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stark in» Falle« kommt und daß manche Bäume kaum mehr eine eigentliche Ernte geben. Be­sonder« auffallend ist die« bei einigen Bratbirnen­sorten. Diese Sorten halten bekanntlich fest am Zweig und müssen oft Ausgang« Oktober beinahe gewaltsam von den Bäumen genommen werden. In diesem Jahr fallen diese Sorten wie die üb­rigen Birnsorten ab und die Bäume verlieren jetzt schon da« Laub. Palmischbirnbäume haben bereit« alle Blätter verloren. Die immerhin auffallende Tatsache läßt sich wohl dadurch er­klären, daß die Nächte ziemlich kühl sind und so­mit dem Abfall de» Laubes Vorschub leisten. Die Obsternte wird voranSsichtlich schonde Ende dieser Woche mit Birnen und frühen Aepfeln beginnen, die Haupternte dürste in der nächsten Woche zu erwarten sein, so daß nach der Kirchweihe wenig Obst mehr ans den Bäumen sein wird.

Seine Königliche Majestät haben am 29. September l Js. allergnäd'gsi geruht, dem Ober­reallehrer Dr. Seyfang am Realprogymnafium in Calw die nachgesuchte Entlassung aus dem Württemberg. Staatsdienst zu erteilen.

M Liebenzell 3. Okt. Da« Diako­nissenerholungrheim, dieSchlayer- burg", ging um die Summe von 80 000 in den Besitz der Frau General von Diest über. Diese» burgartige Gebäude auf dem sog. Kloster­buckel ließ die Tochter de» Staatßminister« von Schloyrr im Jahr 1888 erbauen. Durch Schen­kung ging e« später in den Besitz de« Stuttgarter Diakoniffenhause« über und diente seither zahl­reichen Schwestern als Erholungsheim. Da die Räumlichkeiten aber für die große Zahl erholungs­bedürftiger Schwestern nicht mehr ausreichten, so hat da« Diakoniffenhau« beschlossen, ei» großes Erholungsheim am Weg zumKaffeehof" zu er­stellen, mit dessen Bau in nächster Zeit begonnen werden wird. Ueberhaupt ist dis Bautätigkeit zur Zeit hier eine äußerst rege. Nicht weniger al« 7 Landhäuser sind gegenwärtig im Bau be­griffen. Dazu kommt noch da« Bahnhotel, zu dessen Bau die Grabarbeiten in letzter Zeit in Angriff genommen wurden.

Vom Oberamt Brackenheim 1. Okt. (Schreiberschultheißen.) Der Gemeinderat Ochsenburg schreibt imStaatsanzeiger" infolge Rücktritt« de« seitherigen Inhaber« die Stelle de« Ortsvorsteher« au« für einen tüchtigen Fach­mann. Gehalt 2500 ^ wozu noch etwa 150 Nebengebühren kommen. Die Gemeinde zählt 638 Einwohner, ist vorwiegend landwirtschaftlich, nur einige badische Steivhauerbetriebe sind auf der Markung. Die Verhältnisse liegen einfach. Ein tüchtiger, schreibgewandter Bauer oder Hand­werker könnte die Rathauiarbeiten besorgen. Allein, e« muß nach dem Willen der Ochsenbnrger ein Fachmann sein, dem man einen Gehalt auS-

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setzt, der zu wenig ist zum Lebe» und zu viel zum Sterben. Die Folge« solcher Bezahlung hat man gesehen. Die Gemeinde allerdings kann nicht mehr leisten, allein dann braucht sie auch keinen Fachmann. Es ist überhaupt im Ober­amtsbezirk Brackenheim da« leidige Streben in den kleinsten Gemeinden nach einem Fachmann. So haben Haberschlacht mit 482 und Frauen­zimmern mit 470 Einwohnern FaLschultheißen, die Gehaltsverhältnisse sind und können nicht besser sein als in Ochsenburg. Stockheim ist von dieser Großsucht gründlich kuriert und hat einen Bäcker gewählt.

Marbach 2. Okt. (Unfälle.) Ein mit der Sense vom Feld heimkehrender Bauer traf, als er in der Nähe spielender Kinder eine Wen­dung machte, eines dieser Kinder, ein 9jährige« Mädchen, so unglücklich mit der Sense, daß dem Mädchen die Stirne über dem rechte« Auge aus­geschnitten wurde. Der Schnitt war so tief, daß der Knochen bloßlag. Die Wunde mußte vom Arzt genäht werden. Der bei dem Oekonomen Karl Neubauer in Steinheim beschäftigte Dienst­knecht Kolb von Winzerhausen glitt beim Obst­pflücken auf dem Baume au», fiel herunter und erlitt eine schwere Rückenverletzung.

