkauf