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Bäckergeselle und wurde deshalb in den Arrest verbracht. Sonntag morgen wurde jedoch der Geldbetrag gefunden und der Bäckergeselle wieder au» der Haft entlasten. Inzwischen war aber bei dem Bäckergesellen in seinem Zimmer vom Landjäger eine Durchsuchung vorgenommen worden, die unter anderem eine am Markttag abhanden gekommene Geldtasche zu Tage förderte und eine wiederholte Verhaftung de» kaum ent­lassenen Bäckergesellen im Gefolge hatte. Er wurde gestern in da« Amtsgericht Tübingen ein­geliefert.

Rottenburg 19. Okt. (DieMäuse- plage.) Flotter Schülergesavg ertönt allabend­lich mit Einbruch der Dunkelheit auf den Straßen. ES sind unsereFeldjäger", die von der Mäuse­jagd heimkehren. Die Stadt zahlt für jede ge­tötete Maus 1 Pfennig. Die Knabenwelt macht sich diesen Umstand zu Nutzen, und zwar mit dem Erfolg, daß seit 1. Oktober bis jetzt mehr als 10 000 Stück abgeliefert wurden. Ein Beweis, in welch unheimlicher Zahl die kleinen Nager die Felder bevölkern, und wie sehr Heuer die Saat ohne energische Gegenmaßnahmen gefährdet wäre.

Heilbron» 19. Okt. (Zum Gedächt­nis an Robert Mayer.) I« den obere» Räumen de« historischen Museum» wurde ein besondere» Robert Mayer-Zimmer geschaffen. Durch das Entgegenkommen der Erben de» großen Forschers konnten dort Robert Mayer» Schreib­tisch, Bibliothek, physikalischer Apparat, Bilder, Preismedailleu u. a. vereinigt und der Allgemein­heit zugänglich gemacht werden.

Friedrich»hafen 19. Okt. (Meteoro­logische».) Im Aufträge der internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt be­gibt sich der Assistent der Drachenstation am Bodensee, Dr. Jona», in nächster Zeit nach Westindien, um dort Untersuchungen der freien Atmosphäre, insbesondere de» Paffatwinde«, vor­zunehmen. Die Versuche finden von Bord S. M. KreuzerFreya" au» statt, der in den dortigen Gewässer» stationiert ist, und dauern ungefähr vier Wochen.

Großgießen 19. Okt. Um 3 Uhr morgen» war e» gelungen, sämtliche Leichen der bei der Dynamit«xplofion auf der Zeche der Gewerkschaft Siegfried Verunglückten zu bergen. Da» Unglück hat im ganzen 18 Opfer gefordert, 16 Bergleute und 2 Ret­tungsmannschaften. Oberbergrat Müller und Bergrat Richert leitete« ununterbrochen die schwie­rigen Bergungsarbeiten. Die behördliche Unter­suchung über die Ursache de» Unglück» wird im Lauf de» Vormittag» fortgesetzt werden.

Berlin 19. Okt. Da» Militärluft­schiff N III, da» nach Len Kaisermanövern de» Luftschifferbataillon» einer gründlichen Revision unterworfen worden ist, ist heute wieder in Dienst gestellt worden. T» ist eine Fernfahrt nach Gotha geplant.

Berlin 19. Okt. (Frecher Raub.) In der Nacht zum 28. August drang auf dem Bahnhof Groß-Görschenstraße ein Räuber durch da» Fenster de« Fahrkartenschalter» in den Raum, in dem die Fahrkartenverkäuferiu schlief. Er schlug da» Mädchen zu Boden, würgte es, bis es bewußtlos wurde, und raubte etwa 800 worauf er entfloh Jetzt sind zwei Kerl« dem Untersuchungsrichter eingeliefert worden, die unter dem dringenden Verdachte der Täterschaft stehen: Der 29jährige Schlächter Adamkiewitz und der 23 Jahre alte Schlächter Berliner. Beide haben sich in der kritischen Zeit durch große Geldausgaben und allerhand Redensarten ver­dächtig gemacht.

