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Tagen Gut-Pächter Fr. Läpple auf dem Haselhof, Gemeinde Alfvorf, betroffen. Von seinem schönen Viehbestand erkrankten plötzlich 10 Stück unter Erscheinungen, die auf irgend welche Vergiftung schließen ließe». Ob nun die Tiere den Giftstoff beim Weiden auf den Wiesen (Pilze, Kunstdünger) oder durch de» Genuß von schlecht eingebrachtrm Heu und Oehmd zugeführt erhielten, konnten bis jetzt noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die Tierärzte von Welzheim und Lorch, sowie ein Mitglied des Medizinalkollegiumi in Stutt­gart, Dr. Müller, waren an Ort und Stelle, um Untersuchungen vorzunehmen, konnte aber noch kein bestimmtes und sichere» Resultat fest­stellen. Die» kann erst in einigen Tagen ge­schehen. Von den erkrankten Tieren mußten bereit« 4 Stück im Werte von 2000 Mmk ge­schlachtet werden. Bei den anderen Patienten ist e« noch ungewiß, ob sie gerettet werden können.

BalzholzOA. Nürtingen 18. Okt. (Höhe- Alter.) I« körperlicher und geistiger Frische feierte Altschultheiß Kaspar Fell er seinen 90. Geburtstag. Ungebeugt vom Alter macht er täglich noch seinen Spaziergang und hat z. B. diesen Sommer noch selbst seine Frucht gemäht. Au« seinem Leben erinnert er sich immer noch jener Tage, al« im Sommer 1857 auf dem Cannstatter Volksfest die Kaiser von Rußland und Frankreich mit König Wilhelm I an ihm vorüberritten. In Linsenhofen hat er noch eine» Schulkameraden, der ihn öfter« besucht und mit dem er dann alte Erinnerungen austauscht.

Friedrichshafen 18. Okt. Die Hof­jagden haben gestern ihren Anfang genommen. Am Donnerstag begibt sich der König wieder nach Stuttgart.

Au» Baden 18. Okt. (Schwurgericht.) Der 24 Jahre alte ledige Hausbursche und Fensterreiuiger Alfon« Heilig au» Straßburg, ein vielgewanderter Bursche, der am 20. Dezbr. vorigen Jahre« in da« Gebäude de« katholischen OberregisrungSrat« in Karlsruhe eindravg, wo er den Kassier mit vorgehaltenem Revolver zwang, ihm die Kaffe au»z«liefern, au» der er einige hundert Mark raubte, wurde vom Schwurgericht in Karlsruhe zu 4 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Sarstedt 18. Okt. Seit heute früh 6 Uhr sind über 100 Rettungsmannschaften ab­wechselnd unermüdlich tätig, um die in dem Schacht der Gewerkschaft Siegfried ei »ge­schlossenen 14 Bergleute zu rette«. Um 4 Uhr waren die Rettungsmannschaften bis zur Unglücksstelle vorgedrungen. Außer einer bereits geborgenen Leiche ist noch eine zweite zu

Tage gefördert worden. Man befürchtet, daß sämtliche noch eingeschloffenen Bergleute infolge der Explosion da» Leben eingebüßt haben.

Berlin 18. Okt. Nach der Entscheidung de« Preisgericht» über die Ergebnisse der Flug- woche vom 9. bi» 16. Oktober in Johannistal erhielt Lindpaintner den vom Kriegs­ministerium gestifteten Preis von 25 000 Jeannin den von einem unbekannten Pa­trioten gestiftete» Preis von 15 000 Von dem vom KriegSministerium gestifteten BelastungS- prei» erhielt Brunhuber de» 1. Preis von 5000 WienczierS den 2. Preis von 3000 Der 3. Preis von 1000 wurde nicht gewonnen. Den Bleichröderprei« von 10000 sowie den HöhenpreiS von 4000 erhielt WienczierS.

Hamburg 18. Okt. Der der Rhederei Kirsten gehörige, seit gestern früh überfällige DampferValeria", von Petersburg kom­mend, ist wahrscheinlich bei einem Sturm in der Ostsee untergegange». Von seiner Besatzung sind vier mit Rettungsgürtel versehene Leute am Strand als Leichen angetrieben worden. Ueber das Schicksal der übrigen zwölf ist nichts bekannt.

