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Straße bergab z« der Station Rotenbach, von wo au« «ns das Zügle wohlbehalten um 9.10 Uhr hier ablieferte. Trotzdem die Tour mit ihren 8 Stunden Marschleistung für jeden Teil­nehmer müde Füße brachte, war doch bei allen der Gesamteindruck des TagesSchön war'»". Lobend sei noch der Marschleistung unserer Damen gedacht, die trotz de» weiten Weg» sich flott an den Männergleichtritt gehalten haben. Wald Heil! I.

Stuttgart 36. Sept. Der Ballon Stuttgart de» Württ. Verein» für Luftschiff­fahrt, der gestern morgen unter Führung von Herrn Euting einen Ausstieg vom Garwerk Gaisburg au» unternommen hatte, ist nachmittags 3'/« Uhr bei Vollmaringen OA. Horb sehr glatt gelandet. Mitfahrende waren die Herren Paul Haller, Otto Fezer und Alfred Benzinger.

Stuttgart 36. Sept. Heute früh wollte ein von Zuffenhausen gebürtiger Junge einem bergab fahrenden Fuhrmann beim Löwentor die Bremse zudrehe». Al» der Knabe über die Straße sprang, erfaßte ihn ein Automobil und schleifte ihn eine Strecke weit mit sich. Der Chauffeur brachte den Knaben selbst in» Kranken­haus, wo er verbunden und dann zu seinen Eltern gebracht wurde.

Stuttgart 36. Sept. (Cannstatter Volksfest und soziale Hilfrtätigkeit.) Verwundert schüttelt wohl mancher den Kopf und fragt, wa» wohl diese beiden Dinge miteinander zu tun haben. Der Besucher des Volksfeste», der sich nicht allein von den Kinematographen und Pa- noptika, von den neuesten Nervenkitzeln, den ver­wunschenen Schlössern, von den Ohrevschmäusen einer wackeren Bierkapelle, oder gar von dem Zauber einer verschwiegenen Sektbude aufhalten läßt, der nicht wie da» große Publikum gleich Nachtfaltern um da» hellauflodernde Licht de» Vergnügen» tanzt, der vielmehr mit fröhlichem Behagen an de» Volkes Freude, aber auch mit offenen Augen durch die imposante Budenstadt wandelt, der sieht auch bald, daß hier nicht nur solche Leute find, die dem Amüsement lebe», sondern auch eine ganze große Menge, die im Schweiße ihre» Angesicht» arbeitet, um der großen Masse zu ihrem Behagen, zu ihrer Erquickung zu dienen. Wir haben dabei besonder» die Kell­nerinnen in den großen Bierzelten im Auge, meist fesche kräftige Gestalten,Original- Boyarinnen", mitunter aber auch fahle Gesichter und eingefallene Wangen, die Zeichen von Sorge und Not. Und in der Tat, e» ist nicht die Lust am Wandern und am Vergnüge», da» diese Frauen und Mädchen hinaustreibt von Fest zu Fest, von einem Rummel zum andern. Es ist vielmehr die bittere Notwendigkeit, die sie zwingt, auf diesem nicht mehr ungewöhnlichem Wege ihr Brot für sich und ihre Angehörige» zu suchen.

Der Volksfestbesucher weiß aber auch, daß diese eigentlich bedauernswerten Frauen, wenn sie nach de» Tage» Last matt und müde ihr Quartier aufsuchen wollen, als Freiwild gelten für die übermütige, alkoholbeeinflußte Volktfestlebewelt. Um diesem hier offen zu Tage liegenden sozialen Uebel zu steuern, hat die unermüdliche Förderin der Kellnerinnenfürsorge, Frau O. Duvernoy in Stuttgart, gemeinsam mit dem Verein der Freun­dinnen junger Mädchen schon jahrelang jeweil» eine Hilfsaktion auf dem Volksfest veranstaltet. Seit da» neue Verwaltungsgebäude erstellt ist, konnte die Hilfeleistung noch erweitert werden. Ein Besuch im Dachstock dieses Hauses läßt uns einen Blick in diese Arbeit tun. Im ersten Ge­laß finden wir ein Häufchen kleiner Kinder, teil» von Budeninhabern, teil» verlaufene Kinder, die der Abholvng harren. Sie haben sich bei Spiel und liebevoller Unterhaltung über de» Verlust schon getröstet. Im Hintergrund liegt auf einem Feldbett eine plötzlich erkrankte Hebe, um die der Arzt bemüht ist; vorne am Herd wird Tee bereitet, der, gratis abgegeben, ein wahre» Labsal bildet. Im zweiten Gelaß finden wir Ruhebetten, Liegesessel zur Erholung während der ruhigen Zeit. Ferner ist Gelegenheit zum Briefschreiben gegeben, außerdem ist eine Aus­wahl schöner Lektüre vorhanden. Im dritten Zimmer finden wir einen Aufbewahrungsraum für Garderobe, sowie für Geld und Wertsache«. Da» von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellte Lokal ist von dem Verein der Freundinnen junger Mädchen mit 40 Betten au»gestattet worden, die alle besetzt sind. Die hier geleistete Arbeit wird leider nur zu wenig beachtet und anerkannt, wenn man bedenkt, wie notwendig gerade hier das Einsetzen der sozialen Hilf»- tätigkeit geworden und wie dankbar sie von den Beteiligten empfunden wird. E» wird durch diese Arbeit verhindert, daß die, die arbeiten, um ihren Mitmenschen Vergnügen zu schaffe», nicht selbst dabei an Leib und Seele leiden.