Gmünd 1. Okt. (Arbeiterkündigung.) In Sachen der hiesigen Lohnbewegung haben die Optimisten unrecht gehabt. Die Drohung de« Deutschen Metallarbeiterverbandes, seine Stellungnahme je nach dem Verhalten der einzelnen Betriebsinhaber zu richten, hat ernste Folgen. Bei der Firma August Seitler kam es zu Differenzen, da die Firma die Forderungen der Arbeiter ablehnte. Der Deutsche Metall­arbeiterverband verhängte nun über diese Firma die Sperre. Die Folge war, daß gestern abend sämtliche organisierten Arbeitgeber den Arbeiter», die dem Deutschen Metallarbeitervrrband ange­hören, kündigten. Man hofft jedoch, daß in den nächsten Tage« eine Einigung zustandekommt und die Kündigung wieder zurückgenommen wird.

Von der oberen Donau 2. Okt. Die Kartoffelernte ist im Tal und auf der Alb in vollem Gange. Während man allgemein an­nahm, daß infolge der langandauernden Regenzeit des Sommers viele Kartoffeln krank sein werden, stellt sich jetzt zur Freude de« Landwirt« heraus, daß der durch Krankheit abgehende Prozentsatz nicht höher ist, als in den anderen Jahren. Bei den Frühkartoffeln befinden sich ziemlich viele kranke Knollen. Bezüglich der Quantität ist zu sagen, daß der Ertrag auf steinigen mageren Aecker» mit leichtem Bode» höher ist, ja meistens eine Vollernte liefert, als in ganz schweren und fetten Böden.

Pforzheim 30. Sept. Der Schloffer- meistrr Lamp recht hier hat mit städtischer Unterstützung eine Flngmaschine (Eindecker) gebaut, die 45 gm Tragfläche hat und einen Motor von 55 Pferdekräften besitzt. Flugversuche werden demnächst beginnen. Ein hiesiger Küfer härigte beim Ausbrennen der Fäffer eine Schwefel- schnitte au» Versehen statt in ein leeres, in ein mit Cognac gefüllte» Faß, der in Brand geriet, so daß ein Schaden von 300 Mk. entstand. Die Feuerwehr mußte gerufen werden, um den Keller­brand zu löschen.

Kassel 2. Okt. (Nationalliberaler Parteitag) Der von mehr als 1000 Delegierten besuchte Vertretertag der National­liberalen Partei, dessen Beratungen am gestrigen Samstag hier begannen, gestaltete sich zu einer machtvollen Vertrauenskundgebung für den in letzter Zeit viel angegriffenen Führer Bassermann. Vollkommen einmütig stellte sich der Vertretertag auf den Boden der Politik Bassermann S. In einer glänzenden Rede legte der Führer de« Standpunkt der Partei dar. Ein geschichtlicher Rückblick zeigte die Ur­sachen de« wechselnden Aufschwungs und Nieder­gangs der Partei, deren Straffheit und Einigkeit sie in schlimmen Zeiten immer wieder aufwärts geführt habe. Heute gehe eine tiefe Mißstim­mung durch das Volk und unaufhaltsam gehe die radikale Welle über alle bürgerlichen Parteien hinweg. Die Schuld daran trägt der schwarz­blaue Block. Nichts wäre aber verfehlter, als dieser. Strömung durch eine künstliche Sammlung der Parteien entgegentreten zu wollen; es müssen vielmehr die Ursachen dieser Verstimmung durch eine volkstümliche Politik beseitigt werden. Der Groß block einschließlich der Sozialdemo­kratie sei ein Phautasiegebilde; dieSozial- demokratie müsse mit aller Energie bekämpft werden. Mit der Fortschrittliche» Volks­partei werde vielfach ein Zusammengehen herzustellen sein, da sonst der Liberalismus aus der Stichwahl verdrängt werden würde. Die Politik der Konservativen im Verein mit dem Zentrum sei vielfach geeignet, die sozialdemo­kratische Flut zu stärken. Eine Befferung der Verhältnisse sei nur zu erreichen, wenn der Liberalismus einschließlich des Freisinns Gleich­berechtigung zugestanden erhalte. Die National­liberalen werden ihre volle Selbständigkeit nach rechts und link» wahren. Baffermann schloß seine mit jubelndem Beifall aufgenommenen Ausführungen mit den Worten:Keine gekünstelte Wahlparole, Taten der Gerechtigkeit, Taten des Fortschritts tun un» not!" Redner aus allen Teilen des Reiche« sprachen ihre volle Zustimmung zu den Ausführungen Bassermanns aus. Für

in ihren Augen. Und weil er ihn verstand, so umgab er sie mit um so treuerer Sorge und Liebe, glaubte er doch, daß ihre Schwärmerei für den jungen Kunstgenoffen nicht mehr sei als eben eine Schwärmerei.

