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folgenden Beschluß: „Der Landesverband der württ. Jungliberalen hält angesichts der Vorgänge bei der Ermordung des reich-deutschen Kolonisten Unger in Palästina und der herausfordernden Haltung der dortigen einheimischen Bevölkerung ein rasches und energisches Eingreifen für eine dringende Pflicht der deutschen Reichsregieruvg. Er ersucht die nationalliberale Reichstagsfraktion, sofort bei Wiederzusammentritt de» Reichstag» Schritte zu unternehmen, daß den bedrohten Rechten unserer dortigen wackeren Landsleute der volle Schutz de» Reiche« in ebenso wirksamer als nachhaltiger Weise zu teil werde."
Stuttgart 21. Sept. Zu der Frage der Fleischteuerung wird der Württemberg. Städtetag unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Wagner-Ulm am nächsten Freitag auf dem Rathause hier Stellung nehmen.
Stuttgart 21. Sept. Am letzten Montag abend ist im Stuttgarter Schwimmbad ein Mechanikerlehrling dadurch verunglückt, daß ihm ein Knabe beim Sprung ins Schwimmbastin au» Versehen auf die linke Schulter sprang, wodurch er einen Schlüstelbeinbruch davontrug. Er befindet sich in der Olgahrilanstalt.
Stuttgart 20. Sept. (Strafkammer.) Ein frecher Diebstahl war dem noch in jugendlichem Alter stehenden Taglöhner Jakob Horn zur Last gelegt. Er nahm, während er in der Wohnung eine» Professors den Parkettboden spänte, aus einem Kasten ein seidenes Kleid im Wert von 250 Mk. weg. Da» Kleid verkaufte er um 35 Mk. Außerdem war er de» Betrugs beschuldigt. Durch da« unwahre Vorbringen, e« stehe ihm eine Trppichreinigungsmaschine zur Verfügung, wußte er von einer Dame einen Smyrnateppich im Wert von über 200 Mk. angeblich zum Reinigen herauszulocken. Auch den Teppich verkaufte er sofort um einen Spottpreis. Der Angeklagte ist vorbestraft. Die Strafkammer verurteilte ihn wegen Diebstahls und Betrug» zu 10 Monaten Gefängnis.
Stuttgart 21. Sept. (Schöffengericht.) Vor dem Schöffengericht kam heute die Beleidigungsklage de» Geschäftsführers de» Bauernbundes, Theodor Körner, gegen Redakteur Sauerbeck von der „Schwäbischen Tagwacht" zur Verhandlung. In der „Schwäbischen Tagwacht" erschien ein Artikel, der sich mit der Prrßtätigkeit de» Redakteur» der in Heilbronn erscheinenden „Süddeutschen Tageszeitung" befaßte, und in dem ausgeführt war, daß die bündlerischen Tintenkulis des Brote» wegen gezwungen würden, so unanständig zu sein, wie ihre Brotgeber. Der Artikel schloß mit dem Satz: „Und diese Gesellschaft erdreistet sich, ihrer Leserschaft jahraus jahrein die abenteuerlichsten Schwindeleien von sozialdemokratischer Unfreiheit aufzutischen." Al» Zeugen waren Mittelschullehrer Stettner von Heilbronn und Redakteur
Wengert geladen. In der „Süddeutschen Tageszeitung" war ein Bericht über eine volksparteiliche Versammlung erschienen, in dem von faustdicken Lügen die Rede war. Lehrer Stettner schickte eine Berichtigung, die aber nicht ausgenommen wurde. Zeuge Stettner bekundete, Wengert habe ihm gegenüber geäußert, er dürfe nur drucken, wa« die Herren in Stuttgart erlaube«. Wenn er die Berichtigung von sich au» aufnehmen würde, dann würde er weggeschmiffen. Zeuge Wengert bestritt die Aeußerungen in dem Sinne getan zu haben. Da» Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Sauerbeck zu 20 ^ Geldstrafe. Das Gericht erblickte eine Beleidigung in dem Schlußsatz des Artikels.
Vom Zabergäu 21. Sept. Die Veteranen de» großen Krieges wurden in allen Gemeinden de» Zabergäus mit Geldgeschenken anläßlich der vierzigsten Wiederkehr der Schlacht bei Sedan erfreut. Nur die Gemeinde Frauenzimmern ließ ihre Veteranen bis jetzt leer au»- gehev, weshalb sie öffentlich im Bezirksamtsblatt festnageln, es sei nicht wahr, daß sie von der Gemeinde eine Ehrung erhalten haben. Vielleicht führt diese Aeußerung eine Remedur im Sinn der Frauenzimmer Veteranen herbei.
