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Amts- und Anzeigebtatt für dm Oderamtsbezirk Calw

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Erscheinungstage: Montag, Dienstag. Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Hnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Donnerstag, den 20. Oktober 1910

Bezugspr.i.d.Stadt^ährl.m. Träger!.Mk. 1.25. Postbezugspr. 7.d.Orts--u.Nachbarortsverk. ^/^ährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

X«rMBze Vorametmach««-**.

Bekanntmachn^g,

betreffe«- die Vornahme einer Volkszählung am 1. Dezember 191V.

Unter Hinweisung auf die Verfügung der K. Ministerien des Innern und der Finanzen vom 22. August 1910 (Reg.-Bl. S. 427) werden die Gemeindebehörden veranlaßt, die erforderlichen Vor­bereitungen für die zuverlässige Durchführung des Zählungsgefchäfts zu treffen.

Die für die Zählung erforderlichen Zähl­papiere werden an die Gemeinden in der erforder­lichen Anzahl versandt werden.

Ueber die Bildung der Zählungskommission, über die Einteilung der Gemeinden in Zählbezirke (von höchstens bis 65 Haushaltungen), sowie über die Aufstellung der erforderlichen Zähler ist bis - spatesten- L0. November ds. Js. dem Oberamt kurzer Bericht zu erstatten.

Das Ergebnis der in den einzelnen Gemein­den als ortsonwesend gezählten männlichen und weiblichen Personen ist sofort nach Ablieferung der Zählpapiere vorläufig festzustellen und dem Oberamt bis spätestens 6. Dezember d. I. durch Postkart«- mitzuteilen.

Die Wiedervorlage der ZählungSakten hat bis spätestens 31. Dezemoer 1910 zu erfolgen.

Calw. 20. Oktober 1910.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Tagesueuigkeiteu.

Die K. Regierung des Schwarzwaldkreises hat am 18. Oktober 1910 die Wahl des Bauern Johannes Proß in Oberhaugstett, Oberamts Calw, zum Ortsvorsteher der Gemeinde Oberhaugstett bestätigt.

Althengstett. Nachdem es bekannt ^rst, welch prachtvolle» Panorama unser A«»- sichtSturm auf dem Jägerberg dem Auge

bietet und der Eintritt für jedermann nun völlig freigegeben ist, erfreut er sich eine» frequenten Be­suche». Der Schlüffe! zum Turm ist im Ort milzunehmen und in jeder hies. Wirtschaft, sowie im Rathaus erhältlich. Der Turm ist in 20 Minuten von der Station aus zu erreichen^^,

Wildbad 19. Okt. (Hohe Jagd­pachte«.) Die Jagdverpachtung hatte fol­gende« Resultat: Stadtwald Sommersberg 1500 ^ (bisheriger Pachtprei» 835 ^) Pächter Dr. Layer, Stadlwald Wanne 2600 ^) bisher 561 ^) Pächter Adolf Großmann, Hotel zum Goldenen Löwen, Stadtwald Kegeltal 3 550 ^ (bisher 1000 ^) Pächter Papierfabrikant Hof­mann, Neustadt a. d. Hardt.

Herrenberg 19. Okt. Dieser Tage hat auf dem Bahnhof Gärtringen bei einem leichten Zusammenstoß einer Personen­zuge» und eine» Güterzuge» ein Postschaffner einen Rippenbruch erlitten. Im übrigen hatte der Eisenbahnunfall keine ernste Folgen. Bei der letzten Treibjagd im Stadtwald erhielt lin Schütze von einem Jagdgenoffen eine« Schrotschuß in den Unterschenkel. Die Leder­gamasche hatte die Macht der Geschosse gebrochen, sodaß nur unbedeutende Verletzungen entstanden.

Sindelfingen OA. Böblingen 19. Okt. Die 89jährige Rosine Widmaier verunglückte dadurch, daß, während fle am Ofen saß, ihre Kleider Feuer fingen. Ha«»- und Nach- bar»leute eilten zu Hilfe und löschten da« Feuer. Die Verunglückte ist aber »ach qualvollen Leiden ihren Verletzungen erlegen.

Stuttgart 19. Okt. Der Kellner Eduard Zerbach und der Kaufmann W. Weiß, die in der Nacht zum 7. Oktober mit dem an­gebliche» Siegfried Engel au» dem hies. Unter­

suchungsgefängnis ausgebrochen sind, wurden vorgestern in Gera festgenommen. Engel wurde, wie wir bereits berichtete«, in Oesterreich auf­gegriffen.

^ Eßlingen 19. Okt. (Rätselhafter Fund.) In einem Weinberghäuschen im Schnrcken- berg wurde eine lederne Tasche mit leeren Etui« für Ringe, Brochen und Schmucksachen aufge­sunden. Möglicherweise steht der Fund in Zu­sammenhänge mit dem vor einiger Zeit auf dem Bahnhofe «»»geführten Juwelendiebstahle. Unter­suchung ist eingeleitet.