So verging die Saison. Der Sommer stand bevor und mit ihm die lange Ferienzeit, die Hugo bei den Seinigeu verleben wollte, zum ersten Male wieder seit jenen stürmischen Tagen, in denen der strenge Vater dem aus dem Kontor Davongelaufenen da» Hau« verboten hatte. Während des kurzen Abschiedsbesuche» bei Wartner war Fra« Gerda nicht sichtbar, sie ließ sich mit Unwohlsein entschuldigen und Hugo empfand dies als eine kleine Strafe dafür, daß er in den letzten Monaten so selten gekommen. Er war ehrlich genug, e» offen einzugestehen.

Ihre Gattin ist mir bös, Wartner, ich merk'« schon. Und sie hat ein Recht dazu, denn nach all' dem Lieben und Guten, da« ich in Ihrem Hause genoffen, hält' ich mich öfter einstellen müssen, aber Sie wissen ja, wie'« geht, wenn man sich in den Strom stürzt. Da hat man bald so viele Bekannte, daß man Gefahr läuft, seine alten Freunde darüber ganz zu vernachlässigen. Ich glaube fast, daß ich'« wirklich ei« bisch'en zu toll getrieben habe.

Wartner lächelte.Ich will mir kein Urteil erlauben, doch gestehe ich, daß ich erstaunt war, zu sehen, wie rasch Sie sich in die Rolle de« Löwen der Gesellschaft gefunden haben."

Hugo errötete.

Lassen Sie mich ganz offen sein, lieber Kollege. Seit jenem Tage, an dem der Großherzog so huldvoll mit mir sprach, Hab' ich im Stillen gehofft, daß den Worten Taten folgen würden. Gewartet Hab'ich, sehn­süchtig gewartet anf den Befehl, der mich zur Mitwirkung in den Sonder­vorstellungen berufen sollte. Den Schritt de« Theaterdiener» Hab' ich schon draußen anf der Treppe zu hören gemeint er mußte ja doch einmal die Botschaft bringen, nach der ich lechzte. Aber er brachte mir immer nur gleichgültige Mitteilungen. Man brauchte mich nicht für jene Abende, da der Großherzog von seinen Schauspielern das Höchste forderte.

O, jene Abende! Sie waren schwer für mich, sehr schwer. Und Ihne« könnt ich doch nicht klagen, was mich bewegte. Da Hab' ich mich de» Menschen in die Arme geworfen, die mich umschmeichelten und vergessen ließen, daß mir in Kronburg da« Höchste versagt blieb. Ich Hab' mich nicht beim Intendanten beschwert, Hab' keiner Menschenseele mich offenbart, denn ich bin zu stolz dazu. Lieber sollten mich die Leute, selbst Sie ein­geschloffen, für leichtsinnig und kommödiantenhaft eitel halten. Aber heute, eh' wir von einander scheiden, mußt' ich mir Lust machen. Wer weiß, ob ich nach Kronburg zurückkomme, denn ich will versuchen, meinen Kontrakt zu lösen. Was soll ich noch zwei Jahre hier? DenStern" spielen da» kann ich auch anderwärt». Und für wichtigeres bin ich offenbar nicht gut genug."

Er war aufgesprungen und hatte die letzten Sätze gesprochen, indem er aufgeregt mit großen Schritten da« Zimmer dnrchmaß. Wartner faßte ihn sanft bei der Schulter und ergriff seine Hand mit festem Druck. Dacht' ich'« doch, daß die Sache so liegt, Sie lieber Brausekopf! ES ist ihm nicht schnell genug gegangen, und nun will er uns davon laufen. Nein, mein Junge, da» gibt'« nicht. Gut' Ding will Weile haben. Und in diesem Falle erst recht. Vielleicht müßt' ich davon schweige«, aber ich will die Verantwortung übernehme», Ihnen zu sagen, daß der Großherzog oft von Ihnen gesprochen und Ihre Tätigkeit genau verfolgt hat. Sie haben doch die schönsten Rolle« spielen dürfen, mit denen man hier junge Mitglieder sonst nicht zu füttern pflegt. Sie wurden beliebt, Sie zogen da« Publikum an, war der Gedanke da nicht berechtigt, Sie vorerst ein­mal dem geehrten Publikum nicht zu entziehen und Ihnen für die Zukunft da« weitere aufzusparen. Und am Ende haben Sie gar gedacht, daß ich Ihnen den Weg zu den Separatvorstellunge» versperrt hatte? Aber nein, da» ist nicht möglich, da kennen Sie mich doch zu gut. Also Ruhe und Geduld, lieber Hugo. Ich dächte, Sie könnte« mit dem Ergebnis Ihrer ersten Kronburger Saison zufrieden sein. Ueberlaffe» Sie dem Fürsten, der Sie sehr hochschätzt, vertrauensvoll da« Weitere." (Forts, folgt.)