Unterdrackenstein OA. Geislingen 20. Sept. Ein „Münzfund" macht hier von sich reden. Ei« Hausbesitzer läßt nämlich gegenwärtig einen Keller graben. Da nun da» Besitztum desselben hart am Schloßberg liegt, auf dem vor Jahrhunderten die Ritter von Westerstetten hausten, so mußte der Stollen in den Berg Hineingetrieben werden. Das war nun eine harte Arbeit und die Arbeiter verschnauften sich de« öfteren, sodaß da« Geschäft nur langsam von staiten ging. Da plötzlich kam Feuer unter die Grabenden, sie hieben und stachen und schaufelten darauf los, daß es eine Freude war und schmunzelnd sah der Meister dem raschen Fortschritt der Arbeit zu. Kaum die Feierstunde wurde ausgesetzt und gleich wieder eiligen Tempos begonnen; eine nie gekannte Arbeitslust hatte die Männer ergriffen und kein Auge wurde von dem Grabfeld abgewendet. Wa» hatte es nur den Arbeitsleuten angetan? Glänzende Münzen halten sich schon mehrfach im Grunde gezeigt und wiesen auf einen verborgenen Schatz der weiland gewesenen Ritter hin, die wohl in bedrängter Zeit ihren Mammon im Stiche gelassen hatten. Die Münzen waren allerdings nicht von hohem Alter, denn der witzige Meister hatte sie heimlich eingestreut, um seine Mannschaft anzufeuern und ihnen Kurzweil zu bereiten.
Schömberg OA. Rottweil 21. Sept. Einen unheimlichen Fund machten die Erdarbeiter in der Nähe de» Bahnhofs; bei der Abdeckung von Erbmassen stießen sie höchsten» 14 ew unter dem Boden auf ein Brett. Schließlich wurde ein vollständiger Sarg bloßgelegt. Das in diesem liegende Skelett, besonder» Kiefer
auch als gute Erscheinung und gewandter Tänzer gut zu behaupten wußte und von den jungen Damen nicht ungern gesehen war. Doch mit des Geschicke» Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten, denn als sich Gottfried auf dem schlüpfrigen Parkett ziemlich sicher fühlte und eben im Begriff war, einer jungen Dame, welcher er sich als Baron v. K. vorgestellt hatte, sein Herz zu Füßen zu legen, trat das Verhängnis in Gestalt seines Erzeuger» mit den Worten an ihn heran: „Gottfried i suech di scho lang, mer müeßet jetzt hoi« zum Bacha." Bei dieser Anrede war unser Gottfried wie aus dem Himmel gefallen, doch wußte er, bei der Verblüffung, welche dieser Zwischenfall hrrvorrief, die Gelegenheit zu benützen, sich schleunigst au» dem Staube zu machen, und mit seinem Vater den Heimweg anzutreten.
Nachdem in kurzer Zeit nach dieser Begebenheit der alte K. da» Zeitliche segnete, kehrte Gottfried der Backstube für immer den Rücken und bekam er in seinem Lieblingsberuf al» Kutscher bei einem Arzt in seiner Vaterstadt wieder eine Stelle, wo er durch seine Fahrten auf da» Land mit seinen alten und neuen Bekanntschaften in Fühlung blieb. Da sein Herr sehr nachfichtig gegen ihn war, hat Gottfried auch so oft e» nur ging bi» in sein ziemlich hohe» Alter, da» er erreichte, den Tanzboden besucht, und war es auch selbst noch der jüngeren Generation der Dorfschönen eine Ehre, vom „Herrn Baron" zum Tanz geführt zu werden.
Vermischtes.
Wohl bekomm'»! Von einer seltsamen Reklameschriststellerin, die den bacchischen Freuden offenbar stark zugeneigt ist und der e» au den nötigen Mitteln zur Stillung ihres Durstes fehlt oder die für ihre Gesellschaften sich auf die billigste Weise gute Weine verschaffen will, weiß
und Gebiß, war noch vollständig vorhanden. Da an dieser Stätte seit Menschengedenken keine Begräbnisstätte war, ist der Fund ganz unerklärlich. Der Sarg wurde zur nähere» Untersuchung auf da» Rathaus gebracht.
Dornstetten OA. Freudenstadt 21 . Sept. Dem gestrigen Vieh markt wurden zugetrieben: 28 Paar Ochsen, 125 Kühe und Kalbinne» und 73 Stück Jungvieh. Der Handel ging, wohl mit Rücksicht auf die großen Futtervorräte, lebhaft und die Preise waren hoch. Auf dem Schweinemarkt war e» wegen der zu erwartenden schlechten Kartoffelernte ander«: hier war der Handel trotz der zurückgehenden Preise recht flau. Milchschweine, von denen 275 Stück zugeführt waren, galten nur 25—40 Mk. pr. Paar, Läuferschweine 40—65 Mk. pr. Paar.
