1050
boten: der Landwirtschaft, Gärtnerei und Tierzucht, Forstwirtschaft und Fischerei a) 7096, b) 5905; Industrie und Baugewerbe a) 3935, b) 4670: Handel und Verkehr a) 1009, d) 1397 ; häusliche Dienste a) 131, b)51; Militär-, bürgerlicher und kirchlicher Dienst, freie Berufe a) 467, b) 674; ohne Beruf a) 1573, b) 434.
3. Wohnplätze. Im Jahre 1909 hatte Württemberg 9381 Wohnplätze, wovon 1550 auf de» Schwarzwaldkreis entfallen. Der Oberamtsbezirk Calw wies 91 Wohnplätze auf und zwar
4 Städte, 17 Pfarrdörfer, 32 Dörfer, 17 Weiler,
5 Höfe sowie 38 besonders benannte Einzel- Wohnsitze.
3. Landwirtschaftsfläche. Die landwirtschaftlich benützte Fläche betrug im Jahre 1909 in Württemberg 1341163 da, wovon 865154,1 da auf Acker- und Gartenland, 303177,4 da auf Wiesen, 52 355,6 dg, auf Weiden und Hutungen und 30 474,9 da auf Weinberge entfallen. Im Bezirk Calw waren es 8 784,3 da angebautes Ackerland, 390,3 da Gartenland, 50,5 da Acker- weide, 136,6 da Brache, 3732,5 da Wiesen und 421,1 da Weiden und Hutungen, somit landwirtschaftlich benützte Fläche im ganzen 12 415,3 da.
4. Vieh st and. Am 1. April 1909 (in Klammern ist der Stand vom 1. April 1908 beigefügt) waren in ganz Württemberg 107 747 s108 669) Pferde und 1 025 333 (1047 455) St. Rindvieh vorhanden, wovon 19223 (19 506) Pferde und 212 844 (217 239) St. Rindvieh auf den Schwarzwaldkreis entfielen. Auf den Bezirk Calw kamen 994 (1000) Pferde und 11624 (11500) Stück Rindvieh.
5. Gewerbebetriebe (Einzelbetriebe). Von dem am 12. Juni 1907 in Württemberg gezählten 40 641 Gewerbebetrieben sind 39886 Hauptbetriebe und 10755 Nebenbetriebe. Im Bezirk Calw waren es a) Hauptbetriebe, d) Neben- betriebe in: Gärtnerei, Tierzucht, Fischerei a) 10, d) 8; Industrie und Baugewerbe a) 1136, d) 354; Handel und Verkehr a) 455, d) 231; Musik-, Theater- und SchaustellungSgewerbe a) 1.
6. Militärverhältnisse. Während die Zahl der vorgestellten Militärpflichtigen Württemberg» von 1901 bis 1906 stetig zurückging (1901: 21036, 1906: 18 944) ist sie seit 1907 und zwar auf 19823 im Jahre 1909, von denen 9885 zum Dienst mit der Waffe und 88 zum Dienst ohne tauglich waren. Im Bezirk Calw betrug die Zahl der
Jahr
1905
Militär
pflichtigen
153
diensttauglichen mit Waffe ohne Waffe
79 2
1906
196
80
2
1907
234
113
—
1908
211
84
—
1909
204
87
1
7. VekehrSverhältnisse. Württemberg hatte am 31. März v. I. 628 Eisenbahnstationen, am 31. Dez. v. I. 2069 öffentliche Fernsprecheinrichtungen, 860 Post- und 2145 Telegraphenanstalten, während am 31. März 1907 die Längs der Staatsstraßen 3154,3 km betrug. Auf den Bezirk Calw entfielen 61,3 km Staatsstraßen, 13 Post- und 48 Telegraphenanstalten, 46 Fernsprecheinnchtungen und 9 Eisenbahnstationen.
8. Sparkassenwesen. Einen gewissen Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung eines Lander bilde» die Sparkaffen und wir lassen deshalb die Ergebnisse der letzte« 5 Jahre von der Württ. Sparkaffe, sowie den Bezirk«- und Gemeindesparkaffen folgen; es betrugen in Mark die
Ein- Rück- Mehrbetrag
Jahr lagen Zahlungen der Einlagen
1904 84407 294 56 253176 28154118
1905 86104 352 71128 403 14 975 979
1906 85 308 059 70 334527 14973 532
1907 89 799 302 76 692 231 10106 971
1908 98 856 855 81450 310 17 406 545
Während sich in den Jahren 1905—1907
die wirklichen Ersparnisse bedeutend verschlechterten, zeigt also das Jahr 1908 eine Besserung. Im Bezirk Calw bezifferten sich Einlagen und Rückzahlungen bei den oben erwähnten Sparkaffen in Mark:
Ein- Rück- Mehrbetrag
Jahr lagen Zahlungen der Einlagen
1904 864 756 467 810 396 946
1905 805 976 533110 272 866
1906 801 195 617 216 183 979
1907 803 453 651 550 151 903
1908 813 436 685 129 128 307
9. Ertragssteuern. Nach dem Stand vom 1. Januar 1909 betrugen in Württemberg die staatlichen Ertragssteuern 6 431227 Mark. Auf den Bezirk Calw entfielen 51234 Mark, wovon 17 759 Mark aus Grundstücken und Gefällen, 22 960 Mark aus Gebäuden und 10515 Mark aus Gewerben herrühren.