Eßlingen 19. Okt. Im hohen Alter von 86 Jahren ist hier gestern Privatier Karl Schalter gestorben. Schalle», von Hau» au» Gerbermeister, war 3 Jahre lang, von 1889 bis 1892 Stadtschultheiß von Eßlingen. Im Jahr 1889 war hier ein lebhafter Kampf um die Stadtvorstand»stelle entbrannt. E» stan­den sich Amtsrichter Balz und Stadtpfleger Weith gegenüber; als Nebenmann stand nach den damaligen Vorschriften Gerbermeister Schaller nebst einem weitere» Kandidaten auf dem Zettel Weith». Weith siegte nun mit 1388 Stimmen über Bälz, der nur 904 bekam, aber Schaller kam mit 1397 Stimmen noch über Weith und erhielt schließlich die Bestätigung. So wurde Schaller, ohne e» zu wolle«, Stadtschultheiß. Er besorgte die Geschäfte 3 Jahre lang so gut er konnte. Dann trat er zurück und die Bürger­schaft wählte mit großer Mehrheit de« jetzigen Oberbürgermeister, den damalige« Amtsrichter Dr. Mülberger.

Gönningen OA. Tübingen 19. Okt. Im Verdacht, am Samstag abend einem Bauern eine größere Summe Geldes entwendet zu haben, stand ein hiesiger, kaum 18jähriger

Beifall.

Eine Novelle von F. A. Geißler.

(Fortsetzung.)

Beim Abschied sagte Hugo in seinem gewohnten Tone:

Du hast eine famose Art, Luftschlösser zu bauen. Man hört deinen Dichterphantasien wirklich gern zu. Also leb wohl und nicht» für ungut. Zwischen Freunden muß e» auch einmal ernsthafte Unterredungen gebe«, in denen sie einander etwas grob die Wahrheit sagen dürfe«. Daran hast du'» heute nicht fehlen kaffen. Na, wir bleiben doch die alten, und alle» weitere wird sich finden!"

Und mit herzhaftem Schütteln der Hände trennten sie sich, jeder mit seinen eigenen Gedanken belastet.

XVII.

Da infolge einer Reise de» Großherzog» die Vorlesungen autstelen und der Verkehr im Wartnerschen Hause sich auf gelegentliche, kurze Be­suche beschränkte, so hatte Hugo, nachdem er die Rolle de» Harold be­wältigt hatte, oft genug da» bleierne Gefühl der Untätigkeit und Ver­einsamung. Zwar hatte er zunächst in alter Weise den täglichen Verkehr mit Hallberg wieder ausgenommen, aber es war doch ein bitterer Rest von jener Unterredung zurückgeblieben, beide vermiede« ängstlich, da» heikle Thema wieder zu berühren, und gerade diese Scheu vor einer bestimmten Wendung in ihren Gesprächen brachte einen Mißto» in ihre Beziehungen, ließ die alte Vertraulichleit nicht mehr aufkommen. Beide fühlten da», aber keiner wollte e» eingestehen, und die Folge war eine langsame Ent­fremdung. E» braucht nur einziger Schatten zwischen zwei Menschen zu liege», so wächst dieser, wenn nicht sofort da» klare Licht offenster Aus­sprache hineinschaut, in wenigen Tagen unheimlich schnell und verdichtet sich schließlich zur trennenden Mauer.

Was für Hugo vor allem den Gmnd zu seiner Entfremdung von Hallberg abgab, war die beschämende Ueberzeugung, daß jener klar in seiner Seele gelesen hatte. Ja, er konnte sich'» nicht länger verhehlen, daß ihn sein gegenwärtiges Leben und Wirken mit jedem Tage weniger befriedigte. Zwar gab e» fast täglich Proben für künftige Sondervorstel­lungen, aber die Aufführungen lagen, wegen häufiger Abwesenheit de» Fürsten, noch in weiter Ferne, und alle Proben, die nicht auf einen be­stimmten Tag der Vorstellung hinarbeitete«, hatten für ihn keinen Reiz. Dazu immer der Einblick in den nie rastenden Tagesbetrieb einer großen Hofbühne ohne die Möglichkeit, an ihm wieder tätigen Anteil zu haben. Dafür aber die fortwährende Bereitschaft für eine Sondervorstellung, zu welcher der Befehl an jedem Tage ergehen konnte. Freilich vor Jntriguen und Willkürlichkeiten, vor schlechten Kritiken und der flauen Stimmung eine» übel gelaunten Publikum» war er jetzt sicher, dafür aber entbehrte er die fortwährende reizvolle Unruhe der Kuliffenwelt mit jedem Tag schmerzlicher, ja oft schien e» ihm, al» sei sogar die geliebte Kuliffenluft nicht mehr dieselbe, wenn er zur Probe kam. Denn dieSchauspieler de» GroßherzogS" bildeten eine kleine Gruppe für sich, von der sich die anderen Mitglieder, weil ihnen nur die kleinen Rollen in den Sonder­vorstellungen anvertraut wurden, mit offensichtlicher Beflissenheit entfernt hielten. Und zu der bevorzugten Gruppe gehörten außer Hugo nur ältere, gesetzte, Herrn und Damen, die in ihrem ganzen Wesen mehr Beamten al» Künstlern glichen und teilweise mit dieser Eigenschaft ein wenig kokettieren. Vortreffliche Künstler, wenn sie auf der Bühne standen, aber außerhalb ihrer Tätigkeit so leidenschaftsfrei, so wunschlos, so zurückhaltend und vornehmhofmäßig, daß kein Fernstehender in ihnen die Künstler erkannt haben würde, wenn nicht ihre scharfen Bühnengesichter ihren Stand ver­raten hätten. Und selbst diese verloren mit der Zeit den Künstlertypu» und näherten sich bei einigen bereit» stark der sogenanntenGeheimrats­physiognomie".