Charlottenburg 17. Okt. Da»Berl. Tagebl." berichtet: Ein peinlicher Vorfall be­schäftigt die städtischen Behörden. Von Ober­bürgermeister Schuhstehru» ist im Stadtverord »etenbureau ein Schreiben eingetroffen, worin mitgeteilt wird, daß der Stadlbauinspektor Kuckuck von dem Vertreter einer Berliner Firma durch eingeschriebenen Brief eine» Taufe» d- markschein erhalten hat. Dem Scheine war ein Brief beigelegt, der folgenden Wortlaut hatte: Ich bitte Sie, mir durch die Anlage Gelegen­heit zu geben, mich für Ihr bisher erwiesene« Wohlwollen erkenntlich zu zeigen. Deuten Sie, werter Herr Bauinspektor, bitte mein Verhalten nicht anders, als den Ausdruck meiner Dankbar­keit, zu der ich mich Ihnen gegenüber verpflichtet fühle. E» würde mich hoch freuen, wenn mir Ihr sehr geschätzte» Wohlwollen auch weiterhin erhalten bleiben würde." Die in Betracht kom­mende Fi-ma hatte in de» letzten Jahren große Rohrverleguvg»arbeiten für die Charlottenburger Kanalisationswerke ausgeführt. Der Magistrat hat nun beschlossen, der Firma in Zukunst keinerlei Arbeiten und Lieferungen für die Stadt­gemeinde mehr zu übertrage», ferner de« Brief unter Darlegung der Verhältnisse der Staats­anwaltschaft zur Strafverfolgung zu übergeben.

Hamburg 19. Okt. Die Wiederaufnahme der Arbeit durch die Werftarbeiter wird nunmehr morgen früh erfolgen. Bezüglich der Differenzen mit der Hamburg-Amerika-Linie wird in einer morgen stattfindenden Arbeiterversamm- lung die Entscheidung fallen. Die Hamburg- Amerika-Linie hat Lohn- und andere Zugeständ­nisse gemacht, aber gegenüber der Arbeit»-

verkürzung prinzipielle Abneigung gezeigt, worauf die Arbeiter auf diese verzichtete» und ihre Ver­treter zu entsprechenden weiteren Verhandlungen beauftragt haben.

Hamburg 19. Okt. Nach einem Tele­gramm de» Russisch-Baltischen Bergungsverein» ist der vermißte Hamburger Dampfer Valeria" an der Küste gefunden worden. Nur die Spitzen der Maste ragen aus dem Wasser. Ein Bergungsdampfer ist nach der Unfallstelle abgegangen um die Lage des Schiffs zu unter­suchen.

Au» Genf meldet der Matin: Der Mörder der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, Luccheni, erlitt gestern einen Tobsuchtsanfall. Er war wegen der ihm übertragenen Arbeit un­zufrieden und versetzte einem Wärter einen Faust­schlag in» Gesicht. Nachdem er in die Zelle zurückgebracht worden war, wurde er plötzlich tobsüchtig. 10 Wärter waren nötig, um ihn zu überwältigen und ihn nach einer unterirdischen Zelle zu bringen.

Genf 19. Okt. Der Mörder der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, Luccheni, wurde heute abend erhängt in seiner Zelle auf- grfundsv.

Krakau 19. Okt. In dem russischen Grenzdorfe Dombrowa hat die Menge an neun polnischen Burschen Lynchjustiz ver­übt, weil sie eine Kapelle zerstört hatte«. Alle neun wurden gelötet.

St. Louis 19. Okt. Von den an dem Gordon-Bennett-Rennen beteiligten Ballons sind noch sieben unterwegs, darunter auch die deutschen. Sech» haben anscheinend de» Huronfee überflogen und einer den Oberen See. Sie bk finden sich jetzt irgendwo in der Wildnis von Ontario, etwa 700 Meilen vom Ausgangspunkt entfernt. Der Ballon Düsseldorf wurde zuletzt in der Suttonbai (Michigan), der Ballon Germania in West-Branck (Michigan) gesichtet. Man nimmt an, daß die Germania allen voraus ist und e» wird erwartet, daß der von Erbrlöh im Jahre 1907 aufgestellte Rekord geschlagen werden wird.

New-Orlean» 19. Okt. Da» Geschäfts­viertel von Saint Augustin in Florida ist von der Sturmflut überschwemmt worden. Der DampferMercador" der Vaccaro-Linie ist mit 60 Personen im Sturm untergegangen.

Jacksonville 18. Okt. Der Mittelpunkt de» gestrigen Unwetter» befand sich ungefähr inmitten der Ostkiste von Florida. Die Eisen­bahn ist meilenweit überflutet und weggeschwemmt. Die letzten telegraphischen Meldungen au» Kay-

Einzig Mariner machte eine Au»nahme, und darum war auch Hugo mit den übrigen Herrschaften seine» engeren Kollegenkreise» in keinerlei Verkehr getreten. Sie sahen ihn, den Jüngsten, noch nicht al» ihres­gleichen an, in der Voraussicht, daß er sich auf die Dauer in der eigen­artigen Luft diese« Kreises doch nicht wohl befinden werde.