Stuttgart 36. Sept. DieSchwäb. Tagwacht" nimmt zu dem Beschluß de» Magde­burger Parteitags über die Pflicht der Budget­verweigerung folgende Stellung rin: Der neue Beschluß, der, wie der Nürnberger, noch eine Ausnahme von der Regel der Budgetableh­nung zuläßt, besteht nun. E» ist nicht zu be­zweifeln, daß die Landtagsfraktionen den Be­schluß der höchsten Parieiinstanz, auch wenn sie ihn nicht für einen glücklichen halte», respektieren werden. Von guten Freunden und getreuen Nachbarn, die gar zu gern im Trüben sozial­demokratischer Streitigkeiten fischen möchte», werden sie sich nicht beeinflussen lassen. Er­fordert die Macht der natürlichen Entwicklung, daß ein Beschluß der Partei revidiert wird, so wird die Revision leichter und richtiger vor sich gehen, wenn sie ohne Rücksicht auf die Gegner

mit vollen Ehren bestanden. Ich hoffe, daß auch mir dereinst da» Glück zuteil wird, meine Begabungen bei diesen Vorstellungen erproben zu dürfe»-"

Er brach jäh ab, denn zu seiner große» Verwunderung standen einige Herren der Tafelrunde geräuschvoll auf, der Charakterspieler stieß in dem, seinem Rollenfach eigentümliche» Zischton ei»Unglaublich!" her­vor und verließ ebenfalls das Zimmer. Al» die Tür krachend in» Schloß gefallen war, blickte Kammersänger Wildung die Zurückgebliebenen mit dem Ausdruck de» innigsten Vergnügen» an, schlug sich mit beiden Händen auf die feisten Schenkel und brach dabei in ein solche« Gelächter au«, daß die Fensterscheiben zitterten. Die anderen Herren stimmten ein und Hugo schaute sie mit verwunderten Blicken an.

Endlich hatte sich der Kammersänger so weit beruhigt, daß er reden konnte, und so begann er, von stoßweisen Lachanfällen noch immer unter­brochen :

Da« haben Sie großartig gemacht, mein Sohn. Ihre Naivetät ist nicht mit Geld zu bezahlen. Wir, die wir mit Ihnen jetzt noch hier fitze», sind Opernsänger «a, und die Oper findet beim Allerhöchste« Herrn nur wenig Liebe. Da« wissen wir und grämen un» nicht darum, da da» Verhältnis sonst sehr nett hier ist. Aber die Herren, die soeben unter Protest da» Lokal verließen, sind Schauspieler, die bisher noch niemals in den Srparatvorstellungev Mitwirken durften und darüber wütend genug sind. Und Sie, Unschuldsknabe, halten eine Lob- und Prei»rede ausgerechnet auf diese Spezialität de» regierenden Herrn Sie haben sich damit auf» kostbarste eingeführt. Hahaha, e» war der glorioseste Spaß de» Jahrhundert»."

Und wieder brachen die Sänger in ein dröhnendes Gelächter au» und ließen dabei den Humpen kreisen. Hugo aber benutzte die erste Ge­legenheit, um sich zu entfernen und trat in sein Zimmer mit dem festen

geschieht, als unter dem Einfluß von deren Wünschen und Hoffnungen. Vieles spricht dafür, daß eine solche Revision nicht allzulange auf sich warten lassen wird. Bi« dahin und fernerhin aber marschieren wir geschloffen in Reih und Glied gegen den gemeinsamen Feind.