Waldsee 21. Sept. Die Schneckenplage nimmt zur Zeit so überhand in den Gärten, daß es angebracht wäre, die Schulkinder auf dem Lande zu verwenden, sie auf den Feldern zu sammeln. In den letzte« zwei Tagen haben in einem Garten zwei Kinder über 700 große gelbe Schnecken gesammelt, wozu sie im ganzen kaum zwei Stunden verwandt habe«. Ausgerüstet mit einem alten Löffel und einem Geschirr war die Arbeit bald getan. Dann wurden die Schnecken in einen Eimer geschüttet und mit kochendem Wasser übergossen. Welcher Nachwuchs war da fürs nächste Jahr vertilgt!
Vom Allgäu 21. Sept. Der Fremdenverkehrsverein inKempten hat sich mit Erfolg bemüht, die Parseval Luftfahrzeug-Gesellschaft zu einer Fahrt des Luftschiffs von München nach Kempten mit Landung daselbst zu veranlassen.
Karlsruhe, 20. Sept. Der heutige Hauptfesttag de» Großherzogspaares stand unter dem Zeichen der Margerite, der Blume der Wohltätigkeit. Ausnahmslos waren die Straßenpassanten, hoch wie nieder, ob Weiblein oder Männlein, mit der Blume geschmückt. Insbesondere auch die jüngeren Elemente und die Arbeiterschaft beteiligte« sich an dieser anmutigen Form der Wohltätigkeit in recht erheblichem Maße; selbst der jüngste Lehrling trug stolz im Arbeitskittel die weiße Blume. Der Ertrag dürfte ein sehr hoher sein, da meist mehr wie 10 Pfg. für das Stück bezahlt wurden und die 250 000 Stück bi» zum Abend verkauft waren. Volle Anerkennung gebührt den jungen Damen, die trotz de« miserablen Wetters unverdrossen ihre hübsche Ware an den Man« zu bringen wußten.
Karlsruhe 21. Sept. Etwa 1000 Bürgermeister des Landes brachten heute vormittag dem Großherzogspaar vor dem Rrsi- denzschloß eine herzliche Ovation dar. Heute nachmittag zog ein stattlicher Huldigungsfestzug aus Vereinen von Karlsruhe und Umgebung am Schloß vorbei. Abends 8 Uhr gibt das Groß- herzogspaar eine Abendgesellschaft mit Konzert.
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ein Weingroßhändler von der Mosel zu erzählen. Der Kaufmann erhielt von der Dame au» Süddeutschland den folgenden Brief: „Sehr geehrter Herr! Mit Gegenwärtigem ersuche ich Sie höflich, mir zur kostenfreie« freien Ausarbeitung eines hübschen Artikels über Ihre „Weine" die nötigen Unterlagen zugehen zu lassen. ES wäre mir deshalb erwünscht, von Ihnen Prospekte und sonst Wissenswertes eventuell auf Probe zu erhalten. Der gedachte Artikel ist für ein Familienblatt bestimmt, welches sich allgemein großer Beliebtheit erfreut und darum in de» weitere» Kreisen Aufnahme gefunden hat. Das Manuskript lasse ich Ihnen vor Druck noch zur Prüfung zugehen. Ich würde mich freuen, wenn Sie auf meinen Vorschlag eingehen, d. h. mir in Bälde Ihre gefälligste Antwort, sowie erbetene Unterlagen einsenden wollten."
(Dr. Cook holt feine Papiere.) Nach längerem Waffenstillstand in dem „Kampfe um den Nordpol" liegt eine neue Meldung zu dem Streite Dr. Cook-Peary vor. Kapitän Thorsen, der Führer des dänischen Grönlandschiffes „Hans Egede", welcher von den dänischen Kolonien in Grönland eintraf, teilt mit, daß er in der Kolonie Godhaven den amerikanischen Exkursions-Dampfer „Beotic" getroffen habe. Die „Beotic" gehört Dr. Cooks speziellem Freunde, dem amerikanischen Millionär Bradley. Der amerikanische Kapitän erzählte laut „B. Z.a.M." dem Kapitän Thorsen, daß er auf der Fahrt nach Et ah begriffen sei, wo Dr. Cook letztes Jahr seine Sachen versteckte, weil er befürchtete, daß Peary sie vernichten würde, wenn er Etah anlaufen sollte. Der amerikanische Kapitän weigerte sich, anzugebe«, ob Dr. Cook an Bord war. Auf Kapttän ThorsenS dringende Anfrage antwortete der Amerikaner, er dürfe sich darüber nicht äußern. In ««geweihten Kreisen herrscht kein Zweifel daran, daß Dr. Cook sich jetzt auf dem Wege nach Etah befindet, um seine Papiere, Instrumente und die zwei Eskimo» abzuholen.