Paris 18. Okt. Die ausständigen Eisen­bahner hielten gestern abend eine Versammlung, worin die Fortsetzung des Streiks beschlossen wurde. Zur allgemeinen Ueberraschung hat aber da» Streikkomitee um 2 Uhr heute morgen folgenden Beschluß ausgegebe«: Das Streik­komitee hat einstimmig beschlossen, daß die Wiederaufnahme der Arbeit am Dienstag, den 18. Okt. auf allen Eisenbahnlinien erfolgen soll. Das Streik­komitee beschloß weiter die sofortige Veröffent­lichung eines Manifeste», das den Grund zu diesem Beschluß darlegt und die Eisenbahner auffordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um ihre SyndikatSorganisation zu erhalten und weiter auszubauen. Die Eisenbahngesellschaften der Nord-, West-, Mittelmeer- und OrleanSbahn haben beschlossen, alle Angestellten der Pariser Bahnhöfe, welche bis heute morgen die Arbeit nicht wieder ausgenommen haben, zu entlasten und durch neue Leute zu ersetzen.

Mailand 18. Oft. Auf der Südseite des Siwplon gehen schwere Steinlawinen nieder. Die Simploastraße ist mehrfach von gewaltigen Schuttmaffen überdeckt. Die Kraft­werke bei Domodoffola sind durch Hochwasser völlig zerstört. Alle Fabriken stehen dort still. Aus den Alpentälern Piemont» werden große Regengüsse gemeldet, die starke Ueber- stchwemmungen verursachen.

Mellmllttus Flugversuch öder den Ozean.

London 18. Okt. Wie dem Reuter'sche» Bureau aus Newyork gemeldet wird, hegt man dort große Besorgnis, daß Wellmann vom richtigen Weg abgekommen ist, weil sein Ballon fast vom Augenblicke de« Ausflugs an von dichtem Nebel eingeschloffen war. Seit dreißig Stunden hat man nichts mehr von Wellmann gehört.

Newyork 18. Okt. (Wellmann ge­rettet.) Nach einem drahtlosen Telegramm de» Kapitäns des DampfersTrent" an die hiesige Vertretung der Royal Mail Line sichtete der Kapitän heute früh 5 Uhr den Ballon Amerika". Er signalisierte er brauche Hilfe. Nach dreistündigem Manöver bei starker Brise wurden Wellmann und seine Begleiter, die sich alle wohl befinden, an Bord de« Dampfer« gebracht. Die Rettung erfolgte ungefähr 450 Meilen von Sandyhook unter 35° 43' n. Br. und 68° 18' w. L. Der DampferTrent" war gestern von Bermuda abgegangen.

Newyork 18. Okt. Eine drahtlose Meldung des DampfersTrent" an ein hiesiger Blatt sagt: Der BallonAmerika" telegraphierte demTrent" um 4*/- Uhr früh, die Mannschaft wolle den Ballon verlassen.Trent" wurde .xrsucht, dem Ballon, der mit einer Geschwindig­keit von 12 Meilen flog, zu folgen. Die Nieder­lassung der Rettungsbootes des Ballons gestaltete sich sehr schwierig. Nachdem das Boot loSgemacht war, schoß der Ballon in die Höhe. Wekl­ar a n» erklärte, der Ballon sei so weit aus dem Kurs getrieben worden, daß er es nicht für ratsam hielt, weiter zu fahren.

Newyork 18. Okt. Der Ballon Amerika" wurde »ach der Aufnahme Well­mann« und seiner Begleiter seinem Schicksal überlasten.

Vermischtes.

Ausstellungsmedaillen von Winkelausstellungen. Da» Landgericht Köln hat mittels Entscheidung vom 13. Mai 1910 das Urteil eines Amtsgerichts bestätigt, durch da» einem Metzgermeister untersagt wurde, bei Ver­meidung einer Geldstrafe von 30 für jede« Fall der Zuwiderhandlung weiterhin die ihm von derInternationalen Ausstellung der Stadt Brüssel 1909" verliehene« Auszeichnungen in seinen geschäftlichen Bekanntmachungen, nament­lich nicht in Inseraten und an seinem Schau­fenster, zu erwähnen. Ausschlaggebend für da» Landgericht war ein Gutachten der Ständige« Ausstellungskommiffion für die Deutsche Industrie, da» dahin lautete, besagte Ausstellung sei eine nur auf kurze Zeit geöffnete, gänzlich obskure

ihre Schärfe zu nehmen. Aber seine Mühe war erfolglos, denn Hugo trat ernsten Angesichts auf ihn zu, legte die Hand auf seine Schulter und sagte fast traurig:

Nein, Hallberg, darauf laß' ich mich nicht ein. Entweder begnügst du dich mit mir und verzichtest auf alle Wiederholungen deines Werke» in Kronburg, oder ich lasse Herrn Mayring den Vortritt."