Tagesnemgketten.
Stuttgart 11. Okt. Am gestrigen Ge- bmtsfest der Königin wurden aus der Küche de» Bürgerhospitals 571 Arme gespeist. Die Königin wird sich voraussichtlich übermorgen von Friedrichshafen nach Ratiboritz in Böhmen begeben.
Stuttgart 11. Okt. Gestern nachmittag hat sich in seiner Wohnung in der Olgastraße ei» 39 Jahre alter Kaufmann erschossen. — Um die gleiche Zeit fand auf der Kreuzung der Schwab- und Gutenbsrgstraße ein Zusammenstoß zwischen einem Straßenbahnwagen und einem Auto statt. Beide Fahrzeuge wurde» leicht beschädigt. Personen wurden nicht verletzt. —
Gestern abend stießen in der KSnigstraße zwei Straßenbahnwagen zusammen. Beide Wagen wurden stark beschädigt. Personen nahmen keinen Schade».
BaierSbronn 11. Okt. DerzumOrtS- vorsteher unserer Gemeinde gewählte Landtagsabgeordnete Gaiser hat die Wahl nun doch angenommen, um der Wählerschaft einen zweite» Wahlgang zu ersparen. Die Wähler hatten erklärt, sie würden nicht eher den Platz verlassen, bis Gaiser seine Zustimmung gegeben habe.
Besigheim 11. Okt. (Milchkrieg.) Bisher kostete das Liter Milch hier 14 Pfg. Die Viehbesitzer beschlossen in einer Versammlung, den Preis um 4 Pfg. zu erhöhen. Die Konsumenten hielten Gegenversammlungen ab und empfahlen den Produzenten den Preis nicht so hoch festzusetzen, zumal auch mit Rücksicht darauf, daß mehrere Viehbesitzsr den Preis selbst für zu hoch fanden und erklärten, nur einen Aufschlag von 2 Pfg. eiutreten kaffen zu wolle». Eini- gungtvrrhandlungen wurden nicht vorgenommen. Die Konsumenten lassen nun ihre Mich von Freudental kommen, die hier um 16'/-- Pfg. abgegeben wird. Es wäre jedenfalls bester gewesen, wenn ein Weg gefunden worden wäre, der beide Teile befriedigt hätte.
Köln 11. Okt. Gestern versammelten sich hier in einer Erbschaftssache nicht weniger als 203 Personen aus allen Teilen Deutschlands und Hollands, dis alle glauben, an dem Erbe des holländischen Feldmarschalls Paul Wirtz teil zu haben, das inzwischen auf 900 Millionen an- gelaufcn sein soll. I» der Versammlung wurde erklärt, die Stadt Amsterdam habe nicht in Abrede gestellt, daß sie das Erbe angetreten habe; die Angelegenheit sei aber jrtzt verjährt und die Stadt rechtmäßige Erbin. Von deutschen und holländischen Rechtsgelehrte» wird die Berechtigung dieses Standpunktes bestritte«.
Flugplatz Johannistal 11. Okt. Das heutige Wettfliegen, dem auch der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin beiwohnte, wurde durch schönes Wetter begünstigt Der Wind war nur schwach. Die größte Höheuleistung erzielte Eugen WievczierS, der auf seinem Bleriot 805 Meter erreichte. Die nächstbeste Leistung zeigte Otto Lindpaintuer mit 720 Meter. Lindpaintner hatte mit Gorriffrn auch die längste Flugzeit zu verzeichnen. Sie flogen beide 3 Std- 25 Min. Thele», der nach ihnen die beste Leistung zeigte, stürzte infolge Kettenbrrrch», doch erlitt weder er noch sein Paffagier irgend welche Verletzungen. Sein Apparat wurde nur leicht beschädigt. Den kürzeste» Anlauf brauchte Eugen Wienczier«, nämlich nur
traurig sei«, ihn zu verlieren, ihn nicht mehr bewundern zu dürfe». Aber darf ein solches Motiv im Ernste geltend gemacht werden, wen» es sich um da» wichtigste handelt, um seine künstlerische Zufriedenheit? Und müßt' ich nicht fürchten, ihn zu vertreiben, wenn ich ihm abraten wollte? Doch wen» er die einmal ausgesprochene Bitte zurückzieht, so fügt er dem Großherzog eine Kränkung zu, und seine» Bleibens kann dann nicht mehr lange hier sein. Darum will ich ihn lieber als Künstler entbehre« wie al» Freund verlieren. Nennt da» meinetwegen unbeständig, frauenhaft, unlogisch, e« gilt mir gleich. Man darf, glaub' ich, seine Ansichten ändern, wenn die Voraussetzungen andere geworden find."
