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Amts- Md Auzeigedlatt str dm Oberamtsbylrk Calw.

Erscheinungstage: Montag. Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag, Jnsertionspreis 10 Psg. pro Zeile siir Stadt u. Bezirksortc; außer Bezirk 12 Pfg.

Montag, den 17. Oktober 1910.

Reich 4L Psg

Bayern

KtsLüMs BsraKwLMaeHANKns.

Belamttmachng,

bstr. die Bele«cht««g der Fuhrwerke bei Nacht.

Die Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 16, Sept. 1888/29. Sept. 1909, betr. die Beleuchtung der Fuhrwerke bei Nacht, wird hie- mit in Erinnerung gebracht.

Nach derselben muß zur Nachtzeit, d. h. vom Eintritt der Dunketheit des Abends bi» zum Beginn der Morgendämmerung, wenn die Nacht nicht vollständig mondhell ist, jedes auf öffentlicher Straße befindliche Fuhrwerk einschließlich der Schlitten mit Ausnahme bloßer Handfuhrwerke vor­schriftsmäßig beleuchtet werden. Die Beleuchtung hat zu geschehen:

1) bei Fuhrwerken, welche vorzugsweise zur Per­sonenbeförderung bestimmt find, durch eine oben am Verdeck in zweckentsprechender Weise ange­brachte Laterne, oder durch zwei Laternen, welche an den Seiten so weit wie möglich nach vorn anzubringen sind,

2) bei andern Fuhrwerken durch eine in der Mitte der Vorderseite des Fuhrwerks, wo dies aber vermöge der Beschaffenheit oder der Ladung des Fuhrwerks nicht ausführbar ist, durch eine au den Zugtieren, der Deichsel, oder einer sonst geeigneten Stelle in der Weise anznbringenden Laterne, daß das Licht derselben möglichst ungehindert nach vorn fällt.

3) Jedes in Fahrt befindliche Fahrrad muß! mit einer leicht zu handbabenden. helltönenden Stgnalglocke und zur Nachtzeit mit einer hell- leuchtende» Laterne versehen sein, welche den Lichtschein nach vorne auf die Fahrbahn wirst, entgegenkommende, zu überholende, in der Fahrtrichtung stehende oder die Fahrtrichtung kreuzende Menschen, insbesondere die Führer von Fuhrwerken, Reiter, Viehtreiber u. s. w. durch deutlich hörbares Glockenzeichen recht­

zeitig auf das Nahen des Fahrrads aufmerk­sam zu machen. Auch an allen unübersicht­lichen Stellen, z. B. be m Einbiegen aus einer Straße in die andere, Straßenkreuzungen, Straßenkrümwungen bei der Ausfahrt aus Grundstücken, die an öffentlichen Wegen liegen u, s. f., ist das Glockenzeichen zu geben.

Die Laternen müssen in gutem Zustande und mit helllruchtendem Lickt versehen sein. Die Ver­wendung rot oder grün blendender Laternen ist durch Verfügung des Ministeriums des Innern vom 29. Sept. 1893 verboten worden.

Verfehlungen gegen vorstehende Vorschriften werden auf Grund des Z 366 Ziff, 10 des R -Str.- G.-B. mit Geldstrafe bis zu 60 oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.

Calw, 14. Oktober 1910.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Tagesueuigketten.

Wildbad 16. Okt. Die Frau Luise Christine des Holzhauers Haag im nahen Sprollenhaus trieb vor einiger Zeit auf der Ortsstraße ihre beiden Kühe von denen eine als bösartig bekannt war, zur Tränke, ohne sie zu führen oder sonst genügend zu beaufsichtigen. Während die Frau nun am Brunne» schwätzte, lief die bösartige Kuh auf das dreijährige Töchter- chen Marie des Hirschwirts Treiber zu, stieß es von hinten zu Boden «nd zertrat es mit den Füßen, sodaß es eine Zerreißung der Milz und einen Bluterguß in den Unterleib erlitt und im Kinderspital zu Pforzheim starb. Die Fra« mußte sich vor der Tübinger Strafkammer wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Sie kam mit einer Woche Gefängnis und den Kosten davon.

Stuttgart 15. Okt. Am 18. Januar, dem Tag der 40. Wiederkehr der Reichsgründung,

veranstaltet der Jungliberale Verein mit der Nationalliberalen Partei Groß Stuttgarts eine Bismarckfeier im Festsaal der Lieder­halle, wobei der ReichStagkabgeordnete Basser­mann die Festrede übernommen hat. Die Ver­anstaltung soll gleichzeitig für die sonst am 1. April von den Jungliberalen veranstaltete Bis­marckfeier gelte«.

Stuttgart 15. Qkt. Bei der heute auf der Stadtdirektio» vorgenommenen Ziehung der Stuttgarter Geldlotterie, veranstaltet vom württembergische« Rennverein fiel der Haupt­gewinn von 15 000 auf Nr. 81647, der zweite Gewinn von 6000 ^ auf Nr. 12 544, der dritte Gewinn von 2000 ^ auf Nr. 84 360, je 1000 fielen auf Nr. 32 729, 18 599, je 500 auf Nr. 25 129, 58 541. (Ohne Gewähr.)