Zu Justizrat Hoffmeister kam Hugo sehr oft. Er fühlte sich wohl in diesem Hause, ja es schmeichelte ihm, zu bemerken, daß Eva seinen Erzählungen offenbar gern lauschte, beglückt war, wenn er vorla» oder rezitierte und mit innerer tieferer Anteilnahme alle» aufnahm, wa» mit ihm und seiner Kunst in Zusammenhang stand.

Auch in der WeinstubeZur Traube" hatte sich Hugo in seiner Unrast bisweilen eingefunden, wo man ihn zwar freundlich begrüßte, ihn aber doch deutlich fühlen ließ, daß er sich dieser Tafelrunde dauernd ent­fremdet habe.

Zum Ueberfiuß kam auch noch ein Brief von seiner geliebten Mutier, die ihm mitteilte, daß der Vater, obwohl er sich davon nicht» merken lassen wolle, doch vor Ungeduld brenne, den Sohn einmal spielen zu sehen. Und sie selbst könne e» vollends kaum erwarten, ihn auf der Bühne zu bewundern und angesichts einer jubelnden Zuschauermenge recht stolz auf ihn zu sein. Deshalb seien sie entschlossen, sobald Hugo etwas recht Schöne» zu spiele» habe, nach Kronburg zu kommen; er solle nur recht­zeitig schreibe», damit sie Zeit habe, den künstlichen Widerstand de» Vater», der sich anstandshalber etwa» sträuben werde, zu brechen.

Hugo mußte den Brief unbeantwortet lasten, da er den Eltern da« Herz nicht schwer machen und doch auch nicht von der Wahrheit abweichen wollte. Und so wurde sein Zustand immer unerträglicher. Die Vor­stellungen im Hoftheater al» Zuschauer zu besuchen, wäre ihm unmöglich gewesen, er hätte befürchten müssen, vom Weinkrampf dabei gepackt zu werden, wenn er die anderen droben auf der Bühne beifallumrauscht erblickt hätte.

Aber da e» ihn in den Abendstunden doch übermächtig zum Theater hinzog, so schlich er sich, in seinen Mantel gehüllt, vor Beginn der Vor­

stellung, in die Nähe de» hellerleuchteten Prachtbau», sah die Menge in die Portale strömen und dis Wagen an den Anfahrt»rampen Vorfahren und kam sich dabei vor wie ein Verbannter, der nur aus der Ferne einen Blick in da» Land seiner Sehnsucht werfen darf.

Wie die Botschaft der Erlösung traf ihn darum ein Schreiben, das er eines Mittags daheim vorfand. Die Direktion des angesehenen Stadt­direktion Veltheim forderte ihn auf, in drei seiner besten Rollen gegen hohes Honorar zu gastieren. Da die Stadt, au» welcher die Einladung kam, etwa in der Mitte des Weges zwischen Kronburg und seiner Heimat lag, so bot ihm die Annahme des Antrags zugleich die Möglichkeit,' den sehnlichen Wunsch der Eltern zu erfüllen. Er eilte zur Intendanz, wo man dem seltenen Besucher, der kaum jemals mit einem Wunsch hervor- trat, bereitwillig den Urlaub bewilligte.

Allerdings mit der Einschränkung, daß Sie sofort zurückkehren müssen, falls etwa Se Königliche Hoheit schneller von der Reise zurück­kehren sollte, als vorgesehen ist, und eine Sondervorstellung stattfinden müßte" sagte ihm der Jntendanzarzt, fügte aber sogleich hinzu:Uebrigens brauchen Sie sich deshalb keine Sorge zu machen. Der Herr wird erst in reichlich acht Tagen wieder hier eintreffen, da können Sie unterdessen ruhig Ihr Gastspiel absolviere». Ich glaube fast", fügte der kluge Herr mit einem freundlich sorgenden Blick hinzu,diese kleine Luftveränderung wird Ihnen sehr dienlich sein."

In großer, freudiger Erregung eilte Hugo zum Telegraphenamt, um die Tage und die Rolle« festzusetzen; an drei Abenden wollte er dort de« Leutchen mal zeigen, wa» ein Haffner leisten könne. ^

Dann schrieb er einen langen Brief an die Mutter und lud die Eltern zu den drei großen »Tagen nach Veltheim ein.Die Reise ist für Euch kürzer und bequem« und außerdem habt Ihr auf diese Weise Gelegenheit, zu sehen, wie Euer Junge ein ganz fremde» Publikum bezwingt, eine ganz fremde Stadt erobert. Nach Kronburg kommt ihr später, wenn ich die große Rolle in dem Werke de» Dichter» spiele, den ich entdeckt zu haben stolz bin." (Forts, folgt.)