Stuttgart 36. Sept. Die vor einigen Tagen in derWürttemberg« Zeitung" erschienene Mitteilung, wonach ein 17 Jahre alte» Mädchen au» guter Familie von einem Mädchenhändler entführt worden sein soll, hat ihre Aufklärung gefunden. Das Mädchen hatte mit seinem Lieb­haber eine Vergnügungstour an den Rhein unternommen und ist gestern au» freien Stücken nach Stuttgart zurückgekehrt. Dem Vernehmen nach begab e» sich nach der Rückkehr in ein Hotel und übernachtete dort. Die Polizei sah den Namen des Mädchens in der Fremdenliste und führte es darauf seinen Eltern wieder zu. Der Liebhaber ist anscheinend in der Rheingegend geblieben.

Stuttgart 36. Sept. Gestern nachmittag fiel bei der Wilhelms ein Kind in den Neckar. Sofort sprang ihm seine Mutter nach. Als da» andere Kind, das am Ufer stand, die beiden im Wasser verschwinden sah, stürzte es sich ebenfalls in den Neckar. Mit großer Mühe konnte« alle drei wieder gerettet werden.

Stuttgart 36. Sept. Auf den zur Frage der Fleisch not in derAugsburger Abendzeitung" enthaltenen Artikel de» Distrikts­tierarzte» Dr- Pomay«, in dem behauptet wurde, daß Kühe, die von keinem bayrischen Tierarzt mehr zur Schlachtung zugelaffe» würde», nach Stuttgart oder Ulm kämen, veröffentlicht die Direktion des städtischen Vieh- und Schlachthof» Stuttgart nunmehr eine Erwiderung, in der gesagt wird, daß die Schlachtvieh- und Fleisch­beschau im Gemeindebezirk Stuttgart an de» Schlachthöfen in Stuttgart und Cannstatt durch Tierärzte »ach den bestehenden gesetzlichen Be­stimmungen gehandhabt wird und daß die in dem erwähnten Artikel versuchte Herabwürdigung der Stuttgarter sanität»polizeilichen Kontrolle von Schlachtvieh und Fleisch nachdrücklich zurück­gewiesen werden müsse.

Degerloch 36. Sept. Gestern nach­mittag wurde auf dem Degerloch« Exerzierplatz einem ungefähr 18jährigen Schuhmachergesellen beim Fußballspiele» ein Fuß abge­schlagen, sodaß er mit dem Sanitätswagen in das nächste Krankenhaus verbracht werden mußte.

Gemmrigheim OA. Besigheim 37. Sept. Daß man auch in teuren Zeiten manchmal billig leben kann, da» verdanken wir einem früheren Metzgermeister, dieser schlachtete einen Farren und ließ da» Pfund zu 70 ^ ausschellen. Hie­rüber waren unsere aktiven Meist« sehr auf­gebracht und schwuren bittere Rache. Der AmtS-

Entschluß, so bald nicht wieder in der Künstlerklause derTraube" zu erscheinen.

III.

Als Hugo am nächste« Vormittag ziemlich spät mit wüstem Kopfe aus seinem Schlafgemache in das Zimmer trat, übergab ihm seine Wirtin Frau Brause, einen Zettel, den der Theaterdien«, wie sie bedeutsam sagte, mit sehr wichtig« Miene vor einer Stunde gebracht habe. E» war eine Benachrichtigung, daß Herr Haffner sich um die Mittag»st«nde im Geschäftszimmer der Intendanz einfinden solle. Hugo wurde glutrot, al» er da» Blatt gelesen hatte. Sollte man auf der Intendanz'vielleicht schon wissen, daß er gestern in derTraube" gewesen war? Und hatte sein dortiger Aufenthalt ihm vielleicht schon geschadet, noch ehe er seine Stellung recht angetreten? Er hatte so viel von dem Spionagesystem gehört, durch welche» an manchem Hoftheater eine peinlich genaue Ueber- wachung der Mitglieder durchgeführt wird, daß er zu fürchten begann, bereit» einen Fehl« begangen und Anstoß erregt zu haben.

(Fortsetzung folgt.)

Humoristisches.

Entschuldigung.Sie haben dem Zeugen bei der Rauferei die Nase schrecklich zugerichtet. Da» ist ja eine furchtbare Roheit!"Herr Richter, meine Absicht war da« nicht; aber bei dem können Sie hin­haue«, wo Sie wollen, da treffen Sie immer die Nas'."

Au«demManöver.Na, Herr General, die letzten Manöver brachten auch wohl wieder neue kriegstechnische Fortschritte?"Freilich! Beispielsweise «hielten wir diesmal auch durch Lenkballon» falsche Meldungen."