Gerda schwieg, schaute ei» Weilchen zu Bode» und hob dann den Blick zu Hugo empor. Jetzt war alles offenbar: „Nur dich zu halten, Geliebter, ist meine Sorge, alle» andere ist dagegen wesenloser Schein", so sprach dieser Blick, und Hugo verstand ihn. Wartner aber lachte herzlich und rief unter Beifallsklatschen:
„Bravo, bravissimo, das nenn' ich eine Rede. Ihr Frauen seid doch am liebenswürdigste» und unwiderstehlichsten durch eure Inkonsequenz. Nun, Hugo, find Sie jetzt zu einem Entschluß gekommen? Ich denke, er kann Ihnen nicht mehr schwer werden."
Hugo erhob sich, glutrot war sein Gesicht. „Ja, ich bi« entschlossen. Ich halte meine Bitte aufrecht und will auf den lauten Beifall gern verzichten, wenn ich nur de« meine» Fürsten mir erringe und die Freundschaft so guter Mensche», wie ich in diesem Hause fand, behalte!"
„Na, nur nicht gar zu bescheiden", lachte Wartner, „man darf sich ganz gern ab und zu einmal auswärt» al» Gast bejubeln lasten und ein biffü Liebe, süße Liebe, wird schon auch noch kommen, aber unserer Freundschaft sollen Sie immer sicher sein. Also Handschlag und Glückwunsch zu Ihrem Entschlüsse. Und jetzt will ich in den Keller hinabsteigen um zur Feier diese« Ereignisses meine beste Flasche Rheinwein herauf- zuholeu, au» dem kleinen Extraverschlag, zu dem ich keinem dienstbaren Geist de» Schlüssel anvertraue."
Er entzündete eine Kerze und verließ das Zimmer. Gerda und Hugo standen einander stumm gegenüber. Wartners Schritt klang draußen im Vorraum, jetzt fiel die Vorsaaltür laut ins Schloß. Da breitete Gerda die Arme au», und im selben Augenblick lag er an ihrer Brust. Lautlos, durchschüttert von Leidenschaft, hielten sie sich umschlungen, nahmen und erwiderten die glühende» Küsse. Endlich machte sich Gerda los und ging ins Nebenzimmer. Sie öffnete den Flügel und begann leise zu spielen, Hugo stand noch immer in Verzückung. Da trat Wartner wieder ein. Er trug eine bestaubte Flasche und das Hausmädchen brachte drei kostbare Kristallrömer, auf silberner Platte. Langsam, mit der liebevollen Sorgfalt de» Kenner», füllte er die Gläser und rief dann Gerda herein.
„So, nun wolle« wir anstoßr» auf unseres Freundes Glück und Zukunft. Und wir wollen uns von heute an mit dem vertraulichen Du anreden, alle drei! Wa», Gerda?"
Die Gläser klangen zusammen. Die Männer umarmten sich, und „Verräter, Treuloser" raunte dabei in Hugo» Brust die leise Stimme des Gewissens.
„Na, Junge, nun mußt du auch von meiner Frau einen Kuß bekommen, e» darf dir aber nicht unangenehm sein." So rief Wartner, behaglich lachend. Und die beiden küßten einander vor seinen Augen.
Als Hugo zu später Stunde da» Hau» verließ, war er wie berauscht. Er hatte ja au» dem Becher der Liebe eine« tiefen Trank gekostet.
XU.
Zwar zog sich Hugo Haffner nicht sogleich au» der Oeffentlichkeit zurück, sondern mußte »och bis zum Schluffe der Spielzeit einigemale austreten, aber er war nicht mehr mit dem Herzen bei dieser Tätigkeit, da er de» Wankelmut de» Publikums rasch und gründlich kennen zu lernen Gelegenheit fand.
(Fortsetzung folgt.)