Stuttgart 15. Okt. (Strafkammer.) Die Firma Schaarschmidt hier hatte im Ok­tober und November v. IS.Maffenverkäufe zu enorm billigen Preisen" angeküadigt. In den Annoncen wurde» wollene Damenhandschuhe zu 35 A wollene Damenstrümpfe zu 70 ^ «nd wollene Westen zu 1.50 angepriesen. Der Württemb. Bund für Handel und Gewerbe ließ bei der Firma solche Sachen kaufen. Den Käuferinnen wurde auf Befragen von der Ver­käuferin gesagt, e» seien wollene Handschuhe und Strümpfe. Die gekauften Waren waren nicht wollen, sie bestanden zu V» aus Baumwolle. Vom Württemb. Bund für Handel und Gewerbe wurde nun Strafantrag wegen unlauteren Wett­bewerbs gestellt und e« hatte sich die Geschäfts­inhaberin «nd deren Geschäftsführer vor der Strafkammer zu verantworten. Der Geschäfts­führer hatte die Annoncen verfaßt. Zu der Verhandlung waren 3 Sachverständige geladen.

Beifall.

Eine Novelle von F. A. Geißler.

(Fortsetzung.)

Nach freundlichem Gruße ging der Justizrat die Treppe hinab, während Hugo zum dritten Stockwerk emporstieg. Er fand den Kranken schwächer als jemals. Als er sich zu ihm an das Ruhebett gesetzt hatte, schlug der Dichter die Augen auf und sagte, indem er leise seine Hand streichelte:Bist du wieder da, du guter Kerl? Wirst noch der richtige Krankenpfleger durch mich. Da hast du dir eine nette Last aufgeladen durch deine Gutmütigkeit. Aber Hab' nur Geduld, es wird nicht mehr lange dauern."

Und als Hugo ihm mit ermunternden Worten heiter zuredete und von einer schönen, reichen, schaffensgesegneten Zukunft sprach, da lächelte er müde «nd sprach:Ja, das wäre schön, wunderschön, zu schön für mich. Schau, mein Junge, ich bin im Leben überall zu spät gekommen, «nd so wird'» auch hier sein. Es gibt eben Menschen, die immer mit dem letzten Zuge fahren müssen, anstatt mit EilzugSgeschwindigkeit ohne lauge Unter­brechungen am Hellen Tag ihren Weg zu machen. Und der letzte Zug du weißt'« ist ein arger Bummler, er hält nicht nur auf allen Stationen, sonder« oftmals auch noch auf offener Strecke an. Und wenn er schließlich doch ans Ziel kommt, ist der Tag vorbei: Das ist Schicksal, und wir wollen uns nicht darüber gräme«. Wenn du mein Werk auf die Bühne gestellt hast, bin ich am Ziel. Und so lange will ich, muß ich «och leben."

Er sank kraftlos zurück und schloß die Augen. Hugo aber schlug sich mit der Hand vor die Stirn und rief:O, ich vergeßlicher Bursche! Weil ich auf der Treppe eine« alten Bekannten treffe, kommt mir das Wichtigste aus dem Sin«! Eugen, denk dir, der Großherzog hat dein

Werk gelesen und heute die sofortige Einstudierung als Sondervorstellung befohlen. Daß ich deinen Helden spiele, steht schon fest. Da» wird dich gesund machen!"

Mit einem jubelnden Ruse richtete sich Hallberg empor, sprang von seinem Lager auf und fiel dem Freunde um den Hals.

Mensch, Mensch!" rief er fast schluchzend du bist in mein Leben getreten wie ein junger Gott! Alle Wolken teilen sich, alle Nebel weichen vor dir. Wie kan» ich dir danken? Und das größte wirst du ja erst noch tun, wenn du mein Schmerzenskind au» der Taufe hebst!"

Von Stunde an besserte sich der Zustand de» Dichters so schnell, daß er bald kleine Ausgänge wagen konnte. Der erste führte ihn zur Intendanz, wo er mit dem Entzücken de« Autor», der sein erste» Drama angenommen weiß, alle Einzelheiten der Rollenbesetzung und Inszenierung mit dem Regisseur vereinbarte. Ganz überrascht war er aber, als dieser ihm für die Rolle des Helden Harold auch einen zweiten Vertreter nannte, Herrn Mayring.

Da» muß sein, Herr Hallberg", sagte der Regisseur.Sie wissen vielleicht noch nicht, daß Herr Haffner seit einiger Zeit ausschließlich in den Sondervorstellungen vor Seiner Königlichen Hoheit austreten darf. Wenn Ihr Werk dem großen Publikum zugänglich gemacht werden soll und diesen Wunsch haben Sie doch voraussichtlich gleich der Theater­leitung so muß der Harold dann von Herrn Mayring gespielt werden, der die Rolle sogleich in Angriff nehmen und bei den Proben zugegen sein soll, damit die erste öffentliche Aufführung bald nach der Sonder­vorstellung stattfinden kann."

Mußte Hallberg auch diesen Gründen beistimmen, so brachte er'» doch nicht übers Herz, Hugo davon zu erzähle». E« war ihm, als be­deute seine Zustimmung zu dieser Doppelbesetzung der Rolle eine Kränkung für de« Freund. Und so hatte er von dieser Stunde an, so schwer e« ihm wurde, ein Geheimnis vor Hugo zu wahre». Diese« Bewußtsein