Und der Großherzog?" warf Hallberg ein.

Wenn das eine Drohung sein soll, so tut mir'» leid um dich," entgegnete Hugo,aber ich bin unbesorgt, er wird mich verstehen, wenn ihr anderen alle mich nicht begreift."

Wortlos gingen sie wieder eine Strecke und kamen zur Brücke. Da machte der Dichter Haft und begann voll anklagender Bitterkeit:Hier ist der Ort, wo ich mich vor wenigen Woche» selbst befreien wollte. Warum kamst du daher und hieltest mich ab? Hast mich doch nur ge­rettet, um mich in neue Knechtschaft zu bringen. Deiner Launen Knecht soll ich sein. Meinst du, ich läse nicht tief in deiner Seele da« Geheimnis, das du noch scheu vor dir selbst verbirgst? Du kannst auf die Dauer den Beifall, den lauten Ruhm doch nicht entbehren und bereust den Schritt, durch den du deinen glänzenden Platz aufgegeben hast. Und nun bist du grausam genug, von mir da» zu verlangen, wa» du so gern ungeschehen mache« würdest. Tor, der ich war, zu glaube», daß ich in dir den un­eigennützigen Freund und Helfer gefunden hätte. Egoisten seid und bleibt ihr Komödianten doch alle, da» liegt euch so im Blute, mögt ihr euch auch »och so schön al« Idealisten frisieren. Gut, mag e« so sein, es gehört zu eurem Berufe. Aber da» Schlimme ist, daß du durch deine» Perzicht auf die Oeffentlichkrit dich selbst diesem deinem Berufe entfremdet hast, ohne ihm zu entsagen. Du bist noch Schauspieler, bist noch im Bannkreis de» Theaters, entbehrst aber da» Glänzende, Bestechende, den zauberischen Reiz de» Beifall», da» Hochgefühl de» persönlichen Erfolge». Und darunter leidest du bereit» schwerer, al» du dir selbst eingestehen willst. Und au» diesem Unbehagen, au» Reue und Beschämung, die jetzt

noch durch deine» Stolz gebändigt werden, fließt die grausame, gereizte Stimmung, deren Opfer ich mit meinem Werke sein soll."

Er machte eine Pause und betrachtete de» Freund, der bleich ge­worden war und, zu Bode« starrend, mit dem Spazierstocke nervös Linien und Figuren in den Sand de« Wege» zeichnete. Mit weicherer Stimme fuhr Hallberg fort:

Du tust mir leid, von ganzem Herzen leid, und darum bin ich dir nicht böse. Aber aufrecht erhallen kannst du al» ehrlicher Kerl deine Forderung nicht. Ich will nicht den Fehler begehen, unter dessen Folgen du schon zu seufzen beginnst. Und schließlich hattest du, als du dich dem ausschließlichen Dienste de» Großherzog» widmetest, doch schon so viel Ehren und jubelnde Beifallsstürme genoffen, daß du dir einbildeu durftest, damit gesättigt zu sein. Aber ich Hab' von alledem bisher »och nicht», gar nicht» gehabt und bin doch um so viel älter al» du. Darum will ich jetzt endlich den Lorbeer ernten, der mir gebührt, und will mich sonne» im Licht und Erfolg. Da« brauch ich so nötig, wie die Luft. Hast du mich damals an dieser Stelle abgehalten, meinem Leben ein Ende zu machen, so mußt du die Folgen auf dich nehme». Hast du mich mit neuen Hoffnungen, frischem Mute und Zuversicht auf Erfolg erfüllt, so darfst du mir nun in meinem Lebenshuvger nicht Steine statt Brot gebe». Denn sonst wär» bester gewesen, du hättest mich hinabspringen laste» in dies trübe, brodelnde Master. Und nun laß uns da» dumme Gespräch beenden und heimgehrn. Du mußt da» alle» erst mit dir verarbeiten, mußt einen schweren Kampf durchkämpfen, ehe du wieder zur Klarheit und Freudigkeit gelangst. Aber gib acht: mein Harold wird dich rette», denn du wirst ihn so hinreißend spielen, daß selbst der Großherzog sagen wird: Da« müssen meine Kronburger sehen, dieses Meisterstück der Schau­spielkunst darf ich ihnen nicht vorenthalten."

In ähnlicher Weise sprach Hallberg während de» ganzen Heimwegs auf Hugo ein und hatte die Genugtuung, ihn dadurch etwa» aufzuheitern.

(Fortsetzung folgt.)